Ein abschließender, polemischer Kommentar zur Re(d)aktion Bahamas und ihrem Abschied von der Emanzipation der einen Menschheit.
Um das Jahr 2000 verabschiedete sich die, 1992 entstandene, Zirkulatur Bahamas von der Selbstverortung in "der" Linken, was - so strittig und identitär-abgrenzungs-bedürftig es auch klingt - durchaus sein Recht hat und diskutierbar sein sollte. So schrieb Jan Gerber in dem lesenwerten Artikel "Die Partei des Glücks", 2009 (Bahamas Nr. 57) :
"200 Jahre Staatskult, 150 Jahre Lassalle, 100 Jahre »Partei neuen Typs« und 90 Jahre »Selbstbestimmungsrecht der Völker«
legen nahe: Die Linke ist ein Verein von Staats-, Volks- und Vaterlandsliebhabern.
Im Wettkampf um die Frage »Was ist links?« hat Alexandra Kollontai gegen Lenin, Paul Merker gegen Walter Ulbricht und Theodor W. Adorno gegen Jürgen Habermas verloren. "
Und im selben Text:
"Bei der Frage »Was ist links?« siegt ganz positivistisch die normative Kraft des Faktischen über die Eigentlichkeitsrhetorik der Lordsiegelwahrer des Begriffs »die Linke«. "
Andere wiederum meinten die Bahamas gehöre zu recht nicht mehr zur Linken und habe mit dieser (identitären?) Entscheidung, aus den falschen Gründen, das richtige getan. Was in anbetracht mancher Texte der "Inselbabaren" (Antideutsche Assoziation Dresden) auch damals schon sein Recht hatte. Mindestens ebenso sehr wie die weiterhin notwendige Diskussion über die guten Artikel aus der Geschichte von 21 Jahren Bahamas. (1)
Mit ihrem von Anfang an, provokativen Auftreten sorgte die Zirkulatur für allerlei Kontroversen und (teils notwendigen) Debatten innerhalb "der" Linken, auf die sie sich, trotzallem, nachwievor bezieht.
Mit "Wer braucht schon Freude?"
wirbt die Junge World, dabei passt dieser Slogan viel besser
zur Bahamas.
Spätestens ab den sog. Nuller-Jahren muss man nur den Namen der Zirkulatur oder ihres (von außen oft als "Chefredakteur" imaginierten) bekanntesten Autors (Justus Wertmüller) laut aussprechen und man ist sich in 99% aller linken Räumen den Blicken der Mehrheit im Raum, sicher.
Dabei wissen die meisten Linken kaum bis gar nichts über ihr Hassobjekt. Man weiß sie ist "irgendwie böse", hat wohl den Irakkrieg 2003 unterstützt, fordert "bedingungslose" Solidarität mit Israel und beschimpft alles als "antisemitisch" was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
"Antideutsche sind keine Linken!" bleibt die einzige Parole die Bahamas-Antideutsche und Linke in trauter Eintracht, brüllen können.
Begriffe auf die sich die Bahamas immer wohlwohllender bezog sind: Aufklärung, Zivilisation, "der Westen", Glück und - kein Klischee - die USA.
Demenstprechend negativ konnotiert sind bei ihr vorallem jene Begriffe: Babarei, Islam (wahlweise auch Islamismus und "Islam-Faschismus"), Gegenaufklärung, Aufklärungsverrat, Lust-/Zivilisations-Feindschaft, Rackettum und antiwestlich meist synonym für antiamerikanisch/antizionistisch.
Beliebte Vorwürfe aus der linken Ecke sind daher:
rassistisch, sexistisch, pro-kapitalistisch, imperialistisch, bellizistisch, chauvinistisch, philosemitisch und (bei meist etwas theorie-fixierteren Linken) antisemitisch.
Daraus resultierend nannten sich BahamitInnen und ihr Umfeld selbstironisch manchmal "bellizistisch" und konnotierten auch die Begriffe "Antirassismus" und "Antisexismus" negativ.
Eine konkrete Ausseinandersetzung über Recht und Unrecht dieser Vorwürfe lasse ich hier weg, da sie sich am Gegenstand, also an etlichen, ellenlangen Texten orientieren müsste und meine Dokotorarbeit steht erst in vielen, vielen Jahren an und wird sicherlich nicht über die (dann vielleicht schon aufgelöste) Bahamas gehen.
Dann kurz vor dem Bahamas-Kongress
2009 der für Freunde und Feinde überraschende turn, der Abschied
von den liebgewonnen Labeln:
antideutsch, kommunistisch und israelsolidarisch. (2)
Die Begründungen dafür fallen eher schwach aus und mit "israelsolidarisch" und vorallem "antideutsch" wird die Bahamas, von den meisten, nachwievor assoziert.
Alle Distinktionsbemühungen zum Trotz, die Bahamas gilt den meisten Linken als "Speerspitze" der Antideutschen.
Nur "kommunistisch" nennt kaum jemand die Bahamas noch und selbst ihre Leser_innen definieren sich äußerst selten so.
Im selben Jahr benahm sich die Redaktion dann wieder komisch:
In Hamburg verhinderten Aktivist_innen aus dem Umfeld des sog. "Internationalen Zententrums“ B5 den Film „Warum Israel“ des jüdischen Regisseuers Claude Lanzmann. Der Vorfall sorgte bundesweit für Aufsehen. Ein Teil der Hamburger Linken organisierte daraufhin ein „Bündnis gegen Hamburger Unzumutbarkeiten“ zeigte den Film mehrfach und organisierte am 13.12.2009. eine Demonstration unter dem sympatischen Titel „Antisemitische Schläger unmöglich machen – auch Linke!“. Ein Ereignis, dass die Bahamas erfreut, müsste man meinen, schließlich wurde nicht nur mit Israel- und sogar USA-Fahnen gegen das antisemitische Hamburger Racket demonstriert, auch die Beteiligung der Linken am Antisemitismus wurde klar benannt. Falsch gedacht:
Sie beteiligte sich nicht daran, im Gegenteil: sie betrieb Demobilisierungs-Arbeit und forderte dazu auf der Demonstration fern zu bleiben.
Auf der eigenen Homepage echauffierte man sich, Menschen und Gruppen „die der Redaktion freundschaftlich verbunden sind“ hätten den Aufruf zur Demo unterschrieben und sollten die Unterschrift sofort zurück ziehen. (3)
Statt praktisch gegen den linken Antisemitismus vorzugehen sorgte man sich lieber um das eigene Ansehen, welches ja schaden nehmen könnte wenn man mit bösen Linken in einem Boot säße.
So machte die Bahamas lieber eine befindlichkeits-orientierte Veranstaltung und erklärte lang und breit warum man bei der Demo nicht mit machen dürfe und spielte so praktisch den Antiimps aus dem B5 in die Hände. Lars Quadfasel hat recht: „Antisemiten keinen Triumph verschaffen“ sieht anders aus. (4)
Im Sommer letzten Jahres erlebte die Bahamas, in meinen Augen, eine (wie zu befürchten ist, letzte) kleine Blütephase, mit dem inoffizellen Reader zum Kongress 2012, der Ausgabe Nr. 64 mit dem treffenden Titel: "Der Judenhass von Nebenan."
Wunderbar ideologiekritisch ging es zur Sache, u.a. mit Beiträgen zur Kritik des Antisemitismus, der Reflexion über die Sinnhaftigkeit von praktischer Israelsolidarität und der Aktualität "Kritischer Theorie" (nach Adorno) heute.
In dieser Ausgabe war - was selten vorkommt - fast jeder Artikel wirklich lesenswert.
Adorno auf dem Cover hin oder her, die
Nr. 65 war eine herbe Enttäuschung, fast nur Ramsch-Artikel, einzig
Klaues Beitrag zum Phänomen "Pussy Riot" war ganz
interessant. (Vielleicht hat man das eigene Cover auch zu ernst
genommen und Adorno symbolisch tatsächlich geknebelt und ihm so den
kritischen Gehalt genommen.)
Vor gut zwei Wochen kam die aktuelle
Ausgabe raus.
Inhaltlich: der absolute Tiefpunkt.
Alleine zwei Artikel streiten für das Menschenrecht aufs "Neger-sagen-dürfen" (was auch mit afrikanisch klingendem Pseudonym nicht besser wird), ein unter türkisch-klingendem Pseudonym verfasster Artikel schwadroniert, in einem Jargon der leider arg an PI-News erinnert, übers "Türkentum". Natürlich gibt es auch noch einen Seitenhieb gegen die Wiener Ex-Genossen. (5)
Nur wenige Artikel sind wirklich lesenswert, so z.b. Magnus Klaue übers Wohnen im Spätkapitalismus.
Das endgültig selbstzweckhafte Distinktionsbedürfnis zeigt sich im Editorial der Nr. 66: lang und breit erklärt man, warum man "Extrablatt" und "Prodomo" nicht mehr bewerben will. Selbstzweckhaft deshalb, weil man mit genannten Gründen die beiden Zeitschriften auch schon vor Jahren aus dem Anzeigenteil hätte raus werfen können, denn in allem einig waren sich diese drei Zeitschriften noch nie.
So verkündet die Redaktion auch stolz: in der Bahamas "herrscht kein Meinungspluralismus".
So autoritär geht es zu bei den Ex-MaoistInnen. Der Hass auf bösen Meinungspluralismus zieht sich anscheinend als negative Linie durch die Bahamas Geschichte, eine üble, nie überwundene Marotte aus der K-Gruppen-Zeit.
Fast so übel, wie die ebenfalls nie überwundene Liebe zu großen Staatsmännern.
Wir erinnern uns, viele K-Gruppen verteidigten Franz Josef Strauß.
Jahre später verteidgten, zumteil die selben Leute, Georg W. Bush.
"Bahamas vs. Germany"
stand vor Jahren auf einem Tshirt, welches man bis heute bei einem
"hardcore-antideutschen" Mailorder erwerben kann.
Dieser Slogan ist komplett veraltet.
Deutschland sieht man bei der Bahamas inzwischen als Teil des guten Westens, auf die postnazistische Formation BRD lässt man nichts kommen und so gibt es dort auch keine Kritik an der deutschen Dominanz im Euro-Raum und dem immer selbstbewusster-werdenden militärischen Auftreten Deutschlands, weltweit.
Antideutsche der Neunziger Jahre, auch die Bahamas, warnten vor einem "4. Reich" oder zumindest einer erneuten deutschen Hegemonie. Die Berliner Gruppe "never going home" konstatiert in der "Phase 2" Nr. 44 (Herbst 2012) die "damaligen Befürchtungen" hätten sich "bewahrheitet", "wenn auch in anderer Form als angenommen". Wo NGH recht hat, hat NGH recht.
Leider scheint dieser fatale Umstand so gut wie keiner (antideutschen) Politgruppe auszufallen - dieser Kritikpunkt geht also nicht nur an die Redaktion Bahamas, die sich einst hellsichtig gegenüber der deutschen Geschichte zeigte.
Eine "Phase 2"-Ausgabe später konkretisierte die Hamburger Gruppe "sous la plage", in ihrem Artikel über die "Antikapitalistischen Massen und ihre Kader" wie eine antideutsche Kritik und Praxis, auf Höhe der Zeit, auszusehen hat:
Zunehmende Theoriearbeit, "Maulwurfsarbeit" an der linken Geschichte und notfalls handfeste Konfrontation mit dem deutschen Mob, wenn dieser sich wieder zusammenrottet um Synagogen und Sammelunterkünfte für Geflüchtete, anzugreifen!
Die Bahamas dagegen sollte sich
ehrlicherweise lieber in "Reaktion Bahamas"
umbennen, denn sie lebt immer offener ihre Ressentiments aus, leider.
Von Solidarität mit den "Verdammten dieser Erde", keine Spur.
Kritik im Sinne der Emanziaption der einen Menschheit, also der "klassen- und staaten-losen Weltgesellschaft" (ISF), namentlich des Kommunismus? Fehlanzeige!
Die Bahamas betreibt größtenteils nur noch intellektuelle Elendsverwaltung, im Sinne der Verteidigung und nicht der Abschaffung der "Herrschaft der falschen Freiheit" (umsGanze!). Diese Erkenntnis ist bitterer als ein abgestandenes Sternburg.
Dennoch danke ich der Bahamas für die wunderbaren Wortschöpfungen "Kiezmiliz" und "Antisemitische Internationale" (wobei ich diesen Begriff anders definiere als Wertmüller).
Damit schließe ich meinen Kommentar zu einem Phänomen (unter vielen), der antideutschen Geschichte und habe nur noch eines zu sagen. (6)
Es bleibt dabei:
Nie wieder Deutschland!
Solidarität mit Israel!
Für den Kommunismus!!!
(1) Eine kleine Auswahl: "Für
Israel - gegen die palästinänsische Konterrevolution" (2001,
Nr. 35), "Lautsprecher der Mehrheit" (2005, Nr. 46), "Sie
waren die Guten." (2007, Nr. 54), "Aus Freude angepasst"
(2012, Nr.64) - Kenner_innen wird auffallen, dass ich mehrfach Texte
von Jan Gerber gennant habe, so stellt er zusammen mit Magnus Klaue
den wohl besten Bahamas-Autor da - was nicht heißt, dass die beiden
nicht auch ab und an Käse verfasst hätten.
(2) "Ideologiekritisch und sonst
nichts " (Bahamas Nr. 57, 2009)
(3) http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/Veranst-30-11-09.html
(4) Aus dem Vortrag von Lars Quadfasel, "Eptaph auf die antideutsche Bewegung", Bremen Herbst 2010, im Rahmen der Konferenz "Auf einer Skala von 1 bis 10 - Wie scheiße ist Deutschland?"
(5) Gerhard Scheit und Manfred
Dahlmann, welche nun die wunderbare "Sans Phrase" heraus
geben.
(6) Ich weiß mein Kommentar ist
teilweise sehr polemisch ausgefallen, doch die Redaktion Bahamas
dürfte das am wenigsten stören und die meisten Linken, noch
weniger.
Die Verwirrten dieser Erde. (Version 2.0) - Ein abschließender,
Um das Jahr 2000 verabschiedete sich die, 1992 entstandene, Zirkulatur Bahamas von der Selbstverortung in "der" Linken, was - so strittig und identitär-abgrenzungs-bedürftig es auch klingt - durchaus sein Recht hat und diskutierbar sein sollte. So schrieb Jan Gerber in dem lesenwerten Artikel "Die Partei des Glücks", 2009 (Bahamas Nr. 57) :
"200 Jahre Staatskult, 150 Jahre Lassalle, 100 Jahre »Partei neuen Typs« und 90 Jahre »Selbstbestimmungsrecht der Völker«
legen nahe: Die Linke ist ein Verein von Staats-, Volks- und Vaterlandsliebhabern.
Im Wettkampf um die Frage »Was ist links?« hat Alexandra Kollontai gegen Lenin, Paul Merker gegen Walter Ulbricht und Theodor W. Adorno gegen Jürgen Habermas verloren. "
Und im selben Text:
"Bei der Frage »Was ist links?« siegt ganz positivistisch die normative Kraft des Faktischen über die Eigentlichkeitsrhetorik der Lordsiegelwahrer des Begriffs »die Linke«. "
Andere wiederum meinten die Bahamas gehöre zu recht nicht mehr zur Linken und habe mit dieser (identitären?) Entscheidung, aus den falschen Gründen, das richtige getan. Was in anbetracht mancher Texte der "Inselbabaren" (Antideutsche Assoziation Dresden) auch damals schon sein Recht hatte. Mindestens ebenso sehr wie die weiterhin notwendige Diskussion über die guten Artikel aus der Geschichte von 21 Jahren Bahamas. (1)
Mit ihrem von Anfang an, provokativen Auftreten sorgte die Zirkulatur für allerlei Kontroversen und (teils notwendigen) Debatten innerhalb "der" Linken, auf die sie sich, trotzallem, nachwievor bezieht.
Mit "Wer braucht schon Freude?" wirbt die Junge World, dabei passt dieser Slogan viel besser zur Bahamas.
Spätestens ab den sog. Nuller-Jahren muss man nur den Namen der Zirkulatur oder ihres (von außen oft als "Chefredakteur" imaginierten) bekanntesten Autors (Justus Wertmüller) laut aussprechen und man ist sich in 99% aller linken Räumen den Blicken der Mehrheit im Raum, sicher.
Dabei wissen die meisten Linken kaum bis gar nichts über ihr Hassobjekt. Man weiß sie ist "irgendwie böse", hat wohl den Irakkrieg 2003 unterstützt, fordert "bedingungslose" Solidarität mit Israel und beschimpft alles als "antisemitisch" was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
"Antideutsche sind keine Linken!" bleibt die einzige Parole die Bahamas-Antideutsche und Linke in trauter Eintracht, brüllen können.
Begriffe auf die sich die Bahamas immer wohlwohllender bezog sind: Aufklärung, Zivilisation, "der Westen", Glück und - kein Klischee - die USA.
Demenstprechend negativ konnotiert sind bei ihr vorallem jene Begriffe: Babarei, Islam (wahlweise auch Islamismus und "Islam-Faschismus"), Gegenaufklärung, Aufklärungsverrat, Lust-/Zivilisations-Feindschaft, Rackettum und antiwestlich meist synonym für antiamerikanisch/antizionistisch.
Beliebte Vorwürfe aus der linken Ecke sind daher:
rassistisch, sexistisch, pro-kapitalistisch, imperialistisch, bellizistisch, chauvinistisch, philosemitisch und (bei meist etwas theorie-fixierteren Linken) antisemitisch.
Daraus resultierend nannten sich BahamitInnen und ihr Umfeld selbstironisch manchmal "bellizistisch" und konnotierten auch die Begriffe "Antirassismus" und "Antisexismus" negativ.
Eine konkrete Ausseinandersetzung über Recht und Unrecht dieser Vorwürfe lasse ich hier weg, da sie sich am Gegenstand, also an etlichen, ellenlangen Texten orientieren müsste und meine Dokotorarbeit steht erst in vielen, vielen Jahren an und wird sicherlich nicht über die (dann vielleicht schon aufgelöste) Bahamas gehen.
Dann kurz vor dem Bahamas-Kongress 2009 der für Freunde und Feinde überraschende turn, der Abschied von den liebgewonnen Labeln:
antideutsch, kommunistisch und israelsolidarisch. (2)
Die Begründungen dafür fallen eher schwach aus und mit "israelsolidarisch" und vorallem "antideutsch" wird die Bahamas, von den meisten, nachwievor assoziert.
Alle Distinktionsbemühungen zum Trotz, die Bahamas gilt den meisten Linken als "Speerspitze" der Antideutschen.
Nur "kommunistisch" nennt kaum jemand die Bahamas noch und selbst ihre Leser_innen definieren sich äußerst selten so.
Im selben Jahr benahm sich die Redaktion dann wieder komisch:
In Hamburg verhinderten Aktivist_innen aus dem Umfeld des sog. "Internationalen Zententrums“ B5 den Film „Warum Israel“ des jüdischen Regisseuers Claude Lanzmann. Der Vorfall sorgte bundesweit für Aufsehen. Ein Teil der Hamburger Linken organisierte daraufhin ein „Bündnis gegen Hamburger Unzumutbarkeiten“ zeigte den Film mehrfach und organisierte am 13.12.2009. eine Demonstration unter dem sympatischen Titel „Antisemitische Schläger unmöglich machen – auch Linke!“. Ein Ereignis, dass die Bahamas erfreut, müsste man meinen, schließlich wurde nicht nur mit Israel- und sogar USA-Fahnen gegen das antisemitische Hamburger Racket demonstriert, auch die Beteiligung der Linken am Antisemitismus wurde klar benannt. Falsch gedacht:
Sie beteiligte sich nicht daran, im Gegenteil: sie betrieb Demobilisierungs-Arbeit und forderte dazu auf der Demonstration fern zu bleiben.
Auf der eigenen Homepage echauffierte man sich, Menschen und Gruppen „die der Redaktion freundschaftlich verbunden sind“ hätten den Aufruf zur Demo unterschrieben und sollten die Unterschrift sofort zurück ziehen. (3)
Statt praktisch gegen den linken Antisemitismus vorzugehen sorgte man sich lieber um das eigene Ansehen, welches ja schaden nehmen könnte wenn man mit bösen Linken in einem Boot säße.
So machte die Bahamas lieber eine befindlichkeits-orientierte Veranstaltung und erklärte lang und breit warum man bei der Demo nicht mit machen dürfe und spielte so praktisch den Antiimps aus dem B5 in die Hände. Lars Quadfasel hat recht: „Antisemiten keinen Triumph verschaffen“ sieht anders aus. (4)
Im Sommer letzten Jahres erlebte die Bahamas, in meinen Augen, eine (wie zu befürchten ist, letzte) kleine Blütephase, mit dem inoffizellen Reader zum Kongress 2012, der Ausgabe Nr. 64 mit dem treffenden Titel: "Der Judenhass von Nebenan."
Wunderbar ideologiekritisch ging es zur Sache, u.a. mit Beiträgen zur Kritik des Antisemitismus, der Reflexion über die Sinnhaftigkeit von praktischer Israelsolidarität und der Aktualität "Kritischer Theorie" (nach Adorno) heute.
In dieser Ausgabe war - was selten vorkommt - fast jeder Artikel wirklich lesenswert.
Adorno auf dem Cover hin oder her, die Nr. 65 war eine herbe Enttäuschung, fast nur Ramsch-Artikel, einzig Klaues Beitrag zum Phänomen "Pussy Riot" war ganz interessant. (Vielleicht hat man das eigene Cover auch zu ernst genommen und Adorno symbolisch tatsächlich geknebelt und ihm so den kritischen Gehalt genommen.)
Vor gut zwei Wochen kam die aktuelle Ausgabe raus.
Inhaltlich: der absolute Tiefpunkt.
Alleine zwei Artikel streiten für das Menschenrecht aufs "Neger-sagen-dürfen" (was auch mit afrikanisch klingendem Pseudonym nicht besser wird), ein unter türkisch-klingendem Pseudonym verfasster Artikel schwadroniert, in einem Jargon der leider arg an PI-News erinnert, übers "Türkentum". Natürlich gibt es auch noch einen Seitenhieb gegen die Wiener Ex-Genossen. (5)
Nur wenige Artikel sind wirklich lesenswert, so z.b. Magnus Klaue übers Wohnen im Spätkapitalismus.
Das endgültig selbstzweckhafte Distinktionsbedürfnis zeigt sich im Editorial der Nr. 66: lang und breit erklärt man, warum man "Extrablatt" und "Prodomo" nicht mehr bewerben will. Selbstzweckhaft deshalb, weil man mit genannten Gründen die beiden Zeitschriften auch schon vor Jahren aus dem Anzeigenteil hätte raus werfen können, denn in allem einig waren sich diese drei Zeitschriften noch nie.
So verkündet die Redaktion auch stolz: in der Bahamas "herrscht kein Meinungspluralismus".
So autoritär geht es zu bei den Ex-MaoistInnen. Der Hass auf bösen Meinungspluralismus zieht sich anscheinend als negative Linie durch die Bahamas Geschichte, eine üble, nie überwundene Marotte aus der K-Gruppen-Zeit.
Fast so übel, wie die ebenfalls nie überwundene Liebe zu großen Staatsmännern.
Wir erinnern uns, viele K-Gruppen verteidigten Franz Josef Strauß.
Jahre später verteidgten, zumteil die selben Leute, Georg W. Bush.
"Bahamas vs. Germany" stand vor Jahren auf einem Tshirt, welches man bis heute bei einem "hardcore-antideutschen" Mailorder erwerben kann.
Dieser Slogan ist komplett veraltet.
Deutschland sieht man bei der Bahamas inzwischen als Teil des guten Westens, auf die postnazistische Formation BRD lässt man nichts kommen und so gibt es dort auch keine Kritik an der deutschen Dominanz im Euro-Raum und dem immer selbstbewusster-werdenden militärischen Auftreten Deutschlands, weltweit.
Antideutsche der Neunziger Jahre, auch die Bahamas, warnten vor einem "4. Reich" oder zumindest einer erneuten deutschen Hegemonie. Die Berliner Gruppe "never going home" konstatiert in der "Phase 2" Nr. 44 (Herbst 2012) die "damaligen Befürchtungen" hätten sich "bewahrheitet", "wenn auch in anderer Form als angenommen". Wo NGH recht hat, hat NGH recht.
Leider scheint dieser fatale Umstand so gut wie keiner (antideutschen) Politgruppe auszufallen - dieser Kritikpunkt geht also nicht nur an die Redaktion Bahamas, die sich einst hellsichtig gegenüber der deutschen Geschichte zeigte.
Eine "Phase 2"-Ausgabe später konkretisierte die Hamburger Gruppe "sous la plage", in ihrem Artikel über die "Antikapitalistischen Massen und ihre Kader" wie eine antideutsche Kritik und Praxis, auf Höhe der Zeit, auszusehen hat:
Zunehmende Theoriearbeit, "Maulwurfsarbeit" an der linken Geschichte und notfalls handfeste Konfrontation mit dem deutschen Mob, wenn dieser sich wieder zusammenrottet um Synagogen und Sammelunterkünfte für Geflüchtete, anzugreifen!
Die Bahamas dagegen sollte sich ehrlicherweise lieber in "Reaktion Bahamas" umbennen, denn sie lebt immer offener ihre Ressentiments aus, leider.
Von Solidarität mit den "Verdammten dieser Erde", keine Spur.
Kritik im Sinne der Emanziaption der einen Menschheit, also der "klassen- und staaten-losen Weltgesellschaft" (ISF), namentlich des Kommunismus? Fehlanzeige!
Die Bahamas betreibt größtenteils nur noch intellektuelle Elendsverwaltung, im Sinne der Verteidigung und nicht der Abschaffung der "Herrschaft der falschen Freiheit" (umsGanze!). Diese Erkenntnis ist bitterer als ein abgestandenes Sternburg.
Dennoch danke ich der Bahamas für die wunderbaren Wortschöpfungen "Kiezmiliz" und "Antisemitische Internationale" (wobei ich diesen Begriff anders definiere als Wertmüller).
Damit schließe ich meinen Kommentar zu einem Phänomen (unter vielen), der antideutschen Geschichte und habe nur noch eines zu sagen. (6)
Es bleibt dabei:
Nie wieder Deutschland!
Solidarität mit Israel!
Für den Kommunismus!!!
(1) Eine kleine Auswahl: "Für Israel - gegen die palästinänsische Konterrevolution" (2001, Nr. 35), "Lautsprecher der Mehrheit" (2005, Nr. 46), "Sie waren die Guten." (2007, Nr. 54), "Aus Freude angepasst" (2012, Nr.64) - Kenner_innen wird auffallen, dass ich mehrfach Texte von Jan Gerber gennant habe, so stellt er zusammen mit Magnus Klaue den wohl besten Bahamas-Autor da - was nicht heißt, dass die beiden nicht auch ab und an Käse verfasst hätten.
(2) "Ideologiekritisch und sonst nichts " (Bahamas Nr. 57, 2009)
(3) http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/Veranst-30-11-09.html
(4) Aus dem Vortrag von Lars Quadfasel, "Eptaph auf die antideutsche Bewegung", Bremen Herbst 2010, im Rahmen der Konferenz "Auf einer Skala von 1 bis 10 - Wie scheiße ist Deutschland?"
(5) Gerhard Scheit und Manfred Dahlmann, welche nun die wunderbare "Sans Phrase" heraus geben.
(6) Ich weiß mein Kommentar ist teilweise sehr polemisch ausgefallen, doch die Redaktion Bahamas dürfte das am wenigsten stören und die meisten Linken, noch weniger.
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Deutscher Imperialismus in der Eurokrise