Kiel: Keinen Frieden, keine Freiheit für rassistische Hetzer!

Drei Rassisten, die beiden rechts wohl schon am Vortag in der Nähe einer Antifa-Kundgebung zu sehen

In Kiel hielten Rassisten von "Die Freiheit" und "Pax Europa" einen Infostand in der Innenstadt ab. Beim nächsten Mal werden sie es sich vielleicht überlegen, es besser sein zu lassen. Auf ihrer Homepage verkündete die rechtspopulistische "Bürgerbewegung Pax Europa" in der Kieler Innenstadt einen Infostand über Christenverfolgung abhalten zu wollen. Pax Europa hetzt unter dem Deckmantel freiheitliche Werte verteidigen zu wollen, vor allem gegen Migrant_innen, die von den Rassist_innen als muslimisch identifiziert werden oder tatsächlich muslimisch sind.

 

Es werden Ressentiments innerhalb der deutschen Gesellschaft geschickt bedient und die Ausgrenzung von Migrant_innen wird von Rechtspopuliste_innen aktiv voran getrieben. Ob die Gräueltaten von Oslo oder die Toten an den EU-Außengrenzen: Sie sind zumindest teilweise Konsequenz eines gesellschaftlichen Klimas, an dem Rechtspopulist_innen mitwirken und das diese weiter verschärfen wollen.

 

Schon am Vortag lungerten Genoss_innen zufolge zwei schmierige Gestalten im klassischen Burschenschaftler-Look, die auch an dem "Pax Europa"-Infotisch beteiligt waren, in der Nähe einer Antifa-Kundgebung in Kiel rum und beäugten diese sehr kritisch. Die Kundgebung, die am Vortrag in der Innenstadt stattfand, richtete sich inhaltlich auch gegen sogenannten Rechtspopulismus. Im öffentlichen Raum Innenstadt wurde dieser aufs Schärfste kritisiert.

 

Die inhaltliche und öffentliche Auseinandersetzung mit der geistigen Diarrhoe der Rechtspopulist_innen ist wichtig und notwendig, wichtig und notwendig ist aber auch, praktisch zu intervenieren, sobald diese versuchen, ihre bescheuerten Inhalte in die Öffentlichkeit zu tragen.
Eben dies tat eine Gruppe von Antifaschist_innen, die in der Innenstadt auf drei Initiatoren des Infotisches traf. Auf die Frage, ob sie von "Pax Europa" seien, versuchten sie, den Antifaschist_innen einen Flyer der rechten Partei "Die Freiheit" anzudrehen. Die geistige Rotze aus den Gehirnen der Rechtspopulisten materialisierte sich bei einem der beiden Rassisten im Burschi-Style daraufhin im Gesicht. Deren älterer Begleiter im klassischen "Waidmannsheil"-Outfit bekam etwas Spucke auf sein T-Shirt (zu sehen auf einem der Bilder).Wie in den Wald hineingerufen wird, schallt es eben auch hinaus.
Der daraufhin unternommene antifaschistische Versuch, das ekelhafte Propagandamaterial der Rassisten im nächsten Mülleimer zu entsorgen, wurde von dem älteren Rassisten im Jäger-Outfit behindert, indem er versuchte Antifaschist_innen körperlich anzugehen. Selbstverständlich guckten die anderen anwesenden Antifaschist_innen nicht tatlos zu, wie ein_e Genossin_Genosse angegriffen wird: Der Ältere fing sich eine saftige Ohrfeige und wird sich in Zukunft hoffentlich zweimal überlegen, Genoss_innen anzugehen.
Genauso werden sich Rassist_innen in Zukunft hoffentlich auch dazu entscheiden, die Kieler Innenstadt nicht als Bühne für ihre Propaganda zu nutzen: An der Ostsee bläst der Gegenwind hart und eine steife Brise kann nicht jede_r verkraften. Rassismus & Ausgrenzung zu propagieren kann schmerzhafte Folgen haben.


Positiv zu erwähnen bleibt noch, dass alle antifaschistischen Beteiligten der Auseinandersetzung gut weggekommen sind.

 

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Für den 24. September 2011 haben die antimuslimische „Bürgerbewegung Pax Europa“ Regionalgruppe Rhein-Neckar und die PI-News-Gruppe Rhein-Neckar in Mannheim auf dem Paradeplatz von 11 bis 16 Uhr eine Kundgebung zum Thema „Nein zu Islamisierung und Scharia!“ angekündigt; weiter

 

Kommt zahlreich !

Die Demo wurde auf 12.00 Uhr vorverlegt!

So­li­da­ri­tät mit den Flücht­lin­gen – Ihre zwei­te Ver­fol­gung be­kämp­fen!

Den in­sti­tu­tio­nel­len Ras­sis­mus an­grei­fen!

Mi­gra­ti­on und Flucht sind gro­ßen­teils Folge des ka­pi­ta­lis­ti­schen Ge­sell­schafts­sys­tems, das in­zwi­schen fast die ge­sam­te Welt be­herrscht.
Da es im Ka­pi­ta­lis­mus in ers­ter Linie um die best­mög­li­che Ver­wer­tung des Ka­pi­tals geht, nicht um die Be­frie­di­gung von Be­dürf­nis­sen, sind mas­sen­haf­te Ar­beits­lo­sig­keit, Ver­lust jeg­li­cher Mög­lich­keit zur Exis­tenz­si­che­rung, Hun­ger und Elend immer wie­der ein­tre­ten­de sys­tem­be­ding­te Tat­be­stän­de.
In der ka­pi­ta­lis­ti­schen Klas­sen­ge­sell­schaft un­ter­lie­gen auch die Aus­ge­beu­te­ten der Kon­kur­renz:
„ Die Über­ar­beit des be­schäf­tig­ten Teils der Ar­bei­ter­klas­se schwellt die Rei­hen ihrer Re­ser­ve, wäh­rend um­ge­kehrt der ver­mehr­te Druck, den die letz­te­re durch ihre Kon­kur­renz auf die ers­te­re aus­übt, diese zur Über­ar­beit und Un­ter­wer­fung unter die Dik­ta­te des Ka­pi­tals zwingt“ (K.​Marx, Das Ka­pi­tal, 1. Band, S. 665)“!

Die Aus­beu­ter ver­su­chen in der öko­no­mi­schen Krise die Kon­kur­renz unter den Aus­ge­beu­te­ten auch zur Lö­sung der Krise zu nut­zen und die Lohn­ab­hän­gi­gen ge­gen­ein­an­der aus­zu­spie­len. Dies ge­schieht durch Ent­las­sun­gen, Lohn­drü­cke­rei, Lei­h­ar­beit, Ver­län­ge­rung der Ar­beits­zei­ten und emp­find­li­che Kür­zun­gen der So­zi­al­ein­kom­men. Da­durch kön­nen die Pro­fi­te der Ka­pi­ta­lis­ten enorm er­höht wer­den – ein Pro­zess, der in Deutsch­land seit Jah­ren für die An­häu­fung von un­er­mess­li­chem Reich­tum und Ka­si­no-​Ka­pi­ta­lis­mus bei der Ka­pi­ta­lis­ten­klas­se und auf der an­de­ren Seite für die Aus­brei­tung von Armut bei vie­len Lohn­ab­hän­gi­gen sorgt.

Mi­gran­tin­nen und Flücht­lin­ge sind Teil der welt­wei­ten „Re­ser­ve­ar­mee“ des Pro­le­ta­ri­ats (Ar­bei­ter­klas­se).
Als in Zei­ten des „Wirt­schafts­wun­ders“ in den 50er und An­fang der 60er Jahre in Deutsch­land Ar­beits­kräf­te­man­gel herrsch­te, waren die „Gast­ar­bei­ter“ den Herr­schen­den sehr will­kom­men, wenn jene auch Dis­kri­mi­nie­run­gen aus­ge­setzt waren, bei­spiels­wei­se auf dem Woh­nungs­markt.
Die öko­no­mi­sche Ren­ta­bi­li­tät, die Nütz­lich­keit für die Ver­wer­tung des Ka­pi­tals hat obers­te Prio­ri­tät. Hoch­qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te aus an­de­ren Län­dern sind durch­aus ge­fragt. Gegen grö­ße­re Flücht­lings­be­we­gun­gen aber schot­ten sich Deutsch­land und die an­de­ren eu­ro­päi­schen Län­der na­he­zu her­me­tisch ab.

Im hier­ar­chi­sier­ten (ge­stuf­ten) Ar­beits­markt be­fin­den sich die Flücht­lin­ge auf der un­ters­ten Stufe.
In Deutsch­land wer­den die Flücht­lin­ge seit 1993 ge­fü­gig ge­macht durch das ein Jahr lang nach der Asyl­an­trag­stel­lung gel­ten­de Ar­beits­ver­bot. Da­nach wird die „Vor­ran­gig­keit“ ge­prüft, wenn ein Flücht­ling Ar­beit sucht.
Das be­deu­tet, dass das Ar­beits­amt meh­re­re Wo­chen einen Ar­beits­platz, um den sich ein Flücht­ling be­wor­ben hat, erst­mal an­de­ren Men­schen an­bie­ten kann: Pass-​Deut­schen, dann Leu­ten aus EU-​Län­dern, dann Men­schen aus dem Kreis derer, die einen ge­si­cher­ten Blei­be­rechts­sta­tus haben – in die­ser Rei­hen­fol­ge. Durch diese Re­ge­lung ist si­cher­ge­stellt, dass ein Flücht­ling – wenn über­haupt – nur eine Ar­beit fin­det, die schlecht be­zahlt, an­stren­gend und wo­mög­lich noch be­son­ders schmut­zig und ge­sund­heits­ge­fähr­dend ist.
Flücht­lin­ge wer­den also als Puf­fer von Un­ter­neh­mern für be­stimm­te schlecht-​be­zahl­te Ar­bei­ten ge­nutzt, wenn auch ein­ge­schränkt wegen des Ar­beits­ver­bots im ers­ten Jahr. Dies gilt eben­so für meh­re­re hun­dert­tau­send sog. Il­le­ga­le, die in Deutsch­land leben. Völ­lig ent­rech­tet und stän­dig der Ge­fahr aus­ge­setzt, aus Deutsch­land ab­ge­scho­ben zu wer­den, sind sie in den deut­schen Ar­beits­markt als be­son­ders bil­li­ge und un­ge­schütz­te Ar­beits­kräf­te, die oft noch um ihren Lohn ge­prellt wer­den, „in­te­griert“.

Ras­sis­mus ist nicht nur in be­stimm­ten Pe­ri­oden be­son­ders vor­teil­haft für die Ver­wer­tung des Ka­pi­tals, son­dern eig­net sich auch ge­sell­schafts­po­li­tisch zur ef­fek­ti­ve­ren Spal­tung der Ar­bei­ter­klas­se:
Dem ent­rech­tets­ten Teil der Ar­bei­ter­klas­se, den Mi­gran­tIn­nen und Flücht­lin­gen wird die Rolle des Sün­den­bocks zu­ge­wie­sen.
Ende der 80er Jahre bra­chen die so­zia­lis­ti­schen Ge­sell­schaf­ten in der UDSSR und Ost­eu­ro­pa zu­sam­men und die Gren­zen wur­den durch­läs­si­ger. Es stieg die Zahl der Men­schen, die in Deutsch­land Schutz und Mög­lich­kei­ten zur Si­che­rung ihrer Exis­tenz such­ten, im Ver­gleich zu vor­her schnell an.
Die da­ma­li­ge Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on von CDU und FDP und die SPD, die in der Op­po­si­ti­on war, waren nun eif­rig be­müht, den „un­kon­trol­lier­ten Zuzug“ mit allen Mit­teln zu kon­trol­lie­ren und zu be­gren­zen Dies wurde be­glei­tet von ras­sis­ti­scher Hetze. Mo­na­te lang wur­den mit Hilfe der Me­di­en die Mehr­heits-​Deut­schen ent­spre­chend ideo­lo­gisch ge­impft.
Die ras­sis­ti­sche Pro­pa­gan­da gegen die Flücht­lin­ge be­wirk­te eine Aus­brei­tung des of­fe­nen Ras­sis­mus in der Mehr­heits­ge­sell­schaft, ins­be­son­de­re bei den Fa­schis­ten, die jetzt für die prak­ti­sche Um­set­zung ihres en­stir­ni­gen ras­sis­ti­schen Welt­bil­des Mor­gen­luft wit­ter­ten. Im „wie­der­ver­ein­g­ten“ Deutsch­land häuf­ten sich mör­de­ri­sche An­grif­fe und Brand­sti­fun­gen gegen Mi­gran­tIn­nen und ihre Woh­nun­gen.
Um an­geb­lich die Mi­gran­tIn­nen und Flücht­lin­ge zu schüt­zen und die „über­las­te­ten“ „Mehr­heits­deut­schen“ nicht wei­ter zu über­for­dern, wurde dem­ago­gisch die Ab­schaf­fung des alten Asyl­rechts und ge­zielt die Kon­trol­le und Ent­rech­tung der Flücht­lin­ge von Po­li­ti­kern vor­be­rei­tet. Die „Asy­lan­ten­flut“ soll­te „ein­ge­dämmt“ wer­den, „Schein-​Asy­lan­ten“ soll­ten daran ge­hin­dert wer­den, in Deutsch­land Asyl zu er­hal­ten. Im Jahre 1993 wurde mit der Mehr­heit der Ab­ge­ord­ne­ten das bis dahin gel­ten­de Asyl­recht, das auf­grund der Er­fah­run­gen im Fa­schis­mus re­la­tiv li­be­ral war, so „re­for­miert“, dass es fak­tisch ab­ge­schafft wurde.

Durch die in das neue „Asyl“-​Recht ein­ge­führ­ten Kont­struk­te „ si­che­rer Her­kunfts­staat“ und „si­che­rer Dritt­staat“ wurde für Flücht­lin­ge die Mög­lich­keit in Deutsch­land Asyl zu be­kom­men, dras­tisch ein­ge­schränkt. Vi­s­um­zwang und ver­schärf­te Ein­rei­se­kon­trol­len er­schwer­ten die Ein­rei­se. Das neue „Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz“ und die Un­ter­brin­gung in La­gern ver­hin­dern, dass die Flücht­lin­ge, die es trotz der Hür­den ge­schaftt haben nach Deutsch­land zu kom­men, ein men­schen­wür­di­ges Leben füh­ren kön­nen.
Flücht­lin­ge haben we­ni­ger Rech­te als Mit­glie­der der Mehr­heits­ge­sell­schaft. Für sie wur­den dis­kri­mi­nie­ren­de Son­der­ge­set­ze und Re­ge­lun­gen ge­schaf­fen, die ihren All­tag be­las­ten, um sie er­klär­ter­ma­ßen ab­zu­schre­cken. Der ehe­ma­li­ge Lei­ter der ZASt (Zen­tra­le Auf­nah­me­stel­le (für Flücht­lin­ge) in Karls­ru­he gab dies ge­gen­über einer Po­li­ti­ker-​De­le­ga­ti­on im Jahre 1980 offen zu:
„Al­lein schon die­ses Ar­beits­ver­bot… wäre das ge­eig­nets­te Mit­tel den Asy­lan­ten­strom ein­zu­däm­men. Man habe die­ses Ar­beits­ver­bot im Aus­land of­fen­sicht­lich be­reits re­gis­triert. Auch die Tat­sa­che, daß die So­zi­al­hil­fe nur noch in Form von Sach­leis­tun­gen, also mit Le­bens­mit­teln und Klei­dern ge­währt wird, könne po­ten­ti­el­le Ein­wan­de­rer in be­trächt­li­chem Maße ab­schre­cken“ (zit. nach BNN vom 15.​10.​1980).

Dis­kri­mi­nie­rung, Aus­gren­zung und Un­ter­drü­ckung der Flücht­lin­ge.
Flücht­lin­ge und Mi­gran­tIn­nen, die nicht die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit be­sit­zen, dür­fen nicht wäh­len. Flücht­lin­ge un­ter­lie­gen zu­sätz­lich der Re­si­denz­pflicht und kön­nen sich daher in Deutsch­land nicht ohne Er­laub­nis der Be­hör­den au­ßer­halb des Stadt-​ oder Land­krei­ses, in dem sie woh­nen, be­we­gen.
In den La­gern herr­schen viel­fach un­zu­mut­ba­re und ent­wür­di­gen­de Be­din­gun­gen. Sie lie­gen oft au­ßer­halb von Städ­ten oder klei­ne­ren Ort­schaf­ten, ab­ge­schot­tet von der deut­schen Mehr­heits­be­völ­ke­rung und un­ter­lie­gen einer stren­gen Kon­trol­le. So müs­sen in Mann­heim beim Be­such des La­gers in der In­dus­tri­e­stra­ße Be­su­cher ihren Pass ab­ge­ben und den Namen des Flücht­lings, den sie be­su­chen wol­len, dem An­ge­stell­ten einer Si­cher­heits­fir­ma nen­nen. Erst dann wird das Dreh­kreuz am Ein­gang per Knopf­druck ge­öff­net. Die Pro­ze­dur er­in­nert an eines Be­such eines Men­schen im Ge­fäng­nis.
Die Zim­mer in den La­gern sind häu­fig in einem ge­sund­heits­ge­fähr­den­den Zu­stand. Schim­mel an den Wän­den ist keine Sel­ten­heit. Die sa­ni­tä­ren Be­din­gun­gen und Koch­ge­le­gen­hei­ten sind oft un­zu­rei­chend.
Auch der Ein­kauf ist für Flücht­lin­ge er­schwert. In Ba­den-​Würt­tem­berg wie in ver­schie­de­nen an­de­ren Bun­des­län­dern gibt es nur ein mo­nat­li­ches Ta­schen­geld von 40 Euro für einen al­lein­ste­hen­den Er­wach­se­nen, an­sons­ten nur Sach­leis­tun­gen.
Der Ein­kauf kann im ge­sam­ten Ba­den-​Wür­tem­berg nicht mit Bar­geld er­fol­gen. In Mann­heim, auch an­dern­orts, gibt es le­dig­lich einen ein­zi­gen Laden für Flücht­lin­ge, den neben dem Lager sich be­fin­den­den „point store“. In ihm kann nur „ein­ge­kauft“ wer­den nach einem un­durch­sich­ti­gen Punk­te­sys­tem bei einem schma­len Wa­ren­an­ge­bot zu über­teu­er­ten Prei­sen– ver­gli­chen mit den Prei­sen von Su­per­märk­ten wie ALDI oder LIDL.
Die Ge­sund­heits­ver­sor­gung von Flücht­lin­gen ist sehr ein­ge­schränkt: Chro­ni­sche Krank­hei­ten wer­den in der Regel nicht be­han­delt, viel­fach wich­ti­ge Ope­ra­tio­nen aus Kos­ten­grün­den nicht vor­ge­nom­men. Auch Lang­zeit-​The­ra­pi­en für Trau­ma­ti­sier­te wer­den in der Regel nicht ge­zahlt, ob­wohl 30 bis 40 Pro­zent der Flücht­lin­ge trau­ma­ti­siert sind und daher drin­gend eine The­ra­pie be­nö­ti­gen. Bei Ab­schie­bun­gen ist Krank­heit ge­wöhn­lich kein Hin­de­rungs­grund, nur das Kri­te­ri­um der „Trans­port­fä­hig­keit“ ist aus­schlag­ge­bend.

Die bü­ro­kra­ti­sche, häu­fig will­kür­li­che Hand­ha­bung des seit 1993 gel­ten­den eh schon re­pres­si­ven Asyl­rechts führt dazu, dass der All­tag für die Flücht­lin­ge sehr be­drü­ckend ist.
Die An­er­ken­nungs­quo­te der Flücht­lin­ge fällt ex­trem nied­rig aus. So wer­den der­zeit nur 3 Pro­zent der Asyl­su­chen­den als po­li­ti­sche Flücht­lin­ge an­er­kannt. Viele haben nur ein hu­ma­ni­tä­res Blei­be­recht, an­de­re leben bis zu 20 Jahre und län­ger le­dig­lich mit einer Dul­dung, dem schlech­tes­ten Auf­ent­halts-​Sta­tus. Sie müs­sen stän­dig Angst vor einer dro­hen­den Ab­schie­bung haben. In letz­ter Zeit wird immer häu­fi­ger das Blei­be­recht wi­der­ru­fen, so z.B. bei Flücht­lin­gen aus Sy­ri­en.

Die re­pres­si­ven In­stru­men­te von Ab­schie­be­haft und Ab­schie­bun­gen wer­den wei­ter­hin un­ver­min­dert an­ge­wen­det. Da die Be­hör­den die tat­säch­li­chen Zah­len von Ab­schie­bun­gen nicht ver­öf­fent­li­chen, sind wir auf Schät­zun­gen an­ge­wie­sen. Wir gehen davon aus, dass von 1993 bis heute min­des­tens eine Vier­tel Mil­li­on Flücht­lin­ge ab­ge­scho­ben wurde.

In Ba­den-​Würt­tem­berg gibt es seit der Schlie­ßung des Ab­schie­be­knasts in Rot­ten­burg noch den Ab­schie­be­knast in Mann­heim. In ihm sind der­zeit 30 bis 40 Ge­fan­ge­ne un­ter­ge­bracht. Das Ab­schie­be­ge­fäng­nis ist ein „Knast im Knast“ und wurde 1994 als ein Pro­vi­so­ri­um auf dem Ge­län­de der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt (JVA) hin­ter einer fünf Meter hohen Mauer er­rich­tet. Zeit­wei­se waren in einer 12 Qua­drat­me­ter klei­nen Zelle 3 Ge­fan­ge­ne ein­ge­sperrt.
Die Con­tai­ner sind aus Alu­mi­ni­um und wer­den im Som­mer un­er­träg­lich heiß.
Die Ge­fan­ge­nen haben nur 1 Stun­de Hof­gang, er­hal­ten kein Ta­schen­geld und sind zum Te­le­fo­nie­ren auf Spen­den von außen an­ge­wie­sen. Sie wer­den bis zu 18 Mo­na­ten dort fest­ge­hal­ten. Be­su­che sind ein­ge­schränkt. Der Be­su­cher muss min­des­tens 1 Stun­de vor dem Ende der Be­suchs­zeit im Ge­fäng­nis sein, sonst wird er nicht mehr her­ein ge­las­sen. Viele Flücht­lin­ge haben kein Geld für einen An­walt.
Wie in an­de­ren Ab­schie­be­knäs­ten haben auch in Mann­heim Ge­fan­ge­ne ei­ni­ge Male gegen die Haft­be­din­gun­gen pro­tes­tiert. Mehr­mals haben Ge­fan­ge­ne einen Hun­ger­streik ge­macht. Allen For­de­run­gen der Ge­fan­ge­nen zur Ver­bes­se­rung ihrer Lage wurde un­se­res Wis­ses nicht statt­ge­ge­ben. Die Haft­be­din­gun­gen sind un­ver­än­dert ge­blie­ben. Auch haben Ge­fan­ge­ne schon ver­sucht, sich aus Ver­zweif­lung um­zu­brin­gen. Vor 2 Jah­ren gab es dort einen Brand, den ein Ge­fan­ge­ner aus Pro­test und Ver­zweif­lung legte. Dabei ge­rie­ten er und sein Mit­ge­fan­ge­ner in Le­bens­ge­fahr. Seit­dem ist ein Stock­werk nicht be­legt.

Deutsch­land schafft Flucht­ur­sa­chen und schot­tet sich gegen Flücht­lin­ge ab.
Men­schen flüch­ten, weil sie vor Ver­fol­gung, Armu und Elend Schutz su­chen. Die Ur­sa­chen für ihre viel­fach aus­weg­lo­se Si­tua­ti­on in ihren Her­kunfts­län­dern, die sie zum Ver­las­sen der­sel­ben be­we­gen, sind mit Wirt­schaft und Po­li­tik der mäch­ti­gen In­dus­tri­e­staa­ten eng ver­knüpft.
Ge­ra­de im Falle Deutsch­lands ist dies of­fen­sicht­lich:
D. ist „Ex­port­welt­meis­ter“ und welt­weit dritt­größ­ter Waf­fen­ex­por­teur. Seit dem Krieg gegen Ju­go­sla­wi­en ist D. ver­stärkt an In­ter­ven­ti­ons­krie­gen an ver­schie­de­nen Schau­plät­zen in der Welt be­tei­ligt: Ob in Af­gha­nis­tan, in So­ma­lia oder ak­tu­ell in Li­by­en, es geht um öko­no­mi­sche Durch­drin­gung, Pro­fit­si­che­rung, Kampf um Märk­te, Roh­stoff­si­che­rung und stra­te­gi­sche lang­fris­ti­ge In­ter­es­sen. Durch Aus­la­ge­rung der Pro­duk­ti­on in Bil­ligst-​Lohn­län­der, die rück­sichts­lo­se Sub­ven­ti­ons­po­li­tik der hie­si­gen Agrar­wirt­schaft zum Nach­teil von Klein­pro­du­zen­ten in der sog. Drit­ten Welt und Be­tei­li­gung an Krie­gen und be­trächt­li­che Waf­fen­ex­por­te tra­gen die deut­sche Wirt­schaft und Po­li­tik in hohem Maße zur Schaf­fung von Flucht­ur­sa­chen bei.

Seit der schon jah­re­lang an­hal­ten­den Welt­wirt­schafts­kri­se und dem per­ma­nen­ten Krieg unter dem Label des „An­ti­ter­ror­kamp­fes“ zur an­geb­li­chen Si­che­rung der Men­schen­rech­te wird der Druck auf Flücht­lin­ge immer wei­ter ver­stärkt. Gegen Flücht­lin­ge schot­ten sich Deutsch­land und die an­de­ren eu­ro­päi­schen Staa­ten bei­na­he voll­stän­dig ab.
Seit ei­ni­gen Jah­ren wer­den in den „Ver­tei­di­gungs­po­lit­schen Richt­li­ni­en“ des Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums Flücht­lin­ge als Be­dro­hung ein­ge­stuft. Die Ab­schot­tung Eu­ro­pas gegen Flücht­lin­ge wird zu­neh­mend mi­li­ta­ri­sert. Gegen Flücht­lin­ge wird in­zwi­schen Krieg ge­führt.
Für die mi­li­tä­ri­sche Be­kämp­fung der Flücht­lin­ge wurde die sog. Eu­ro­päi­sche Grenz­schutz-​Agen­tur Fron­tex auf­ge­baut. Die Ak­tio­nen die­ser In­sti­tu­ti­on gegen die Flücht­lin­ge wer­den rück­sichts­lo­ser und un­mensch­li­cher und brin­gen diese in Le­bens­ge­fahr. Immer häu­fi­ger wer­den Flücht­lin­ge unter ekla­tan­ter Ver­let­zung des See­rechts nicht mehr ge­ret­tet, wenn sie in See­not ge­ra­ten. Es sol­len seit 2005 schät­zungs­wei­se 15000 Flücht­lin­ge im Mit­tel­meer er­trun­ken sein. Das Meer ist zum Mas­sen­grab für sie ge­wor­den. Die Flücht­lin­ge sind die Leid­tra­gen­den eines in­hu­ma­nen Sys­tems von ma­xi­ma­ler Ka­pi­tal­ver­wer­tung und un­mensch­li­cher Re­pres­si­on.

So­li­da­ri­tät mit Flücht­lin­gen und Wi­der­stand gegen das Mi­gra­ti­ons­re­gime
Mit un­se­rer De­mons­tra­ti­on wol­len wir in der Öf­fent­lich­keit ein deut­li­ches Si­gnal zur So­li­da­ri­tät mit den Flücht­lin­gen set­zen. Wir rufen auf zur Un­ter­stüt­zung der ak­tu­el­len bun­des­wei­ten Pro­tes­te gegen den in­sti­tu­tio­nel­len Ras­sis­mus: gegen das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, die Un­ter­brin­gung der Flücht­lin­ge in La­gern, die Re­si­denz­pflicht, die ge­plan­ten Mas­sen­ab­schie­bun­gen von 12.​000 Roma in das ehe­ma­li­ge Ju­go­sla­wi­en und die mör­de­ri­schen Prak­ti­ken der „Grenz­schutz“-​Agen­tur Fron­tex.
Alle Men­schen haben ein Recht auf Exis­tenz und Würde. Flücht­lin­ge dür­fen nicht län­ger, dis­kri­mi­niert wer­den.
Ab­schie­bun­gen stop­pen, Ab­schie­be­haft ab­schaf­fen – Blei­be­recht für alle, Schlie­ßung aller Lager – nor­ma­le Woh­nun­gen, Asyl­be­wer­ber-​“Leis­tungs“ge­setz ab­schaf­fen, Bar­geld statt Sach­leis­tun­gen, Re­si­denz­pflicht ab­schaf­fen – Be­we­gungs­frei­heit für alle.

Ein Ge­sell­schafts­sys­tem, das sich nur durch die Herr­schaft von Men­schen über Men­schen und die rück­sichts­lo­se Aus­beu­tung von Mensch und Natur am Leben er­hält und auf per­ma­nen­ten Krieg zur Herr­schafts­si­che­rung statt auf Frie­den setzt, hat keine Exis­tenz­be­rech­ti­gung mehr.

 

Ka­pi­ta­lis­mus, Ras­sis­mus und Fa­schis­mus ab­schaf­fen!

Glei­che Rech­te für alle. Die Welt ge­hört allen. Kein Mensch ist il­le­gal.

 

Demo am Sams­tag, den 24. Sep­tem­ber, 13.​00 Uhr

Mann­heim, Pa­ra­de­platz

 

Bünd­nis gegen Ab­schie­bun­gen (BgA) Mann­heim Mann­heim, den 25.​07.​2011
Info und Kon­takt: bleiberechtsbuendnis@​web.​de