Anarchismus ist schick. Jahrzehntelang randständig in der Linken, sind libertäre und antiautoritäre Positionen heute angesagt. Sie bilden ein erfreuliches Gegengewicht zu Sozialdemokraten und Leninisten. Für eine radikale Linke im 21. Jahrhundert bietet der Anarchismus viele Anknüpfungspunkte: Grundsätzliche Kritik an Staat und Nation, Misstrauen gegenüber Hierarchien und Bürokratien, gerade auch in sozialen Bewegungen und linken Organisationen, Beharren auf Selbstorganisation, Basisdemokratie und direkter Aktion. Peter Kropotkin bekämpfte den Sozialdarwinismus, während manche Marxisten vor lauter Wissenschaftsgläubigkeit rassenhygienische Ideen übernahmen, Murray Bookchin entwickelte eine radikalökologische Kritik an den stofflichen Folgen kapitalistischer Akkumulation.
Sozialistische Anarchisten lehnen Lohnarbeit als Ausbeutung und Privateigentum an Produktionsmitteln als deren Voraussetzung ab – genau wie Marx. Ihr Ziel ist eine staatsfreie Gesellschaft, in der die Menschen in Kollektiven und Kommunen leben und arbeiten. Sie sollen in Versammlungen und Räten die vergesellschaftete Produktion und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen selbst planen und koordinieren.
Dagegen preisen Individualanarchisten den Egoismus und halten die
Marktwirtschaft für optimal, um die Freiheit zu maximieren. Sie wollen
lediglich einige Monopole beseitigen, in der Regel die Macht der Banken
und des Geldes. Angesagt sind schräge Zinstheorien, die auf den
Antisemiten Pierre-Joseph Proudhon oder den Sozialdarwinisten Silvio
Gesell zurückgehen. Der anarchistische Professor David Graeber, in den
Medien als Mastermind einer neuen Linken gefeiert, wirbt in seinem
Bestseller „Schulden“ für eine staatsfreie Marktwirtschaft mit zinslosem
Geld. Dieser rechte Rand der Anarchie ist von Neoliberalismus und
Manchesterkapitalismus kaum zu unterscheiden und darum eine Gefahr für
emanzipatorische Bewegungen. In dem Vortrag werden die zentralen
Inhalte, aktuelle Vertreter sowie die Geschichte des
Individualanarchismus kritisch dargestellt.
Peter Bierl ist freier Journalist und publiziert u.a. in Jungle World,
Konkret und Rechter Rand. Er ist Autor der Bücher “Wurzelrassen,
Erzengel und Volksgeister”, “Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn:
Der Fall Silvio Gesell” und “Grüne Braune”.
Außerdem Antifa-News, Musik und kühle Getränke. In der Küche zaubert das Kulinariat. Beginn: 20 Uhr, Vortrag: 21 Uhr.
5. März im Kafe Marat (Thalkirchnerstraße 102)
Anarchismus war immer Teil der radikalen Linken!
Mit Höhepunkten Anfang des letzten Jahrhunderts, in den dreißiger Jahren, in der Aufbruchsstimmung der 60er und 70er und insbesondere im Aufkommen der Autonomen in den 80ern.
Es ist eher ein anarchistischer Bedeutungsverlust seit dem Niedergang des realexistierenden Sozialismus eingetreten. Einerseits sind damit auch Rahmenbedingungen für antiautoritäre Konzepte schlechter geworden (z.b. durch das wegbrechen linksliberaler Millieus und den vermeintlichen Siegeszug des Kapitalismus), andererseits gibt es inzwischen bei vielen Jüngeren eine Retro-Bewegung und Hinwendung zum Kommunismus. Sei es als marxistische Wertkritik oder ML-Dogmatismus mit Hammer und Sichel.
Alberner Vogel
Zu typisch deutschen Kritikern von Occupy und David Graeber...
http://www.grundrisse.net/grundrisse45/bewegung_und_kritik.htm