Junge Alternative - Der radikale Nachwuchs der AfD

Erstveröffentlicht: 
26.07.2016

Manuskript
Beitrag: Der radikale Nachwuchs der AfD –  Junge Alternative
Sendung vom 26. Juli 2016
von Ralph Goldmann und Andreas Halbach

Video: https://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2796900/Der-radikale-AfD-N...

 

Anmoderation: 
Mit den Schüssen von München kamen die Stimmungsmacher. 
„AfD wählen! Polizei spricht von aktueller Terrorlage" schrieb ein AfD-Funktionär und löschte den Tweet später. Frauke Petry twitterte unter dem Hashtag „AFDwählen", als hätte sie nur auf eine Gelegenheit gewartet, um vom Antisemitismus-Streit in Baden-Württemberg abzulenken und wieder in rechte Fahrt zu kommen. Möglicherweise angeschoben von Scharfmachern aus der AfD-Jugendorganisation. Die Junge Alternative, so heißt sie, ist offenbar ein Hort für Radikale, wie ein Rechercheteam der Badischen Zeitung und Frontal 21 herausgefunden hat.

 

Text:
Auf dem noblen Lorettoberg in Freiburg steht die Villa der Burschenschaft Saxo Silesia. Hier gehen AfD-Funktionäre ein und aus. Regelmäßig werden Partys gefeiert. Nachbarn beklagen Exzesse. Aus Angst wollen sie unerkannt bleiben. Sie seien schon beleidigt worden von den aggressiven rechten Burschen.


O-Ton Nachbar der Burschenschaft Saxo Silesia:
„Die Burschis singen auch gerne mal da oben auf dem Balkon „Deutschland, Deutschland über alles, von der Maas bis an die Memel“. Das jüngste Ärgernis war ein Saufgelage jetzt im Mai, das in Gegröle von Fotze und Hurensohn und Sieg-Heil-Rufen gipfelte.“

 

Es ist der jüngste Höhepunkt einer ganzen Serie von radikalen Vorfällen bei der Burschenschaft. Das Haus der Saxo-Silesia eine Nazi-Brutstätte? Und was weiß die AfD davon?

 

Frontal 21 wurden interne Dokumente aus der Burschenschaft zugespielt. Daraus geht hervor: Schon seit drei Jahren häufen sich Beschwerden. Und es gibt Streit in der Burschenschaft wegen rechtsradikaler Vorfälle. Ein besorgter Burschenschafter schreibt im Dezember vorigen Jahres: „Ganz offen und selbstverständlich generierten sich Bbr. Bbr. als auch die Gäste unseres Bundes als Sympathisanten des Nationalsozialismus.“

 

In einem anderen Beschwerdebrief heißt es: Es „wurden Nazilieder abgespielt und Heil Hitler gebrüllt“. Sogar die „Polizei“ wurde „herbeigerufen“.


Auch im Internet gebärden sich Mitglieder der pflichtschlagenden Burschenschaft als radikale Haudegen mit fragwürdigen Männlichkeits-Ritualen. Dieser sogenannte Waffenbruder ließ sich sogar einen Knopf an die Kopfhaut nähen.  Wir wollen mit der Studentenverbindung über die Vorwürfe sprechen. Ein in Aussicht gestelltes Interview wird wieder abgesagt. Dann schreibt uns der Vorstandsvorsitzende,

 

Zitat: 

„Wir gehen im Rahmen unserer internen Verfahren jederzeit entschlossen Äußerungen oder Handlungen nach, die Zweifel an der lauteren Haltung des Bundes in diesem Sinne nähren.“

 

Im Mittelpunkt der Vorwürfe: Dubravko Mandic. Burschenschafts-Mitglied, Freiburger Rechtsanwalt und einflussreicher Funktionär der AfD in Baden-Württemberg, außerdem aktiv in der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative.


Mandic wird in seiner Burschenschaft von sogenannten Alten Herren, also, nicht mehr aktiven Mitgliedern, regelmäßig mitverantwortlich gemacht für die Nazi-Umtriebe. 


Aus internen Dokumenten, die der Badischen Zeitung und Frontal 21 vorliegen, geht hervor: Gegen Mandic läuft ein Ehrengerichtsverfahren mit dem Ziel, ihn aus der Burschenschaft zu werfen. Offiziell schreibt dazu der Vorstand der Saxo Silesia - allerdings ohne Mandics Namen zu nennen,

 

Zitat:

„Ein (...) Verfahren gegen ein Mitglied (...) ist noch nicht rechtskräftig.“  


Mandic weist die Vorwürfe zurück.  Die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth von der Uni Gießen ist der Meinung, Mandic sei eine Schlüsselfigur. Er hole über
rechte Burschenschaften immer mehr Radikale in die AfD.


O-Ton Alexandra Kurth, Politikwissenschaftlerin, Justus-Liebig-Universität Gießen:

„Also, ich würde Mandic so einschätzen, dass er ein Rassist ist, in extremer Weise. Er gehört durchaus zu denjenigen, die da tonangebend sind und da quasi mit entsprechenden Äußerungen, auch rassistischen Äußerungen, für Stimmung sorgt. Man könnte durchaus sagen, die jungen Leute da ein Stück weit radikalisiert.“

 

Wir konfrontieren Mandic mit diesen Aussagen. Fragen zur Burschenschaft beantwortet er nicht. Stattdessen attackiert er seine Kritikerin:

 

O-Ton Dubravko Mandic, AfD, Vorsitzender Landes-Schiedsgericht Baden-Württemberg:

„Die Frau Kurth? Ja, das ist eine Linksextremistin. Da dürfen Sie doch nix drauf geben, was die sagt.“

 

Dabei vertritt Mandic selbst extreme Positionen: US-Präsident Obama nannte er bei Facebook „Quotenneger“.  Über die AfD postete er: „von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“.

 

[Freilassing, 9. Januar 2016]
Der AfD-Politiker Mandic will sogar mit der islam-feindlichen „Identitären Bewegung“ zusammenarbeiten. Die wird in mehreren Bundesländern beobachtet. Der NRW-Verfassungsschutz schreibt über sie: „Die Ideologie ... fundiert auf einem Politikverständnis, das sich grundsätzlich gegen Menschenrechte und eine pluralistische Demokratie richtet.“  


O-Ton Dubravko Mandic, AfD, Vorsitzender Landes-Schiedsgericht Baden-Württemberg:
„Organisationen, die irgendwie die gleichen Ziele verfolgen, mit denen sollte man sich natürlich vernetzen, jawoll.“

 

O-Ton Frontal 21:
„Das bestätigen Sie?“

 

O-Ton Dubravko Mandic, AfD, Vorsitzender Landes-Schiedsgericht Baden-Württemberg:
„Ja, das sollte man so machen.“

 

O-Ton Frontal 21:
„Die Identitäre Bewegung wird vom Verfassungsschutz beobachtet.“

 

O-Ton Dubravko Mandic, AfD, Vorsitzender Landes-Schiedsgericht Baden-Württemberg:
„Ja, was  ́ne Frechheit ist, das ist rechtswidrig.“

 

Kritiker sind überzeugt: Mandic forciere den Rechtsruck der Jungen Alternative und damit der AfD. Alexandra Kurth hält die Nachwuchsorganisation für gefährlich. 


O-Ton Alexandra Kurth, Politikwissenschaftlerin, Justus-Liebig-Universität Gießen:
„Die Junge Alternative spielt in diesem Radikalisierungsprozess eine ziemlich große Rolle. Ob das jetzt Deutsch-Nationalismus ist, ob es das völkische Denken ist. Man hofft, dass die AfD jetzt die politische Kraft werden könnte, die das alles ändert. Und die, ja die ganz Radikalen, die hoffen, dass das tatsächlich den politischen Umsturz herbeiführen könnte.“

 

Die rechten Burschen sind für die AfD-Spitze offenbar längst ein Problem. Jörg Meuthen, AfD-Landeschef in Baden-Württemberg und Co-Sprecher der Bundespartei, distanzierte sich bereits im April via Facebook:

 

„Wenn sich jemand in einem rechtsextremen Umfeld bewegt, hat er bei uns nichts zu suchen!“

(Quelle: Facebook / Prof. Dr. Jörg Meuthen)

 

Genutzt hat es nichts. Mandic ist weiter AfD-Funktionär und sogar Mitglied des Parteischiedsgerichtes. Er darf über den Ausschluss des AfD-Landtagsabgeordneten Gedeon mitentscheiden. Dem wird Antisemitismus vorgeworfen.  So hat Mandic eine zentrale Position im Machtkampf der AfD, dem Kampf zwischen radikalen und gemäßigten Rechten. Dieser Machtkampf tobt längst auf Bundesebene. Ganz vorne dabei:

 

Markus Frohnmaier, Sprecher der Bundesvorsitzenden Frauke Petry, Mandic-Vertrauter und Chef der Jungen Alternative. Die rechtsgerichtete Zeitschrift „Zuerst“ nennt ihn sogar „Frontmaier“.

 

O-Ton Markus Frohnmaier, AfD, Bundesvorsitzender Junge Alternative für Deutschland:
„Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und zwar nur für das Volk gemacht. Denn wir sind das Volk, liebe Freunde!“

 

Frohnmaier gilt für Kritiker ebenfalls als gefährlicher Rechtsaußen. Auch er steht im Verdacht, die AfD weiter zu radikalisieren. Die German Defence League - eine Gruppe, die sich im Internet militant und gewaltbereit gibt. 2014 wurde sie vom Verfassungsschutz als „rechtsextrem“ eingestuft. Hier soll Frohnmaier Mitglied gewesen sein. Das behauptet ein ehemaliger Funktionär der Jungen Alternative, der aus Angst unerkannt bleiben will.

 

O-Ton ehemaliges Mitglied Junge Alternative für Deutschland:
„Markus Frohnmaier hat immer wieder mit seiner Mitgliedschaft in der German Defence League geprahlt. Jetzt will er davon aber nichts mehr wissen.“

 

Wir fragen nach: Waren Sie Mitglied bei der German Defence League?

 

O-Ton Markus Frohnmaier, AfD, Bundesvorsitzender Junge Alternative für Deutschland:
„Wer so etwas behauptet, gegen den wird rechtlich vorgegangen.“


Frontal 21 liegen Dokumente vor, die den Verdacht erhärten: Frohnmaier könnte doch Mitglied der rechtsextremen Gruppierung gewesen sein. Wir zeigen ihm unsere Unterlagen.

 

O-Ton Frontal 21:
„Und da ist hier die Angabe German Defence League unter ihrem Namen mit der E-Mail-Adresse angegeben.“

 

O-Ton Markus Frohnmaier, AfD, Bundesvorsitzender Junge Alternative für Deutschland:
„Meine E-Mail-Adresse ist  ́ne andere. Bei der CDU war ich - und bei der Jungen Union.“

 

Es gibt weitere Auffälligkeiten: Im Internet zeigt sich Frohnmaier neben Mandic mit einem tätowierten Lorbeerkranz auf der Brust. Ein Symbol, das auch die German Defence League benutzt hat.


O-Ton Frontal 21:
„Ist das eine politische Aussage?“

 

O-Ton Markus Frohnmaier, AfD, Bundesvorsitzender Junge Alternative für Deutschland:
„Das ist ein Tattoo, das hab ich mir mit 16 oder 17 machen lassen, ich bin ganz froh, dass es keine Pusteblume wurde.“

 

Wir suchen weiter. In einem Internet-Archiv sind Schlüsseldaten einer inzwischen abgeschalteten Homepage der German Defence League von 2011 zu finden. Als „Ansprechpartner“ für „Allgemeines“ aufgeführt: ein gewisser „Cornel Craiovești“. Cornel ist der zweite Vorname des JA-Bundesvorsitzenden, Craiova sein rumänischer Geburtsort. 


Dieselbe Seite vier Wochen später. Ansprechpartner jetzt: ein „Cornel Frohnmaier“. Die Namensgleichheit, alles nur Zufall? Zu diesen Recherchen hat sich Frohnmaier trotz Nachfrage nicht geäußert. Ein Parteisprecher mit extremistischer Vergangenheit? Verfassungsfeinde in der AfD-Jugend? Junge Funktionäre, die die Partei radikalisieren wollen? Nachfrage bei Parteichefin Frauke Petry:

 

O-Ton Frontal 21:
„Also, dazu wollen Sie sich nicht äußern? Ihrem Pressesprecher wird Rechtsextremismus vorgeworfen, Frau Petry.“


O-Ton Frauke Petry, AfD, Parteivorsitzende:
„Haben Sie Interesse an objektiver Berichterstattung?“

 

O-Ton Frontal 21:
„Wenn wir Gelegenheit bekommen.“

 

O-Ton Frontal 21:
„Frau Petry, wir würden Ihnen auch gerne Fragen zu Herrn Mandic stellen.“

 

O-Ton Frontal 21:
„Die Causa Mandic, wird die zur Zerreißprobe in der Partei möglicherweise?“

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Radikalität ist ja kein Vorwurf. Man muss ja nicht Spiesser ggü. dem politischen Feind sein.