Zwei Tage vor dem Jammermarathon “Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der Opfer des Bombenangriffs auf Dessau am 07.03.1945″ hielten die „Freien Nationalisten“ aus Dessau und Anhalt-Bitterfeld eine „Warm-up“-Kundgebung in der Dessauer Innenstadt unter selbigem Motto ab. Dieser Neonaziaufmarsch wird am 07. März 2009 laut Planung etwa sieben Kilometer durch ganz Dessau führen. Anmelder Alexander W. und die ersten eingetroffenen Kameraden staunten nicht schlecht, als sie von zwei Clowns und XXL-Tempo-Taschentüchern am Kundgebungsort begrüßt worden sind. Nur sehr zögerlich nahmen die Neonazis ihren zugewiesenen Kundgebungsplatz ein, über dem ein Transparent der Clowns hing, das „Bombenstimmung“ verbreiten sollte. Zahlreiche zuvor verteilte Packungen Tempo-Taschentücher auf Din A3 und andere Verschönerungen rings um den Kundgebungsort sorgten zunächst für designierte Stimmung bei den Kameradinnen und Kameraden.
Etwa 45 Neonazis aus Dessau-Roßlau, Anhalt-Bitterfeld und Schkeuditz nahmen an der versammlungsrechtlichen Aktion zwischen 17.00 und 18.30 Uhr an der Museumskreuzung teil. Bei Dessau-Roßlauer Bürgerinnen und Bürgern für den „Trauermarsch“ am kommenden Samstag zu werben war ihr eigentliches Ansinnen. Die Passanten, denen die Nazis ihre Flugblätter anboten, schüttelten nur mit dem Kopf, wandten sich von den extrem rechten Akteuren ab und suchten das Weite. Die breite Kampagne der Nazigegner macht in den zurückliegenden Wochen bereits ausreichend Stimmung in der kommunalen Öffentlichkeit, sodass sich die Dessau-Roßlauer kaum noch vom ewig gestrigen Jungsturm täuschen ließe. Die einzigen Flugblätter die sie an ein paar Jugendliche loswurden, sind auf der gegenüberliegenden Straßenseite in Konfetti verwandelt worden, als sich die Jugendlichen zu den anwesenden AntifaschistInnen gesellten.
Eine kleine Delegation aus Schkeuditz unterstützte die „Freien Nationalisten Dessau und Anhalt-Bitterfeld“. Diese brachten das Transparent der „Mitteldeutschen Freiheitskämpfer“, Kerzen, Skelett- und Sensenmannkostüme, inklusive Werkzeugattrappe und Isomatten mit. Nachdem die in Ungnade gefallene Carola Holz, ehemalige NPD-Landeschefin, mit einer etwa zwanzigköpfigen Gruppe aus Anhalt-Bitterfeld verspätet eintraf, nahmen die Kameradinnen und Kameraden alsbald unter ihrer Ansage Aufstellung und der schauspielerische Kostümball nahm seinen Lauf.
Die strengen selbstauferlegten Auflagen der Versammlungsleitung, des am Samstag folgenden Aufmarsches schienen heute noch nicht zu gelten – Rauchverbot und Disziplin waren bei den Anwesenden heute noch nicht allzu ausgeprägt. Da bleiben ja noch zwei Tage zur Konditionierung. Auch hätte der Beobachter gemäß der hochbeschworenen Opferbereitschaft der Neonaziszene nicht erwartet, dass sich die extrem rechten Schausteller komfortabel auf Isomatten Platz nehmen würden. Die infolge der Bombardierung deutscher Städte ums Leben gekommenen Kinder, Frauen und Greise, die die Kostümierten laut Aufdruck symbolisieren sollten, hatten schließlich auch nicht solch einen Komfort in den kriegsgebeutelten Ruinen der deutschen Städte. Auch die gefallenen deutschen Frontsoldaten hätten sich beim Anblick dieser belustigten Runde im eisigkalten Grabe noch rumgedreht.
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