[S] Demobericht: Solidarität mit dem Widerstand in der Türkei

Beginn der Demo

Solidaritätsdemonstration mit dem Widerstand in der Türkei +++ Kundgebung von BrasilianerInnen gegen Polizeigewalt +++ gemeinsame Kundgebung mit etwa 500 TeilnehmerInnen auf dem Marktplatz +++ Verzicht auf planmäßige Weiterführung der Demonstration und gemeinsamer Abschluss mit den BrasilianerInnen

 

Her yer Taksim....

 

Seit dem 28. Mai kämpfen in der Türkei tausende AKtivistinnen und Aktivisten aus verschiedenen politischen Spektren gegen die türkische Regierung und die dort herrschenden Verhältnisse. Was mit dem, vor allem von Umweltschützerinnen und Umweltschützern begonnenen, Protest gegen ein profitträchtiges Bauvorhaben im Istanbuler-Gezi-Park begann, rüttelt heute an den Grundfesten der türkischen Gesellschaft. Arbeiterinnen und Arbeiter, Studentinnen und Studenten, Teile der kurdischen Befreiungsbewegung, Straßenkinder, nationalistische Oppositionelle und Alternative kämpfen Seite an Seite mit linken, kommunistischen und revolutionären Kräften gegen die autoritäre und neoliberale Politik der AKP - und für eine demokratischere, offenere Gesellschaft. Der Funke, der sich in Istanbul entzündet hat, ist inzwischen auf über 70 Städte in der ganzen Türkei übergesprungen. Massendemonstrationen, Solidaritätsstreiks und Besetzungen sorgen im ganzen Land für Aufruhr und immer wieder versuchen Menschen in Istanbul auf den von der Polizei geräumten Taksim-Platz zu gelangen.

 

 

...her yer Direniş!

 

Für Samstag, den 22. Juni hatte daher relativ kurzfristig ein lokales Bündnis aus migrantischen Organisationen, der Partei DIE LINKE, revolutionären und internationalistischen Gruppen, sowie Teilen der Gewerkschaft ver.di zu einer Solidaritätsdemonstration mit dem Widerstand in der Türkei aufgerufen. Dass unter anderem der Verein Brasilianischer Kulturen Stuttgart e.V. zu einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Marktplatz gegen Polizeigewalt aufgerufen hatte, wurde zu kurzfristig bekannt, als dass man die beiden Versammlungen im Vorfeld zusammen bringen konnte. Dennoch sollte die Demoroute am Marktplatz vorbei gehen, und dort eine Zwischenkundgebung abgehalten werden.

 

Ab 14.00 Uhr versammelten sich knapp 250 TeilnehmerInnen in der Lautenschlagerstraße zur Auftaktkundgebung. Von dort aus wurden u.a. solidarische Grüße an die DemonstrantInnen in Köln, zu der der Alevitische Kulturverein aufgerufen hatte und zu der auch mindestens zehn Busse aus Stuttgart gefahren waren, gesendet und eine Rede der Plattform der Einheit der demokratischen Kräfte - in der sich verschiedene migrantische Organisationen zusammengeschlossen haben - gehalten.

Gegen 14.45 begann die Demonstration mit lauten Parolen in türkisch und deutsch, vielen roten Fahnen, Schildern und Transparenten. An der Ecke zur Königstraße, der größten Einkaufsstraße in Stuttgart wurde eine kurze Zwischenkundgebung abgehalten und Flyer verteilt was auf positive Resonanz bei den PassantInnen stieß.

 

 

El pueblo unido...

 

Als sich die Demonstration dem Marktplatz näherte, wurden die dort anwesenden etwa 300 BrasilanierInnen mit "El pueblo unido, jamás será vencido" lautstark gegrüßt. Die erste Rede wurde vom Arbeitskreis Internationalismus Stuttgart gehalten, in der die Notwenigkeit von Solidarität mit den Kämpfen in anderen Ländern mit der Entwicklung eigener Klassenkämpfe hier in der BRD verknüpft wurde. Anschließend hielten zwei Brasilianer eine Rede in der es um die aktuelle Situation in Brasilien ging und riefen danach dazu auf, gemeinsam zu tanzen. So wurde gemeinsam Halay und auf brasilianische Trommelmusik getanzt.

Nachdem auch die Leute, die sich auf dem Ratschlag gegen Stuttgart21 befunden hatten, das Rathaus verließen und sich der Kundgebung anschlossen und ein Grußwort hielten, wurde beschlossen die zwei Kundgebungen zusammenzuführen und nicht wie geplant die Demonstration auf dem Karlsplatz, ein paar hundert Meter weiter, zu beenden.

 

 

... jamás será vencido!

 

Auch wenn an der Demonstration - u.a. aufgrund der Großkundgebung in Köln - verhältnismäßig wenig TeilnehmerInnen anwesend waren, war sie dennoch ein wichtiger Schritt. Eine am Freitag statt gefundene Mobilisierungsveranstaltung, in der drei AktivistInnen von ihren Erfahrungen während der Protesten in der Türkei berichteten und über die Perspektiven der dortigen Bewegung diskutiert wurde, ist mit mehr als 80 TeilnehmerInnen trotz der sehr kurzfristigen Mobilisierung ebenfalls als Erfolg zu bewerten.

 

Mit der Demonstration wurde ein erster Schritt gemacht, die Solidarität mit den Menschen in Brasilien und der Türkei, die beide gegen die dort herrschenden Verhältnisse auf die Straße gehen, zumindest in Ansätzen zusammenzuführen. Auch war das Spektrum aus der deutschen Linken breiter als bei den vergangenen Aktivitäten - von Stuttgart21 GegnerInnen bis hin zu KommunistInnen waren verschiedenste Spektren anwesend. Die internationalistische Kundgebung auf dem Marktplatz, bei der KurdInnen, TürkInnen, BrasilianerInnen und Deutsche gemeinsam Parolen skandierten, Reden in unterschiedlichen Sprachen gehalten und zusammen zu internationaler Musik getanzt wurde, war ein kleiner Schritt, die verschiedenen Kämpfe zusammen zuführen. Daran gilt es zukünftig anzuknüpfen - denn gerade der internationalistische Kampf erfordert die Zusammenarbeit verschiedener linker Kräfte und ein gemeinsames Handeln.

 

Manche Erscheinungen, die sich durch die heterogene Zusammensetzung derjenigen, die die Proteste in Brasilien und der Türkei mittragen, ergeben, dürfen die revolutionäre Linke nicht von der eigenen Beteiligung abhalten. Wenn in der Türkei z.T. mit dem Porträt von Staatsgründer Attatürk gegen die Staatsgewalt oder in Brasilien u.a. in Trikots der Fußballnationalmannschaft gegen die hohen Kosten der WM demonstriert wird, so offenbart sich darin letztlich nur eine Unreife, die jeder spontanen Bewegung innewohnt. Genauso wenig wie die Verklärung der Proteste zu einer unmittelbar revolutionären Situation, bringt distanzierte, besserwisserische Kritik die Bewegungen weiter. Nur eine Linke, die aktiver Teil der Bewegung auf der Straße ist, kann dieser zu Kontinuität und einer langfristigen Perspektive verhelfen.

Es gilt daher von den erfolgreichen Versuchen linker Intervention zu lernen und zu versuchen, die Erfahrungen die in anderen Ländern diesbezüglich gemacht werden in die eigene Praxis zu integrieren.

 

Dies wird in den kommenden Jahren für die deutsche Linke auch wichtig sein. Denn nicht nur in der Türkei oder aktuell in Brasilien - weltweit erkennen Menschen die Widersprüche zwischen der kapitalistischen Logik und ihren Bedürfnissen und werden immer mehr Menschen gegen die herrschenden Eliten aufbegehren, von denen sie weltweit nach eben dieser Logik unterdrückt werden. Daher müssen wir uns besser vernetzten, in die Lage kommen auch kurzfristig und zeitnah Aktivitäten zu organisieren und uns vor allem organisieren um den Kapitalismus dahin zu befördern wohin er schon längst hingehört - auf den Müllhaufen der Geschichte!

 

In dem Sinne: Internationale Solidarität aufbauen - Kapitalismus zerschlagen!

Für den Kommunismus


Revolutionäre Aktion Stuttgart

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Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht aus Stuttgart. Ich war am 22.06. in Köln dabei und bin in meiner Analyse der deutschen Linken in den letzten Wochen dann doch noch etwas deutlicher geworden als du. :-) 

 

Hier mein Bericht über OccupyGezi-Soli-Proteste in Deutschland und die Beteiligung der deutschen Linken: 

http://victoryviktoria.wordpress.com/2013/06/23/direncologne-occupygezi-und-der-deutsche-widerstand/

Na da weigern sich doch welche kontinuierlich, ihre objektiv von der RAS erkannte Stellung als revolutionäre Proletarier einzunehmen. Warum? - "unreifes Bewusstsein", also muss man ein bißchen die Kämpfe, bei denen außer der Tatsache, dass sie Kämpfe sind, überhaupt nicht interessiert, um was es geht oder was deren Zweck ist, unterstützen und entfachen, dann werden die Ausgebeuteten schon merken dass sie von diesem System nichts haben. - Auch eine Weise, Leute in dem was sie wollen, nicht ernstzunehmen: man schiebt ihnen einfach ein objektives Interesse unter was sie 'eigentlich' haben müssten, und weil es sich in der Realität immer nicht einstellt, ist es der revolutionären Avantgarde dann ein einziges Rätsel, wie gute Arbeiter Nationalisten sein können. Bloß nicht die Leute nach ihren Gründen fragen!