Neue Feldbesetzung bekommt viel Unterstützung von Anwohner_innen und Aktivist_innen + + + Polizei zerstört mit Unterstützung von RWE Hütten auf dem Privatgelände
Hambacher Forst/Köln 24.11.2012 Am Montag den 19. November schlugen Klimaktivist_innen auf einer Wiese am Hambacher Forst ein neues Camp auf, um gegen dessen Rodung durch RWE Widerstand zu leisten. Der Energiekonzern rodet Teile des Waldes bis Ende Februar, um im Tagebau Hambach weitere extrem klimaschädliche Braunkohle abzubauen.
Seit Beginn der neuen Besetzung besuchen täglich viele Anwohner_innen die Klimaktivist_innen und helfen bei dem Aufbau eines neuen Hüttendorfes. Sie versorgen die Aktivist_Innen mit Essen, Getränken und spenden viele Materialien, weil die Polizei bei der Räumung letzte Woche fast den gesamten Besitz der Klimaaktivist_innen zerstörte. Die Besetzer_in Katharina Wiesengrund dazu: „Ich habe in den letzten Tagen viele neue Menschen aus der Umgebung kennen gelernt, die sich mit uns solidarisieren, weil sie am eigenen Leib erfahren müssen wie sie ihrer Grundrechte durch die Profitinteressen von RWE beraubt werden. Das aus feudalen Zeiten stammende Bergrecht führt dazu, dass die Menschen machtlos gegenüber dem Rechtsstaat sind und ihre Dörfer zerstört werden. Deshalb ist unser Widerstand gegen den Energieriesen legitim.“
Gestern Abend fuhren neun Polizeitransporter der Polizei aus dem Rhein-Erft Kreis auf das Gebiet der Klimaktivist_innen, obwohl dieses in Privatbesitz ist und im Kreis Düren liegt. Mithilfe eines Traktors von RWE zerstörte die Polizei die gerade erst neu errichteten Hütten. Die Polizei behauptete, dass das Bauholz aus dem Wald gestohlen sei und deswegen beschlagnahmt wird. Außerdem nahm sie die Personalien der anwesenden Personen auf. Katharina Wiesengrund resümiert den Einsatz: „Nachdem die Polizei am Dienstag schon illegal auf die Feldbesetzung kam und den Grundstücksbesitzer festnahm, legte sie nun nach. Sie behauptete, dass sie einen mündlichen richterlichen Beschluss aus Aachen hätte das Holz unserer Hütten mitzunehmen. Es wird immer klarer, dass die Polizei im Rheinischen Braunkohlerevier der Handlanger der RWE ist, die wie ein Feudalherr die Befehle gibt.“
Um 19:00 zog sich die Polizei wieder zurück und nahm einige Holzstämme sowie eine Axt mit, um den Verdacht des Diebstahls zu überprüfen. Dies alles geschah ohne die entsprechenden schriftlichen Dokumente, welche von einem Richter ausgestellt werden müssen. Ob die Polizei die Hütten wieder aufbaut, wenn der Diebstahl nicht bewiesen werden kann, ist derzeit noch unklar.
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nach der hütte ist vor der hütte
Entgegen der erwarteten Wirkung der gestrigen Aktion gegen die Besetzung am Tagebau Hambach durch die Polizei, dass der Tag der Besetzer_innen heute scheiße sein sollte, war er super.
Gestern suchte die Polizei mit einem Großaufgebot das neue Camp gegen RWE heim, um dort die mühsam aufgebaute Infrastruktur zu zerstören und mitzunehmen. Das Ziel solcher Aktionen ist offensichtlich: die Polizei leistet ihren Beitrag zu dem Versuch, Widerstand gegen RWE zu zerschlagen. Die erwartete Wirkung solcher Repressionsmaßnahmen ist, dass die entsprechenden Personen aus Angst vor weiterer Repression geschwächt werden.
Es ist leider eine Tatsache, dass Repression wirkt – wenn nicht gut mit ihr umgegangen wird. Wenn das aber der Fall ist, kann Repression in ihr Gegenteil verkehrt werden. Ein gemeinsamer und solidarischer Umgang mit Repression kann eine Bewegung stärken. Wenn Menschen auf Repression so reagieren, dass sie zusammen halten und sich im Kampf gegen die Unterdrückung gegenseitig unterstützen, dann kann das zusammenbringen und stärken. Aus dem Gefühl der Ohnmacht kann ein Gefühl der Ermächtigung entstehen.
In dieser Hinsicht kann mensch der Kerpener Polizei fast dankbar sein für ihren gestrigen Einsatz.
Heute war die Unterstützung auf dem Camp so groß wie die ganze Woche über nicht. Über den Tag verteilt kamen etwa vierzig Personen aus der Umgebung (von der Aachen über die Eifel und Kerpen bis nach Köln) und trugen ihren Teil dazu bei, die Infrastruktur des Camps wieder aufzubauen – besser als zuvor. Es wurde Baumaterial gespendet, ein Ofen, Geschirr, warme Kleidung (was super war weil echt viele vollgeregnet waren), eine Sitzgarnitur, ein Regal, ein LKW voll mit Dämmmaterial und ganz viel Essen.
Anstelle des alten abgerissenen Unterstands wurde ein neuer gebaut, der um einiges besser und solider ist als der alte, es gibt sogar einen Boden aus Paletten, was bei dem ganzen Matsch echt super ist.
Die Menschen die über den Tag zum Camp kamen beteiligten sich oft engagiert am Aufbau und daran, weiteres zu planen. Sie boten für die Zukunft ihre Unterstützung an, auch für den Fall dass unsere gemeinsamen Gegner weitere verzweifelte Versuche unternehmen, zu verhindern, dass wir sie irgendwann besiegen werden.
Anne, die aus der Eifel gekommen ist um heute mitzuhelfen:
„Ich und mein Mann haben über die Aktion der Polizei übers Internet erfahren und waren echt schockiert. Ich finde es total gut dass hier Widerstand gegen RWE geleistet wird und möchte das gerne unterstützen. Da ich unter der Woche arbeite und nicht dauerhaft hier sein kann, ist meine Art der Unterstützung halt Sachen vorbeizubringen und mitzuhelfen, dass Camp aufzubauen. Es war echt ermutigend heute zu sehen, dass so viele Menschen unabhängig voneinander hier hergekommen sind und gemeinsam weitergemacht haben.“
Natürlich wäre es falsch, seinen Unterdrücker_innen dankbar zu sein, dafür, dass mensch während ihren Unterdrückungsversuchen dazulernt und wehrhafter wird. Denn gäbe es die Unterdrückung nicht, bräuchten die unterdrückten auch nicht so wehrhaft sein. Besser könnte es sein, sich klar zu machen: Die emanzipatorische Bewegung kann stark genug werden, mit diesen Arschgeigen fertig zu werden.
In der gestrigen Stellungnahme auf dem Blog, rief die_der Autor_in dazu auf „der Polizei das nicht durchgehen zu lassen. Zeigt eure Solidarität indem ihr vorbeikommt und hundert Hütten aufbaut, und über alle Kanäle verbreitet was RWE und Polizei als ihr Handlanger gerade abziehen.“
Das gilt weiterhin. Danke an alle Menschen, die heute dabei waren. Der Gestrige Einsatz der Polizei hat, auch wenn ihr Ziel offensichtlich ein anderes war, erneut sichtbar gemacht, dass es eine Antibraunkohlebewegung gibt und dass sie wächst und stärker wird.