Magdeburg Nazifrei? – Kannste knicken!

AG KOMA
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Reflexion der Proteste gegen den Naziaufmarsch im Januar in Magdeburg 

Hallo liebe Protestierende und liebe Blockierende!

Manche von Euch kennen wir aus gemeinsamen Vorbereitungen zu vergangenen Blockaden und Demonstrationen, manche von Euch sind uns vollkommen neu. Wir freuen uns, Euch heute hier auf der Straße zu erleben. Wir freuen uns, dass Ihr heute hier euren Willen, sich der neonazistischen Demonstration entgegenzustellen, bekundet und hoffen doch auf viel mehr und eigentlich auch auf etwas Anderes. Wir wollen mit diesem Text einen stetigen Prozess und eine stetige Auseinandersetzung anregen, wie mit der ständigen Bedrohung durch autoritäre und neofaschistische Kräfte politisch und sozial hier in Magdeburg umzugehen ist. Wir möchten auch unsere Erfahrungen und unsere Bauchschmerzen mit den bevorstehenden/heutigen Aktionen zum Ausdruck bringen. Versteht uns also nicht falsch, wenn wir im Folgenden sowohl die Vorbereitungen als auch die Aktionen gegen den heutigen Naziaufmarsch wohl mehr mit Kritik begegnen als mit wohlwollendem Applaus: Die Kritik, die wir hier formulieren, ist zum gehörigen Teil Selbstkritik unserer eigenen Vergangenheit. Die Erfahrungen, die wir hier formulieren, haben wir in unterschiedlichen Aktionsbündnissen und mit diversen politischen Gegner_innen gemacht.

 

Wir hoffen in der Zukunft auf eine Praxis, die sich nicht am Leitbild des thematisch nicht fundierten Massenaktionismus gegen Neonazis orientiert. Wir hoffen auf eine Praxis, die stärker die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in den Fokus nimmt. Das soll bedeuten, dass man Neonazis nicht nur entgegentreten, sondern auch, dass man die Wurzel des Problems bearbeiten und angreifen muss: Staat, Nation und Kapital.

 

1. Über die sagenhafte Erkenntnis, dass Magdeburg nicht Dresden ist

 

Jeder Januar führt erneut vor Augen, wieviel schlechter es um Magdeburg tatsächlich bestellt ist, als der ohnehin miese Ruf der Landeshauptstadt alleine schon vermuten ließe.

 

Denn immer um den 16. Januar herum wird plötzlich für alle Einwohner_innen sichtbar, dass in Magdeburg ‚ne Menge Nazis existieren und sich hier gar nicht so unwohl fühlen. Dies steht im krassen Gegensatz zu der gleichzeitig jedes Jahr auftauchenden Aussage des Oberbürgermeisters, wie weltoffen und demokratisch die Stadt doch eigentlich sei. Zum Überfluss erdreisten sich die Nazis auch noch, „das Gedenken an die Bombardierung der Stadt zu missbrauchen“ (http://bgrmagdeburg.wordpress.com/aufruf-zum-januar/). So sieht es jedenfalls das städtische Bündnis gegen Rechts. Die Frage, ob Nazis ein derartiges Gedenken überhaupt missbrauchen können, wenn sie doch nichts anderes machen als alle anderen auch – nämlich öffentlich trauern –, stellt sich dem BgR und seinen Unterstützer_innen anscheinend gar nicht.

 

Magdeburg war als industrielles Zentrum für die Produktion von Rüstungsgütern für eine Weiterführung des Krieges von großer Bedeutung. An verschiedenen Standorten in der Stadt wurde auf riesigen Betriebsgeländen jeden Tag kriegswichtiges Material hergestellt. Ortsansässige Firmen wie die Braunkohle-Benzin AG BRABAG (wichtigster und größter Lieferant für synthetischen Treibstoff), Krupp Gruson Werke (Panzerproduktion), Polte (Munition für Flak und Granaten) sowie Junkers Motorenwerke beschäftigten zehntausende Zwangsarbeiter_innen. In der ganzen Stadt verstreut, existierte ein System von KZ-Außenlagern und Lagern für Kriegsgefangene, in welchen Menschen unter schrecklichen Umständen bis zum Tode als Arbeitskraft ausgebeutet wurden. Für ein Fortsetzen des deutschen Vernichtungswahnsinns war die Rüstungsindustrie Magdeburgs demnach fundamental wichtig. Die Bombardierung am 16. Januar 1945 kann folgerichtig auch nur als das Ergebnis des selbsterklärten „Totalen Krieges“ gesehen werden. Dankbar müssen wir an solchen Tagen sein, dass es Menschen gab, die bereit waren, ihr Leben und ihre Kraft einzusetzen, um die Faschisten daran zu hindern, das millionenfache Morden weiterzuführen. Im Gegensatz dazu wollen die Nazis „den Opfern der Bombardierungen unserer geliebten Heimatstadt Magdeburg“ (Aufruf gedenkmarsch.de) eine, für sie angemessene öffentliche Ehrung zuteil werden lassen. Eine Idee, welche deckungsgleich mit der Vorstellung der Stadt sein könnte, aber offensichtlich nur von den falschen Akteuren hervorgebracht wird.

 

Die Frage bleibt also, warum ein öffentliches Gedenken der Opfer der Bombardierung weiterhin gewollt ist, obwohl die Neonazidemonstration doch genau dies macht. Es wäre eben auch nicht besser, wenn diese durch Aktionen der Mehrheitsbevölkerung ersetzt wird. Der Versuch, den Nazis einen eigenen bürgerlichen Gedenkdiskurs über „unschuldige deutsche Städte“ im Zweiten Weltkrieg entgegenzusetzen, wird als Resultat die Etablierung eines Opfermythos‘ hervorbringen und weiteren Relativierungen des Nationalsozialismus und seiner Folgen Tür und Tor öffnen. Ein Mythos, wie es ihn um Dresden 1945 gibt, existiert in Magdeburg bisher nicht und sollte auch nicht herbeigeredet werden. Doch leider ist es auch für die Stadt Magdeburg kein Problem, „die Trauer um die Toten der Bombenangriffe“ gleichzeitig in eine Erinnerung an die Opfer der Shoa und des deutschen Vernichtungskrieges einzubetten (http://bgrmagdeburg.wordpress.com/aufruf-zum-januar/). Auch die Stadt Magdeburg soll eben endlich als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt werden, ganz im Sinne einer gleichzeitigen Schuldanerkennung und Schuldentlastung.

 

In Dresden verwischte der Diskurs über eine angemessene Gedenkkultur jahrelang die Grenzen zwischen bürgerlichen und rechtsradikalen Interpretationen. Dagegen sollte weiterhin betont werden, dass ein Versuch, die Deutungshoheit über das Gedenken zurückzuerlangen, nicht zu einen emanzipativen Trauern führen wird, solange dabei die deutschen Tätern_innen im Fokus stehen und nicht ihre Opfer.

 

Doch noch bevor sich am 31.Mai Magdeburg Nazifrei gegründet hatte, war für die Initiator_innen Eines schnell klar: „Es soll alles genauso wie in Dresden laufen!“ Mit dem gleichen Slogan, dass die liebe Heimatstadt nun endlich „nazifrei“ ist oder wird, konnte eine bundesweite Mobilisierung losgetreten werden, mit dem Ziel die Dresdner Erfolgsstory zu kopieren. Offensichtlich stand die Praxis der Massenblockade schon lange vor einer (bis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht erfolgten) thematischen und inhaltlichen Auseinandersetzung fest. Der Erfolg in Dresden, durch massenhaften zivilen Ungehorsam mehrere Naziaufmärsche verhindert zu haben, führte zum Wunsch, dies in der eigenen Heimatstadt gleichzutun. Dabei ist augenscheinlich, dass Dresden weder nazifrei ist, noch dass der jährliche Nazi-Aufmarsch am 13. Februar sich in Luft auflösen wird. Im Gegenteil, die historisch gewachsene Umdeutung der Luftangriffe auf Dresden als besonders unmoralische Kriegsgreul der Alliierten, stellen den qualitativen Unterschied zwischen den Städten dar. Im deutschen Kollektivbewußtsein gilt „Dresden 45“ als Paradebeispiel, für eine unschuldige Stadt im Nationalsozialismus, welche zu Unrecht angegriffen wurde. Für das Nachkriegsdeutschland war die Bombardierung Dresdens, die Möglichkeit der eigenen Schuld ein Beispiel entgegenzusetzen, dass die Anderen auch nicht besser waren. Diese symbolische Bedeutung der Bombardierung Dresdens für den deutschen Revisionismus, ist die eigentliche Gefahr, welche es zu bekämpfen gilt.

 

Dennoch wird gern die These in den Raum geworfen, dass der Magdeburger Trauermarsch zur Ersatzveranstaltung für verhinderte Nazi-Aufmärsche in Dresden avancieren wird. Jedoch wurde der Mythos über die Zerstörung der sächsischen Landeshauptstadt schon zu DDR-Zeiten verbreitet und ist somit viel stärker im kollektiven Bewusstsein der Normalbevölkerung verankert. Dies führt zu einer Anschlussfähigkeit von Nazi-Propaganda mit öffentlicher Legendenbildung, die es in solcher Art in Magdeburg nicht gibt und auch nicht mehr geben wird. Jedoch glauben einige antifaschistische Akteur_innen in Magdeburg noch immer, eine Gleichsetzung von Magdeburg und Dresden diene ihrem Interesse.

 

2. Projektionsfläche Naziaufmarsch: die Frage nach den wirklichen Interessen

 

Alle Jahre wieder schallt es durch’s Land: „Nazis in Magdeburg!“, eine Erkenntnis, die uns und alle, die sich mal die Statistiken angeschaut haben, nicht sonderlich überrascht. Doch beim genaueren betrachten der Aufrufe der verschiedenen Anti-Nazi-Akteure_innen aus Magdeburg zum Januar 2013, käme beinahe der Gedanke auf, Magdeburg hätte tatsächlich nur einmal im Jahr Besuch von Neonazis.

 

„Magdeburg ist kein Ort für Nazis“, so äußert sich das städtische „Bündnis gegen Rechts“ [BgR] in seinem diesjährigen Aufruf. Dass Magdeburg sehr wohl ein Naziproblem hat, lässt schon allein die Tatsache vermuten, dass mit penetranter Häufigkeit auf Flyern, Stickern oder in Aufrufen immer und immer wieder betont werden muss, Magdeburg sei „bunt statt braun!“. Es geht hierbei offenkundig nur darum, das Image einer Stadt aufzupolieren, die ihren Ruf als Nazihochburg zu Recht hat und damit leider auch kein Einzelfall ist.

 

Dieser Ruf schadet dem Standort Magdeburg und somit der Wettbewerbsfähigkeit der Stadt. In solch einer Denkweise steht nicht etwa die bedrohte Menschlichkeit im Mittelpunkt, sondern nur die erfolgreichere Verwertung des Kapitals.

 

In dieser Logik muss alles Imageschädliche und den normalen kapitalistischen Vollzug störende, egal ob „linker Chaot” oder “rechter Gewalttäter” assimiliert, ausgeschlossen und bekämpft werden. Ihren prominentesten Platz findet die alles bestimmende Extremismustheorie im BgR und auf der “Meile der Demokratie”. Sie dient wiederum der Legitmierung einer angeblich demokratischen Mitte und der mit ihr verbundenen Inhalte.

 

Das BgR besteht aus „demokratische Institutionen, Organisationen, Zusammenschlüsse(n)“ und setzt sich für „eine offene und liberale Bürgergesellschaft“ (http://bgrmagdeburg.wordpress.com/uber/) ein. Ebenfalls hat es sich zur Aufgabe gemacht, gegen Nazis und für eine „demokratische und solidarische Gesellschaft“ einzutreten. Wie genau diese jedoch aussehen soll, wird nicht näher erläutert. Doch genau durch diese Leerstelle, wie eine bessere Gesellschaft aufgebaut auszusehen hat, kann das Magdeburger BgR den jetzigen Zustand der Demokratie in Deutschland als Idealkonstruktion anbieten. Im Kontrast zu den barbarischen Forderungen der Nazis, wirkt der Status quo als geradezu alternativlos. Ein derartiges Demokratieverständnis benötigt nicht die Forderungen nach qualitativen Veränderungen, die es für einen Wandel zu einer demokratischen und solidarischen Gemeinschaft bedarf. Nach unserer Vorstellung sollte Demokratie aber mehr sein, als eine nicht-faschistische Herrschaftsform. Sie muss positiv definiert werden und Vorteile und Mitbestimmung für Alle und jeden Einzelnen bieten. Auch die seit vier Jahren stattfindendene “Meile der Demokratie” stellt einen Versuch dar, den Magdeburg_innen ein eigenes Demokratieverständnis zu vermitteln – es scheint in dieser Hinsicht großen Bedarf an Nachhilfe zu geben. Viel mehr verspricht sie aber eine angenehme Mischung aus Shoppingerlebnis und Bratwurstessen, bei gleichzeitigem Trauern gegen Hass und alliierte Bomben und setzt Demokratie mit Konsum und Vergnügen gleich. Rabimmel, Rabammel, Rabumm!

 

Das BgR und seine Initiatoren können sich meist nur über staatliche Fördergelder finanzieren und werden dadurch auch in den staatlichen Diskurs eingebunden. Was folgt ist die Fokussierung auf eine schlichte „Nazis Raus aus Magdeburg!“-Forderung. Zusätzlich verhindert die ökonomische Abhängigkeit eine intensive Auseinandersetzung mit den Ursachen von Neonazismus. Deshalb ist es wenig verwunderlich, wenn einzelne Vereine und Verbände, trotz besseren Wissens, kein Wort über strukturelle Ursachen von Antisemitismus (etc.) verlieren. Innerhalb von staatlichen Verhältnissen immer wieder reproduzierte und institutionalisierte Unterdrückungs – und Ausbeutungsmechanismen werden nicht kritisiert. Der tägliche kapitalistische Normalzustand, welcher unzähliges Leid hervorbringt und sich durch das „Recht des Stärkeren“ ausdrückt, zwingt auch das BgR auf Linie zu bleiben. Eine Abweichung von den festgelegten und streng normierten Vorgehensweisen, welchen die teilstaatlichen Institutionen des BgR unterworfen sind, stellt eine Gefährdung der nötigen Finanzierung aus staatlichen Töpfen dar und bedroht damit auch ihre individuelle Existenzgrundlage. Hier zeigt sich auch, wie es um die Demokratie hier zu Lande bestellt ist, wenn sich potentiell oppositionelle Vereine und Verbände nicht kritisch gegenüber ihren Arbeitgebern äußern können. Doch wer erst einmal in einer solchen Position ist, macht ohnehin im vorrauseilenden Gehorsam keine Versuche, sich öffentlich weder reflektiert mit seiner eigenen Funktion, noch mit seinen Geldgebern auseinanderzusetzen.

 

So produziert das BgR mit seiner Arbeit den gesellschaftlich notwendigen, ideologischen Kitt. Nach 1945 braucht ein geläutertes Deutschland das sichere Gefühl, etwas gegen Neonazis unternommen zu haben. Eine nationale Identität, welche ein Bewusstsein über die Schuld an der Shoa und eine eigene Erinnerungskultur um das Dritte Reich einschließt, kann sich auch im gemeinsamen Kampf gegen Nazis entwickeln. Ein Mechanismus der Krieg nicht trotz, sondern wegen Auschwitz ermöglicht (Joschka Fischer 1999) oder einen „gesunden” und gewollten Nationalstolz hervorbringt, welcher immer wieder dann, wenn die multi-kulturelle, deutsche Nationalmannschaft spielt, ausbricht, ist das Ergebnis dieser Politik. Dies beweist sich auch dadurch, dass die Zahlen der Betroffenen von rassistischen Übergriffen nach einem absolvierten Deutschlandspiel in die Höhe steigen. (Süddeutsche Zeitung 15.06.12. Studie zur Fußball-WM – Fußballtaumel und Fremdenfeindlichkeit)

 

Innerhalb solcher Denkmuster, ist es ohne weiteres möglich, eine antirassistische Praxis gegen Nazis zu fordern, aber kein Wort über Abschiebungen von Geflüchteten aus Deutschland zu verlieren. Ein staatlich durchgeführter Rassismus, wird erst durch Arbeit gegen Nazis legitimiert.

 

Hier zeigt sich ein Aspekt des sogenannten „Bündnis gegen Rechts Magdeburg“, es ist eben nur ein Bündnis gegen störende Nazis, welches aber rechtes Gedankengut weder antastet noch kritisiert, solange es aus der Mitte der Gesellschaft kommt.

 

Gerade deshalb wären Akteure_innen nötig, die nicht ihren Jobverlust befürchten müssen, wenn sie sich für bestimmte Positionen einsetzen. Es bräuchte Akteure_innen, die sich kritisch gegen die herrschenden Verhältnisse stellen und mit ihren Forderungen weiter gehen könnten. Solch Akteure_innen könnten in Magdeburg der Arbeitskreis Antifaschismus Magdeburg oder das Bündnis „Magdeburg Nazifrei“ sein.

 

Doch das Selbstverständnis von „MD-Nazifrei“ zeigt deutlich, wohin die Reise auch mit ihnen geht. Im vorauseilenden Gehorsam wird sich dazu verpflichtet, dass keine Gewalt gegen Nazis von dem Bündnis ausgehen wird. Eine Idee, welche eher an die Appeasement-Politik von 1938 erinnert, zumal es sogar hinter den Aktionskonsens von Dresden-Nazifrei zurückfällt. Zusätzlich wird in keiner Weise der Gewaltbegriff hinterfragt, sondern als etwas generell Abzulehnendes umgedeutet. Die Gefahr besteht aber bekanntlich darin, dass im bürgerlichen Diskurs, eine brennende Mülltonne als Symbol der Gewalt herhalten wird und nicht der Naziaufmarsch mit seinen widerlichen Forderungen. Hier zeigt sich, wie wenig linke Ansätze das Bündnis Magdeburg Nazifrei hat. Denn trotz des im Mobi-Clip angedrohten Einsatzes von “allen Mitteln” um den Naziaufmarsch zu verhindern (http://www.youtube.com/watch?v=N0ycMPLloJY), werden in Interviews (http://issuu.com/kulturschwaermer/docs/dezemeber2012) eben doch wieder militante Protestformen ausgeschlossen. Es ist die Quadratur des Kreises, wenn etablierte Organisationen versuchen, die gewollte Quantität und Qualität des Protests, durch linke Aktivist_innen zu bekommen, ohne aber den eigenen Führungsanspruch im Diskurs aufgeben zu wollen. Konnte dieser Widerspruch in Dresden gezielt ausgesetzt werden, zeigen sich in Magdeburg doch wieder klare Trennungslinien im Gegenprotest.

 

„Magdeburg Nazifrei“ bleibt beim „Nazis Raus Antifaschismus“ als Minimalkonsens stehen um ein möglich große (Volks-)Front gegen Nazis zu stellen, bei der es dann nicht ums Ganze geht, sondern nur darum Magdeburg Nazi-frei zu machen. Es wird eine Bedrohungsszenario durch Neonazis herbei halluziniert, dass den Beteiligten das Gefühl einer kriegsähnlichen Situation vermittelt. In dieser Situation wäre eine gemeinsame Front gegen Nazis durchaus angebracht. Doch befinden wir uns derzeit nicht in einer vergleichbaren und in diesem einem Fall liege die Betonung einer derartigen Front auf „ Gegen Nazis“ und nicht auf dem der gemeinsamen Front. Dieses Vorgehen dient bzw. fördert der Formierung einer guten Zivilgesellschaft gegen ein gemeinsames Böses, dem alle schlechten Eigenschaften zugeschoben werden können, so dass man sich nicht mehr mit sich selbst und seiner eigenen Gemeinschaft auseinandersetzen braucht.

 

Denn auch bei “Magdeburg Nazi-frei”, so können wir ernüchternd feststellen, fehlt eine weitergehende Analyse der bestehenden Verhältnisse. Laut eigener Aussage geht es ihnen nicht nur um den Naziaufmarsch im Januar, sondern um eine kontinuierliche antifaschistische Praxis. Dennoch lässt sich beim genauen hinschauen des Aktionskonsens von Magdeburg-Nazifrei ein weiter Widerspruch erahnen. Indem heißt es nämlich bereits im zweiten Satz: „Unser Ziel ist es, noch mehr Initiativen, Einzelpersonen, Bündnisse und Gruppen in die Mobilisierung zu Massenblockaden gegen den jährlichen Naziaufmarsch im Januar in Magdeburg einzubinden„ – es geht eben doch nur um Naziaufmärsche.

 

Dass aber die Entstehung von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nicht bei Nazis oder bei einen einzelnen verfehlten Individuum zu suchen ist, scheint auch „Magdeburg Nazi-frei“ noch nicht ganz bewusst.

 

So versucht auch das Bündnis unter einem Schirm all diejenigen zusammen zu bringen, die mit ihnen sich gemeinsam friedlich, gewaltfrei und deeskalierend gegen Nazis stellen wollen. Alleine die Vorraussetzung der Gewaltfreiheit in Aktionen gegen Neonazis stellt eine Spaltung der antifaschistischen Bewegung dar. So wird auch beim BgR in gute (friedliche) und böse (militante) Antifaschist_innen geteilt. Ein Vorwurf, den das BgR zurecht auch von Akteur_innen aus dem „Bündnis Magdeburg Nazi-frei“ erhalten hat. Der Aktionskonsens im Bündnis „Magdeburg Nazi-frei“ scheint durchaus im Widerspruch zur realen Praxis zu stehen und existiert anscheinend nur, um sich bürgerlicher Politik gegen Nazis anzupassen. Doch jegliche Kritik an einzelnen Initiatoren aus dem Bündnis ist in Magdeburg ohnehin ein Tabuthema.

 

Im inneren Zirkel des Bündnis zeigt sich seit Monaten ein Machtkampf zwischen den verschiedenen Akteur_innen (http://www.jungewelt.de/2012/12-19/045.php). Es geht um die Vorherrschaft und dem damit verbunden „Fame“ nach getaner Arbeit.

 

Es geht uns bei der Kritik am Bündnis „Magdeburg Nazi-frei“ nicht darum, dass wir Blockaden komplett doof finden, wir wollen auch nicht die notwendige Arbeit gegen Nazis zerreden und finden es gut das sich Menschen engagieren. Doch finden wir die Interessen, die hinter dem Aufruf zur Bekämpfung von Neonazismus und ihre Wirkung schwierig. Es geht vielen Personen nur um das Image ihrer Stadt, Symbolpolitik und Fame. Eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema bleibt aus.

 

All dies führt im Enddefekt dazu, dass das Bündnis durchaus vorhandene (linke) Ansprüche, für eine möglichst große Bündnisarbeit opfert um bei einem Antifaschismus á la „Nazi Raus aus Magdeburg“ stehen zu bleiben, anstatt sich einer radikalen Kritik zu bemächtigen.

 

Dies versucht zumindest der „Arbeitskreis Antifaschismus Magdeburg“ in seinem Aufruf zum Januar 2013 (http://365tageoffensiv.blogsport.eu/2012/11/05/aufruf-zur-demonstration-...). Unter dem Motto „365 Tage offensiv – Gegen Nazis und Rassismus“ ruft der Ak Antifa zu einer tiefliegenden Analyse und Kritik an Gruppenbezogenen Menschfeindichen Einstellungen in einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft auf.

 

Es besteht die Bestrebung einer wirklichen linksradikalen Kritik, die Benennung von Ursachen und die Perspektive zur Überwindung dieser.

 

Das Motto „365 Tage offensiv – Gegen Nazis und Rassismus“ spricht auch für sich. Es zeigt das es dem Ak Antifa nicht nur um den Naziaufmarsch im Januar und die damit verbundene Symptombekämpfung geht.

 

Doch scheint die Praxis des Ak Antifas sich ein wenig widersprüchlich zu ihrem Aufruf zu verhalten. Es gibt bisher noch keine weitere Bemühung einer weiteren inhaltlichen Ergänzung zu den am 12. Januar eher praxisorientierten Aktionen.

 

Allem in allem fehlt es unserer Meinung nach in Magdeburg an einer kontinuierlichen inhaltlichen Auseinandersetzung. Jedoch, es muss darum gehen eine Praxis zu entwickeln, welche nicht aus purer Tradition oder in einem Luft leeren Raum als Selbstzweck entsteht, sondern auf linksradikalen Beinen stehen muss. Eine fundierte Auseinandersetzung mit der momentanen Situation, beinhaltet die Kritik an Staat, Nation, Kapital und Herrschaft.

 

3. Warum Symptombekämpfung kein Lösungsansatz sein kann

 

Wenigstens über eines sind sich die meisten beteiligten Akteur_innen hoffentlich einig: dass jeden Januar auf‘s neue Nazis durch Magdeburg marschieren ist absolute Scheiße. Allein die Blockade des jährlichen Aufmarsches kann jedoch niemals die Lösung des Problems sein.

 

Zum einen stellen Nazis eine Bedrohung dar, die nicht nur an jenem alleinigen Tag im Januar in Erscheinung tritt, sondern jeden einzelnen Tag im Jahr existent ist. Demnach kann eine gänzliche Ausrichtung antifaschistischer Praxis auf den 12./19. Januar keinesfalls das „Naziproblem“ lösen. So werden Blockaden leider weder die Neonazis daran hindern, immer wieder zum jährlichen „Trauermarsch“ anzutreten, noch wird sich mit der Praxis der Massenblockaden auch nur in jeglicher Art und Weise um die restlichen 364 Tage im Jahr gekümmert, an denen Nazis zuhauf – und das nicht nur in Magdeburg – präsent sind. Der Naziaufmarsch ist demzufolge lediglich das Resultat der gegenwärtigen Umstände, ein Symptom, dessen Ursache viel weitreichender ist.

 

Menschenverachtende Einstellungen wie Antiziganismus etc., sind unserer Gesellschaft immanent. Die Spanne reicht von Alltagsrassismus über Neonazismus im öffentlichen Alltag bis hin zu sowohl struktureller Ausgrenzung durch staatlich-nationalen Institutionen, als auch Imperialismus und Neokolonialismus auf internationaler Ebene. Sowohl die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen (1992), oder das 20ste Jubiläum des sogenannten Asylkompromisses von 1993, als auch die Unterstützung und Deckung der rechtsradikalen Terrorzelle NSU durch den Verfassungsschutz sind nur einige traurige Beispiele.

 

Nazis auf die Fresse zu hauen, wäre das letzte wovon wir abraten würden. Leider ist jedoch auch klar, dass es damit allein nicht getan ist; vielmehr muss die Quelle, welche immer wieder neue Neonazis zutage bringt, angegriffen werden.

 

Solange sich jedoch jegliche Aktivitäten im Januar ausschließlich auf den Naziaufmarsch konzentrieren, wird keine Auseinandersetzung mit den Ursprüngen des Problems, welche innerhalb der Gesellschaft auf vielfältige Weise vertreten und eng miteinander verflochten sind, und dessen Lösung stattfinden.

 

Die derzeitigen Bündnisse in Magdeburg fahren alle dieselbe Schiene; und die heißt „Nazis raus!“. Leider fehlt es fernab dieses Slogans an jeglichem politischen Inhalt, so werden gesellschaftliche Zusammenhänge entweder nicht realisiert, oder aber einfach ausgeblendet. Wie jedoch soll ein gesellschaftliches Grundproblem ohne den geringsten politische Input, nur durch Demonstrationen oder Blockaden aufgelöst werden?

 

Für viele Menschen ist sich den Nazis in den Weg zu stellen kein Ausdruck des eigenen emanzipatorischen Bewusstseins, sondern passt in ihre Vorstellung, die eigene Stadt sauber und ordentlich halten zu wollen. Sie ist eigentlich nur eine autoritäre Geste, welche nicht etwa darauf abzielt, die strukturellen Ursachen von Neofaschismus zu bekämpfen, sondern nur Nazis dafür zu bestrafen, dass sie ihre Menschenverachtung auch in der Öffentlichkeit zeigen.

 

Was in unseren Augen wie ein Widerspruch erscheint, ist für das BgR keinesfalls gegensätzlich: Die etablierten bürgerlichen Parteien rühmen sich einmal im Jahr mit ihrem „Nazis raus!“-Antifaschismus, während die Asylpolitik in Sachsen-Anhalt mehr als mies ist, Menschen auf Polizeiwachen verbrennen und es nicht nur in Magdeburg täglich zu rechts-motivierten Übergriffen und Gewalttaten kommt.

 

Der bürgerliche „Antifaschismus“ zielt schließlich auch gar nicht darauf ab, das Naziproblem an der Wurzel zu packen (was bedeuten würde, die strukturellen Ursachen von Neofaschismus zu bekämpfen), sondern will lediglich erreichen, dass menschenverachtende Einstellungen nicht in der Öffentlichkeit zum Vorschein kommen. Denn in welch schlechtem Lichte würde dann die schöne Stadt Magdeburg stehen? An dieser Stelle wird deutlich, dass für jene selbsternannten Demokraten, die alle „Chaoten“, welche das Bild Magdeburgs in den Dreck ziehen könnten, links und rechts ein und dasselbe Übel ist, welches von der Öffentlichkeit abzuschotten gilt.

 

Dabei soll das Demonstrationsrecht der Nazis eingeschränkt werden, da die „wahren Demokraten“ bereits auf der Straße sitzen. Es scheint so, ganz im Sinne des Konzeptes der Massenblockade, als sei Demokratie keine Frage der Qualität, sondern der Quantität. Umso mehr Menschen sich also auf der „guten“ Seite befinden, desto demokratischer ist diese.

 

Vielmehr noch wird von den verschiedensten Akteure_innen neben dem gesellschaftlich hoch angesehenen „Engagement“ gegen Neonazis eine Politik betrieben, die zum einen nicht etwa den Menschen in den Vordergrund stellt, sondern den eigenen Fame; vor allem aber auch selbst menschenverachtend agiert(siehe beispielsweise Asylpolitik). Selbst wenn es um die Verhinderung eines Neonaziaufmarsches geht, wäre das gemeinsame „Arm in Arm“ in Form von Massenblockaden aus linksradikaler Sicht zumindest äußerst inkonsequent.

 

Gleichzeitig liegt der Verdacht nahe, dass es bei dem Ruf zur Verhinderung von Aufmärschen und zum Verbot der NPD nicht nur die Ablehnung von neonazistischem Gedankengut, sondern auch der Ruf nach einer anderen Art von Autorität – nämlich einer menschenfreundlichen Autorität – dahintersteckt. Als radikale Linke lehnen wir den Ruf nach Autorität insgesamt ab und wollen aufzeigen, dass gerade in Staat, Nation und Kapital Autorität und Herrschaft insgesamt verankert liegt. Es gibt kein gutes Kapital, keinen guten Staat, keine gute Nation, keine gute Herrschaft und keine gute Autorität. Nazis sind in diesem Moment nur radikalisierte Bürger_innen: ihr Nationalismus ist die starke Form des Patriotismus, ihre Geschichtsverdrehung ist die starke Form der bürgerlichen Geschichtsschreibung, die sich ebenfalls von Schuld und Mittäterschaft an Drittem Reich und Shoa reinwaschen will. Ihr vernichtender und gewalttätiger Hass auf alles Fremde und Unangepasste nährt sich aus der normalen bürgerlichen Verachtung für Asylbewerber_innen, Arbeitslose, Menschen mit anderer Hautfarbe, Homosexueller und Menschen, die als „nicht-nützlich“ empfunden werden und stellen ihre konsequente Umsetzung da. Selbst Thilo Sarrazin weiß, dass Nazis Arschlöcher sind. Diese gemeinsame Position aller heute hier Versammelten reicht keinesfalls aus, um den menschenverachtenden Inhalten und Strukturen von bürgerlichem Staat, Nation und Kapital entgegentreten zu können.

 

Zu allem Überfluss setzt die erfolgreiche Durchführung von Blockaden eine Zusammenarbeit mit der Staatsgewalt voraus, obwohl diese selbst ein großer Teil des Problems ist (siehe Oury Jalloh, NSU). So hängt die Frage, ob die Nazis nun laufen werden oder nicht lediglich von einer Instanz ab: der Polizei. Beschließt diese also dass die Nazis laufen dürfen, werden lediglich mehr Einsatzkräfte nach Magdeburg gezogen, die die Gegendemonstranten in Schach halten. Eine Sitzblockade ist demnach kein Instrument eines radikalen Antifaschismus, sondern nichts weiter als der Ausruf von Untertanen an einen Leviathan1 in Form von Staat und seiner Exekutive nach einer moralischen Gerechtigkeit.

 

Eine Lösung des Schlamassels ist nicht in Sicht. Trotzdem erscheint es nicht sinnvoll, politische Inhalte zu opfern, um Bündnisse hervorzubringen, welche nur einen Staus Quo erhalten wollen. Im Gegenteil – es ist nicht mehr notwendig, die Fußtruppe des liberalen Bürgertums zu sein und Magdeburgs Ruf als angebliche weltoffene Stadt zu verteidigen. Sollen doch BgR und „Magdeburg-Nazifrei!“ sich darum kümmern! Wenn die bürgerliche Gesellschaft sich die Suppe schon selbst einbrockt, dann soll sie sie doch auch bitte selbst auslöffeln. Eine linksradikale Politik, die explizit mit dem bürgerlichen Staat, der Nation und dem Kapital abrechnet und ihre Grundbedingungen und Existenzweise aufweist fehlt in Magdeburg und ist doch so notwenig!

 

Die antifaschistische Praxis darf demzufolge nicht allein auf den Naziaufmarsch ausgerichtet sein. Vielmehr muss eine theoretische Auseinandersetzung mit Begriffen, Ursachen und kritischen Gegenkonzepten (zum Faschismus) stattfinden.

 

Die Umsetzung einer solchen Praxis, würde schließlich auch dem Naziaufmarsch auf Dauer seinen Nährboden entziehen.

 

4. Das Problem an der Wurzel packen

 

Das Problem an der Wurzel packen – Über die Notwendigkeit einer umfangreichen Analyse antifaschistischer Arbeit

 

In den vorangegangenen Textabschnitten haben wir gesehen, dass der Naziaufmarsch in Magdeburg und die darauf zielenden Gegenaktivitäten große Mengen an Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es hat sich aber bisher niemand gewagt, Ursachen für und Funktionen von Menschenfeindlichkeit und autoritärer Herrschaft zu benennen und daraus politische Forderungen abzuleiten, sich selbst also ein politisches Profil zu geben. Die Gegenaktivitäten stellen eher eine Art der Verwaltung der bestehenden Gesellschaft dar, einen klassischen Reformismus, der sich wahlweise am entpolitisierenden Gutmenschentum, oder unverhohlen an der Propaganda nationaler und pseudodemokratischer Werte orientiert. Damit wird stetig versucht, die aus der Gesellschaft und ihrer kapitalistischen Produktionsweise entstehenden Normalitäten und Verwerfungen Stück für Stück kleinzuarbeiten. Nur um sich dann dem nächsten, ein wenig veränderten Produkt anzunehmen.

 

Dabei ist offensichtlich, dass trotz Aufklärungsprogrammen, trotz politischer Kampagnenarbeit und trotz aller anderen Arten von Bekämpfung von Menschenfeindlichkeit sich diese nicht etwa auf dem Rückzug befindet, sondern auf dem Vormarsch. Sie folgt sogar wirtschaftlichen Konjunkturen.1a Anscheinend gibt es da etwas Grundlegendes, etwas was sich beständig erneuert und manchmal stärker, manchmal schwächer auftritt. Es scheint Anteil an Erziehung, Anteil an Herrschaft, Anteil am ganzen gesellschaftlichen Mit- und Gegeneinander zu haben. Beständig wachsen neue Neonazis nach. Der Schein trügt also nicht und sollte auch nicht zum unabänderlichen, womöglich natürlichen Fakt erklärt werden, wie es bürgerliche Politiker_innen regelmäßig tun, wenn sie es überhaupt zur Kenntnis nehmen. Es sind die grundlegenden Funktionsvoraussetzungen einer staatlich regulierten, national zusammengefassten und sich kapitalistisch (re-)produzierenden Gesellschaft, welche Menschenfeindlichkeit in ihrer Vielseitigkeit sowohl fördern als auch direkt hervorbringen und in eine feste Form gießen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass zum Beispiel Rassismus eine wesentlich längere Geschichte hat, als der Kapitalismus und seine Formen. Die Aufhebung des Kapitalismus wird also nicht einfach so zum Verschwinden des Rassismus führen.

 

Dieser viel zu kurze Fingerzeig genügt aber nicht, um radikal-antifaschistisch denken, geschweige denn arbeiten zu können. Es stellen sich daher (mal wieder) die Fragen: (Was ist dann eigentlich Antifaschismus in Theorie und Praxis?) Wie könnte eine antifaschistische, radikale Politik aussehen? Welches sind eigentlich die zu bekämpfenden Ursachen von Faschismus und Menschenfeindlichkeit im Allgemeinen? (Zunächst einmal richtet er sich der Antifaschismus gegen den Faschismus als politische Herrschaftsform und dabei auch gegen seine Anhänger_innen. Diese sind aber nicht einfach nur als Nazis zu erkennen, sondern verstecken sich bewusst und unbewusst auch hinter bürgerlicher Fassade.) Um die erste Frage, die uns alle seit Beginn unserer politischen Arbeit begleitet, zu beantworten, müssen wir wissen, was die Ursachen des zu bekämpfenden Phänomens sind: Wir sollten uns also sowohl mit dem historischen, als auch dem aktuellen Faschismus (und anderen Herrschaftsformen) auf vielfältige Weise beschäftigen. Gleiches gilt für die Auseinandersetzung mit Menschenfeindlichkeit. Dabei können wir nicht auf einer Position stehenbleiben, die nur beschreibt, was geschah/geschieht, sondern müssen uns mit unterschiedlichen Erklärungsansätzen auseinandersetzen. Diese müssen (in größeren Rahmen) diskutiert und eigene Positionen miteinander und gegeneinander entwickelt werden. Es darf nicht sein, dass ein Großteil der antifaschistischen Szene nicht weiß, was Faschismus eigentlich ist/war oder wie sich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit äußert. Wie kann verhindert werden, dass sich so etwas wie der Nationalsozialismus und die Shoa wiederholen, wenn wir nicht wissen, warum sie überhaupt geschehen sind? Dies stellt einen längeren (Lern-)Prozess dar, der stetiger Auseinandersetzung bedarf. Allein das Phänomen zu benennen, ist an sich schon eine Herausforderung, gerade weil viele Bürger_innen gelernt haben, ihre Menschenfeindlichkeit in neuen Gewändern zu präsentieren.2 So hat beispielsweise das Stichwort „Kultur“ weitgehend den Begriff „Rasse“ ersetzt und wird von vielen als der neue Grund ausgegeben, warum manche Menschen weniger und manche Menschen besser für die Gesellschaft seien. Grundsätzlich sowohl „Gesellschaft“ und ihre Verfasstheit als auch die Kategorien von „gut und schlecht“ in Bezug auf Menschen zu kritisieren, darauf kommen nur noch die Wenigsten.

 

Ein radikaler Antifaschismus, der tatsächlich den Anfängen wehrt und Ursachen menschenverachtender Politik bekämpfen will, der muss auch eine Vorstellung davon haben, was die Anfänge bzw. die Ursachen sind. Denn wir glauben, dass heutzutage linksradikale Politik wesentlich mehr als die Bekämpfung von Neonazis sein muss. Mittlerweile ist sie unserer Erfahrung nach ein Sammelbecken und eine Bewegung, die sich zwar hauptsächlich mit Nazis beschäftigt, aber eigentlich gegen Nazis nur als Symbol der Menschenverachtung vorgeht. Gleichzeitig bekämpft sie dabei eine diffuse Vorstellung einer autoritären Herrschaft, welche ihr Vorbild in den faschistischen Regimen des 20. Jahrhunderts hat. Wir können aber als relativ gesichert ansehen, dass diese in ihrer historisch spezifischen Form nicht wiederkehren werden. Die ganze Scheiße aber nimmt jeden Tag neue Formen, Masken und Charaktere an, um die althergebrachten menschenverachtenden Verhältnisse aufrechtzuerhalten. Diesen Verhältnissen gilt es mit ätzender Analyse und bissiger Kritik ihre gutmenschliche Maske zu entreißen und ihr mit Wut und Liebe entgegenzutreten.

 

Ohne solche Analyse, Kritik und entsprechende integrierte Praxis bleibt die Gesellschaft wie sie ist, wenn wir nur alle unserer Arbeit in der arbeitsteiligen Zivilgesellschaft nachgehen. Dann hat auch jede_r seine_ihre (mehr oder weniger bedrohte) Nische gefunden und arbeitet letztendlich am Standort Deutschland mit. Im günstigsten Fall wird der ganze Scheiß ein bisschen weniger unmenschlich. Nazis werden aber immer wieder aufs Neue durch diese Gesellschaft hervorgebracht werden. Diese Art von Reformismus lehnen wir ab. Es gilt integrierte, radikale (latein: radix – die Wurzel) Lösungsversuche zu finden, also radikale Politik zu machen, die sich den Ursachen der Probleme widmet und diese aus der Welt schafft.3 Wir müssen alle Arten der Bekämpfung von Menschenfeindlichkeit integrieren und in einen radikalen politischen Kontext stellen, ansonsten besorgen wir das Geschäft der bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaft und fördern seine Legitimität und damit das Fortbestehen der Ursachen.

 

Es gilt also die grundlegenden Strukturen des heutigen (globalen) Zusammenlebens auf ihr menschenverachtendes Potenzial hin zu untersuchen. Voraussetzung dafür ist, dass man diese Formen nicht als natürlich oder bestmöglich ansieht. Wer so denkt, kann keine kritische Distanz mehr einnehmen, kann nicht global denken, kann nicht lokal handeln und ist zu Politik nicht mehr fähig. Das heißt er_sie ist nur noch zu verwaltendes Objekt und seiner Menschlichkeit (nämlich der Fähigkeit, Geschichte zu machen) (selbst) beraubt. Gerade aus solchen Herrschaftsverhältnissen – zu denen die bürgerliche Gesellschaft zu rechnen ist – gilt es, sich selbst zu emanzipieren und anderen zu ermöglichen, genau das Gleiche zu tun auf ihre Weise. Daher muss die radikale, antifaschistische Kritik und eine an dieser orientierte Praxis an die Wurzeln des bürgerlichen Denkens und der bürgerlichen Gesellschaft gehen.

 

Wohin die Reise geht… – Ein erstes Analyseangebot

 

Wir wollen hier erste Denkanstöße geben, um eine weiterführende Diskussion in Gang zu bringen. Wir wissen, dass diese Anstöße noch nicht ausgereift, unvollständig und verkürzt sind. Wir hoffen in einem breitem Austausch mit Anderen unsere Sichtweisen und Analysen ständig weiterzuentwickeln und zu verbessern. Wir halten es für absolut notwendig darüber in Austausch zu treten:

 

Vielfältige Studien haben gezeigt, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit 4 ihre Wurzeln im Individuum vor allem im Autoritarismus und in der Sozialen Dominanzorientierung hat. Interessant ist, dass es innere Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Formen der Abwertung von Menschen gibt: Ein Sexist ist zumeist auch ein Rassist und umgekehrt. Dieser Zusammenhang liegt unserer Meinung nach im autoritären Charakter mit ausgeprägter sozialer Dominanzorientierung und seinen Bedürfnissen begründet. Der „autoritäre Charakter“ entsteht durch eine von Abhängigkeiten und Gewalt (Schläge; die Androhung des Liebensentzuges) durchzogenen Erziehung in einer hierarchisch gegliederten und herrschaftlich verwalteten Gesellschaft. Dies zeigt sich durch enorme Ich-Schwäche, was auf einen großen gesellschaftlichen Anteil am Charakter schließen lässt. Von Individualität ist da nicht mehr viel übrig, selbst wenn sich die Vereinzelten als Individuen vorkommen und ihre Gedanken als die ihren wahrnehmen. Der heutzutage vorherrschende Individualismus ist ein Trugschluss, denn er bezeichnet nur die Form der Lebensführung und nicht die Fähigkeit der Einzelnen überhaupt individuell zu sein oder zu denken. Diese Fähigkeit wird oft gar nicht erst vermittelt und im kapitalistischen Normalbetrieb auch ganz schnell wieder abgewöhnt. Erwachsen werden heißt, sich den Realitäten des Lebens anzupassen, also sein gerade aufblühendes Ich ganz schnell an die Erwartungen der Gesellschaft anzupassen. Dieser Gehorsam bzw. die Anerkennung der Autoritäten muss den Menschen aber erst einmal eingetrichtert werden. Dazu ist physische und psychische Gewalt in der Familie, der Schule und dem Berufsleben von Nöten. Vor allem Familie und Schule als primäre Sozialisationsorte vermitteln und rationalisieren die herrschenden Zustände als gut und richtig.

 

Für die typischen Verhaltensweisen der fertigen autoritären Charaktere gibt es im Deutschen sogar ein eigenes Sprichwort: „Nach oben buckeln und nach unten treten.“ So ein Verhalten ist im kapitalistischen Konkurrenzbetrieb, im sozialen Statusgerangel und politischen Machtkampf unabdingbare Voraussetzung für Erfolg. Das Festhalten an Althergebrachtem, die Abwehr von Schwächeren, eine generelle Feindseligkeit gegenüber Menschlichem, die Akzeptanz von als legitim erachteten Autoritäten, das Denken in Machtkategorien und der Glaube an irrationale und nicht nachvollziehbare Kräfte zeichnen den autoritären Charakter aus. Sie führen in konkreten Situationen zu Unterwürfigkeit gegenüber den Autoritäten, zu Aggressionen und Gewalt gegen bereits im Vorfeld von denselben Autoritäten stigmatisierten Minderheiten und zur Akzeptanz der Ordnung der Gesellschaft bzw. stimmen sie eher einem Wandel der Gesellschaft von oben zu.5

 

Diese autoritären Charaktere sind aber Produkte ihrer materiellen und ideologischen Umwelt, welche die bürgerliche Gesellschaftsweise darstellt. Diese ist es, die solche Charaktere bevorzugt und notwendig hervorbringt und zweckgebunden erneuert und aktiviert. Die grundlegenden Strukturen und Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaften kann man mit den kurzen Worten Staat, Nation und Kapital beschreiben.

 

Als Lohnabhängige sind die Menschen den für sie spontan nicht durchschaubaren Verhältnissen ausgesetzt, die von erbarmungsloser Konkurrenz, scheinbarer Willkür und Zwang geprägt sind. Kapital als vielfältig auftretende soziale und materielle Form des Herstellen und Tauschens von gleichgemachten Waren trennt die Menschen in konkurrierende Individuen und setzt sie damit in unmittelbare Konkurrenz im Kampf ums (Über-)Leben. Erst so können sie ausgebeutet werden und sind besser beherrschbar, weil sie als Einzelne nicht zusammen kämpfen können6. Die Abhängigkeit vom Arbeitsplatz und die alltägliche Gewalt der Konkurrenz erzeugen Frustration und Aggression. Diese werden dann häufig, obwohl gegen „die da oben“ gerichtet, an vermeintlich Minderwertigen, Schwächeren und Andersartigen ausgelebt. So verteidigen sie ihren Platz in der gesellschaftlichen Hierarchie, indem sie sich nach oben hin anpassen und nach unten treten, um bessere Aufstiegsmöglichkeiten zu haben und die Konkurrenten_innen abzuwehren.

 

Die politische und räumliche Form des Kapitalismus ist der moderne Nationalstaat. Die politische Form Staat wird dabei durch die gesellschaftliche Form der Nation ergänzt. Ihr „Ziel“ ist die Formierung der Bevölkerung zu einem halbwegs homogenen völkischen Körper, welcher seine inneren Konflikte zugunsten internationaler (wirtschaftlicher und militärischer) Wettbewerbsfähigkeit friedlich und zielorientiert beilegt. Die Verstaatlichung und Nationalisierung des Individuums zielt darauf, dass der Einzelne zugunsten der vorgestellten Gemeinschaft zurücktritt und „höheren“ nationalen Zielen Platz macht. Außerdem wird so klar gemacht, wer zu „uns“ und wer zu den „Anderen“ gehört. Dies fördert vor allem die Soziale Dominanzorientierung. Sie ist gekennzeichnet von der Aufwertung der konstruierten Eigengruppe und der Abwertung der konstruierten Fremdgruppen. Dies hat gruppenbezogene Menschenfeindlichkeiten zur Folge, denn erst die Abwertung der Fremdgruppe führt zum Selbstwertgewinn nationalisierter Individuen. So hilft die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit maßgeblich bei der Formierung der nationalistischen Gesellschaft und seiner Insassen_innen zu einem einigermaßen großen Ganzen. Darin liegt faschistisches Potential, denn die Integration aller „Volksangehörigen“ in das Arbeitskollektiv ist ein Kernelement der Faschismen. Sie ist immer negativ aufgeladen, was sich auch im sozialdarwinistischen Weltbild der Faschismen widerspiegelt.

 

Um der Nation auch materiellen Status zu verleihen, braucht es einen Staat. Die politische Form des Kapitalismus ist der moderne Nationalstaat7. Er teilt anhand rassistischer und sozialdarwinistischer Kriterien8 die Menschen in In- und Ausländer_innen und vergibt diesem Status entsprechend Rechte und Pflichten. Er reguliert die Bevölkerungsbewegungen, vor allem in den Staat hinein an seinen Außengrenzen. Hier zeigt sich am offensten nach welchen Kriterien ausgewählt wird. Die kapitalistischen Kriterien des Werts werden auf die Menschen übertragen und so wird Menschen, die als „wertvoller Bevölkerungszuwachs“ gelten, die Einreise wesentlich einfacher gestaltet.9 Der Wert der Menschen wird an ihrer Verwertbarkeit in der kapitalistischen Konkurrenz gemessen. Besonders krass zeigt sich der staatliche Rassismus im Umgang mit Menschen, die aufgrund verschiedenster Gründe ihre Lebensmittelpunkte verlassen haben. Sie dienen deutschen Politiker_innen und Bürger_innen, oftmals als Sündenböcke für die nicht durchschauten Probleme der kapitalistischen Akkumulation.

 

An dieser Stelle ist leider nicht ausreichend Platz, um sich ausgiebig der Frage nach allen möglichen menschenverachtenden Einstellungen zu widmen. Wir bedauern dies, hoffen aber auf eine ergiebige und raumnehmende Auseinandersetzung zu den einzelnen Punkten. Gesellschaftliche Diskurse und Praxen spiegeln permanent die Existenz gesellschaftlicher Hierarchien, reproduzieren sie dabei und zeigen sich in der Rechtsprechung. Die Funktion der Aufrechterhaltung ist nicht nur in der Privilegierung bestimmter Bevölkerungsanteile zu suchen, sondern auch in der Entwertung von Arbeiten, welche nur von bestimmten Bevölkerungsgruppen durchgeführt werden, wie etwa reproduktive Tätigkeiten im häuslichen Bereich.

 

Der moderne Nationalstaat ist aber vor allem durch sein Gewaltmonopol gekennzeichnet. Polizei und Militär stellen die größte Bedrohung für ein freies und gleichberechtigtes Leben dar. Denn die in ihnen vertretenen sehr speziell und sehr zielgenau zugerichteten autoritären Charaktere, können jederzeit selbst oder auf Befehl eine kaum zu besiegende Herrschaft etablieren, die sich fundamental von der jetzigen unterscheiden kann. 10

 

Insgesamt gesehen braucht der moderne kapitalistische Nationalstaat als Herrschaftsstruktur autoritäre Charaktere mit ausgeprägter sozialer Dominanzorientierung, um in seiner kapitalistischen Umwelt zu funktionieren. Gerade in der momentanen Weltwirtschaftskrise und den weltweiten Machtverschiebungen wird wieder verstärkt auf die Anrufung des Nationalen und des Völkischen gesetzt und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist im Aufwind. Dies bietet sich als psychologischer und strategischer Krisenlösungsmechanismus geradezu an. Sie ergänzt die gewaltvolle Durchsetzung der verniedlichend Konjunktur- und Sparprogramme genannten Angriffe auf die Lohnabhängigen perfekt. Antisemitische Stereotype 11 bei völkisch geprägter Pseudokapitalismuskritik schlagen uns allenthalben um die Ohren, als ob es 1929 wäre und die Zunahme und der Inhalt der rassistischen Diskurse gegenüber Einwander*innen und Asylbewerber_innen erinnern zunehmend an die Zeit nach der Wiedervereinigung. Gleichzeitig strebt Deutschland in der EU die politische und wirtschaftliche Vormachtstellung an. Die politisch-autoritäre Wende des euroatlantischen Kapitalismus, welche spätestens mit der Weltwirtschaftskrise der 1970er Jahre unter dem Label Neoliberalismus begann, nimmt seit der Krise wieder mächtig an Fahrt auf. In Deutschland ist die Wiedereinführung der Zwangsarbeit durch die sogenannten Hartz-IV-Gesetze der untrügbare Beweis dafür, in welche Richtung die Reise geht: zum autoritären Kapitalismus.

 

 


 

 

Dieser Text stellt den Versuch dar, Nazis und anderen Menschenfeinden nicht nur Blockaden, sondern auch einen kritisch reflektierten Inhalt entgegenzustellen. Wir hoffen damit einen Beitrag zu einer weitergehenden und tieferen Auseinandersetzung leisten zu können. Wir freuen uns auf eine belebte Diskussion.

 

Der Text stellt den Anfang unserer Auseinandersetzung mit der Thematik dar. Wir wissen bereits jetzt, dass bestimmte Dinge fehlen und manche im falschen Kontext stehen. Gleichzeitig sind auch in unserer Gruppe bestimmte Sichtweisen umstritten und müssen künftig noch diskutiert werden. Weiteres wird bald folgen…

 

 

 

Magdeburg, Januar 2013


AG KOMA

 

agkoma.blogsport.eu

agkoma@riseup.net

 


 

1 Der Leviathan ist ein alttestamentarisches Seeungeheuer. Es bezeichnet in der politischen Bidersprache die alles überragende Staatsgewalt.

 

1a Die Studien des kritisch zu betrachtenden Konfliktforschers Wilhelm Heitmeyer („Deutsche Zustände“) bieten dafür eine gute Grundlage. Dabei sind aber nicht nur die Zahlen zu beachten, sondern vor allem die Analysen. Es scheint leider, als ob die Menschen, die die Aufrufe schreiben, sich die Bücher mal zur Hand nehmen, dann aber nur Zahlen herausschreiben. Ansonsten wäre man schon länger auf der Fährte der Ursachen.

 

2 Auch dies ist eine Folge davon, dass sich permanent nur auf oberflächliche Sprachkritik und auf das Widerlegen ohnehin widersinniger Vorurteile konzentriert wurde.

 

3 Das soll nicht heißen, dass Nazis nicht bekämpft werden müssen. Im Gegenteil, sie stellen eine Gefahr für jede*n dar, der nicht in ihr widersprüchliches und diffuses Weltbild passt, also potentiell für jede*n.

 

4 Dazu zählen nicht nur Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Klassismus, Ableism, Ageism sondern auch Etabliertenvorrechte, Islamophobie, Transphobie, Homophobie, usw.

 

5 Viele Autoren*innen führen zurecht an, dass die permanente Erzeugung autoritärer Charaktere in der kapitalistischen Produktionsweise einen wichtigen Grund für die Entstehung faschistischer Regime im 20.Jahrhundert darstellte.

 

6 Auch Rassismus und Sexismus sind oftmals als Teile-und-Herrsche-Strategie herrschender Klassen verstanden worden. Sie zielten bewusst darauf eine Vereinigung der unterdrückten Klassen zu verhindern.

 

7 Er bildet die „materielle Verdichtung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse“ (Nicos Poulantzas) und ist nicht etwa das einfache Instrument der herrschenden Klasse, sondern ein umkämpftes soziales Terrain unterschiedlich starker Kapitalfraktionen und sozialer Akteure*innen.

 

8 Diese Kriterien können von Staat zu Staat stark variieren. Gemeinsam haben aber alle die Abwehr von als „unnütz“ und „zu fremd“ empfundenen Menschen.

 

9 Nicht dass sie gleichberechtigt zu Staatsangehörigen höherer sozioökonomischer Schichten wären, aber sie trifft der staatliche Rassismus, der sich an den Grenzen zeigt auf andere Weise.

 

10 Alle Faschismen sind aus militaristisch und patriarchal geprägten Gesellschaften entsprungen. Damit zeigt sich auch nochmals die Wichtigkeit sich mit dem Patriarchat und dem Militär als Hort der Männlichkeit und als „Schule der Nation“ genauer auseinanderzusetzen.

 

11 Damit ist das allgegenwärtige Gerede von „gierigen Bankern, die das gute und hart arbeitende Volk mit ihrem Zinssystem wie Parasiten aussaugen“, gemeint.

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...nur noch 6 stunden zu schlafen und ich muss das auch noch lesen.

kannste knicken!

Is ja schön, habt ihr das geschrieben für die Beamten und städtischen Angestellten unter den Genossen, welche den Protest lieber bei einem Matettee verfolgen?

Erstmal Respekt für den Artikel, und gut fundiert Kritik, über die ich sehr froh bin, dass sie geäußert wurde. Auch wenn in diesem Beitrag keine Erwähnung von antisemitischen Parteien innerhalb des Bündnisses stattfindet, so stellt - wir ihr selbst schreibt - dieser Beitrag erst einen Anfang dar.

Auch stellt dieser kritische Entwurf nicht nur Geblubber dar, sondern zeugt von "wahrer" Kritik. Sie nimmt Ursachen und Entstehungsformen auf, verweist auf weitere inhaltliche Auseinandersetzung und räumt selbst ein, nicht die ideale Kritik formuliert zu haben.

 

Es geht nun mal nicht, á la ZK oder Antisemiten-Nord-Sachsen-Anhalt-Stil nur mit den Fäusten durch die Stadt!

Dumme Schläger, die meinen, ihre Männlichkeits-fetisch solle sich auf der Straße ausleben, anstatt einmal ein Buch in die Hand zu nehmen, ist erbämlich, sorry.

 

Über weitere inhaltliche Veröffentlichungen bin ich gespannt, vlt. gibts ja auch Verweise auf Seiten zum Nachlesen, oder so.

 

Antisemitische Schläger unmöglich machen! Auch Linke!

Menschen die inflationär das Wort "Antisemit" benutzen und es somit relativieren unmöglich machen - vor allem "Linke".

 

Es wird ziemlich viel herbeihalluziniert und viele Gruppe, die man eher am rechten Rand der "radikalen" Linken findet, dramatisieren maßlos, bis zum absolutem Rufmord und Unterstellung.

 

Aber da spielt der Innerlinke-Konflikt, bzw das was sie daraus machen, eher ne Rolle als Nazi zu blockieren.

 

Woher kommt dieser Hass nur?

Ich bin dafür diesen unützen Beitrag zu löschen.

 

Denn was Antisemitismus und "wahre Kritik" ist und was nicht, verschwimmt da gerade zu und stellt eigentlich nicht mehr als eine sinnlose Provokation dar.

 

Und dieser ausgelutschte Verweis auf ein Buch... mal im Ernst, wir wissen es langsam mal. 

Ab und zu mal die Nase aus dem Schinken zu ziehen und Aktiv zu werden würde allerdings auch nich Schaden, alleine vom Theorie-Gemackere ändert sich ein Scheissdreck und damit werden auch keine Nazis blockiert.

Genau! Imemr diese Antisemitismus Vorwürfe! Das sind die Gleichen, die sofort behaupten man wäre Sexist, wenn man bloß mal "Schwuchtel" oder "Fotze" sagt! Damit entwertet ihr den BEgriff Sexismus! Und überhapt. Ob alle ind er NPD wirklcih Faschisten eind wisst ihr doch auch nciht! Die als Faschisten zu bezeichnen ist die totale entwerung des BEgriffs Faschismus!

Echt mal ihr verharmlost hier antisemitismus, Sexismus und Faschismus. Und sowas bleibt auf Indymedia stehen? Ich kanns nicht fassen

Schön das mein Kommentar komplett aus dem Zusammenhang gerissen wurde, aber war nicht anders zu erwarten.

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Antisemitismus wird relativiert, wenn kein Antisemitismus dort aufzufinden ist wo man mit dem Finger zeigt und schreit "Antisemit".

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Und was aus so manchen Ecken alles als "Antisemitisch" bezeichnet wird, ist schon lächerlich Böswillig.

Genauso gibts Heinis die Behaupten, Sexismus würde erst bei körperlichen Übergrffen anfangen, blöde Sprüche hingegen wären überhaupt nicht sexistisch weil ja auch garnicht so gemeint.

 

Sexismus wird dann in deren Sicht relativiert, wenn (laut ihnen) kein Sexismus vorhanden ist und man mit dem Finger zeigt und schreit "Sexist".

 

Wie wäre es wenn du begründest warum etwas nicht antisemitisch ist, statt zu behaupten der Antisemitismus würde verharmlost, wenn er beim Namen genannt wird? Kann ja sein, dass es irgendwo zu unrecht gesagt wird.

 

 

Den Vergleich mit der NPD lasse ich jetzt sein. Bei genauerer Betrachtung müssen Nazivergleiche nicht sein.

was soll denn jetzt dieser bekloppte Sexismus vergleich?

 

Es geht darum, das ständig, vollkommen aus dem Kontext gerissen, immer wieder Theorie-Macker mit ihrem Steckenpferd ankommen und "WAS IST MIT DEN ANTISEMITEN" brüllen.

 

Der Typ halluziniert von antisemitischen Parteien innerhalb des Bündnisses. Ja welche denn?

wie wäre es wenn der Typ mal begründet wo denn die bösen Antisemiten sind, anstatt das man frägt wo sie nicht sind?

(Ich lasse ZK mal weg. Wobei da der Antisemiten-Vorwurf auch sehr, sehr Einseitig ist.)

 

Für diese Hardliner ist man doch schon Antisemit wenn man das Wort Israel überhaupt in den Mund nimmt.

 

Und was soll dieses dogmatische Gelaber von "wahrer Kritik".wtf?

 

und..

Was ist denn ein "Antisemiten-Nord-Sachsen-Anhalt-Stil"????

STOPPT DIESE RELATIVIERUNG DES BEGRIFFES "ANTISEMITISMUS"! das is ja ne Schande.

Eine Schande ist es, was diese Gruppen von sich geben.

 

Der Sexismus-Vergleich sollte deutlich machen was für eine Argumentation du da benutzt.

 

Aber ist schon klar: Für dich fängt Antismitismus halt erst an wenn einer "Ich hasse Juden" sagt und wer sich selbst als "links" verteht kann ja schonmal gar kein Antisemit sein.

 

Das ist halt Peinlich, aber leider immer noch weit verbreitet.

Der Sexismus-Vergleich ist Schwachsinn.

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Eine Schande ist es was heutzutage alles in den "Antisemitismus-Begriff" reininterpretiert werden kann/darf.

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Viel Verschwörungstheorien aus dem Neo-Kon-Eck. Und scheinbar auch die einzige Lebensaufgabe die sich diese Vertreter auf die Fahne geschrieben haben.

Scheuklappen abnehmen und auch noch andere Themen behandeln und nicht jeden X-Beliebigen als Antisemit betiteln, der nicht in euer Weltbild passt.

Peinlich.

...bist du, wenn dir deine Scheuklappen nicht erlauben Antisemitismus da zu sehen, wo er auftritt. nämlich auch in der Linken. Und das hat nix mit bösen Verschwörern aus der Neo-Con Ecke zu tun. Dass das für sich die einzige Erklärung ist spricht Bände.

 

Mag sein, dass sich die ein oder anderen da ein wenig drauf versteifen. Das ändert aber nichts and er Tatsache, dass eine Diskussion über Antisemitismus in der Linken nach wie vor notwendig ist.

 

Und der Sexismus-Vergleich ist kein Schwachsinn. Es ist tatsächlcih die gleiche Argumentation. Es gibt einen anderen Ausgangspunkt und daher eine andere Interpretation. Und weil es anscheinend nciht möglich ist, das ganze irgendwie konstruktiv zu diskutieren wird lieber rumkrakeelt, dass das alles nur hyterisch, übertrieben und überhaupt total an den Haaren herbeigezogen ist. Acuh das ist peinlich.

Reflektion statt Aktionismus????

 

Hallo? wie bescheuert ist diese Aussage denn?

 

Na wenn das die Wegbereiter für eine bessere Gesellschaft ist, dann gute NAcht.

 

nur Daheim bei Mutti sitzen und lesen bringt leider nix.

 

Und reflektieren UND Aktionismus, das bekommste nich unter einem Hut wa?

 

Rätst du den Nazis in Magdeburg auch das sie lieber lesen gehen sollen?

 

Deine Aussage ist Hohn und Spott für Aktivisten und den Leuten an den Barrikaden.

ich zitiere:

Es geht nun mal nicht, á la ZK oder Antisemiten-Nord-Sachsen-Anhalt-Stil nur mit den Fäusten durch die Stadt!

Dumme Schläger, die meinen, ihre Männlichkeits-fetisch solle sich auf der Straße ausleben, anstatt einmal ein Buch in die Hand zu nehmen, ist erbämlich, sorry.

 

..Es geht nun mal nicht, ala Neo-Kon oder Anti-D-Stil nur mit den Büchern Zuhause im Zimmer!

Theorie-Macker, die meinen ihr Soli-Fetisch solle sich auf der Strasse ausleben, anstatt einmal praxisorientiert zu Agieren,ist erbärmlich, sorry.

ich finde den Spruch: "geh lieber n Buch lesen, als auf die Strasse" von den bekannten Aktivismus-Hassern immer stets amüsant.

 

ich bin kein Marx-Fan, aber ich zitiere dennoch einige sehr schlauen Sätze zu dem Thema "blaBücher lesen blaBarrikaden sin Blöd":

 

Die Massen wird nicht von alleine Anfangen Marx zu lesen und schon gar nicht dessen Wälzer zu verstehen. Ohne eine aktive, sich einbringende Linke wird das nicht passieren!

 

Geschichte entsteht nicht aufgrund von Ideen einzelner schlauer Leute sondern
aufgrund der Lebensbedingungen der Massen! D.h. der Kapitalismus wird nicht von
einer Menschenmenge abgeschafft, die gegen denselben ist, weil sie Marx gelesen hat
und das gut fand was der sagt, sondern von einer Masse von Leuten, die unter dem
Kapitalismus leiden und deshalb wütend sind. Keine bisherige Revolution begann
damit, dass Leute auf die Straße gingen, weil das in irgendwelchen Büchern stand!
In Frankreich waren es Horden, die aus Wut das örtliche Gefängniss (die Bastille)
stürmten, in Russland Frauen die wegen den hohen Brotpreisen auf die Straßen
gingen.
Klar, spielt letztendlich die Idee auch eine große Rolle, entscheidend ist aber die
materielle Grundlage, die die Leute betrifft und wütend macht!

 

 

in diesem Sinne: Wut-Bürger Ahoi! ;)

erst mal danke für diesen äußerst reflektierten und nachdenklichen artikel!

völlig berechtigte kritik am bündnis und den organisationen rund um das event heute. wie alle wissen, die bereits versucht haben sich in bündnissen oder ähnlichem zu organisieren ist diese arbeit jedoch gar nicht so leicht.

unabhängig davon aber trotzdem heute den nazis keine plattform bieten!

und ganz egal wie das heute nun ausgeht, sollte meiner meinung nach jeder für sich diesen artikel durchlesen und sich die ein oder anderen gedanken machen. somit kann jede_er ihr_sein eigenes handeln hinterfragen und betrachten und in jedem fall etwas daraus "lernen" oder mitnehmen. Selbst die leute die später wieder über den artikel herziehen werden, können und sollen kritisch einzelne denkansätze aufgreifen und so eine weiterführende diskussion entfachen, die positive ergebnisse für bessere ansätze antifaschistischen handelns liefern können.

gruß und "viel glück" uns alllen heute.

Schöner Artikel, viele denkanstoesse, morgen les ich auch zuende

 

gruß

Diese langweiligen Texte sind doch nur die x-te Wiederholung der antideutschen Unzulänglichkeit. Kein Bisschen Praxis mehr, dafür jeden Antifa-Protest mit solch schmierigen Textwüsten belästigen. Keiner will mehr mit euch spielen!

und niemand mehr mit euch prollen.

Auch wenn es nicht in das Schema passt ... Dieser Text hat absolut keinen "Anti-D-" oder "Anti-Imp" Hintergrund. Das Kommentare wieder diese gesamtdeutsche linke Dauerthematik in die Diskussion bringen, ist typisches Rückzugsverhalten. Als antifaschistischer  Rummelboxer reise ich von Stadt zu Stadt und lese ab und an auch ein Buch. Lieber mit Fäusten durch die Stadt, als immer Hände in den Taschen. Zum Glück haben sich sowohl verprellte Stadtfeld-Ghetto Kids als auch intelektuelle von den Bahamas in Magdeburg selbstüberholt. Platz frei für neue Wege und Initiativen, dieser Text kann ein Anfang sein. In Nord-Sachsen-Anhalt muss man sich noch öfter einer realexistierenden Bedrohung in Form des politischen Gegeners stellen. 

ich schliesse mich dir völlig an! Guter Text, ich denke Praxis und Theorie gehören zusammen. Und zum Thema Anti-D und Anti-Imp bla bla bla - alles was nicht in euer Blickfeld passt, sei es ein Theorietext wie dieser oder ein eben solcher in dem das Wort Antisemitismus nicht in jedem zweiten Satz vorkommt ist halt nix Wert was, sowas fällt bei mir unter geistige Armut! (rechtschreibfehler könnt ihr behalten)

Menschen die Aktionismus/Aktivismus auf Teufel komm raus ablehnen und stattdessen den allseits beliebten Satz stammeln "geh n Buch lesen" sind wirklich nicht mehr Ernst zu nehmen.

Ich stimme dir zu.

Die besserwisserische Attitüde, in der von oben herab Argumentationslinie, ist ziemlich anstrengend. Keine Ahnung wer damit erreicht werden soll ?

Völlig fatal ist die Schlußfolgerung, die Nazis hätten ein widersprüchliches und diffuses Weltbild. Es ist ganz klar rassistisch, menschenverachtend, antidemokratisch und leugnet die Geschichte. Das mit Begriffen wie "diffus" und "widersprüchlich" zu relativieren ist meiner Meinung nach eine Verharmlosung, die den Zuständen in der Gesellschaft die im Text kritisiert werden, in die Hände spielt. Insofern bleibt die Frage - was soll mir der Text sagen ?

haste das für die uni geschrieben? aber danke, dass du uns das jetzt alles erklärt hast. was wäre bloß wenn wir dich nicht hätten.

Ich hoffe einfach mal, dass das hier unter all dem  weitgehend inhaltslosem gedisse über mir noch gelesen wird. Eigenltich wollte ich einen eigenen Artikel schreiben, was ich dann aber aus Zeitgründen doch cniht getan habe. Daher hier nur meine relativ ungeordneten Gedanken.

 

1. Was ihr über die Situation in Magdeburg schreibt und ihren Unterschied zu Dresden kann ich nicht wirklich beurteilen. es hört sich aber plausibel an. Was nach dieser Analyse aber dringen nötig wäre und leider fehlt wären Überlegungen zu einer Praxis die sich an der Analyse orientiert. Was bedeutet das konkret für die Beteiligung an Bündnissen? Welche alternativen Konzepte gäbe es und wie sind die zu bewerten? Diesen Fragen nachzugehen wäre durchaus im Rahmen eures Textes möglich gewesen.

 

2. Die Fragen(n) die ihr euch stattdessen stellt sind wesentlich allgemeinerer Natur. Natürlich habt ihr recht, dass eine kontinuierliche Arbeit notwendig ist und Antifaschismus sich nicht auf das Spektakel, einmal im Jahr gegen den Naziaufmarsch auf die Straße zu gehen erschöpfen soll. Die Frage die sich aber in den letzten Wochen und Monaten ganz konkret gestellt hat war nicht, wie eine kontinuierliche Praxis aussehen sollte, sondern was man gegen den Naziaufmarsch unternehmen kann. So wichtig eine kontinuierliche Praxis an den restlichen 364 Tagen des jahres auch ist, so wichtig ist eine vernünftige Praxis an diesem einen Tag. Wie diese aussehen könnte, dazu habt ihr leider überhaupt keinen Beitrag geliefert.

 

3. Ihr fragt, wie eine reflektierte und kontinuierliche linksradikale Praxis aussehen soll/kann. Dabei tut ihr ein wenig so, als ob sich diese Frage vor euch noch niemand gestellt hätte. Sowohl die theoretische Auseinandersetzung als auch ganz konkrete Formen von Organisierung und Praxis existieren überall. Mann muss das Rad nicht immer neu erfinden (das Buch "Antifa. Geschichte und Organisation" aus der Reihe theorie.org ist dabei relativ aufschlussreich).

 

4. Die Beantwortung der Frage nach einer vernünftigen Praxis bleibt leider eine bloße theoretische Andeutung. So sehr ich euren inhaltlichen Hinweisen für eine Praxis zustimme so wenig könnt ihr auch nur halbwegs konkret benennen was das denn für die Praxis bedeuten soll. Der Bezug auf Heitmeyer/Adorno/Poulantzas ist richtig und in einer sich radikal nennenden Linken leider oft keine Selbstverständlichkeit. So lange das hier aber kein Motivationsschreiben für die Aufnahme ins "...Ums Ganze"-Bündnis sein soll geht ihr nicht annähernd weit genug. Ihr verbleibt auf der Ebene einer relativ knappen zusammenfassung und in-Bezug-Setzung der Theorien. Dabei steckt ihr grob die zu vertretenen Inhalte ab, könnt aber keine Praxis daraus entwickeln. Dabei wäre das garnicht so schwer. Bedeutet z.B. der Verweis auf die Rolle der primären Sozialisation, dass sich Linksradikale in Kindergärten und Schulen begeben sollten? Oder sollten wir anfangen subversive Erziehungsratgeber zu schreiben? Müssen wir uns unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung beim Betrieb unseres AZ's oder Jugendzentrums mehr bewusst werden, weil die ein Teil der Sozialisation von Jugendlichen sind? Ist denn wirklich alles verloren, wenn jemand erstmal älter geworden ist? Und nicht zuletzt: Wenn wir durch unsere Arbeit es tatsächlich schaffen, dass einige Menschen mit entsprechender Ich-Stärke aufwachsen und im Idealfall selber linksradikale Inhalte vertreten, was passiert dann mit diesen Menschen? Auch Bildungsarbeit? Oder wollen wir auch irgendwann mal anfangen auf das Einfluss zu nehmen, was allgemein als Politik bezeichnet wird?

 

Ich weiß, dass meine Anmerkungen ähnlich unscharf bleiben wie eure. Ich hoffe ich konnte zumindest ein paar Sachen auf eine etwas konkretere Ebene bringen.