Aufstandsbekämpfung in der Türkei – Deutsche Verstrickungen

Aufstandsbekämpfung in der Türkei

Auch gestern gab es erneut massive Angriffe der Bullen gegen Demonstranten in der Türkei. Wasserwerfer rasen mit hoher Geschwindigkeit durch die Strassen und treiben Menschengruppen vor sich her, während Unmengen an Reizgas verschossen und teilweise sogar aus Hubschraubern auf die Menschenmengen abgeworfen wird.

 

Während im allgemeinen Sprachgebrauch der Medien immer von "Tränengaseinsatz" gesprochen wird, scheint es sich in den meisten Fällen um den Einsatz von CS Gas zu handeln.

Dafür spreichen sowohl die zahllosen durch Demonstranten aufgesammelten Geschosshülsen, auf den deutlich die Aufschrift CS zu erkennen ist, als auch die in zahlreichen Berichten beschriebenen Auswirkungen der Gaseinsätze, wie Übelkeit, Erbrechen, Lähmungsgefühle, Ohnmachtsanfälle.

 

Die verheerende Wirkung von CS Gas dürfte auch noch einigen älteren GenossInnen in Erinnerung sein, bei den Kämpfen rund um die geplante atomare Wiederaufbereitungsanlage Pfingsten 1986 im bayrischen Wackersdorf wurde erstmalig in der BRD massiv CS Gas gegen Demonstranten eingesetzt, damals übrigens auch aus Hubschraubern auf die Menschenmenge abgeworfen.

Zwei ältere DemoteilnehmerInnen starben, nachdem sie den Angriffen der Bullen ausgesetzt waren.

Auch die dutzenden Toten nach Reizgaseinsätzen in Ägypten bei den zahlreichen Protesten der letzten zwei Jahre waren in der Mehrzahl auf den massiven Einsatz von CS Gas zurückzuführen.

Darüber hinaus wurde in Ägypten nach Berichten von Medizinern und Aktivisten auch das noch gefährlichere CR Gas eingesetzt.

 

Weltweit führender Hersteller von Reizgas ist die USA, sowohl die türkischen als auch die ägyptischen Bullen/Militärs werden von US-amerikanischen Firmen beliefert (dort fanden in den letzten Tagen auch erste kleinere Protestaktionen gegen den Export des Reizgases in die Türkei statt). 

 

Aber auch deutsche Firmen sind bei Lieferungen in die Türkei aktiv gewesen. So konnte nach einem Angriff mit CS Gas auf eine Gruppe von kurdischen Guerillas in einer Höhle in der Nähe von Şirnex (Şırnak) im Mai 1999 eine Geschosshülse der deutschen Firma Buck, die mit einer offiziellen Exportlizenz der Bundesregierung an die Türkei verkauft worden war, durch einen deutschen Journalisten sichergestellt und durch eine Untersuchung des Forensischen Instituts der medizinischen Fakultät an der Universität München der Firma zugeordnet werden.

 

Deutsche Firmen und Institutionen begnügen sich jedoch nicht mit der Bereitstellung von Materialen und Technologien zur Aufstandsbekämfung (z.B. Ausbildungshilfen für die Bullen in Tunesien und Ägypten / spyware zur Identifizierung von Aktivisten in Bahrain), sie organisieren auch Kongresse zur Effektivierung von Aufstandsbekämpfung.

 

So findet seit Montag passenderweise ein Kongress des Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) zu sogennanten "nichttödlichen Waffen" und ihrem Einsatz gegen sozialen Unruhen und bei Interventionen im Ausland statt.

Insbesondere soll geklärt werden, ob die bestehenden Einsatzmittel wie Blendschockgranten und Reizgas ausreichend sind, oder ob sogenannte "Fähigkeitslücken" bestehen, die mit neuwertigeren Systemen geschlossen werden können.
Beispielhaft sei an den Einsatz von sogenannten "Long Range Acoustic Devices" gedacht, die für Menschen unerträgliche Geräusche erzeugen und von den US Bullen auch schon 2009 beim G 20 Treffen in Pittsburgh eingesetzt wurden.

Ein sehr guter Hintergrundbericht zur Tagung des ICT wurde im übrigen am 31.Mai auf german foreign policy veröffentlicht.

 

Vielleicht werden sich die anwesenden Bullen, Militärs, Fírmenvertreter und "Sicherheitsexperten" ja auch gegenseitig vor Begeisterung auf die Schulter klopfen, ist in der Türkei wohl erstmalig ein unsichtbares Gas gegen demonstrierende Menschenmenge eingesetzt worden, darauf deuten jedenfalls verschiedene Berichte, u.a. auch hier auf linksunten hin.

 

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