Offenbar aus heiterem Himmel schlug am Wochenende eine Gruppe Neonazis auf einen türkischstämmigen Imbissbetreiber ein. Der Mann musste nach dem Übergriff in ein künstliches Koma versetzt werden – er wird vermutlich bleibende Schäden davontragen.
Der Vorfall ereignete sich am Samstagabend, der 34-Jährige Betreiber
eines Imbisses im sachsen-anhaltischen Bernburg wollte gerade sein
Geschäft am Bahnhof zuschließen, als eine aus neun Männern bestehende
Gruppe eintraf.
Wie die „Mitteldeutsche Zeitung“
berichtet, soll es erst zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen
sein. Kurze Zeit später attackierten die Männer, die stark alkoholisiert
gewesen sein sollen, den Imbissbetreiber jedoch brutal. Auch, nachdem
das Opfer bereits am Boden lag, soll der Trupp weiter auf den Mann eingeschlagen haben. Seiner Freundin gelang es, die Polizei zu rufen, die nur wenige Minuten später die Gruppe dingfest machen konnte.
Laut
Aussage der Freundin des Opfers soll es sich bei den Angreifern um eine
Gruppe Neonazis gehandelt haben. Diese seien nicht nur äußerlich an
ihren Glatzen und Springerstiefeln zu erkennen gewesen, sie hätten auch
ausländerfeindliche Parolen skandiert. Dies bestätigt mittlerweile auch
die Polizei, laut deren Aussage zumindest zwei Personen bereits
„rechtsmotiviert polizeilich bekannt“ seien.
Zusammen mit einem
weiteren mutmaßlichen Angreifer sitzen die beiden Männer derzeit in der
JVA Dessau-Rosslau. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hatte Haftbefehl
erlassen, nun wird gegen die drei Personen wegen Verdachts auf
versuchten Totschlag und gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
Der
Geschädigte liegt derweil mit lebensgefährlichen Verletzungen auf der
Intensivstation des Universitätsklinikums in Halle, er musste in ein
künstliches Koma versetzt werden. Wie der Bruder des Opfers der
Mitteldeutschen Zeitung mitteilte, hätte der 34-Jährige durch die
mutmaßliche Neonazi-Attacke einen Schädelbruch erlitten. Voraussichtlich
wird das Opfer bleibende Hirnschäden behalten.
„Der Angriff in
Bernburg zeigt, dass rechte Gewalt in Sachsen-Anhalt ein dauerhaftes
Problem ist. Für Entwarnung gibt es keinen Anlass, erklärte Sebastian Striegel,
innenpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion. „Menschen, die
nicht in ein neonazistisches Weltbild passen, sind Tag für Tag
rassistischen, antisemitischen und menschenfeindlichen Beleidigungen und
Angriffen ausgesetzt“, so der Abgeordnete weiter. Gleichzeitig fordert
die Fraktion, dass das Landesprogramm für Demokratie auf drei Millionen
Euro aufgestockt werde.
Mitteldeutsche Zeitung: Türkischstämmiger Imbissbetreiber schwer
Am Bahnhof in Bernburg wurde ein 34-jähriger Imbissbesitzer von betrunkenen Männern schwer verletzt. Der Besitzer war beim Schließen der Bahnhofshalle mit der Gruppe in Streit geraten.
Ein seit 13 Jahren in Bernburg lebender Türke ist am Samstagabend auf dem Bernburger Bahnhof bei einer Auseinandersetzung mit neun Männern schwer verletzt worden. Der 34-jährige Betreiber des dortigen Schnellrestaurants „Alibaba“ liegt derzeit auf der Intensivstation der Uniklinik Halle im künstlichen Koma. Der Gastronom war gegen 21.30 Uhr von neun alkoholisierten Männern zunächst verbal, dann körperlich attackiert worden, als er gerade mit seiner Freundin den Imbiss abschließen wollte.
Der jungen Frau gelang es noch, per Handy die Polizei zu alarmieren, die zwei Minuten später auf dem Bahnhof eintraf. Die Beamten konnten neun Tatverdächtige - alle jünger als 30 Jahre - vorläufig festnehmen. Sie wurden nach Magdeburg gebracht und im Verlaufe des Sonntages von der Polizei vernommen. Inzwischen hat auch der Staatsschutz wegen des möglicherweise fremdenfeindlich motivierten Übergriffs Ermittlungen eingeleitet.
Dass die neunköpfige Gruppe der rechten Szene zuzuordnen ist, sei nicht nur an ihrem Äußeren - Glatzköpfe und Bomberjacken - erkennbar gewesen, sagte die Freundin des Opfers am Sonntag der MZ. Sie hätten auch ausländerfeindliche Parolen gerufen. Die alkoholisierten Angreifer seien aus der Stadt gekommen und hätten einen Bierkasten bei sich getragen, ehe sie angefangen hätten, sie grundlos zu beschimpfen.
Der ältere Bruder des Opfers, der in Bernburg ebenfalls ein Schnellrestaurant betreibt, brachte am Sonntag keine guten Nachrichten aus dem Krankenhaus. Sein Bruder habe bei der Attacke einen Schädelbruch erlitten und sei gegen 2 Uhr notoperiert worden. Um sein Gehirn zu schonen, sei er ins künstliche Koma versetzt worden. „Nach Auskunft der Ärzte wird er bleibende Hirnschäden behalten“, sagte er am Sonntag gegenüber der MZ. Ihre in der Türkei lebenden Eltern - beide über 70 Jahre alt - habe er bislang die Schreckensnachricht noch nicht überbracht. Und das wolle er auch erst, wenn sein jüngerer Bruder wieder ansprechbar ist. Für ihn stehe fest, dass der Bernburger Bahnhof ein gefährliches Pflaster ist. „Dort ist eine Kameraüberwachung oder ein Wachschutz notwendig.“
Der Imbiss dort bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Wann und ob er wieder öffnen wird, ist angesichts des kritischen Gesundheitszustandes seines 34-jährigen Betreibers offen. Er hatte das Schnellrestaurant erst im vergangenen Monat von einem seiner Brüder übernommen.