[Plauen] Nazis demonstrieren - die Stadt hilft mit

Antifalogo

Am 5.1.2013 fand in Plauen eine Nazikundgebung mit 35 Teilnehmenden statt. Widerstand gab es praktisch nicht - denn die Anmeldung wurde durch die Behörden verschwiegen.

Etwa 35 Nazis vom „Freien Netz Süd“ und der RNJ Vogtland demonstrierten am Samstag, dem 5. Januar 2013, vor dem Plauner Arbeitsamt. Die stationäre Kundgebung fand im Rahmen der Kampagne gegen Zeitarbeit des „Freien Netz Süd“ statt, mit der die bayrischen Nazis schon seit geraumer Zeit durch die Lande tingeln. Während die bisherigen Auftritte des Nazi-Wanderzirkus zumeist ein paar Tage vorher bekannt wurden und daher von Protesten begleitet waren (Vgl. Autonome Antifa Hof (1), Autonome Antifa Hof (2), Endstation Rechts), passierte diesmal: rein gar nichts. In gewohnt scharfsinniger Manier meldete die „Freie Presse“ im Lokalteil, dass Proteste ausblieben, da schlicht und einfach niemand von der bevorstehenden Nazikundgebung wusste. Wie konnte das geschehen?

 

Bereits am 16.04.2011 und am 14.04.2012 fanden zwei Naziaufmärsche in Plauen statt. Die Stadtverwaltung und das Ordnungsamt forcierten jeweils eine Taktik der Kriminalisierung und des Verschweigens. Trauriger Höhepunkt dessen war im Jahr 2011 die Genehmigung einer Naziroute, welche am Platz der ehemaligen Synagoge vorbeiführte. Es wurde den Nazis per Beschluss sogar ermöglicht, in Ruf- und Sichtweite des Platzes eine Zwischenkundgebung anzumelden. 2012 leugneten offizielle Stellen lange Zeit überhaupt das Vorhandensein einer Nazianmeldung. (Vgl. Artikel der AGV)

 

Es existiert eine Kontinuität des Leugnens und Verdrängens in Plauen. In Abgrenzung von linken Gruppen und dem bürgerlichen „Aktionsbündnis Vogtland gegen Rechts“ gründete sich ein sogenannter „Runder Tisch gegen Rechtsextremismus“, welcher sich vor dem Naziaufmarsch im April 2012 gegen Blockaden und für räumlich getrennte Gegenaktivitäten aussprach. Die offizielle Legitimation des „Runden Tisches“ besteht mittlerweile darin, dass Vertreter*innen der Stadt, des Ordnungsamtes, von Parteien und von Kirchen sich an einem Tisch zusammenfinden, um bei Nazianmeldungen schnell und effektiv vorgehen zu können. Das Versagen dieses Konzeptes ist nun offensichtlich geworden.

 

Der „Runde Tisch“ war von Beginn an vor allem ein Repräsentationsinstrument aus der städtischen Politik. Bei jeder Gelegenheit zeigten sich jene Vertreter*innen des „Runden Tisches“ vor der Kamera und in der Presse, um zu betonen wie demokratisch und weltoffen nicht nur die Stadt, sondern vor allem sie selbst seien. Die offene Distanzierung von konsequentem Vorgehen gegen Naziveranstaltungen (z.B. Blockaden) steht nahtlos in einer Reihe mit dem derzeit vor allem im Land Sachsen praktizierten extremismustheoretischen Schwachsinn. Generell ist ein Protest gegen Nazis kein Protest, wenn er eben diese nur reflexartig auf Grund ihrer nicht-Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der „guten Demokraten“ angreift. Während er gleichzeitig die inhaltlichen und ideologischen Hintergründe von Rassismus und Faschismus außen vor lässt, ja ihre Verankerungen in Kapitalismus und bürgerlicher Demokratie ausblendet und letztlich linke Aktivist*innen auf eine Stufe mit rassistischen Schläger*innen und Mörder*innen stellt.

 

Von Beginn an war klar: ist keine Kamera in der Nähe, ist es mit dem Protest nicht weit her. Dies ist vielleicht enttäuschend, war aber zu erwarten. Die abstruse Logik der Plauener Situation besteht nun vor allem darin, dass sich das Ordnungsamt und die Stadt mit der Gründung des „Runden Tisches“ eine bequeme Möglichkeit geschaffen haben, vor der Öffentlichkeit als „gute Demokrat*innen“ dazustehen und sich ohne große Imagegefahr gegen Rechts positionieren können, während die Taktik des Verschweigens hinter den Kulissen weitergeht. Dass gerade mit dem Wegschauen vor rechter (Pseudo-)Kapitalismuskritik den Nazis die Deutungshoheit zu gesellschaftlichen Prozessen und sozialen Problemen überlassen wird, scheint im bürgerlichen Establishment Plauens zwischen Kirchenvertreter*innen, Parteien und sonstigen Aktivbürger*innen wirklich kein Schwein zu interessieren. Natürlich gibt es bis heute keine Stellungnahme des angeblich „gegen“ Nazis engagierten „Runden Tisches“ zum 05.01.2013.

 

Der runde Tisch ist: Imagepflege, Gesicht zeigen, mit gutem Gewissen nach Hause gehen. Daher braucht ihn wirklich niemand, daher ist er für eine tatsächliche Auseinandersetzung mit Nazis, Alltagsrassismus und rechten Denkmustern nicht nur untauglich, sondern kontraproduktiv. Nur die wirklich bodenlose Dummheit der Organisator*innen der Nazikundgebung, welche darin bestand, an einem Samstag vor einem geschlossenen Arbeitsamt an einer von Passant*innen wenig frequentierten Ecke eine Kundgebung durchzuführen, verhinderte eine breitere Öffentlichkeitswirkung der Nazipropaganda.

 

Wir fordern erstens Stadt und Ordnungsamt Plauen dazu auf, sich offiziell zum Verschweigen der Nazikundgebung vom 05.01.2013 zu äußern. Zweitens fordern wir alle Menschen mit einem Rest an Würde und Verstand zum Boykott des „Runden Tisches“ auf. Und drittens bitten wir die RNJ Vogtland, dem Runden Tisch und dem Plauner Ordnungsamt jeweils den längst fälligen Präsentkorb zu spendieren. Den haben sich die Vorzeigedemokrat*innen diesmal wirklich verdient.

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Dann dürfte es dieses Jahr der 13. April werden...
Letztes Mal war es 2 Stunden vorher voll einfach noch auf der Route zu spazieren.
An der Strecke liegt mindestens ein "Shopping-Zentrum". Es ist sogar von der Nazi-Route "eingeschlossen"

 

Hier posten ist das ganz gut mit der höchstwahrscheinlichen Terminankündigung. Auf die Stadt sich zu verlassen, wie im Text gut beschrieben, nicht so dolle.

 

Schade, dass erst 2014 in Sachsen Wahlen sind.

Liebe Plauener, Ihr braucht Euch garnicht aufregen. So schlecht wie Eure Orga vor Ort ist wäre eh nichts gescheites dabei rausgekommen. Selbst für diesen schwachsinnigen Bericht zur Nazikundgebung vom 5.1. braucht ihr 11 Tage...