Gegen frankistische Straffreiheit

Gegen frankistische Straffreiheit

Ein breites Spektrum von Organisationen hat in Bilbo eine Demonstration gegen die Straffreiheit der Verbrechen des spanischen Faschismus durchgeführt. Es hätten mehr Teilnehmer/innen sein können als die ca. 700 Anwesenden, doch darf es als Erfolg betrachtet werden, dass die Plattformen “Lau Haizetara Gogoan“ und “Für die argentinische Klage“ so viele Organisationen hinter sich bringen konnten, die sonst eher neben- als miteinander agieren: Gewerkschaften, Parteien und Erinnerungs-Gruppen, sowohl baskisch-abertzale wie im spanischen Spektrum aktive. Auch aus Kantabrien und Asturien waren Vertreter/innen präsent.

 

Diese breite Bewegung entstand aus der späten Erkenntnis, dass die Straffreiheit des Frankismus ein Hindernis darstellt auf dem Weg zur Aufarbeitung und Überwindung der diktatorischen Vergangenheit: noch immer ist das Schicksal Zehntausender Opfer der Diktatur unklar, in Massengräbern liegen über den Staat verteilt noch mehr als Hunderttausend Republikaner/innen und Linksverdächtige, nach dem Krieg erschossen, die exhumiert werden müssen.


Beim Übergang von der Diktatur zu einem demokratischen System hatten sich die gewendeten Faschisten 1977 eine Amnestie zugestanden. Breite Kreise bis hin zur spanischen KP hatten dem zugestimmt, angesichts der Drohung faschistischer Kreise mit einem neuen militärischen Eingreifen, verbale Nachbeben dieser Drohung sind bis heute zu spüren. Die KP hatte sich mit ihrer Zustimmung zur Amnestie die Legalisierung erkauft. Nun stehen die Organisationen aus diesem ideologischen Sektor auf der Seite der Kritiker/innen, weil sie eingesehen haben, dass ein Schlussstrich unter das Kapitel Diktatur auch nach 37 Jahren nicht möglich ist, nachdem sich alle spanischen Folge-Regierungen geweigert haben, die faschistischen Verbrechen zu verurteilen und den Opfern moralische Anerkennung, materielle Entschädigung zu gewähren, und zum Beispiel die Urteile der faschistischen Justiz aufzuheben.

Rückhalt erfährt die Bewegung durch internationale Institutionen. Die Menschenrechts-Konvention der UNO – ratifiziert auch vom spanischen Staat – sieht es als unmöglich an, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unverfolgt zu lassen. In verschiedenen Ländern Lateinamerikas führte das schließlich zum Erfolg und zur Verurteilung der Verbrecher: erst kürzlich starb der argentinische General Videla im Gefängnis, in Uruguay, Brasilien, Guatemala, Argentinien sind ähnliche Prozesse erfolgt bzw. im Gang. Der chilenische Diktator Pinochet wurde auf europäische Initiative zur Rechenschaft gezogen, mit derselben internationalen Rechtssprechung, die die baskischen und spanischen Organisationen nun für ihre republikanische Vergangenheit fordern. Daraus folgte die Umkehrung der Pinochet-Linie. In diesem Fall ist es eine argentinische Richterin, die im Fall der Franco-Diktatur die Anwendung der internationalen MR-Konvention einfordert (Baskinfo berichtete mehrfach). Der spanische Staat stellt sich jedoch stur, Zeichen dafür, dass die faschistische Vergangenheit nie aufgearbeitet wurde. Rechte Politiker/innen beziehen sich bis heute positiv auf Franco. Selbst in Deutschland werden solche Aussagen verfolgt und dem neonazistischen Spektrum zugeordnet.

Die baskische Linke in ihrer institutionellen Form tut sich allerdings schwer mit so vielen Republik-Verteidiger/innen in der Memoria-Bewegung, denn diese Republik (die dem Baskenland nach Kriegsbeginn 1936 das erste Autonomie-Statut zuerkannte) hatte im Baskenland auch repressive Funktion, weil auch sie vom Mythos der Unteilbarkeit der “spanischen Nation“ ausging.

In den kommenden Wochen wird eine Delegation von “hochrangigen“ baskischen, katalanischen und spanischen Politiker/innen nach Buenos Aires aufbrechen, zusammen mit Nachkommen der Opfer des spanischen Faschismus, die in Argentinien als Kläger/innen auftreten wollen, um die in Madrid verhinderte Anhörung durch die argentisische Richterin nachzuholen.

Fotoserie von der Demonstration in Bilbo:

www.flickr.com/photos/txeng/sets/72157634141888553/show/

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"Linksverdächtige" ist ein übler Begriff.

Wenn ihr den schon benutzt, dann bitte sagen woher der Begriff kommt.

Es heißt Franquismus, nicht Frankismus.