Am Abend des 31. Dezember 2015 fand an der JVA Freiburg eine lautstarke Kundgebung gegen Knäste mit ca. 20 Linken statt. Es wurden Grußworte und eine anarchistische Knastkritik verlesen. Durch Parolen, Rufe von innerhalb der JVA und Feuerwerk konnte die Trennung zwischen Innen und Außen für einen Moment aufgehoben werden.
Wie jedes Jahr fand an der Freiburger JVA eine Aktion gegen Knäste, deren repressive Gesellschaft und für die Freiheit aller Gefangenen statt. Gegen 18:30 Uhr versammelten sich etwa 20 Linke mit Transparenten vor dem Kristallographischen Institut der Hermann-Herder-Straße 5. Aus einer mobilen Soundanlage wurde Musik gespielt. Es wurden neben einer anarchistischen Knastkritik, die Grußworte von Thomas-Meyer-Falk und der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) verlesen. Die Kundgebung blieb nicht still, während den Pausen waren immer Parolen zu hören. Untermalt wurde der Abschluß durch das Entzünden von Pyrotechnik. Immer wieder waren Dankes-Rufe aus der JVA zu hören. Das Wechselspiel aus Parolen, Rufen, Tellergeklapper und Feuerwerk liess uns die Trennung durch die Knastmauern für einen Moment aufheben. Gegen 19 Uhr löste sich die Kundgebung auf.
Der Abend zeigt auf, dass Solidarität und Unterstützung mit den kämpfenden Gefangenen notwendig bleibt. Schade war die geringe Beteiligung, wahrscheinlich bedingt durch die kurzfristige Mobilisierung.
Also schreibt Gefangenen, besucht sie, organisiert Aktionen vor den Knästen eurer Stadt! Unterstützt emanzipatorische Kämpfe innerhalb der Knäste! Für eine Gesellschaft ohne Knäste!
Aktionen aus den Jahren: 2011| 2012 | 2013 | 2014 |
Gußwort und Redebeitrag
Herzliche und solidarische Grüße aus dem Freiburger Knast.
Auch wenn ich selbst in Sicherungsverwahrung sitze, habe ich doch täglich mit den Strafgefangenen zu tun. Denen geht es noch schlechter, als den Sicherungsverwahrten. So war 2015 für die Strafgefangenen ein Jahr der Verschärfungen. Restriktionen über Restriktionen. Beispielweise wurden die Freizeitmöglichkeiten rigoros zusammengestrichen. Die Möglichkeiten zu telefonieren wurden gekürzt. Es herrscht für viele der bloße Verwahrvollzug.
Nicht vergessen werden dürfen die jugendlichen Untersuchungsgefangenen, wie auch die erwachsenen Untersuchungsgefangenen. Denn in dem Freiburger Knast-Komplex hier sitzen hunderte Menschen hinter den verschlossenen Zellentüren.
Hier wird gelitten, gestorben und trotz allem auch gelebt!
Eine Demonstration wie die hier heute ist ein wichtiges Signal für uns Gefangene, aber auch für die Gesellschaft. Die Gefangenen sind nicht alleine – und es gibt Proteste gegen die Existenz von Knästen.
Euch ein lebendiges Jahr 2016, voller Leben und Kreativität. Und nun erstmal einen feiernden Silvesterabend!
Thomas Meyer-Falk
-Langzeitgefangener-
Welche Rolle spielen Knäste innerhalb der momentanen Verhältnisse?
Gefängnisse stellen das höchste Mittel des Staates zur Bestrafung von denjenigen dar, die gegen die Regeln und Gesetze, welche von den jeweiligen Herrschenden aufgestellt wurden, verstoßen haben. Eine Person, welche durch Gesetzesbrüche die Norm verletzt, soll bestraft werden und wird gleichzeitig als abschreckendes Beispiel benutzt.
Die dadurch geschaffene Trennung in „gut“ und „böse“ dient dazu, dass keine Identifizierung mit den „Kriminellen“ stattfindet. Nebenbei soll damit auch ein Gefühl von Sicherheit erzeugt werden, weil die Bedrohung der Gesellschaft weggesperrt wurde.
Nun, wir können die Einschliessung nicht angreifen ohne die Gesellschaft anzugreifen, die sie produziert. Das Gefängnis ist keine abgetrennte Welt, es betrifft nicht bloss Gefangene und ihre Angehörigen. Es gewährleistet eine Funktion der Kontrolle und der Verwaltung des unvermeidlichen Elends, um den sozialen Frieden zu bewahren. Das Gefängnis ist wie ein Damoklesschwert, dass über dem Kopf eines/r jeden Ausgebeuteten schwebt, damit diese/r weiterhin das Spiel der Lohnarbeit und des Lebens, das damit einhergeht spielt. Außerdem weiß jede_r nur allzu gut, dass der Inhaftierung die Rolle einer zusätzlichen Brandmarkung zukommt: Man ist nicht bloß ein Ausgebeuteter, sondern wird auch ein Ex-Häftling. Das Gefängnis prägt die Menschen weit über ihre Einschliessungsperiode hinaus (der Strafregisterauszug ist das beste Beispiel dafür) und hat zur Aufgabe, die Ausgebeuteten untereinander zu trennen: zwischen jenen, die den rechten Weg einschlagen, und jenen, die man als “Abweichende” etikettiert.
Alle Armen sind jedoch potentielle Gefangene, denn die Justiz, die sie verurteilt, ist eine Klassenjustiz. Das Recht ist nicht neutral, es ist nicht die natürliche Manifestation des allgemeinen Interesses, sondern der Ausdruck eines Kräfteverhältnisses. Das Recht macht nichts anderes, als das Eigentum und die Sicherheit der herrschenden Klasse zu sichern. Außerdem sind es oft nicht die Akte, die bestraft werden, sondern eher die Tatsache, der “gefährlichen Klasse” anzugehöhren (Sans-papiers, Mitglied einer “Bande”, Minderjährige in einem Quartier mit Ausgangssperre…)
Seit Jahren ist ein stetiger Anstieg der Gefangenenzahlen zu vermerken als Resultat von immer mehr Verurteilungen zu immer längeren Haftstrafen. Im Gegensatz dazu ist ein Rückgang der Straftaten zu verzeichnen. Ein Blick darauf, wer in den Knästen gefangen gehalten wird offenbart, dass diese Menschen zu einem überwiegenden Teil aus der Unterschicht kommen. Allgemein wird immer davon ausgegangen, dass nur MörderInnen und SexualstraftäterInnen eingesperrt seien, aber in der Realität sitzen viele Menschen in den Knästen, weil sie nicht in der Lage waren ausstehende Rechnungen zu bezahlen, schwarz gefahren sind, sich im Supermarkt etwas gönnen wollten, usw. Ist dies nicht ein Zeichen dafür, dass Knast überhaupt keine Lösung für irgendein Problem ist? Probleme, die eigentlich viel breiter sind: und zwar sind sie eine soziale Frage. Sprich: wie diese kapitalistische Gesellschaft forciert, dass Menschen durch verschiedenste legale und auch „illegale“ Möglichkeiten um ihr Überleben kämpfen müssen. Oder, dass sie nur weil sie über sogenannte „Grenzen“ springen müssen Verbrecher sind? Der Knast ist eine soziale Frage und dementsprechend die Menschen, welche einsitzen, soziale Gefangene.
Das Gefängnis ist nur eine von einer Vielzahl von Einrichtungen, welches dieses System am Laufen halten und dazu dienen Menschen zu erziehen und kontrollieren: Schulen, psychiatrische Einrichtungen, Abschiebelager, usw.
Daher ist es wichtig eine solidarische Bewegung zur Unterstützung mit der Forderung nach Freiheit für alle Gefangenen voranzutreiben.
Denn die Freiheit ist nicht ein individueller Zustand, sondern ein zu konstruierendes soziales Verhältnis.
Radio-Bericht von zwei Berliner Anti-Knast-Demos
Radio-Bericht von zwei Berliner Demos "Silvester zum Frauen* Knast"
ab Minute 16:40 in der Sendung von Radio Aktiv Berlin - Ausgabe vom 4. Janaur 2016
http://cba.fro.at/304994