Zum Internationalen Frauenkampftag führte ein kleines, aber feines Bündnis in Sinsheim eine Kundgebung in der Allee durch. Mit dabei waren die örtlichen Grünen, die Gewerkschaft Verdi, die VVN/BdA und die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD). Kurz vor Ende der Veranstaltung gab es noch Nazi-Besuch von den üblichen Verdächtigen.
Leckere vegane Schmankerl von Frau Muck und Frauentagsplätzchen von den Grünen ergänzten die politischen Inhalte des Tages. Mit Flugblättern und Transparenten wurde die Bedeutung des Frauenkampftags in heutiger Zeit thematisiert. An Infoständen konnten sich PassantInnen über die verschiedenen Ansätze antipatriarchaler und frauenpolitischer Arbeit informieren. Selbst die frauenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Charlotte Schneidewind-Hartnagel, ließ sich kurz auf der Kundgebung blicken.
Auch wenn am ersten richtig frühlingshaften Samstag nicht die Massen unterwegs waren, konnten doch so einige Flugblätter für die Antifa-Demo am 22. März unter die Leute gebracht werden. Insgesamt verlief der Nachmittag in entspannter Atmosphäre bei netten Gesprächen mit PassantInnen, KundgebungsteilnehmerInnen und GenossInnen.
Beitrag der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD)
zum Internationalen Frauenkampftag am 8. März 2014
Ohne Frage haben die Frauenbewegungen im vergangenen Jahrhundert vieles erreicht, und es hat gesamtgesellschaftlich spürbare emanzipatorische Entwicklungen gegeben. Dennoch ist letzten Endes das patriarchale Herrschaftssystem doch nur verschleiert, also beileibe nicht in eine wahrhaft freie Gesellschaft transformiert worden.
Zwar hat sich inzwischen in immer breiteren Kreisen die Erkenntnis durchgesetzt, dass Geschlecht keine naturgegebene Kategorie ist, sondern durch die Gesellschaft konstruiert wird. Dennoch werden Menschen weiterhin in die Raster "männlich" und "weiblich" eingeteilt und ihnen entsprechende Eigenschaften und Verhaltensmuster zugeschrieben, die sie im Rahmen ihrer Geschlechterrollen erfüllen sollen.
Damit einher geht eine massive soziale Ungleichstellung, die der Kategorie Frau geringere Rechte, geringere Entlohnung, geringere Entfaltungsmöglichkeiten zuspricht und sie zugleich sexistischen Übergriffen aussetzt.
Wenn es um die Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen geht, wird der Blick gerne in weit entfernt liegende Länder gerichtet, in denen die Rechtlosigkeit besonders offensichtlich und gewaltförmig ist. Und es stimmt: die patriarchalen Strukturen in diesen Staaten müssen massiv kritisiert werden, und unsere praktische Solidarität muss all jenen gelten, die dagegen ankämpfen.
Doch sexistische Unterdrückung und Gewalt sind kein Phänomen, das auf arme Länder außerhalb unserer Reichweite beschränkt ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Kampagnen gegen Diskriminierung von Frauen im Trikont als Ablenkung von der Ausbeutung hier dienen.
Sexualisierte Gewalt ist auch in der BRD die brutalste und unübersehbarste Form männlicher Herrschaftsausübung. Die Opfer dieser Übergriffe sehen sich im Rechtfertigungszwang, und die demütigenden Befragungen im Rahmen der Strafverfolgung schrecken viele vergewaltigte Frauen von einer Anzeige ab. Doch diese offene Gewaltförmigkeit ist nur die Spitze des Eisbergs, denn die patriarchale Diskriminierung aufgrund des Geschlechts durchdringt alle gesellschaftlichen Bereiche.
Die strukturelle Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt äußert sich täglich in schlechteren Einstellungs- und Aufstiegschancen, im erschreckend hohen Frauenanteil in ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen, in unübersehbaren geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden und weiblicher Altersarmut. Das kapitalistische Wirtschaftsmodell benutzt Frauen als leicht verfügbares und optimal ausbeutbares Arbeitskräftereservoir, das zudem eine kaum überschaubare Fülle an unbezahlter Arbeit leistet: Es sind noch immer Frauen, die einen Großteil der reproduktiven Arbeit in der Familie leisten, und es sind Frauen - oftmals aus Osteuropa - die im privaten Rahmen Pflege- und Hausarbeiten unter unsäglichen Ausbeutungsbedingungen leisten.
Doch auch das, was Frauen als alltägliche Normalität erfahren, ist alles andere als normal: sexistische Beleidigungen und Anmachen, die Festschreibung auf bestimmte Rollen und Verhaltensweisen, der sexualisierte Blick, der vor allem Frauen dazu verpflichtet, absurden Schönheitsvorstellungen zu entsprechen - dies alles sind nur wenige Aspekte eines umfassenden sexistischen Gesamtmodells.
Wenn wir uns heute hier versammeln, um an die Tradition des Frauenkampftags anzuknüpfen, ist es ein guter Anlass, um bisherige Erfolge im Kampf gegen patriarchale Ausbeutung und Benachteiligung zu feiern. Es ist aber auch der richtige Anlass, um die weiterhin bestehenden Strukturen klar zu benennen und gemeinsam Strategien degegen zu entwickeln. Es ist auch der richtige Anlass, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die der patriarchale Backlash für die bisherigen Erfolge darstellt: von der "Herdprämie" für Frauen, die sich aus dem Erwerbsleben zurückziehen und sich auf die Mutterrolle beschränken lassen bis hin zur Streichung der Gelder für unabhängige Frauenhäuser: wir müssen gegen diejenigen ankämpfen, die die Errungenschaften unserer Vorkämpferinnen und früherer sozialer Bewegungen zunichte machen wollen.
Wir müssen gemeinsam Perspektiven entwickeln, um die patriarchale Teilung der Welt in zwei Geschlechter abzuschaffen, um die Benachteiligung der sozialen Kategorie Frau abzuschaffen, um den Weg freizumachen für eine Gesellschaft, in der sich alle Menschen frei von Diskriminierungen entfalten können.
Gegen den patriarchalen Kapitalismus!
Für eine freie Gesellschaft!
Lächerliche Begegnung der braunen Art
Gegen 15 Uhr wurde es kurz interessant: Ein Häufchen Braunes stattete der Kundgebung einen Besuch ab. Neun frustierte Nazis wollten sich an dem Tag dann doch noch ein "Erfolgeserlebnis" verschaffen und kamen nach dem Mobilisierungsdesaster in Heilbronn nach Sinsheim.
Die Nazis um Jan Jaeschke und Markus Walter blieben auf Distanz und verteilten ganze drei Flugzettel an PassantInnen. Zu den Infoständen traute sich das Häuflein Elend dann doch nicht. Im Schlepptau hatte die Combo wieder einmal die Nazi-Dauerrednerin Ricarda Riefling, die noch kurz zuvor in Heilbronn gelabert hatte.
Von "unsere Stadt, unsere Regeln" war am 8. März in Sinsheim jedenfalls nichts zu spüren. Der klägliche Rest der "Freien Nationalisten Kraichgau" war wohl entweder beim Fußball, Rasen mähen oder saufen. Der lächerliche Jaeschke-Walter-Wanderzirkus jedenfalls hatte nach den desaströsen Wahlkampfauftritten im August und September 2013 erneut ein eher belustigendes Gastspielchen im Rhein-Neckar-Kreis. Erstaunlich, dass sich die "Kameraden" nicht so langsam zu blöd für den Quatsch sind. Aber es gilt ja: No brain, no pain!
Der Tag hat - neben der erfolgreichen Verbreitung fortschrittlicher Inhalte in Sinsheim - wieder gezeigt, wie wichtig es ist link(sradikal)e Inhalte auf die Straße zu tragen. Gerade in Gebieten, in denen es eher konservativ bzw. schwarz-braun zugeht und in denen faschistische Strukturen geduldet und kleingeredet werden.
Am 22. März gilt es darum, in Sinsheim mit einer kraftvollen, lautstarken und entschlossenen Demonstration gegen Rassismus und Nazi-Strukturen auf die Straße zu gehen.
Weitere Bilder der anwesenden Nazis ...
... finden sich im Beitrag zur Nazi-Kundgebung in Heilbronn.
Gut so!
Danke, dass VVN, AIHD und ver.di in Sinsheim neben den einzigen Vertretern der lokalen Parteien - wie immer die Grünen - auch außerhalb einer Gegendemo aktiv waren!
Wer die Webseiten der Nazis, Facebook und Twitter verfolgt, sieht auch schön, wie die Nazis bei den lokalen Grünen verzweifelt um Aufmerksamkeit und ein Podium betteln. Aber nicht bekommen. Gut so!
Auf zur Demo am 22.03. in Sinsheim!
https://linksunten.indymedia.org/de/node/104886
Es gibt kein ruhiges Hinterland!
Nazistrukturen aufdecken und zerschlagen!
Schade,
dass sich am Ende des Artikels so über Nazis lustig gemacht wird. Wer schonmal Opfer von Nazigewalt wurde, findet die bestimmt nicht so lustig. Nehmt das Problem lieber ernst, macht was dagegen und lacht von mir aus im stillen Kämmerchen!
Na, ja ...
... welcheR die Nazis auf den Bildern kennt, und wenn berücksichtigt wird, daß die bekannt sind wie bunte Hunde, finde ich das Lachen schonmal angebracht. Bedrohlich war das Häuflein sicher nicht - eher nervig. Und, du hast Recht: Mit der Gewalt, die von Nazis ausgeht, sollte mensch nicht verharmlosend umgehen. Auf mich macht es den Eindruck, als könnte die Antifa Initiative HD die anwesendne Nazis ganz gut einordnen. Und das ist auch am Bericht zu merken. Also: Warum nicht mal über Nazis lachen?