Einige Anmerkungen zu den Anmerkungen von Knews vom 17. April zu dem *aze-Text „Immer diese Widersprüche – Antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus und die radikale Linke in Deutschland“
Am Sonntag hatte Knews an dieser Stelle Anmerkungen zu dem Text
„Immer diese Widersprüche – Antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus und die radikale Linke in Deutschland“,
den die Berliner Gruppe *andere zustände ermöglichen (*aze) im vergangenen Herbst veröffentlicht hatte (*aze-Homepage, linksunten, trend) gepostet.
Knews schreibt:
„Zur Zeit erreicht die radikale Linke wenig politische Wirkmächtigkeit, was viele Ursachen haben kann, aber auch nicht verwundert, wenn sich die Art der politischen Arbeit angesehen wird: Im Zentrum steht die moralische Kritik an (großen) Teilen der Bevölkerung. Auch wenn diese Kritik moralisch richtig ist (z.B. wenn Rassismus, Sexismus usw. moralisch kritisiert wird), ist sie doch ausschließlich für einige meist aus dem akademischen Millieu kommende meist junge Erwachsene interessant.“
Und als Alternative schlägt Knews vor: „Aber immerhin besser als nur auf der Ebene der moralischen Kritik zu bleiben, ist es, auch die materialistische Seite zu nutzen: Der Mehrheit der Menschen in der Gesellschaft aufzuzeigen, dass die kapitalistischen Verhältnisse auch für sie schlecht sind, also auch sie von linker Politik profitieren!“ In dem Sinne enthält auch bereits die Überschrift des Artikels den Vorschlag, mit „Klassenkampf gegen Antisemitismus“ zu kämpfen.
Wirkungen beseitigen, ohne ihre Ursachen zu bekämpfen?
Falls wir uns einig sind, daß es unmöglich ist, „die Wirkungen zu verändern, ohne auch die Ursache zu verändern“1, so stellt sich die Frage: Wessen Klassenkampf ist gemeint? (Ich vermutete: – ungefähr – der der Lohnabhängigen.) Gegen wen oder was ist dieser Klassenkampf gerichtet? (Ich hoffe: gegen die kapitalistische Produktionsweise und Klassenherrschaft überhaupt.) Ist also die kapitalistische Produktionsweise im besonderen oder Klassenherrschaft im allgemeinen die Ursache von Antisemitismus (Patriarchat und Rassismus)? Oder ist es vielmehr genauso ineffektiv, zu versuchen Antisemitismus, Patriarchat und Rassismus mittels Klassenkampf zu bekämpfen, wie es ineffektiv wäre zu versuchen, die kapitalistische Produktionsweise zu bekämpfen, indem wir Blumen pflanzen?
Knews macht gar nicht erst den Versuch, zu begründen, daß die kapitalistische Produktionsweise im besonderen oder Klassenherrschaft im allgemeinen die Ursache von Antisemitismus, Patriarchat und Rassismus ist. Und mir scheint auch wenig wahrscheinlich, daß es einen solchen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang gibt. Für das Verhältnis von Patriarchat und Kapitalismus liegt dies auf der Hand, denn das Patriarchat ist ohnehin älter als der Kapitalismus. Auch Xenophobie und Judeophobie sind älter als die Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise. Allenfalls läßt sich sagen, daß die biologistische (rassen-theoretische) Akzentuierung von Xenophobie und Judeophobie im modernen Rassismus und Antisemitismus und die biologistische Rechtfertigung des Patriarchats2 in zeitlicher Nähe zum Aufstieg der kapitalistischen Produktionsweise stattfanden. Aber zeitliche Nähe begründet noch keinen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang (nicht einmal für die genannten modernen Formen und Kapitalismus). Und in den letzten Jahrzehnten gab es darüber hinaus eine starke Verschiebung von biologistischen zu kulturalistischen Argumentationsweise (Rassismus ohne Rassen; Sexismus ohne Sex3). Darauf wurde ja schon unter dem linksunten-Text von *aze hingewiesen (1 und 2). Kapitalismus koexistiert also auch mit nicht-biologistischen Formen von Patriarchat, Rassismus und Antisemitismus. Auch dies beweist freilich nicht, daß Ersterer die Ursache der Letzteren ist. Auch eine Koxistenz beweist noch keine Kausalität.
Schließlich überzeugt mich auch Friedrich Engels’ These, daß das Patriarchat die Folge der Entstehung von Privateigentum sowie der Klasse der SklavInnenbesitzerInnen und der Klasse der SklavenInnen sei, nicht: http://www.trend.infopartisan.net/trd0116/Spezifitaet_Historizitaet_Materialitaet_VORTR-ENTW.pdf, S. 2 f.
Statt Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzuzeigen (was Knews aber machen müßte, um den vorgebrachten Strategievorschlag zu begründen), weicht Knews auf den Ausdruck „Mehrheit der Menschen“ aus und schlägt vor, der „Mehrheit der Menschen in der Gesellschaft aufzuzeigen, dass die kapitalistischen Verhältnisse auch für sie schlecht sind, also auch sie von linker Politik profitieren!“
Zwar ist zutreffend, daß für die ca. 79 % Lohnabhängigen (und auch einem Teil der Solo-Selbständigen und BeamtInnen) in Deutschland die kapitalistischen Verhältnisse eher nach- als vorteilig sind, und es ist auch nicht verkehrt (sondern richtig), zu versuchen, ihnen dies aufzuzeigen, soweit es nicht eh schon wissen4.
Das ändert aber nichts daran, daß für die knapp 50 % Männer in Deutschland die patriarchalen Verhältnisse hingegen vorteilig sind; und das Gleiche gilt in Bezug auf die rassistischen Verhältnisse für die weltweite Minderheit der weißen Menschen.
Erkennen, was ist...
Knews schreibt: „Zu sehen, dass wir alle, egal welches Geschlecht oder welche Herkunft, in fast jedem kapitalistischen Widerspruch die Leidtragenden sind, ob bei der Arbeit, beim Wohnen, beim Busfahren, in den Medien, usw. und dort überall zusammenzuhalten und das gute Leben für Alle zu fordern, heißt Klassenbewusstsein.“
Ich möchte darauf antworten:
Zu sehen, daß Frau- oder Mannsein „bei der Arbeit, beim Wohnen, beim Busfahren, in den Medien, usw.“ nicht das Gleiche ist5, kann der Anfang von feministischem Bewußtsein und Kämpfen sein.
Zu sehen, daß gesellschaftlich als Schwarz oder Weiß positioniert zu sein, „bei der Arbeit, beim Wohnen, beim Busfahren, in den Medien, usw.“ nicht das Gleiche ist, kann der Anfang von antirassistischem Bewußtsein und Kämpfen sein.
Zu sehen, daß als Jude oder Jüdin bekannt zu sein oder als jüdisch klassifiziert zu werden, „bei der Arbeit, beim Wohnen, beim Busfahren, in den Medien, usw.“ nicht das Gleiche ist, wie als nicht-jüdisch zu gelten, kann der Anfang von Bewußtsein über Antisemitismus und Kämpfen dagegen sein. –
Rassismus und Patriarchat sind nicht nur (und vielleicht am allerwenigsten) ein Schlechtreden über Schwarze und Frauen, sind nicht nur Ideologie (die die herrschende Klasse vermeintlich eintrichtert), sondern auch und vor allem eine materielle Praxis der Herrschaft und Ausbeutung, in der Schwarze und Weiße, Frauen und Männer unterschiedlich positioniert sind. Auch Antisemitismus ist nicht nur ein Schlechtreden über Juden und Jüdinnen, sondern auch eine Praxis der Bedrohung und materiellen Gewalt, wenn auch heutezutage (anders als zur Zeit der nationalsozialistischen Konzentrationslager und zur Zeit von Berufsbeschränkungen für Juden und Jüdinnen) zu meist keine der Ausbeutung und ökonomischen Diskriminierung.
Und Ideologien sind ihrerseits nicht ‚bloße’ Ideen oder Ideensystem, sondern Ideen und Ideensysteme, die mit Verhalten – gesellschaftlicher Praxis – verknüpft sind.6
Zur Frage der Moral
Kommen wir nun zur Frage der Moral. Knews schreibt, im Zentrum radikal linker Politik stehe „die moralische Kritik an (großen) Teilen der Bevölkerung“. Knews meint außerdem: „Auch wenn diese Kritik moralisch richtig ist (z.B. wenn Rassismus, Sexismus usw. moralisch kritisiert wird), ist sie doch ausschließlich für einige meist aus dem akademischen Millieu kommende meist junge Erwachsene interessant.“ Knews fühlt sich dagegen mit Kapitalismuskritik und Klassenkampf auf der sicheren „materialistische[n] Seite“.
Dies übersieht dreierlei:
1. Die Kritik von Rassismus und Sexismus ist für Schwarze und Frauen durchaus interessant (oder kann jedenfalls für sie auch dann interssant sein), wenn sie nicht „aus dem akademischen Millieu“ kommen. Und Schwarze und Frauen bilden jeweils die Mehrheit der Weltbevölkerung.
2. Allerdings sind auch nicht alle Schwarzen (aktive) AntirassistInnen und nicht alle Frauen (aktive) FeministInnen. Aber auch bei weitem nicht alle Lohnabhängigen sind (aktive) KlassenkämpferInnen. Auch der Klassenkampf ist also (leider) keine Zauberformel, die bewirken würde, daß Linke der „Mehrheit der Menschen“ nahekommen.
3. Es ist einerseits durchaus nicht garantiert, daß Kapitalismuskritik materialistisch ist (s. Marx’ und Engels’ Kritik am Utopischen Sozialismus und an der Kategorie der Gerechtigkeit), und es ist andererseits nicht notwendig, Patriarchat und Rassismus moralisch zu kritisieren:
Geschlechtshierarchische und rassistische Arbeitsteilung, rassistische und sexistische Gewalt und Lohndiskriminierung haben handfest materiellen Charakter. Die Vorteile von der geschlechtshierarchischen und rassistischen Arbeitsteilung haben Männer (in Bezug auf Erstere) und Weiße (in Bezug auf Letzterer), die Täter von sexueller und rassistischer Gewalt sind nicht nur KapitalistInnen, sondern auch lohnabhängige Männer und lohnabhängige Weiße.7
Zugestanden sei, daß die Einzelkapitale Rassismus und Sexismus durchaus in ihrem Konkurrenzkampf um möglichst niedrige Löhne und im gemeinsamen Kampf für ideologische Hegemonie zu nutzen wissen; aber daß irgendetwas irgend jemandem/r nützlich ist, beweist nicht, daß der/die NutznießerIn auch der/die UrheberIn des nützlichen Umstandes ist. Es ist ein funktionalistischer Fehlschluß, vom Nutzen auf die Ursache zu schließen (die Sonne existiert nicht, damit es die Menschen schön warm auf der Erde haben.)
Und das, was die kapitalistische Produktionsweise als Ganzes bzw. Struktur auszeichnet, ist jedenfalls nicht die Diskriminierung von Individuen wegen Geschlecht oder Rasse, sondern die Existenz von freien und gleichen WarenbesitzerInnen. Insofern liegt die Revolutionär Sozialistische Organisation (RSO) richtig (auch wenn sie daraus leider nur unzureichend Konsequenzen zieht): „An sich sind Frauenunterdrückung oder Rassismus keine (von den ökonomischen Mechanismen her) notwendigen Bedingungen des Kapitalismus.“
Selbstbefreiung oder Paternalismus?
Das, was bisher im Kampf gegen Rassismus und Patriarchat erreicht wurde, wurde nicht erreicht, weil Schwarze und Frauen auf Geschenke von Weißen bzw. Männern (seien sie lohnabhängig oder Angehörige der kapitalistischen Klasse) gewartet hättet, sondern weil sie selbst den antirassistischen und antipatriarchalen Kampf aufgenommen haben und weil sie Reproduktionsmechanismen von Patriarchat und Rassismus untersuchen und dadurch angreifbar machen.
In der Internationale heißt es: „Es rettet uns kein höh'res Wesen, / kein Gott, kein Kaiser noch Tribun / Uns aus dem Elend zu erlösen / können wir nur selber tun!“ Das gilt in Bezug auf die kapitalistischen Klassenverhältnisse für die Lohnabhängigen, und genauso gilt es in Bezug auf Patriarchat, Rassismus und Antisemitismus für die Frauen, Schwarzen sowie Juden und Jüdinnen – und Letztere wären schlecht beraten, wenn sie die „Arbeiterklasse“ für den „Gott“ halten würden, der sie erlöst und ihnen den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Patriarchat abnimmt.
„Moralisch“ scheinen mir also weniger Antirassismus und Feminismus zu sein, als vielmehr der anarchistische und marxistische Klassenkämpfer-Glauben, lohnabhängige Weiße und Männer würden aus reiner Menschenliebe oder aus Einsicht in die Nachteile, die ihnen der Kapitalismus bringt, auf die Vorteile und die Macht, die ihnen Rassismus und Patriarchat bieten, verzichten.
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In der französischen Fassung der Internationale ist hoffnungsvoll davon die Rede, daß „die Welt […] sich von Grund auf ändern“ werde (Le monde va changer de base). Dies setzt freilich unter anderem voraus, daß der Kapitalismus nicht länger für den Grund von Patriarchat, Rassismus und Antisemitismus gehalten wird, sondern in patriarchaler und rassistischer Arbeitsteilung und Gewalt und die eigenständige materielle Basis von Patriarchat und Rassismus erkannt wird.
Daß Problem ist nicht, daß es zu viel Kämpfe gegen Patriarchat und Rassismus gäbe, sondern
daß es sowohl zu wenig parteiliche Kämpfe von Frauen und Schwarzen gegen Patriarchat und Rassismus als auch zu wenig parteiliche Kämpfe von Lohnabhängigen gegen den Kapitalismus gibt.
daß sich viele der AkteuerInnen dieser wenigen Kämpfe sich dabei nicht als Beherrschte und Ausgebeutete verstehen, die für den Umsturz von Herrschaft und Ausbeutung kämpfen, sondern als „Menschen“ oder „BürgerInnen“, die gegen bloße „Mißstände“ oder „Fehler“ kämpfen.
kurz: daß fast alle heutzutage geführten Kämpfe bloß Kämpfe gegen Symptome sind, die zu den jeweiligen Strukturen, von denen die Symptome hervorgerufen werden, nicht vordringen.
Zum Weiterlesen:
- Mein ENTSCHEIDENDER Kritikpunkt an ALLEN (soften oder harten) Nebenwiderspruchs-Theorien in Bezug auf das Verhältnis von Patriarchat und Kapitalismus (14.03.2014)
- Sexismus statt Patriarchat? – ismus-Kritik statt Gesellschaftsanalyse und Revolutionstheorie? (08.02.2016)
https://linksunten.indymedia.org/en/node/168203
- Historischer Materialismus (nicht nur für die Analyse der Klassenverhältnisse) oder marxistische Nebenwiderspruchs-Ideologie? (08.01.2016)
https://linksunten.indymedia.org/en/node/164505
PS.:
Knews wirft dem *aze-Text schließlich vor: „Über die übliche Verurteilung dieser regressiven Kapitalismuskritik geht die Broschüre nicht hinaus; sie unterstellt eher noch dass das Erkennen von Klassengegensätzen schon regressive Kapitalismuskritik sei.“ (meine Hv.)
Das Wort „Klassen“ kommt allerdings in dem *aze-Text weder allein noch in zusammengesetzten Formen vor (und das scheint mir in einem Text, der von antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus handelt, auch kein großer Mangel zu sein8). Insofern ist mir schleierhaft, aus welchen Formulierung Knews die nämliche Unterstellung herausliest.
Und an anderer – und zwar: passender – Stelle spricht *aze durchaus vom Klassenkampf: „niedrige Löhne und Sozialkürzungen [...] stellen die hausgemachten Grundlagen der deutschen Exportwirtschaft dar. [...]. Die dadurch in Position gehaltene Profitabilität der Exporte Deutschlands steht mit dem Klassenkampf nach Innen in einem wechselseitigen Verhältnis: Dass die deutsche Wirtschaft vorrangig vom Export ‚ihrer’ Waren lebt, sorgt gleichzeitig dafür, dass es weniger Druck auf die Kaufkraft im Binnenmarkt gibt, das Lohnniveau also aus Sicht der Unternehmen auch perspektivisch stagnieren oder sinken darf.“ (http://aze.blogsport.eu/archives/759 – meine Hv.) – Fraglich scheint mir nur zu sein, ob das deutsche Kapital dem gewerkschaftlich-keynesianistischen Kaufkraft-Argument aufgeschlossener gegenüberstünde, wenn es weniger export- und mehr binnenmarkt-orientiert wäre.
1 Louis Althusser, Über die materialistische Dialektik. Von der Ungleichheit der Ursprünge [1963], in: ders.: Für Marx, Suhrkamp: Berlin, 2000, 200 - 279 (243, FN 29) = Frankfurt am Main, 1968, 100 - 167 (137, FN 29).
2 Vgl. dazu: http://www.trend.infopartisan.net/trd0116/Spezifitaet_Historizitaet_Materialitaet_VORTR-ENTW.pdf, S. 6 bei FN 12.
3 Siehe: Sabine Grimm, Sexismus ohne Sex. Zum Verhältnis von Sexismus und Rassismus/Nationalismus in der linken Theorie; http://www.halluzinogene.org/texte/Sexismus_Grimm_a232.pdf.
4 Das Problem scheint mir allerdings weniger darin zu liegen, daß die nämlich 79 + x Prozent der Bevölkerung nicht wissen würde, daß sie z.B. deutlich weniger verdienen als die anderen 21 - x Prozent der Bevölkerung. Und vielen dürfte auch halbwegs klar sein, daß dieses ‚unterschiedliche Verdienen’ strukturellen Charakter (systematische Ursachen) hat.
Das Problem scheint mir eher darin zu liegen, daß die meisten Menschen nicht davon überzeugt sind, daß das, was Linke für eine postkapitalistische Gesellschaft vorschlagen, tatsächlich zu ihrem (der meisten Menschen) Vorteil funktionieren würde bzw. das es überhaupt durchsetzbar und realisierbar ist. Es handelt sich also weniger um ein Problem des mangelnden Wissens (oder des „falschen Bewußtseins“) als um einen Mangel der argumentativen Überzeugungskraft und um einen Mangel an effektiver Strategie.
5 Tovi Vail fragte in ihrem Fanzine Jigsaw „die Frauen in Interviews, wie sich als Musikerinnen fühlen und solche Sachen. Für mich war das einzigartig, denn in allen Seminaren am College, die ich besuchte hieß es immer: ‚Weißt Du, Menschen sind Menschen, wir sind alle gleich. Ganz egal, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist.’ Und sie merkte an, dass es sehr wohl einen Unterschied gibt, den du vor allem als Mädchen zu spüren bekommst.“ (Julia Downes, There’s A Riot Going On. Geschichte und Vermächtnis von Riot Grrrl, in: Katja Peglow / Jonas Engelmann (Hg.), Riot Grrrl Revisited. Geschichte und Gegenwart einer feministischen Bewegung, Ventil Verlag: Mainz, 2011, 18 - 50 [24]).
6 „Das Ideologische, das sind nicht nur Ideen oder Ideensysteme,- wie Gramsci sehr gut gesehen hat, es sind [...] Ideen im Verhalten“ (Louis Althusser, Über Brecht und Marx [1968]. in: Écrits philosophiques et politiques. Tome II. Stock/IMEC: Paris: 1995, 541 - 556 [554]; dt. Übersetzung vormals: http://members.eunet.at/hans68/brecht_%20marx.htm; nunmehr gespiegelt:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/andere/louis-althusser-ueber-brecht-und-marx/)
7 Auch von der Nicht-Entlohnung der weit überwiegend Frauen zugewiesenen Hausarbeit profitiert nicht das Kapital, sondern es profitieren die Männer:
Der Umstand, daß häusliche Putz-, Koch- und Erziehungsarbeit zwar weitgehend unentlohnt verrichtet wird, erspart dem Kapital nämlich keinen Cent. Denn, auch wenn Männer in aller Regel keinen Lohn für die häusliche Arbeit ihrer Ehefrauen und Freundinnen zahlen, so hat aber eine Ehefrau, deren Arbeitskraft mit Putz- und Erziehungsarbeit (weitgehend) ausgeschöpft ist und die (daher) keine Erwerbsarbeit leistet, einen Unterhaltsanspruch gegen ihren erwerbstätigen Ehemann (es sei denn, sie hat anderweitig Einkommen bzw. Vermögen).
Dieser Unterhalt mag formal korrekt berechnet und ausgezahlt oder informell im Rahmen einer gemeinsamen ‚Haushaltskasse’ + ‚Taschengeld’ für die EhepartnerInnen (und ggf. Kinder) abgewickelt werden – aber alldas ändert nichts daran, daß das Kapital nach kapitalistischer Logik sämtliche Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft auf einem bestimmten historisch-kulturellem Niveau tragen muß. Wenn diese Reproduktion in einer bestimmten historischen Situation in Form von Arbeitsteilung zwischen weit überwiegend männlicher außerhäuslicher Erwerbs- und weit überwiegend weiblicher häuslicher Putz- und Erziehungsarbeit organisiert wird, dann muß das Kapital – um der Verfügbarkeit von Arbeitskräften willen – nicht nur für die Lebensmittel- und Wohnungskosten von Ehemann (und Kindern = künftige Arbeitskräfte), sondern auch für die der Ehefrau aufkommen. Das Kapital muß den Männern den sog. „Familienlohn“ zahlen, da nur dann deren Arbeitskraft reproduziert wird (zubereitetes Essen; geputzte Wohnung; Erziehung der Nachwuchs-Arbeitskräfte; …).
Würden dagegen häusliche Putz- und Erziehungsarbeit einerseits und außerhäusliche Erwerbsarbeit andererseits auf Männer und Frauen gleich verteilt werden, so würde die Arbeitsmarktverfügbarkeit von Männern sinken und die von Frauen steigen. Bei gleichbleibenden Stundenlöhnen würde die Erwerbsarbeitszeiten und Monatslöhne von Männern sinken und die von Frauen steigen. Das Gesamtvolumen von Lohnarbeitszeit und Löhnen bliebe gleich. – Die Aufteilung von Löhnen und Arbeitszeit auf Frauen und Männer ist für das Gesamtkapital also ein Nullsummenspiel.
Es ist daher nicht das Kapital, das davon profitiert, daß häusliche Putz- und Erziehungsarbeit weit überwiegend nicht als Lohnarbeit (sondern aus ‚Liebe’ + etwaigem Unterhaltsanspruch) verrichtet wird. Vielmehr sind es Männer, durch deren Taschen der Familienlohn fließt und die dadurch eine starke Verhandlungsposition bei der Aufteilung des Familieneinkommens auf die Familienmitglieder haben, die von dem patriarchalen Arrangement profitieren.
8 Allenfalls wäre zu fragen, ob Klassen- (und Geschlechter)kämpfe einen sekundären Beitrag zur Zersetzung nationaler Gemeinschaften (mit ihrem Standort- und Gemeinwohl-Denken) leisten kann und insofern antirassistischen Kämpfen günstig sein können – was freilich zu aller erst voraussetzt, sie so politisch zu bestimmen, und sie nicht im Namen der Eingliederung in die nationale Gemeinschaft zu führen.
ein titel oder so
achherrje...jetzt würde ich echt gerne deine persönliche lebensituation kennen lernen. natürlich würden die meisten lohnabhängigen auf ihre vorteile vezichten, wenn ihnen wirklich klargemacht werden könnte, wie diese vorteile aussehen würden. wohlstand für alle muss nämlich nicht zwingend trabi für alle heißen. allein der glauben fehlt den meisten das sich eine andere wirtschafts- und gesellschaftsform umsetzen ließe, die ihren persönlichen lebensalltag bequemer, gerechter und freier macht.
also muss man eben doch dort ansetzen wo es unbequem wird zu diskutieren.
welche vorteile bietet mir als rosa-hellbrauner mann denn der rassimus, abgesehen von den bekannten, ökonomischen aspekten wie der ausbeutung afrikas innerhalb des kapitalismus? welche persönlichen vorteile haben ich und andere lohnabhängige davon, das hier unzufriedene migranten rumlaufen und parallelgesellschaften bilden? welche vorteile habe ich davon, das die geschlechterrollen zwischen männern und frauen in dieser gesellschaft so vergiftet und festzementiert sind?
zumdem ist genau diese einteilung, also das was du an anderer stelle im text zurecht kritisierst ziemlich schwarz-weiß gedacht. die tatsache das migranten aus dem arabischen raum in deutschland in vielen bereichen vorurteilen ausgesetzt sind, ändert nicht daran das ein gewisser (kleinerer) prozentsatz trotzdem mehr einfluss und mehr reichtum; kurzum mehr macht hat, als meine person. die tatsache das frauen durchschnittlich weniger verdienen und weniger spitzenpositionen einnehmen, ändert trotzdem nichts daran das 80 prozent der frauen in deutschland mehr verdienen als meine person.
dann zitierst du oben noch "das rassismus und frauenunterdrückung keine (von den ökonomischen mechanismen her) notwendigen bedingungen des kapitalismus" wären. das ist richtig. rassismus und frauenunterdrückung bzw. geschlechterungleicheit hierzulande, enstanden aus komplexeren historischen zusammenhängen und gehen geschichtlich weiter zurück, lassen sich ausserdem zumindest theoretisch innerhalb des kapitalismus bekämpfen. aber nur weil der kapitalismus nicht automatisch geschlechterungleichheit und rassismus produziert, zementiert er trotzdem die rollen die der/die einzelne innerhalb des bestehenden systems einzunehmen hat. dem kapitalismus ist sowiso alles egal, er ist keine person, auch keine männliche.
aber mechanismen wie die schlechtere bezahlung für zb. typische frauenberufe haben auch widerrum einen historischen hintergrund und der kapitalismus wäre nicht der kapitalismus wenn die pflegehelferin vor lauter wertschätzung und moralischer empörung der gesellschaft auf einmal das doppelte gehalt bekommen würde. was wäre dann nämlich mit dem reiniger sanitären anlagen? und der putzfrau?
wie verhindert man die moralische empörung darüber das millionen an menschen an hunger und krieg verrecken, wenn der nachbar müller tatsächlich diesen leuten die selbe wertschätzung gegenüberbringen würde, wie seinem kneipenwirt?
rassismus fungiert gerade heutzutage oftmals auch als schutzfunktion und verteidigung des eigenen (relativen) wohlstands gegenüber denjengien die einem "die butter vom brot klauen". biologisch begründeter rassimus ist längst nicht ausgestorben, aber die meisten menschen stolpern dabei über ihr eigenes wissen.
nein, es sind verinnerlichte kapitalistische wertvorstellungen aus perspektivlosigkeit und nicht aus begeisterung oder überzeugung und der rassismus bei eingen nur ein vorgeschobenes argument zur verteidigung eben dieser werte.
und zu punkt 7
das ist grob zusammengezimmerte ideologie.
frauen heiraten auch heute noch nach oben, auch diejenigen die schon relativ weit oben stehen. das ist eine statistische bewiesene tatsache. wenn die situation von vornherein nicht eh schon für beide ehepartner fest geregelt und traditionell klar ist (mann geht arbeiten wenn die kinder kommen, frau bleibt zuhause), dann setzen spätestens in der schwangerschaft die ersten pragmatischen überlegungen ein. die frau ist während der schwangerschaft oft nicht arbeitsfähig und während der stillzeit auch nicht, wer bringt mehr geld nach hause?usw.(der mann der nach oben hin geheiratet wurde..echt jetzt?)
es sind nicht die männer die davon profitieren das sie freundlicherweise der lohnarbeit nachgehen dürfen (danke staat, danke frauen) es sind tatsachen, wie das der arbeitgeber lieber 5 lohnarbeiter/innen(und da ist das geschlecht egal) hat die 8 stunden arbeiten ,anstatt 10 die jeweils nur 4 stunden arbeiten können. dabei geht es um verwaltungsaufand usw.
lieber einen festen arbeiter als 2, die sich mit dem jeweiligen partner abstimmen müssen, wer zuhause bleibt wenn die kinder krank sind.
ich persönlich weiß übrigens ganz genau wovon ich rede, da ich mit der mutter meiner kinder die vereinbarung habe, das wir beide zu gleichen teilen arbeiten gehen und uns zu gleichen teilen um die kinder kümmern-keiner von uns steigt trotz diverser qualififikationen jobmäßig auf, keiner hat langfristig eine chance dazu. würde nur einer von uns beiden arbeiten gehen, dann wären wir reicher und hätten mehr aussicht auf wohlstand. nur mal soviel zum persönlichen über DIE männer die es anders probieren und damit zusammen mit der partnerin aufgrund der gegebenheiten des kapitalistischen arbeitsmarktes finanziell auf die schnauze fallen. die welt ist halt doch nicht immer so einfach in gut und böse einzuteilen, nicht wahr?
deshalb kann ich jeden mann der die aussicht hat besser zu verdienen als seine partnerin verstehen, wenn er bei der familienplanung der lohnarbiet nachgehen möchte. andersrum natürlich genauso. wobei dort auch wieder mein erster punkt den ich angesprochen habe, zum tragen kommt. wenn die zahnartzhelferin ihren boss heiraten möchte und einen kinderwunsch hat-na, wer bleibt da wohl zuhause und wieviel einfluss hat frau selbst darauf?
soviel mal zu einem ziemlich bürgerlichen thema, aber so eine eingleisige sicht kann ich einfach nicht stehen lassen...
Antwort auf beide Kommentare
1.
Diesbezüglich sind wir uns ja einig; das entspricht haargenau dem, was in meiner Fußnote 4 steht.
2.
a) Was möchte Du mit „rosa-hellbrauner“ ausdrücken? Rassismus findet nicht wegen der Hautfarbe statt, sondern die Hautfarbe ist allenfalls der Vorwand oder Aufhänger für Rassismus. „Schwarz“ und „weiß“ sind – im Kontext antirassistischer Politik und Theorie – politische Begriffe, die beschreiben, wie Leute in Bezug auf das rassistische Verhältnis positioniert sind. Daher ist die Beschreibung von Hautfarbennuancen im Zusammenhang mit Rassismus gelinde gesagt albern.
b) Als Weißer hast Du bessere Chancen für einen höheren Bildungsabschluß und auch bei gleichem Bildungsabschluß hast Du bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als einE SchwarzeR. Als Mann hast Du auch bessere Chancen als eine Frau einen qualifikationsgemäßen und überdurchschnittlich bezahlten Job zu bekommen.
Als weißer Mann kannst Du zur Arbeit, zum Einkaufen, zu FreundInnen und zur Parties gehen, ohne rassistisch und/oder sexistisch belästigt zu werden; Dein Risiko vergewaltigt zu werden, ist verschwindend gering.
Als weißer Mann hast Du die besseren Chancen, Deine Interessen bei einer Behörde, gegenüber Deinem Chef und in Deiner Politikgruppe durchzusetzen. usw. usw.
Diese Vorteile, als Mann im Patriarchat und als Weißer in einer rassistischen Gesellschaft zu leben, sind Dir so selbstverständlich, daß sie Dir nicht einmal auffallen.
3.
Was möchtest Du mit „unzufriedene migranten rumlaufen und parallelgesellschaften bilden“ ausdrücken?
4.
a) Zu den Vorteilen der Geschlechterrollen für Dich: siehe oben.
b) Was meinst Du mit „vergiftet“?
c) So festzementiert sind sie gar nicht: An den rechtlichen Verhältnissen seit Ende der 60er Jahre hat sich vieles geändert; die Vergeschlechtlichung von Berufen wechselt durchaus öfter mal – aber alldies ändert an dem Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnis zwischen Männern und Frauen nichts grundlegend (ähnlich wie auch das allgemeine Wahlrecht und Sozialversicherungen am kapitalistischen Klassenverhältnis nichts Grundlegendes geändert haben).
5.
Und? Was beweist das? Widerlegt das die Existenz von Rassismus in allen Klassen und allen Geschlechtern?
Auch einige gut bezahlte Lohnabhängige mit (relativ) angenehmen Jobs werden mehr verdienen und eine geringere Arbeitszeit haben als einige KleinkapitalistInnen, deren Unternehmen kaum profitabel sind. Widerlegt dieser Umstand die Auffassung, daß wir in einer kapitalistischen Gellschaften leben, in der KapitalistInnen die herrschende Klasse und die Lohnabhängigen die beherrschte Klasse sind?!
6.
Das mag sein, aber die Welt kreist nicht um Deinen Buchnabel. Die Analyse gesellschaftlicher Strukturen hängt nicht an individuellen Ausnahmen. Das sollte zumindest MarxistInnen bekannt sein (ich weiß nicht nicht, wie’s um diese Einsicht bei AnarchistInnen bestellt ist).
7.
@ „zementiert er <der Kapitalismus> [...] die rollen die der/die einzelne innerhalb des bestehenden systems einzunehmen hat“: Das Macht der Kapitalismus ausschließlich in Bezug auf die Klassenrolle.
8.
Ja, aber der Anspruch, weißen Lohnabhängigen müsse es besser gehen, als schwarzen Lohnabhängigen, ist kein kapitalistischer, sondern ein rassistischer Anspruch.
9.
Das mag schon sein... – aber wofür soll das ein Argument sein? Im übrigen läßt sich die „statistisch bewiesene[n] tatsache“ auch umgekehrt ausdrücken: Männer heiraten überwiegend nach ‚unten’ – vielleicht, weil’s ja deren Überlegenheitsgefühl schmeichelt.
10.
Während des Mutterschaftsurlaub besteht 100 % Lohnfortzahlung; an der finanziellen Situation der Eltern ändert sich (abgesehen von den nach-geburtlichen Mehrkosten für das Kind) also zunächst nichts: „In Deutschland besteht während 14 Wochen Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub (6 Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin und 8 Wochen nach der Entbindung, bei Früh- und Mehrlingsgeburten 12 Wochen, § 6), bei dem 100 % des bisherigen Einkommens bezahlt wird.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Mutterschaftsurlaub#Deutschland)
Das Problem fängt an, wenn Elternzeit in Anspruch genommen wird, da das Elterngeld nur ca. 67 % des Nettolohns beträgt. Hier wirkt sich dann die Frauenlohndiskriminierung aus; diese ist aber nur marginal aus kapitalistischen und in erster Linie aus patriarchalen Gründen zu erklären:
Der von Marx (im Grundsatz zutreffend erklärte) Wert der Ware Arbeitskraft kennt keine Geschlechterkompente (die Arbeitskraft ist das Wert, das auf dem jeweiligen historisch-kulturellen Niveau zu deren Reproduktion notwendig ist). Die Frauenlohndiskriminierung kommt dadurch zustande, daß die kapitalistischen von patriarchalen Strukturen überlagert werden.
11.
a) Nein. Die Unternehmen sind sehr gerne für Teilzeitarbeit ohne Lohnausgleich (aber gegen Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich), weil die Arbeitsproduktivität (Leitungsfähigkeit) mit zunehmender Arbeitsdauer sinkt.
b) Ja, Lohnarbeit ist ein Zwang (das habe ich allerdings auch nicht bestritten). Aber unter der gegebenen Verhältnissen mit Lohnarbeit verbundene Vorteil ist, ein eigenes Einkommen zu haben und nicht von dem Einkommen einer anderen Person abhängig zu sein.
12.
Na, herzlichen Glückwunsch, wenn das bei Euch klappt. Sozialwissenschaftliche Untersuchungen zeigen allerdings, daß sich bei genauerem Nachfragen herausstellt, daß es auch bei Paaren mit sog. „partnerschaftlichen“ oder Gleichheits-Anspruch mit der Gleichverteilung von Haus- und Erziehungsarbeit nicht weit her ist.
13.
Vor allem kann ich die Frauen, die darin einwilligen verstehen. – Allerdings zeigt dies nur die Stärke der patriarchalen Strukturen, die den Individuen nicht viel Wahlmöglichkeit lassen.
nun denn...
1.
nun ist es halt die aufgabe der linken genau bei diesen menschen überzeugungsarbeit zu leisten und die strukturellen zusammenhänge zu erklären.
2.
nun bin ich zwar kein rassist, folge aber trotzdem nicht diesen teilweise kruden theorien von dem was sich "antirassistische theorie" nennt. ich persönlich fühle mich vom begriff "weiß" zwar nicht angegriffen, aber um genau diese rassischen zuschreibungen zu überwinden, hilft es kein bischen weiter, die menschheit in schwarz und weiß einzuteilen-und sei es noch so gut gemeint. auch damit zementiert man opferrollen und vor allen dingen die sichtweise der allgemeinheit auf nebensächlichkeiten, wie die hautfarbe. auch wenn es wichtig bleibt auf strukturelle ungerechtigkeiten hinzuweisen, empfinde ich es als kein bischen zielführend oder taktisch sinnvoll, diese gutgemeinte antirassistische rassentrennung in irgendeiner weise zu unterstützen,weil das bild das man durch schwarz und weiß in guter absicht projiziert, weiterhin bestehen bleibt. ausserdem ignoriert man den rassismus von nordafrikanern gegenüber afrikanern aus zentralafrika. man ignoriert die asiaten(sind die jetzt schwarz oder weiß?) die je nach land dienstleister für weiße (thailand) oder big player im wirtschaftgame sind. (china, japan) sind die mexikaner in den USA nun weiße oder schwarze?(politisch meine ich)
mir fällt so manches auf und in einigen punkten bin auch der gleichen meinung wie du, andere sind widerrum deutlich von der individuellen wahrnehmung von situationen und dem wunsch nach deutungshoheit geprägt , aber das würde an dieser stelle zu weit führen. ich gehe bei punkt 6 genauer darauf ein
das sich für mich aus der strukurellen benachteiligung durch vorurteile gegenüber migranten und den daraus entstandenen gräben zwischen menschen auf individueller ebene, keine vorteile im umgang mit selbigen ergeben. wir leben hier schließlich nicht in einer gesellschaft wo ich als deutscher ohne migrationshintergrund per gesetz mehr rechte habe.(natürlich vorausgesetzt sie haben einen deutschen pass) die ungleichbehandlung führt zur frustration bei vielen migranten, was sich widerrum dahingehend äussern kann, das viele halt und orientierung bei denen suchen, die sie als ihresgleichen wahrnehmen und sich dort eben geschlossene gruppierungen herausbilden, zu denen ich kaum zugang habe.
die vorteile die ich gegenüber menschen mit migrationshintergrund habe und die du aufgezählt hast, spielen sich alle innerhalb des kapitalistischen systems ab. ein vorteil bei der wohnungssuche, setzt eine konkurrenz um die ware "wohnung" voraus. ein vorteil beim vorstellungsgespräch setzt ein bewerbung als lohnabhängiger voraus. wenn jemand diese vorteile erhalten will, dann doch meistens deshalb, weil ihm die vorstellung das wohnen keine ware auf dem markt sein könnte, als unrealistisch und utopisch erscheint.
ja, und dabei gehst du von einem konservativen idealtypus mann aus, der genau das ist, was er vorgibt zu sein. inwiefern männer unter ihrer rolle zu leiden haben, steht auf einem anderen blatt. aber bevor es jetzt zu sozialpsychologisch wird verweise ich auch hier auf punkt 6.
wenn sich menschen aufgrund äusserlichkeiten und zugeschriebenen rollen nicht mehr als individuum begegnen können, dann würde ich das als "vergiftet" bezeichen.
naja..in der pflege, erziehung,kosmetikstudio usw. arbeiten immernoch hauptsächlich frauen, auch wenn es nicht mehr ganz auf das geschlecht beschränkt ist. als bauerbeiter, kfz-mechaniker usw. immernoch männer.
wieviel dann letztlich eine putzhilfe verdient, hängt von verschiedenen faktoren ab. letztlich werden aber berufsfelder die kaum eine verhandlungmacht haben nicht nach geschlecht bezahlt, sondern immer so gering wie es geht.ZB. die pflege ist längerfristig durch demographischen wandel in einer eingermaßen guten verhandlungsposition. die geringe bezahlung für helfer/innen in diesem berufsfeld ergibt sich natürlich durch die geringschätzung früherer zeiten. ob sich diese geringschätzung in wertschätzung durch mangel an bereitwilligen arbeitskräfte wandelt, steht noch aus. aber letztlich ist die verhandlungsposition immer an vorangegange lohnentwicklungen gekoppelt und steht nicht im luftleeren raum oder ist frei von diesen verhandelbar. das heißt; die bezahlung die sich durch sexistische bewertung der arbeit in vergangenen zeiten entwickelt haben mag, folgt heute in vielen bereichen lediglich der kapitalistischen verwertungslogik.
nein, das widerlegt den rassismus keinesfalls. es ist nur ein anderer blickwinkel darauf. auch hier schreibe ich etwas dazu bei punkt 6.
aber dein beispiel mit den gutverdienenden lohnabhängigen, die eventuell besser verdienen als ein kleinunternehmer ist eine genauere betrachtung wert.
nehmen wir ein fiktives und ungeprüftes extrembeispiel: ein rechtsanwalt ist angestellter in der renommiertesten anwaltskanzlei und damit so erfolgreich das er ein paar millionen euro verdient und gespart hat(ich habe keine ahnung ob das in diesem fall realistisch ist, aber zur veranschaulichung sollte es reichen)
er kommt aus gutem hause(kulturelles kapital) kennt durch seinen beruf einflussreiche leute (soziales kapital) verfügt auch als lohnabhängiger angestellter über eine menge ökonomisches kapital und hat trotzdem nichts mit der produktion von waren oder dem besitz von grund und boden zu tun(lebt in einem teuren mietappartment)
dagegen gehört dem kleinkapitalist eine schreinerei mit 5 angestellten und er kommt gerade so über die runden. er verfügt weder über besonders viel soziales, kulurelles kapital, noch ist seine schreinerei besonders viel wert.
wem ist es nun theoretisch möglich mehr einfluss zu nehmen? aus dem gutverdverdienenden angestellten könnte, wenn dies sein wunsch ist, ohne weiteres ein kapitalist werden der sich seine mittel zur produktion erkauft.
die bewertung der machtstruktur und die einflussnahme des einzelnen, sollte also auch in diesem fall einer genaueren prüfung unterzogen werden, auch wenn die nichts an der makroperspektive auf den kapitalismus als solches ändert, so ändert es doch den blickwinkel auf die einzelnen prodagonisten und deren antagonisten.
6.
und vielleicht merkst du schon anhand meiner vorangegangen antworten worauf ich hinaus will, bzw. was meine intention des persönlichen blickwinkels ist. natürlich kreist meine welt um meinen bauchnabel, wie bei 7.3 milliarden anderen menschen auch. es geht aber trotzdem nicht um mich als person, sondern um die mikroebene die du völlig ignorierst(und diesen fehler machen viele linke heutzutage, meine meinung...) dieser blickwinkel und die feinheiten des individuellen, menschlichen handelns sind aber von extrem wichtiger bedeutung für den gesamtzustand einer gesellschaft.
-der 16 jährige ronny der seine schule abgebrochen hat und mit seiner großen schwester,seinem arbeitlosen vater und seiner als putzhilfe arbeitenden mutter in einer plattenbausiedlung in cottbus lebt, ist sich vermutlich allzu deutlich darüber bewusst das seine chancen innerhalb dieser gesellschaft aufzusteigen ziemlich gering sind. ronny kam noch nie besonders weit aus cottbus raus,hat keine freundin und der fernseher und das internet sind sein blickwinkel in die welt. nun hört er von gutsituierten mittelstandslinken immer nur eines: das er total priviligiert ist gegenüber frauen, schwarzen, migranten und er als "weißer" mann ein totalversager ist, weil er es nie zu etwas bringen wird und das schließlich und schlussendlich nur seine eigene schuld sei. ronny betrachtet sein eigenes isoliertes scheissleben und seine unzulänglichkeit und fühlt sich noch schlechter als eh schon. die rechten dagegen erzählen ihm was von kameradschaft,von zusammenhalt und davon, das er besser ist als andere menschen weil dies in seinen genen liegt. sie bauen ihn auf, bieten ihm selbstbewusstsein und sagen das es okay ist wie er ist-schuld sind nämlich die anderen. auf der anderen seite sieht er die hübsche, aufstrebende, linke großstadtjournalistin im fernsehen die ihm das gefühl vermittelt, er wäre am sexismus schuld. nun, für wen wird ronny sich entscheiden?
^^was ich damit sagen möchte? das diese art des von oben herab erklärens und die perspektive aufs große, ganze zwar sehr interessant sein mag um statistische werte herauszuarbeiten-für politische agitation auf augenhöhe mit dem menschen den man überzeugen möchte, taugen diese anklageschriften allerdings wenig.
„rassismus fungiert gerade heutzutage oftmals auch als schutzfunktion und verteidigung des eigenen (relativen) wohlstands gegenüber denjengien, die einem ‚die butter vom brot klauen’.“
abgesehen davon das ich deine einteilung in schwarz und weiß wie schon geschrieben nicht teile(seit wann sind syrer und türken schwarz?wir leben nicht in den USA) ergibt sich das eine aus dem anderen.
tut mir leid, ich kann auf anhieb diese statistik nicht finden, falls es dich interessiert dann google mal selbst danach. die merhzahl der gefragten männer gaben nicht an "nach unten" heiraten zu wollen, sondern das gehalt,offizieller bildungsgrad nicht so wichtig wären. andersrum eben schon.nur ein viertel der frauen hielten einen rollentausch für erstrebenswert usw.
frauen sind einfach nicht per se das revolutionäre subjekt wie es der linke feminismus gerne hätte.
10.
habe ich mich so falsch ausgedrückt, oder gehts du gar nicht auf das von mir geschriebene ein? es geht nicht um lohnfortzahlung oder irgendeine überbrückungszeit etc. sondern um routine, den einfachsten weg(stillen ist unkomplizierter als abpumpen),den wunsch vieler mütter in der stillzeit zuahause zu sein(und nein,das ist nicht nur ein klischee) mögliche 1 bis 2 jahre aufstiegschancen die wahrgenommen oder verpasst werden können usw.
11.
a)sorry, das ist einfach falsche wunschvorstellung. DIE unternehmen gibt es nämlich nicht und kaum ein arbeiter/n auf teilzeit steigt irgendwann in der karriereleiter auf. profitieren würden lediglich die singles die zur vollen verfügung ständen,sollange man kein allgemeinen 4 stunden-tag einführt. in den allermeisten jobs werden nachwievor lohnarbeiter für vollzeit-arbeiten gesucht.ausnahmen gibt es auch hier und in manchen bereichen zeichent sich etwas anderes ab, aber kfz-menchaniker auf teilzeit werden eher selten gesucht. mal abgesehen davon um bei meinem eingangsbeispei zu bleiben: der zahnarzt der die arzthelferin heiratet(deshalb auch das beispiel) soll nun also in dieser konstellation 4 stunden arbieten gehen, sie als helferin auch, obwohl sie zusammen gut 1/3 mehr geld zur verfügung hätten wenn nur er arbeiten gehen würde? dein beispiel mit den partnern mit kind die beide arbeiten gehen, geht nur dann auf, wenn beide ungefähr gleich verdienen. um es mal ganz ppulisitsch auszudrücken damit es klar wird: wenn ich als imaginärer fensterputzer eine einkommensmillionärin heirate und mit ihr kinder bekomme, dann erwarte ich nicht unbedingt das ich meinem fensterputzerjob weiterhin nachgehen kann und wir dadurch zusammen eine menge verlust machen.
@ 'spielt sich innerhalb des kapitalistischen systems ab'
Ich beginne mit dem Punkt, der mir am grundlegendsten zu sein scheint:
Auch in einer sozialistischen Übergangsgesellschaft und auch im Kommunismus wird es hoffentlich („hoffentlich“ aus ökologischen Gründen und aus Gründen des Arbeits-/Bauaufwandes) nicht soviel Wohnungsüberschuß geben, daß jedeR jederzeit in die ihm/r am besten gefallende Wohnung einziehen kann. Auch muß geregelt werden, welche Personen wann mit welchen Produktionsmitteln welche Arbeit verrichten.
Wenn eine solche Gesellschaft weiterhin rassistisch ist, werden die Vergabeentscheidungen (und seien es Räte-Entscheidungen) über Wohnungen und Arbeitsplätze weiterhin zum Vorteil der rassistisch herrschenden Menschen und zu Lasten der diesbezüglich Beherrschten erfolgen. Und nichts spricht dafür, daß der Rassismus allein deshalb verschwindet, weil die Warenform verschwindet. Also hilft die Vorstellungsfähigkeit und -bereitschaft, daß „wohnen keine ware auf dem markt sein könnte,“ für die Überwindung von Rassismus leider nicht sonderlich weiter.
Und deshalb würde ich meinerseits nicht nur sagen, daß sich die Vorteile, die ich aufgezählt habe, „alle innerhalb des kapitalistischen systems ab[spielen]“. Ich würde meinerseits sagen: Sie spielen sich hier und heute in einer Gesellschaftsformation ab, die von rassistischen, kapitalistischen und patriarchalen Strukturen geprägt wird – und die etwaige Überwindung einer dieser Strukturen garantiert nicht die Überwindung der anderen. Und ich würde daher außerdem sagen: Diese Vorteile können sich anderenorts und zu anderer Zeit auch in einer nicht-kapitalistischen Gesellschaft abspielen.
@ Teilzeitarbeit (Nr. 11)
Und der gleiche Gedankengang noch mal in Bezug auf das Geschlechterverhältnis:
Ja, das ist zutreffend beschrieben. Es widerlegt aber nicht mein Argument, daß die ersten Stunden eines Arbeitstages produktiver sind als die letzten und daß deshalb Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich für das Kapital von Vorteil ist.
Wenn Teilzeitarbeit trotzdem ein Karrierehindernis darstellt und in vielen Bereichen (noch) nicht üblich ist, so zeigt auch dies wieder, daß wir es nicht nur mit kapitalistischen, sondern auch – in dem Fall – patriarchalen Strukturen zu tun haben, die in dem Fall die Organisationskultur von Unternehmen und Verwaltungen prägen.
Die strategische Konsequenz (Nr. 1)
Ja, aber eine analytisch unzutreffende und politische falsche Erklärung wäre, alle kritisierenswerten Phänomene allein aus der kapitalistischen Produktionsweise oder der Klassenherrschaft zu erklären.
Erklärt werden sollte vielmehr, welche spezifischen Strukturen, welche spezifischen Effekte hervorbringen und wie die verschiedenen Strukturen sich – teils verstärkend, teils abschwächend – wechselseitig beeinflußen.
Zur Terminologie
Nr. 2.
Nr. 6
a) @ „um genau diese rassischen zuschreibungen zu überwinden, hilft es kein bisschen weiter, die menschheit in schwarz und weiß einzuteilen“ / „empfinde ich es als kein bisschen zielführend oder taktisch sinnvoll, diese gutgemeinte antirassistische rassentrennung in irgendeiner weise zu unterstützen“
Was würdest Du von folgenden Sätzen halten: „um genau den Kapitalismus zu überwinden, hilft es kein bißchen weiter, die menschheit in Lohnabhängige und KapitalistInnen einzuteilen“ / „empfinde ich es als kein bißchen zielführend oder taktisch sinnvoll, diese gutgemeinte antikapitalistische klassentrennung in irgendeiner weise zu unterstützen“?
In beiden Fällen handelt es sich nicht um natürliche und omnihistorisch existierende Gruppen von Menschen, sondern um zu einer bestimmten Zeit und unter bestimmten Umständen gesellschaftlich durchgesetzte Gruppenbildungen, die zu anderer Zeit und unter anderen Umständen auch wieder überwunden werden können – dies setzt freilich voraus, ihre momentane Existenz nicht nur dem Mantel von ‚wir alle’ oder ‚die Menschen’ zu verschleiern.
b) Ansonsten ist die Terminologiefrage für nicht besonders ausschlaggebend:
aa) Meinetwegen kannst Du gerne überall, wo ich ich „Schwarze“ schreibe statt dessen „rassistisch Beherrschte und Ausgebeutete“ lesen, und überall, wo ich „Weiße“ schreibe statt dessen „rassistisch Herrschende und Ausbeutende“ lesen.
bb) Allerdings scheint mir gerade der Vorteil der Verwendung von „Schwarzen“ und „Weißen“ als politischen Begriffen (und nicht als Hautfarben-Beschreibungen) darin zu liegen, daß sie zur De-Naturalisierung der dem Rassismus zugrundliegenden Gruppeneinteilungen beitragen kann.
cc) Der Ausdruck „menschen mit migrationshintergrund“ scheint mir jedenfalls dem Begriff „Schwarzen“ nicht überlegen zu sein, denn ein Mensch, der aus Norwegen oder den Niederlanden nach Deutschland einwandert wird in der Regel ganz anders behandelt als ein Mensch, der aus Tunesien oder Tansania nach Deutschland migriert.
Mirko-Ebene und/oder Struktur-Revolution? (Nr. 6)
Das sehe ich vollständig umgekehrt:
Meines Erachtens ist in der Haupttendenz das Problem, daß sich die Linke seit 1990 massiv vom Denken auf der Makro- bzw. Strukturebene verabschiedet hat. Besonders ausgeprägt zeigt sich dies m.E. im Falle von „Queer[-Feminismus]“ statt Feminismus; eher in den traditionellen Bahnen des Reformismus zeigt es sich bei „Globalisierungs-“ und „Finanzkapital“-Kritik statt Kritik der kapitalistischen Produktionsweise. Auch im Rahmen von critical whiteness scheint es mir diese Tendenz zu geben.
Und in der Nebentendenz liegt das Problem darin, daß die wenigen, die überhaupt noch an der Relevanz der Strukturebene festhalten, diese auf die Klassenverhältnisse reduzieren.
Und zu allem Überfluß stützen sich beide Tendenzen auch noch wechselseitig:
In dem Maße, in dem die Einen den Strukturbegriff auf die Klassenverhältnisse reduzieren, sehen sich die Anderen veranlaßt, den Strukturbegriff gleich ganz zu verwerfen.
Und in dem Maß, in dem sich die Letzteren reformistisch auf individualistische Antidisriminierungspolitik und Mißstandskritik beschränken, sehen die Ersteren in ihrem Klassenreduktionismus die letzte Rettung für den Struktur-Begriff und revolutionäre Politik.
Die Linke war auf alle Fälle schon mal weiter, als sie heute ist:
Zu den Anpassungsprozessen seit 1990:
1993: „Rosa Luxemburg“ an die RAF, die RZ sowie die autonome und antiimperialistische Bewegung
http://arschhoch.blogsport.de/2011/11/23/1993-rosa-luxemburg-an-die-raf-die-rz-sowie-die-autonome-und-antiimperialistische-bewegung/
Mathilde antwortete neuer Bürgersorte
http://theoriealspraxis.blogsport.de/1995/04/27/mathilde-antwortete-neuer-buergersorte/
Zu „queer“:
[Passen materialistische Kritik und Identitätspolitik zusammen?]
https://soundcloud.com/umsganze/klasse-frau-zum-stand-feministischen-kampfens (ca. Min. 32:20 - 36:20]
Aus gegebenen Anlaß: Gegen queere politische und gesellschaftsanalytische Indifferenz
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2011/08/05/aus-gegebenen-anlass-gegen-queere-politische-und-gesellschaftsanalytische-indifferenz/
Worum geht es eigentlich dem transgenialen CSD? Eine feministisch-kommunistische Kritik
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2011/04/19/worum-geht-es-eigentlich-dem-transgenialen-csd/
Gegen den Strom
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2011/05/03/gegen-den-strom/
Zu „Finanzkapital“-Kritik:
Mythos Finanzmarktkrise
http://www.trend.infopartisan.net/trd0109/t390109.html
Mythos Bankenmacht
www.guenther-sandleben.de/mediapool/57/574173/data/Mythos_Bankenmacht_jW.doc
Zum Verhältnis von Finanz- und so genannter Realökonomie
http://www.arbeiterpolitik.de/Zeitungen/PDF/2014/arpo-1-2014.pdf, S. 22 - 23.
Zur „Nebentendenz“:
Sollten Frauen auf die Nettigkeit von Männern vertrauen?
http://www.nao-prozess.de/blog/sollten-frauen-auf-die-nettigkeit-von-maennern-vertrauen/
(da die Webseite [z.Z?] nicht funktioniert, ist der Text nun dort gespiegelt:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2012/11/27/sollten-frauen-auf-die-nettigkeit-von-maennern-vertrauen/)
Auch heutige Gesellschaften sind patriarchal, aber sie sind es nicht, weil das Kapital oder der Kapitalismus daran schuld wäre.
https://linksunten.indymedia.org/de/node/171589
Danke TOP, …
https://linksunten.indymedia.org/de/node/110989
Ronny aus Cottbus (Nr. 6)
1. @ „nun hört er von gutsituierten mittelstandslinken immer nur eines: das er total priviligiert ist gegenüber frauen, schwarzen, migranten und er als ‚weißer’ mann ein totalversager ist, weil er es nie zu etwas bringen wird und das schließlich und schlussendlich nur seine eigene schuld sei.“
a) Der soziologische Ausdruck „Mittelstand“ verdunkelt den marxistischen Begriff der Lohnabhängigen (= diejenigen, deren [Über]leben vom Verkauf ihrer Arbeitskraft als Ware abhängt – und zwar unabhängig von konkretem Tätigkeitsinhalt und Ausbildungsniveau). Unter den Begriff der Lohnabhängigen fallen auch viele, die – z.B. wegen ihres Bildungsabschlusses – in loser, unmarxistischer Rede als „Mittelstand“ bezeichnet werden (s. dazu: Den Klassen-Begriff diskutieren! und Karl-Heinz Reinelts soziologischer Schichten-Begriff und die Pläne von und für Linke in Europa).
M.E. kommt es – soweit es die Klassenverhältnisse anbelangt – darauf an, die gemeinsame Klassenlage von denjenigen, die die Soziologie als „Unterschicht“ bezeichnet und einem großen Teil derjenigen, die die Soziologie als „Mittelschicht“ bezeichnet, politisch gemeinsam zu artikulieren.
b) So wie Du es darstellst, ist es doch gar nicht: Es gibt doch jede Menge maoistische, trotzkistische und stalinistische Gruppen (die im übrigen auch zu einem großen Teil aus Studierenden oder ehemaligen StudentInnen bestehen) die Ronny erzählen, daß „bürgerlicher Feminismus“ Klassenverrat und die „Nation“ schon eine wichtige Sache sei und versuchen, ihn auf der ‚Proletarierer-Schiene’ anzusprechen.
2. Ja, mein Text ist nicht auf der Ebene der Frage angesiedelt: „Wie können wir erfolgreiche Straßen- oder Haustüragitation o.ä machen?“, sondern auf der Ebene der vorgelagerten Ebene: „Welche Inhalte und Parteilichkeiten wollen wir mit unserer Agitation ausdrücken?“
Über die Agitationsmethoden zu diskutieren, wenn schon die Inhalte strittig sind, hat m.E. wenig Sinn.
3. Und mein Inhalt wäre nicht in die Botschaft an Ronny zu übersetzen, daß „er es nie zu etwas bringen wird und das schließlich und schlussendlich nur seine eigene schuld sei“.
Meine Botschaft an Ronny wäre vielmehr:
An gesellschaftlichen Verhältnissen sind niemals Individuen „schuld“, auch wenn sich gesellschaftliche Gruppen benennen lassen, die von diesen oder jenen gesellschaftlichen Verhältnissen profitieren.
Wenn er an seiner Klassenlage etwas ändern will, muß er sich dem (kollektiven) Klassenkampf anschließen.
Auch wenn er als erwerbsloser Lohnabhängiger schlecht dran ist, ist es nicht in Ordnung, wenn er und sein Vater seiner Mutter – zusätzlich zur Lohnarbeit als Putzhilfe – auch noch das Putzen der familiären Wohnung überlassen. Und schon gar nicht wäre in Ordnung, wenn er auch noch seine schwarzen Klassenbrüder und -schwestern in der Cottbuser Plattenbausiedlung verprügelt. (Und wenn er sich Angehörige der herrschenden Klasse nach Gesichtspunkten von race & gender zum Verprügeln aussucht, wär’s auch nicht in Ordnung.)
In Ordnung ist dagegen, wenn sich die von ihm ggf. Verprügelten dagegen wehren und ihm nachdrücklich klarmachen, es nicht noch einmal zu tun.
genug gibt es?
Ich glaube kaum dass es jede Menge solcher Gruppen gibt, zumindest in Tübingen nicht und sicher auch nicht in ostdeutschen Städten wie Cottbus, Dresden oder Leipzig. Hier und dort viele linke Gruppen vor allem moralisch und anti-klassenkämpferisch orientiert. Auch die interventionistische Linke bedienen vor allem moralische Kampagnen und steigen nur bei Wohnungskämpfen in Klassenpolitik ein, ums Ganze hat im Amazonstreik eine Klassenpolitik vertreten, ist aber häufig noch mit anti-klassenkämpferischen, antideutschen Positionen verbunden.
Ich glaube, wenn klassenkämpferische Gruppen in Cottbuser Plattenbausiedlungen aktiv wären, vor allem wenn sie nicht das DDR-Stigma vor sich her tragen würden, hätten die Nazis nicht so leichtes Spiel in dieser Gegend!
Trotzkisten zu Unterstellen, sie würden den Nationalismus gut finden, finde ich nicht in Ordnung; tatsächlich haben einige trotzkistische Strömungen (z.B. SAV, WI) eher anarchistisch-kommunistische Positionen und Strategien.
weder noch
Erstmal vielen Dank für die sachliche Kritik und Auseinandersetzung mit dem Artikel!
Ursache-Wirkung-Verhältnis oder paralleles Nebeneinander? Nein danke!
Ich finde nicht, Rassismus, Patriachat, Kapitalismus in einem Ursache-Wirkungs-Verhältnis stehen. Die klassische Haupt-Neben-Widerspruchsthese muss aktualisiert werden. Aber sie stehen auch nicht einfach so nebeneinander und noch viel weniger können sich unabhängig voneinander bekämpft werden. Das entweder "Kapitalismus ist Ursache" oder "die Widersprüche stehen getrennt nebeneinander" ist falsch! Die Widersprüche sind verwoben, und weil das Kapital immer wieder einzelne Widersprüche für sich nutzen kann, fördert es diese immer wieder auch. Der genaue Ablauf kann auf zwei ebenen gesehen werden:
1. Einerseits fördern gewisse Kapitalfraktionen direkt die rassistische Hetze (heute v.a. die Familienunternehmen, welche z.B. die größten Geldgeber der AfD sind) und
2. andererseits bewirken indirekte kapitalistische Mechanismen immer wieder den strukturellen Rassismus durch verschiedene Statusvergabe (z.B. führen Standortvorteile durch migrantische Arbeit ohne die Rechte der Staatsbürger dazu dass PolitikerInnen diese einführen um "ihrer" Wirtschaft zu helfen).
Wir sehen ja, was im Kaptialismus passieren kann, wenn wir für Feminismus kämpfen, aber nicht gegen Rassismus oder Klassenherrschaft: Der Feminismus wird halbiert und rassistisch Instrumentalisiert.
Gerade weil das Kapital in der bürgerlichen Gesellschaft die althergebrachten Ressentiments ebenso wie neu aufkommende soziale Bewegungen integrieren und gegeneinander ausspielen kann, ist er so erfolgreich: Die Arbeiter drohen in der Jahrhundertwende mit Revolution, werden sie im Keynsianismus so weit integriert, dass sie sich als Kleinbürger fühlen und, platt gesagt, wegen dem Eigentum an der eigenen Haushälfte auch kein Interesse mehr als Vergesellschaftung haben zum Preis der Lebenslangen Fabrikarbeit. Rufen sie dann in der 68er Revolte nach Freiheit, werden sie im Neoliberalismus frei gelassen zum Preis der gnadenlosen Selbstverwertung oder Verarmung. Auch der Ruf nach Ökologie wird als grüner Kapitalismus und Bio-Konsum vereinnahmt - bei steigendem CO2-Ausstoß und Giftproduktion.
(siehe "Lob des Kommunismus 2.0" von Peter Birkner, http://asatue.blogsport.de/2014/03/22/vegan-hype-ursachen-vereinnahmung-... und andere (post-)operaistischen Literatur)
Ähnlich werden aber auch unterdrückerische Traditionen und Ressentiments kapitalistisch aufgegriffen und benutzt: So sind Patriachat und Proto-Rassismen älter als der Kaptialismus, aber sie werden vom Kapital aufgegriffen und wiederbelebt, verändert und angepasst. Silivia Fredirici zeigt in "Caliban und die Hexe" wie die aufkommende bürgerliche Gesellschaft auch eine Wiederverstärkung des Patriachats darstellt.
Nach dem vermeintlich Überwundenen Rassismus der DDR-Bürger konnte dieser wieder herausgekramt werden, um den bei der "Wende" also der Zerschlagung der DDR-Industrie herabgewürdigten neuen BRD-Bürger eine Erklärung ihrer schlechten Lage und einen Sündenbock für die nicht eingelösten Versprechen Kohls (der den Anschluss der BRD an die DDR in die Wege leitete und mit "blühenden Landschaften" die Ostdeutschland sein werden, geworben hattte). (dazu z.B. der Film Catastroika - Blaupause für die Plünderung einer Nation)
Wenn deutlich gemacht werden kann, dass Patriachat und Rassismus uns als Ausgebeutete im Kapitalismus spalten und uns im Endeffekt schaden, auch wenn sie den Männern unter uns auch sofortige materielle Verbesserungen verspricht und das eben so den weiß-christlich/atheistischen Deutschen unter uns, dann bringen wir die Kämpfe zusammen.
Kapitalismus sehe ich momentan nur deshalb in gewissem Sinne als "Primat" weil es die aktuelle Art der Vergesellschaftung ist: Eine Frau und auch ein Ausländer können superreich und herrschend sein, aber niemals ein Armer/eine Arme! Nur den Kapitalismus zu bekämpfen ohne das Patriachat oder den Rassismus finde ich moralisch verwerflich, weil es nur eine neue Klassenherrschaft hervorbringen würde (Männer oder kult.Minderheiten als herrschende Klasse), und ich glaube auch dass der Kapitalismus so sogar nie überwunden werden könnte.
Zur Frage der Moral:
Ja, das Patriachat macht den Männern materielle Versprechungen. Und der Rassismus den weißen/deutschen/(kulturellen)christen. Deshalb braucht es das moralische Urteil ja auch, zusammen mit der Erkenntnis dass Kapitalismus sich mithilfe von Rassismus und Patriachat stabilisieren kann, ohne das letztere ohne den Kaptialismus sich von alleine auflösen würden.
Aber es macht wenig Sinn alle Frauen versuchen gegen die Männer aufzuwiegeln oder alle Nicht-Wieße gegen Weiße. Männer und Weiße können diese Eigenschaften nicht ablegen, im Gegensatz zu Kapitalisten, die ihr Kapital verspenden könnten und Lohnabhängige werden.
Der Vorwurf, die klassenkämpferische Position sei moralisch, weil sie unterstellt Lohnabhängige würden aus purer Menschenfreude sich auch auf Seite der Frauen und Nicht-Weißen stellen, stimmt nur wenn die Erkenntnis, dass Rassismus und Patriachat den Kapitalismus stabilisieren, fehlt.
Wenn Moral und die materielle Erkenntnis der Verwobenheit in den Kapitalismus fehlen, ließen sich NUR Frauen gegen das Patriachat, NUR Nicht-Weiße gegen den Rassismus mobilisieren. Wir hätten völlig voneinander getrennte Kämpfe, welche dadurch wenig Erfolgsaussichten hätten und ständig gegeneinander ausgespielt werden würden!
Und ganz nebenbei dazu:
Ich empfand es persönlich auch viel leichter meine Privilegien als "Mann" und "Weißer" zu hinterfragen, wenn dies mir von Mit-StreiterInnen im Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner angetragen wird, als wenn ich plötzlich der "Gegner" bin: Der Klassenkampf war historisch und ist, so behaupte ich, immernoch eine großartige Grundlage um Rassismus und Patriachat zu reflektieren und zu überwinden. Die meisten erfolgreichen früheren FrauenrechtlerInnen waren sozialistisch, also anarchistisch oder kommunistisch, die ersten Schulen in denen Jungs und Mädels zusammen unterrichtet wurden waren anarchistisch, der stärkste Partner der ANC im Kampf gegen die Apartheid waren KommunistInnen usw.
Gerade weil diese drei Kämpfe alle sehr wichtig sind, (und nicht nur diese drei!*) und weil sie häufig gegeneinander ausgespielt werden, finde ich es ja so wichtig sie zusammen zu führen!
Dies unter dem Dach des Klassenkampfes zu tun, habe ich oben begründet: Das Kapitalverhältnis sitzt zur Zeit am längsten Hebel, bringt am meisten Profite, ist daher das zentralere was das Ausspielen der Widerstandsbewegungen gegeneinander angeht.
Wenn mir jemand belegen kann und will, dass andere Widersprüche zentraler sind und deshalb unter diesem Dach gekämpft werden soll, wäre offen dafür. Aber ich sehe bisher wenige anzeichen dafür.
Die Kämpfe voneinander getrennt zu führen fand ich lange Zeit die beste Strategie, aber vor allem in Anbetracht der Lage ist zumindest ein gewisses Zusammendenken der einzelnen Kämpfe notwendig!
Selbstbefreiung braucht keinen Paternalismus
Es lässt sich mithilfe der Theorie der Naturbeherrschung der Frankfurter Schule aber einfacher vor allem historisch erklären, warum Menschen, die von einer Ausbeutung betroffen sind, in einem Umbruchsmoment, also z.B. einer Revolte oder Revolution, dazu tendieren sich mit den anderen Ausgebeuteten zu solidarisieren. Natürlich sind Ereignisse wie z.B. in Rostock-Lichtenhagen, wo strukturell Ausgegrenzte (Ostdeutsche) ihre Privilegien rassistisch einzufordern wollten und sich aggressiv gegen die wendeten, denen es noch schlechter ging, Gegenbeispiele.
Aber alle großen Revolutionen aber, sind Beispiele dafür:
In der französischen Revolution vereinigten sich alle anderen Stände gegen den Adel, Frauenrechte (Olympe de Gouge) und Rechte für Schwarze (Toussaint Ouverture) machten indiesem Ständekampf einen riesigen Schritt. In der russischen Revolution, die hauptsächlich von Bäuerinnen und Bauern durchgeführt wurde, wurde die Gleichstellung der Frauen sowie Rechte für Homosexuelle erstmal errungen, auch wenn sie Ende der 20er wieder verloren wurden. Sowohl in Chiapas als auch in Kurdistan geht der kampf um Land und kulturelle Selbstbestimmung mit dem Kampf gegen Nationalismus, Rassismus und für Frauenrechte einher und erreichte vergleichsweise riesige Erfolge.
Um weitere Rostocks zu verhindern und stattdessen weitere Rojavas, Machnovchinas oder Kataloniens zu erkämpfen müssen wir uns breit aufstellen und dazu ist moralisches Vorgehen vielleicht wichtig, aber reicht nicht aus. Wir müssen plausibel darstellen warum es letztlich mehr bringt auf die Privilegien als Weiße, Deutsche, EU-Bürger und Männer zu verzichten wenn damit ein besseres für Alle erkämpft werden kann.
Mit wem nochmal?
Zu glauben, wir könnten NUR mit überzeugten linksradikalen Kämpfen, die wirklich das System ganz und überall überwinden können, ist ein fataler Fehler. Natürlich ist es wichtig möglichst viele Leute zu radikalisieren, aber wir dürfen uns nicht darüber hinweg täuschen dass wir immer eine radikale Minderheit bleiben werden. Im Moment des Aufbruchs jedoch, werden auch Menschen die nur für billigeres Brot (siehe Forderungen demonstreirender Frauen, die die russische Revolution auslöste), gegen die Bewaffnung der Reaktion (siehe die Frauen die durch mutiges sich Stellen vor die Kanonen die Pariser Kommune einleiteten) oder für die Befreiung der Gefangenen (Sturm auf die Bastille) die Revolution auslösen und vorantreiben.
Wir radikale Minderheit spielen dabei immer nur eine kleine und vielleicht trotzdem wichtige Rolle. (siehe dazu "role of the revolutionary organisation" der anarchist federation uk afed.org.uk oder die kommende Übersetzung der "Introduction to Anarchist Communism" auf akom.blogsport.de)
* Kapitalherrschaft, Rassismus, Patriachat, und bekämpfenswert wären da noch: Herrschaft über Bildugnsvorteile und deren Vorenthaltung, Homophobie und Heterosexismus, Trans- und Interphobie, religiös begründete Herrschaft, geopolitische Herrschaft und Nord-Süd-Gefälle, Diskriminierung aufgrund des Aussehens (Lookism) und aufgrund des Alters (Ageism), und viel mehr, und eigentlich noch über dem Kapitalverhältnis, aber noch nicht ausreichend Kommunizierbar: Beherrschung der inneren und äußeren Natur, in dessen Logik sich fast alle oben genannten -Ismen fügen.