Stellungnahme zu den Hausdurchsuchungen am 10. Oktober 2014 in Osnabrück und dem Landkreis
Am Freitag, dem 10.10.2014, wurden insgesamt neun Wohnsitze von sieben Beschuldigten Antifaschisten in Osnabrück und Landkreis durchsucht. Grund für die Durchsuchungen war eine Auseinandersetzung am 08. August 2014, bei der, laut NOZ, zwei Nazis verletzt wurden (1).
Die Polizei erlangte einen Beschluss, durch den es ihr erlaubt war, Funkzellendaten auswerten zu können, wodurch sie auf die Beschuldigten aufmerksam geworden sein will. Die Ermittlungen, und somit auch der folgende schwerwiegende Eingriff in die Privatsphäre der Genoss_innen, gründet sich lediglich auf die Verbindungsdaten und lässt somit tief in das willkürliche agieren des Repressionsapparates blicken. Die zusätzliche Durchsuchung an Zweitwohnsitzen und die Befragung von Nachbar_innen lässt nur Schikane vermuten. Noch während die Durchsuchungen liefen, veröffentlichte die Polizei eine Pressemitteilung, in der sie von den Durchsuchungsmaßnahmen berichtete (2). In dieser Mitteilung, sowie in der späteren, ist von sieben Beschuldigten aus der linken Szene die Rede. Jedoch wurden alle Menschen, die in der nahegelegenen Diskothek und deren Umfeld in der Nacht feiern waren, Opfer und Ziel polizeilicher Überwachungsmaßnahmen. Wir fordern die Aufklärung und Information aller ausgespähten und ins Visier geratenen Menschen!
Die zweite Pressemitteilung der Polizei, in der sie die Durchsuchung auswerten und als Erfolg bezeichnen, ist alles andere als richtig, lässt tief blicken und ist von Populismus einschlägig bekannter Klatschblätter kaum zu überbieten (3).
Ein ganzes Waffenarsenal soll sichergestellt worden sein, heißt es dort. Bei den sichergestellten Waffen handelt es sich jedoch ausschließlich um Gegenstände, die nicht unter das Waffengesetz fallen und somit legal besessen werden dürfen; einzig die geringen Mengen von Betäubungsmitteln könnten als strafrechtlich relevant eingestuft werden.
Bei den erwähnten Gegenständen, die eventuell dem Sprengstoffgesetz
unterliegen, handelt es sich wohl um übriggebliebene Silvesterartikel.
Weiter heißt es in besagter Mitteilung, dass alle Beschuldigten nach den
Durchsuchungen zur Wache gebracht wurden. Tatsächlich handelt es sich
nur um drei Beschuldigte, die diese weitere Schikane über sich ergehen
lassen mussten.
Welches Ziel verfolgt die Polizei aber wirklich? Natürlich verspricht sie sich von den Durchsuchungen das Auffinden von Beweismitteln im genannten Verfahren. Anders ließe sich das Erwirken eines rechtsstaatlichen Durchsuchungsbeschlusses nicht begründen. Bei welchen Gegenständen es sich um „umfangreich sichergestellte Beweismittel“ (PM Polizei) handeln könnte, muss wohl nun zunächst zurechtgelegt werden; de facto haben die beschlagnahmten Gegenstände nichts mit der Tatbeschreibung der Polizei gemeinsam.
Somit scheint eines klar zu sein: die Maßnahmen dienten nicht der
Verfolgung einer Straftat, sondern lediglich der Einschüchterung von
Genoss_innen und der Durchleuchtung der linken Szene Osnabrücks.
Eines steht fest: Solidarität ist den Betroffenen aus der gesamten linken Szene gewiss!
Repression hat uns noch nie auf Dauer aufgehalten, sondern mehr gestärkt
als geschwächt. Bei den Durchsuchungen wurden auch Handys und Computer
sichergestellt, wodurch die Polizei die Möglichkeit erhält, das gesamte
persönliche Umfeld der Betroffenen zu durchleuchten. Dieser Gefahr
müssen wir uns nun alle stellen.
An dieser Stelle noch einmal der Appell: Räumt eure Wohnungen auf, bietet dem Repressionsapparat keine Angriffsfläche.
Neben all dem geht es der Osnabrücker Polizei vermutlich um noch mehr:
In den vergangenen Monaten wurden inzwischen 21 Abschiebungen durch passiven Widerstand von uns und anderen engagierten Menschen verhindert. In der Öffentlichkeit musste die Polizei hierfür Kritik einstecken. Ihnen wird vorgeworfen, zu lasch mit den sogenannten Störern umzugehen. Wir wurden in sozialen Netzwerken als Verbrecher tituliert und die Polizei wird aufgefordert, endlich wieder Recht und Ordnung durchzusetzen. Scheinbar ist die Durchsetzung von Abschiebungen mittels Zwang momentan politisch nicht gewollt; somit müssen die Polizist_innen tatenlos zusehen, wie ihnen diese Verbrecher ihre geliebte Ordnung verhindern. Auch dieser gekränkte Stolz könnte die absurd großangelegte Durchsuchungsaktion begünstigt haben.
Doch unser Vorwurf geht noch weiter. Während des letzten Wahlkampfes wurden Menschen in unmittelbarer Nähe zu abgerissenen Wahlplakaten angetroffen, woraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen sie eröffnet wurde. Soweit so schlecht! Die Steigerung der Farce ist, dass wenige Tage später einige der Beschuldigten drohende Anrufe von geschädigten Nazis erhalten haben. Zu einem Zeitpunkt an dem das Verfahren noch bei der Polizei anhängig war. Wie also konnten die Anrufer an die Daten gelangen? Ein Leck und eine Verbindung zu Nazis bei der Osnabrücker Polizei ist alles andere als verschwörungstheoretisch konstruiert. Bereits 2011 berichteten wir von einem offenbar freundschaftlichem Verhältnis zwischen Teilen der Osnabrücker Polizei und Nazis (4). Der Aufschrei war nur kurz und hatte keine gravierenden Folgen. Die Weitergabe der Daten im o.g. Verfahren wurde der Polizei bekannt gemacht und ein Leck eingestanden. Passiert ist bis jetzt nichts; gar eine Entschuldigung an Betroffene ist ebenfalls nie erfolgt (5).
Zusammenfassend kann festgestellt werden:
Das Verhältnis zur Polizei und speziell zur Osnabrücker Polizei ist
durch die Umstände an sich, aber besonders durch die Geschehnisse der
letzten Monate, natürlich deutlich getrübt. Wir gehen davon aus, dass
dieses auf beiden Seiten so gesehen wird. Das akzeptieren wir.
Was wir allerdings nicht akzeptieren werden, ist ein Angriff auf uns, unsere Freund_innen und Genoss_innen, denn…
…getroffen hat es wenige – gemeint sind wir alle!
Solidarität ist eine Waffe!
„Unser’n Hass, den könnt ihr haben, unser Lachen kriegt ihr nie! Und wir werden weiterkämpfen, das kann nicht nur friedlich sein, auch wenn es gefährlich ist, mischen wir uns wieder ein!“ (aus Quetschenpaua: Scheiss Rassisten)
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(1) http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/513138/durchsuchungen-in-li...
(2)
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/104236/2851208/pol-os-osnabr...
(3)
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/104236/2851497/pol-os-nachtr...
(4) http://aaos.noblogs.org/text-archiv/2011-2/naziubergriff-wahrend-vfl-spiel/
(5) http://jako.blogsport.de/2014/10/28/sicherheitsleck-bei-der-polizei-osna...
tamtam
Danke für die Infos. Diese Konstruktion von "Beweismitteln" ist immer wieder abgefahren. Das die Verletzung von zwei Nazis solchen Terror begründet lässt tief blicken... Funkzellenabfrage?... bei Körperverletzung?... das ist schon ziemlich abartig.
...
also eigendlich ist es pervers, aber ich spiele schon manchmal mit dem gedanken, in einer art von polit-theater wahllos 10-20 häuser zu durchsuchen um dann mal im selben bullenduktus das aufgefundene zu beschreiben. alle möglichen leute haben zb. ne axt, als gebrauchsgegenstand, oder noch feuerwerk übrig oder auch mal andersherrum, wer weiß was für fragwürdige sachen bei "unbescholtenen bürgern" so rumliegen...
die präsentation von aufgefunden sachen ist immer wieder davon bestimmt, den voyerismus der medien/menschen zu befiredigen und hat häufig keinen unmittelbaren zusammenhang mit dem vorwürfen. bei nazis ist das sogar ähnlich, nur auf seltsamme weise verdreht, dort werden die waffen auch toll ausgestellt, aber die ermittlungen und auswertungen der personellen zusammenhänge schleppen sich dahin. wie dem auch sei, ihr schafft das genossen und genossinen, laßt euch nicht unterkriegen!