Getreuengegrummel im Haus der Angst

Getreuengegrummel im Haus der Angst

Konservativ sein heißt Angst vor dem Ende der Gewalt haben. Deswegen der Überwachungswahn, der Spekulationsirrsinn, der militaristische Massenselbstmord auf Pump und die selbsttäuschenden Fremdbesetzungen. Was von da kommt kann gewiss nur Unrat sein. Doch bemerkenswert wird es dann, wenn diejenigen denen die Getreuen davonlaufen nun ausgerechnet bei denen die ihnen gestern gerade gut genug waren davor warnen da sei der Wurm drin. Konservativ sein heißt den Karren in den Dreck gefahren zu haben, und bei Stromausfall quillt der Quark aus allen Löchern, mag auch Rapunzel noch so voll singen. Die konservativen Abspaltungsbewegungen, welche ihre gefeuerten Erziehungsberechtigten in anschwellende Furore versetzen, sind, wie ihr Vorläufer und Prototyp im Schatten des Strauß-Plagiats Mappus, Kopfbahnhöfe der Herrschaftshierarchie. Wenn das Denken die Richtung wechseln muss veranlasst das manche zum Ausstieg, auch wenn sie dabei tolpatschig anmuten mögen. Aber bereits beim Bahnhofsstreit waren die Auftritte mit unspezifisch angestauter Empörung aufgefüllt. Nun schwelt der deutsche Spionageskandal bereits länger als der in Amiland, ohne dass Heinz Fromm angemessen bestraft wurde, und dass allen rhetorischen Einschläferungsversuchen zum Trotz die Empörung zum Durchbruch drängt ist ganz natürlich. Denn mit der Islamisierung verhält es sich wie mit dem Weimarer Löschwasserschaden – ohne Bibliotheksbrand keine Folgen, ohne Pervertierung des Staates zur totalen Wirtschaftsmacht keine „Islamisierung.“

 

Das Bild zeigt die Demonstranten mit einem Piktogramm auf dem Transparent. Es handelt sich dabei um einen PR-Gag aus dem Handelskrieg zwischen Getränkedose und Getränkeflasche. Mit dieser Zeichnung wurde dafür geworben dass die Dose im Unterschied zur Flasche in den Restmüll gegeben werden soll, weil ein Magnet sie dort wieder herausfischen kann. Die Flasche hingegen wird nur im Altglas vor der Deponie bewahrt. Den Kunden wurde so suggeriert sie würden sich auch ohne bewusste Mülltrennung umweltgerecht verhalten. Tatsächlich ist aber die Energiebilanz der Dose dermaßen mies dass sie auch ohne Müllproblem hinter nicht magnetischen Materialien zurückbleibt. Das spätere Trennungspfandgesetz machte dann das Zeichen auf den Dosen obsolet ohne freilich das Müllproblem der Fabrikgetränke zu lösen. Bei den Islamophoben tritt an die Stelle der Dose jedes beliebige andere Zeichen dessen Gegenstand sie offenbar für genmanipuliert halten, bis hin zur kalligraphischen Wappenkartoffel des Islamischen Staates. Doch diese Leute sind selbst die Wiederverwertung der dem faschistischen Regime entronnenen konservativen Wähler. Wie die Dose im Müll werden sie vom Magneten des Islam angezogen, der weltweit die einzige sichtbare Hoffnung auf Alternativen zum Kapitalismus geworden ist.

 

Die reale Ursache ihres Weglaufens aus dem „panoptischen Haus Europa“ (tatsächlich eine tiefergelegte Froschzaunlücke ohne freie Perspektive im Oberstübchen) ist nicht im Glaubensritus der Wüste zu suchen sondern innerhalb des konservativen Gesellschaftsentwurfs selbst. Dabei ist der Abschalthebel für das Merkel-Regime ganz einfach zu handhaben – es muss bloß die „nukleare Teilhabe“ aufgekündigt werden, die unselige Hinterlassenschaft des Franz-Josef Strauß in Form der Atombomben-Bereitstellungsvereinbarung die ihm die Amis gaben, und deren Ende Bedingung der Möglichkeit einer jedweden friedlichen Abwicklung des derzeitigen Systems darstellt. Daran und erst daran wäre eine ernstzunehmende Unabhängigkeitsbestrebung von dem was der Islam löscht zu erkennen. Mit dieser „Teilhabe“ verhält es sie wie einst mit der „Badehose“ am deutschen Grenzzaun. Das war ein Stück Land das wie ein daran hängendes Wäschestück im Wind über die befestigte Grenzlinie hinausragte, und wer sich dort hinbegab war rein rechtlich gesehen auf der anderen Seite (es handelte sich um eine Erbteilung die bereits vor der Abtrennung bestand). Wer sich – und sei es auch nur stillschweigend – mit der Strauß-Altlast abfindet dem klebt völkerrechtlich betrachtet der Tod aus Amiland wie Napalm am Leib, da gibt es schönere Plätze um dem Kirschbaum in die Astgabel zu gucken.

 

Doch die Merkel-Abweichler werden nicht dadurch entkräftet dass sie das entscheidende friedenspolitische Kriterium verfehlen, sei es bewusst oder unbewusst. Ihre Magenkrämpfe sind ja tatsächlich von der Faschisierung verursacht, der totalen Vereinnahmung aller Lebensbereiche durch einen ebenso unersättlichen wie unergiebigen Staat, nicht davon dass andere sich existentiell dagegen verbünden. Grünlackierte Faschisten gibt es v. a. im Militärapparat wirklich, und gegen atommüllbestückte Biosprit-Panzer hilft nur der Geist einer Pflanze deren Wildwuchs wie Ockhams Skalpell alle genmanipulierten Ideen abschneidet bevor sie zur Blüte gelangen, damit der Kompost den Irrweg zersetzt. Dass Genmanipulation die Völker versklaven will indem sie sie dazu mit der Nahrungskette stranguliert hat mittlerweile selbst die letzte Kirchenmaus begriffen. Das Problem besteht eher darin dass die „Merkelbefreiten“ in ihrer allzu konservativen Gewohnheit vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen, und das obwohl es dort doch gerade so herausschallt wie sie hineinrufen. Der Widerstand gegen den Tiefbahnhof ist aber über die Phase der „Stress-Tests“ bereits hinaus, die „digitalen Wutbürger“ müssen erst noch so weit gelangen nicht mehr in konservative Beutereflexe zu verfallen. Das heiße Herz haben sie bereits, der kühle Kopf kann noch werden.

 

Konrad Adenauer an seinem Rosenbeet hätte die Vorstellung dass ein abgewrackter DDR-Prediger mit mehr als dubioser Vergangenheit im Unterleib eines ferngesteuerten Kirchenschiffs Präsident werden kann ohne dass die „nukleare Teilhabe“ unbenutzt zurückgegeben worden ist wohl kaum für wünschenswert befunden, auch wenn man ihm genauso fernbleiben mag wie andere vielleicht Jutta Ditfurth (welche Gauck in Echtzeit durchschaute). Denn es geht ja hierbei in der Tat nicht um Kriegsflüchtige in deren moralischem Glanz sich die unterbelichteten Heuchler künstlich besonnen. Die Leute kommen nur geflohen weil die faschistische Politik der Waffenlieferungen und Auslandseinsätze sowie das naturgemäße Echo darauf es ihnen unmöglich machen dort zu bleiben wo sie möchten. Die Flüchtigen sind somit doppelt verfolgt, nicht nur vom Geschäft mit dem Tod sondern auch von der Spekulation um den Ablass, deren Aufflammen im Antoniusfeuer des neuen deutschen Faschismus die Anziehungskraft des Islam als vermeintlichem Sündenbock für die frischgebackenen Aussteiger aus der „geistig-moralischen Bananenrepublik Deutschland“ konterkariert. Vom menschlichen Standpunkt her betrachtet gilt jedoch auch, wer vermeint keine schlimmeren Feinde als die Moscheen oder die antiimperialistischen Staaten zu haben sollte dieses Selbstwertgefühl mit in die Realität hinübernehmen können.

 

Abwegig ist hingegen der antikapitalistische Beißreflex der im Gestus eitler Managerschelte die Islamophoben als Werbegag wegzuwischen versucht. Sind sie nicht; die Nationalalternativen sind der abtrünnige Teil des Kapitals, während die Islamophoben der des Bürgertums sind und die Hooligans der des Lumpenproletariats. Bei denen die angesichts einer hoffnungslos überdehnten Geldwährung Deklassierung und Statusverlust befürchten ist die Emotion am ärgsten, der Zulauf an größten und die Wirkung auf die herabgestoßenen Idole am stärksten. Letzten Endes ist es eine abstrakte Problematik dass die Moschee, vielleicht weil sie das geeignete Zeichen trägt, als Blitzableiter für den Zorn fungiert der dem totalen Staat gilt, so wie im Königsparadoxon: Wenn die Schergen des Herrschers ihre Angriffe auf seine Gegner als solche auf seine Person deklarieren, dann kommt es nicht mehr darauf an ob der das gebilligt hat sondern nur noch darauf das Idol des einen ebenso wie das der vielen zu verstoßen. Das wird im übrigen dadurch nur dass die Rest-Konservativen den Abtrünnigen heimleuchten wollen dass die fabelhaften Trauben ohnehin zu bitter seien nur verstärkt.

 

In ihrer Grundstimmung erinnern die Islamophoben den Verfasser an den Lasterfahrer, der nachdem er beim Trampen davon gehört hat wie die Manager von unsinnigen Großprojekten mit ihren Lebenslügen die kleinen Leute betrügen am liebsten alle entscheidenden Politiker zum Tode verurteilen möchte. – Da gibt es einige die sich schon jetzt so verhalten als wüssten sie genau dass sie es sich nicht mehr schlimmer machen können. Aber es kommt darauf an die loszuwerden ohne dass das ausgeht wie in Ägypten. – Die Leute in Griechenland schmeißen ja auch lieber die menschenverachtende Austeritätspolitik auf den Mist als sich damit abzufinden dass sich Olympia – u. a. – an verkommene Ölscheichs verkauft. Und die Risse in der Propaganda-Kosmetik des Gorbatschowschen „Hauses Europa“ reichen mittlerweile bis ins „Herz der Bestie“ (wenngleich der Kapitalismus als seelenloses Konstrukt kein solches Organ sondern an seiner Stelle lediglich eine Achslagerpumpe hat). Der Zerfall des konservativen Egos zu dessen Symptomen das Auftreten der Islamophoben gehört ist Ausdruck der Entfremdung zwischen Regierung und Bevölkerung die der totale Staat erzeugt: Es gibt keinerlei sich überlappende Interessen mehr, und wenn der unmündige Bürger sich nicht länger als Personal seines Burgherren sieht sondern den lieber feuert dann ist das zwar noch nicht die Emanzipation des Bürgers zum Menschen aber ein erster Schritt in die antifaschistische Richtung. Auch hier tut sich das bekannte Freund-Feind-Dilemma auf: Was in dem einen Fall offenkundig ist, ist in dem anderen nur experimentell sicherzustellen.

 

Denn die griechische Position ist ja in der Sache die der gesamten freien Welt – frei im Sinne von Eigenständigkeit, nicht von Konsum – und nur hierzulande neu und überraschend, dass die Berliner Marionettenregierung ebenso wie ihre Schöpfer, von einen erst noch einzusetzenden europaunbefangenen Kriegsverbrechertribunal angemessen abgeurteilt werden sein muss damit eine sinnvolle Neuordnung der Verhältnisse überhaupt möglich ist. Wer wie mit der Spionage das erste Gebot mit Füßen tritt kann sich nicht mit dem fünften beschirmen wenn der Wald umblättert. Welcher Art diese Entfremdung ist zeigt sich vielleicht am besten an einem kulturneutralen Beispiel aus dem konservativen Kontext. Die sogenannte „PKW-Mautgebühr“ ist ein typisches Quotenprojekt, womit sich eine bay(e)rische Extrawurst ihre panoptische Sandburg gebaut hat ohne dass es einen tatsächlichen Nutzen hat. Hätte der Verkehrsminister nachgedacht dann wäre ihm vielleicht aufgefallen dass sich die Vorgängerregierung mit der „Erneuerbare-Energien-Finanzierung“ eine Subventionsberieselungsanlage aufgebaut hat unter der dann solche bizarren Schnapsideen wie raumunverträgliche Großprojekte herangezüchtet wurden, und wenn man dasselbe mit dem Straßenbau macht dann schickt das die konservative Kaufwählerhierarchie eher auf einen Horrortrip – in dem ihnen schließlich die Moschee den Spiegel vorhält worin sie sehen was hinter ihnen steht.

 

Oben im Text ist vom BRD-System als einer Bananenrepublik die Rede. Das stülpt den Begriff Republik ins Groteske, denn nur die Waren – hier wachsen bloß Gurken – sind da noch „öffentliche Sache“, nicht mehr die Produktionsverhältnisse und die Gesellschaftsgestaltung. Die treffendste Definition des Begriffs lieferte der indische Prediger der ans Totenbett eines Amtsmanns gerufen wurde, der angab ihn „aus dem Dienst“ zu kennen, und daraufhin den in dieser Sache vorsprechenden Sohn des Staatsbeamten mit einem Stück Obst abspeiste anstatt selber zu kommen. Der Sterbende schmeckte die frohe Botschaft und gab seinen Geist auf. Das ist das gesamte Geheimnis der „Islamisierung.“

 

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