Wie im vorangegangenen Interview-Ausschnitt, möchten wir dazu anregen, sich kritisch-solidarisch auf dem Antifa-Block der kommenden LL-Gedenkdemonstration am 11.01.2015 zu beteiligen.
Um gemeinsam die gesellschaftlichen Vereinzelung, der politischen Marginalisierung sowie der staatlichen Repression entgegenschreiten zu können, müssen wir das Bewusstsein schaffen, aktuelle und zukünftige Kämpfe jenseits identitär-linker Befindlichkeiten zusammenzuführen und die Möglichkeit einer solidarischen gesellschaftlichen Alternative jenseits kapitalistischer und rassistischer Unterdrückungsmechanismen immer wieder vor Augen führen zu können.
Teil 1 des Interviews ist hier nachzulesen: https://linksunten.indymedia.org/de/node/130774
Nun gehen wir der Frage nach, warum es bedeutsam ist, linke Geschichte zu verteidigen und sie als Erkenntnisgewinn und Lernprozess begreifbar verstehen zu wollen.
Interview [Teil 2]:
I: Und nochmal kurz zurück zu der Geschichtspolitik: Also wie seht ihr das innerhalb der radikalen Linken, denkt ihr dass es derzeit eine Auseinandersetzung mit dem Realsozialismus gibt?
Christian: Also ich finde, dass in den linksradikalen Diskursen diese ganze staatliche Informationspolitik, gerade in Bezug auf Extremismus- oder Totalitarismustheorien, auch in der Linken zum Teil halt auch wieder reproduziert wird. Deswegen finden wir die Rosa & Karl-Demo zum Beispiel auch höchst problematisch, weil sich da nicht kritisch-solidarisch mit den Leuten auseinander gesetzt, sondern versucht wird, sich von diesen Widersprüchen zu befreien. Und wir denken, dass es wirklich wichtig ist, in die Auseinandersetzung zu gehen, weil wir da einfach auch handlungsfähiger sind. Und uns nicht einfach davon distanzieren, was für Personen auch immer dort mit welchen als links etikettierten Inhalten auf der Demonstration sind. Und ich muss sagen, es gibt meistens zwei Richtungen in der radikalen Linken: die einen, die sind natürlich sehr affirmativ gegenüber dem Staatssozialismus und dann gibt es natürlich welche, die sich davon sehr stark distanzieren, insofern dass sie eigentlich auch die linke Geschichte damit aufgeben. Das sind dann welche, die einen harten Cut machen, das wir durchaus problematisch sehen, weil dann wirklich das Feld den rechten Organisationen frei gelassen wird, linke Geschichte zu diffamieren, oder zu kriminalisieren.
Geschichte wird umgedeutet. Da wird von zwei deutschen Diktaturen gesprochen und leider zur Kritik der Extremismus- und Totalitarismustheorie eher wenig, also vielleicht zu wenig gearbeitet.
Nadja: Ja, weil der Widerstand ja auch so groß von der anderen Seite ist, von politischen Gegner*innen, also von Menschen, die auch argumentieren, dass mit dem Zusammenbruch des größten staatssozialistischen Versuches, der Sowjetunion und der DDR, der Beweis dafür war, dass sozialistische Politik sowieso nicht funktioniert. Wir müssen die Möglichkeiten nutzen, dem etwas entgegenzuhalten. Wir können aktiv in die Geschichtsdeutung eingreifen, auch im öffentlichen Raum oder im pädagogischen Raum. Im Zusammenhang mit der aktuellen Krise ist das auch noch einmal ein Besorgnis erregendes Phänomen, dass da auch noch eine Geschichtspolitik betrieben wird, die eine Alternativlosigkeit zum kapitalistischen System suggeriert.
Christian: Es wird immer behauptet, es gäbe ein Ende der Geschichte. Und das sehen wir nicht so, selbstverständlich nicht, weil das zum linksradikalen Bewusstsein oder auch zur Denkweise natürlich dazu gehört, immer eine Alternative zu erschaffen, sowohl als Theorie als auch als Praxis. Wir denken, dass wenn linke Geschichte aufgegeben wird, dass wir einfach auch handlungsunfähig werden als (radikale) Linke, weil wir auch keine Lerneffekte mehr haben, wenn wir uns auf nichts beziehen können, beziehungsweise auch nicht aus Fehlern lernen können. Und das ist einfach ein Riesenfehler.
Nadja: So nimmt mensch sich auch Teile seiner Basis.
I: Ist das auch das, was ihr in dem Text mit moralistisch meint, dieser Cut? Hier steht so etwas von moralistischer Kritik oder so, ich glaube, das ging so ein bisschen in Richtung des Rosa & Karl-Bündnis.
Christian: Genau, also das ist dann so eine Geschichtslosigkeit, die in solch einer Moral endet. Und selbstverständlich ist die Kritik angebracht, aber sie sollte immer auch eine praktische Seite haben. Und mensch sollte sich in linke Auseinandersetzungen begeben und kein Sektierertum in einen Kontext stellen
I: Und mit dieser Auseinandersetzung meint ihr jetzt sozusagen weiterhin im Kontakt zu sein und Diskussionen zu führen?
Nadja: Ja, auf jeden Fall. Nur das bringt uns weiter.
Christian: Da ist die Verknüpfung von Realpolitik mit der Historie und dem theoretischen Background- reale Kämpfe immer damit zu verknüpfen. Und ich denke, dass wir unsere Inhalte, unsere libertären Inhalte, schon ganz gut vermitteln können. Weil wir uns eigentlich als Gruppe nicht in der Situation sehen, irgendwelche autoritären Ausformungen zu unterstützen, sei es jetzt über Bündnisse, sei es jetzt über DIE Kampagnen, die wir machen oder bestimmte Aktionen, die wir organisieren. Und was wir zumindest sagen können ist, dass es auch schon gut ankommt, dass ist ein möglicher "dritter Weg". Und das heißt nicht, konfliktscheu zu sein, sondern einfach... ja, so ein bisschen fragend voran zu schreiten, ganz im Sinne von Luxemburg.
I: Eine Frage habe ich noch. Nämlich, ob für euch, für eure Politisierung der Realsozialismus, oder der Staatssozialismus persönlich einen Einfluss gehabt hat. Und wenn ja welchen?
Nadja: Dazu haben wir schon versucht zu antworten. Also dass es schwer ist, dem einfach entgangen zu sein, dass es eigentlich nicht diese Möglichkeit gibt, auch wenn mensch heute aufwächst, quasi ohne irgendwie damit konfrontiert worden zu sein. Dass wir beeinflusst wurden, durch Elternhäuser, durch diesen Wohnort, durch irgendwie andere Herkünfte und so weiter. Natürlich kann – sowohl ich persönlich als auch unsere anderen Freunde und Genoss*innen – könnten jetzt nicht unbedingt sagen: das und das ist genau das Element, wo irgendwie diese Geschichte mich dazu gebracht hat, hier zu sitzen, das ist aber glaube ich einfach nicht so einfach nachzuvollziehen.
Christian: Ich denke, was da noch dazu gesagt werden kann ist, dass – da ja ein Großteil wirklich aus den ehemaligen staatssozialistischen Gebieten kommen, schon deren Elternhäuser durch einen gewissen Antifaschismus geprägt wurden. Ob der jetzt ein Lippenbekenntnis war, oder auch wirklich inhaltlich gefüllt war, hängt dann natürlich auch jeweils von der Sozialisation ab, beziehungsweise vom Elternhaus. Aber dass zumindest auch denke ich wichtige Anfänge der Politisierung gegolten haben und beispielsweise die Genoss*innen, die jetzt Mitte der '80er oder Ende der '80er geboren wurden und viel durch das Elternhaus, über die Freunde, einfach auch viel vom Naziterror beispielsweise im wiedervereinigten Deutschland mitbekommen hatten [...], natürlich schon ein prägendes Element war. Dort wurden Grundsteine gelegt, sich zum Beispiel recht früh dann auch in Antifa-Bewegungen zu engagieren.
Nadja: Und was wichtig sein könnte ist, dass die Hemmschwelle für Auseinandersetzungen mit linken Ideen geringer gewesen sein könnte, dadurch dass in den Elternhäusern Sozialismus oder kommunistische Ideen nicht per se verteufelt wurden. Ich glaube das kann man für fast alle von uns sagen, dass das nicht so war.
[Ende des Interviews]
# Merkt euch folgende Infos:
Hinein in den Antifa-Block am 11.01.2015!
10:00 Uhr
U-Bhf. Frankfurter Tor
Berlin-Friedrichshain
Luxemburg-Liebknecht-Gedenkdemonstration 2015
Antifa-Block – Totgesagte leben länger! Gemeinsam gegen Faschismus, Imperialismus und Krieg!
Hiermit rufen wir Euch auf, am 11. Januar 2015, gemeinsam mit uns auf die Straße zu gehen
um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu gedenken.
Ob in den Gecekondus, Barrios oder Kiezen:wir kämpfen für eine Organisierung von unten-
für eine kraftvolle antifaschistische und antikapitalistische Bewegung! Die Antifaschistische Aktion lebt!
"Nichts ist revolutionärer, als zu erkennen und auszusprechen, was ist." (Rosa Luxemburg)
Danach:
Führung zum ehemaligem Standort des Revolutionsdenkmals mit Bernd Langer “Kunst und Kampf (KuK)”
So, 11.01.2015 | 12:00 Uhr | Friedhof der Sozialisten (Lichtenberg)
Referent: Bernd Langer von der Initiative “Kunst und Kampf (KuK)”
Die Liebknecht-Luxemburg-Demonstration geht auf eine Gedenkveranstaltung von USPD und KPD für Gefallene des Januaraufstandes 1919 in Berlin zurück. 32 Tote wurden am 25.1.1919 auf dem Friedhof Friedrichsfelde beerdigt. Darunter auch Karl Liebknecht und – bis zur Auffindung ihrer Leiche zunächst symbolisch – Rosa Luxemburg. 1926 ließ die KPD an diesem Ort ein Revolutionsdenkmal errichten, um damit ihren Alleinvertretungsanspruch auf die revolutionäre Bewegung zu manifestieren. Von den Nazis abgerissen, wurde das Denkmal nicht wieder aufgebaut.
Eine Führung sowie ein kurzer Input-Vortrag zum/ über den „Friedhof der Sozialisten“.
Wir treffen uns am Gedenktransparent, links vor dem Eingang zur Gedenkstätte!
North-East Antifascists [NEA] Berlin
weitere Infos: http://antifa-nordost.org
Super Interview, aber...
Bitte überarbeitet in Zukunft eure Interviews noch einmal sprachlich. Egal ob ihr jemanden interviewt oder euch selbst, da geht man in jedem Fall noch mal drüber, sodass es auch lesbarer wird.
Wieso mit mehrheitlich rückwärtsgewandten demonstrieren?
Gibt es da doch einen gemeinsamen Nenner mit Mao-, FDJ- und Stalin-Freaks oder sind gar es suizidale Tendenzen, die Euch dazu bewegen mit zumachen? ;) Ich mein, die Systeme und Anhänger_innen Stalin, Lenin und Co zeigen doch bis heute hin zu genüge, wie wenig zimperlich sie mit Dissident_innen verfahren ...