Hausbesetzung in Hamburg

Das ist ja der Wohnsinn

Seit Wochen gibts in Hamburg Proteste gegen Leerstand und Mietenwahnsinn. Heute wurde zum wiederholten Male ein Haus besetzt: die Oberaustr. 14 a-c.  Wir dokumentieren ein Faltblatt von vor Ort.

Update: Nach 1,5 Stunden wurde die Kundgebung beendet. Das wohl über 25m lange Transpi wurde von der Gerüstfirma unter Mithilfe der Polizei abgenommen und gestohlen.

 

Herzlich Willkommen zur Eröffnung!


Sehr geehrte Damen, Herren und Queers,

Liebe Studis, Azubis, Künstler_innen, Hausbesetzende, Wohnungssuchende, ...

Hallo Verantwortliche, Hallo Nachbar_innen, Hallo Presse.

Wir freuen uns euch und Ihnen unsere Ideen gegen den hier herrschenden Leerstand präsentieren zu können. Wir eröffnen heute ein neues selbstverwaltetes, unkommerzielles Wohnprojekt. Ihr sind herzlich eingeladen, uns einen Besuch abzustatten und sich einen Eindruck vom Haus, seinen aktuellen und hoffentlich zukünftigen Nutzer_innen und deren Wünschen zu machen. Respektiert bitte, dass Fotografien/Filmen nur mit Einwilligung der abgebildeten Personen gewünscht sind.


Infos zum leer stehenden Objekt:

 

Das Abendblatt berichtete am 08.10.2012 über den Leerstand in diesem Grindelhochhaus in der Oberstraße 14. Wir zitieren aus dem Artikel: „Seit Jahren stehen Baugerüste vor dem Haus, wie Anwohner berichten, doch neue Wohnungen wie versprochen sind nicht in Sicht. Hingegen sind offensichtlich sämtliche Mieter ausgezogen. Derzeit lassen der Bezirk Eimsbüttel und die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt prüfen, ob der Eigentümer zur zügigen Sanierung rechtlich gezwungen werden kann. Mehr als 120 Wohnungen, so Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD), kommen nicht an den Markt, obwohl sie dringend benötigt werden. "Mitten in Eimsbüttel ein Quasi-Leerstand - das kann nicht angehen", sagt Sevecke. Der SPD-Bezirkspolitiker Gabor Gottlieb geht in seiner Kritik noch weiter und spricht von einem "Bauskandal": "Hier wird doch spekuliert, anders kann man das nicht erklären." , und weiter:

Im Dezember 1985 verkaufte die Saga, die die anderen Häuser später aufwendig sanierte, das Haus Nummer 14 an eine Firma des Hamburger Geschäftsmanns Ernst Gernot Meie. Das Haus verfiel mit den Jahren und machte schließlich als "Horrorhaus" die ersten negativen Schlagzeilen. Als gegen Meie ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde, kam es zum Eigentümerwechsel an die Trigon Grundbesitz GmbH.“. Doch aufgrund von Personalunionen seien „ die Eigentumsverhältnisse kompliziert“, und die Eigentümer_innen geben an, kein Geld für Investitionen zu haben. Der Abendblatt-Artikel sieht das anders: „Offensichtlich, so vermuten Bezirkspolitiker, wäre für eine Sanierung des Grindelhochhauses also doch genügend Geld vorhanden.

 

Wir haben besseres zu tun, als dem Verfall von Wohnhäusern mitten in Hamburg zuzugucken. Dieses Haus wird seit Jahren leer gehalten.

Im Folgenden kommen unsere Vorstellungen:

 

 

Was wir mit diesem Haus wollen:


Die Stadt Hamburg hat keine Wohnungen für uns. Gleichzeitig müssen wir mit ansehen, dass hier über Millionen m² Büroflächen, Wohnungen und ganze Häuser leer stehen, das finden wir scheiße. Darum wurde heute ein neues Wohnhaus eröffnet.

 

Was wir wollen ist ein Wohnhaus für alle. Ein Haus, das soziales Miteinander, Bildung, Engagement, Kritik, Kunst, Leben und Wohnen miteinander verbindet. Wir brauchen unkommerzielle Freiräume und Wohnraum, aber wir wollen noch viel mehr: offene Räume, Werkstätten, Veranstaltungsflächen, bezahlbare Cafés, Kneipen, Kultur, Politik, Selbstverwaltung... Die Ideen sind viele!

 

Das seit Jahren leer stehende, der Verwahrlosung überlassene Hochhaus am Grindel könnte unser neues Zuhause werden. Hier ist genug Platz, um Workshops durchzuführen, Ateliers zu eröffnen und Kunst zu machen, gemeinsam zu kochen, Platz zum Diskutieren, Feiern, Leben, Wohnen. Noch ist das Haus nicht beziehbar, für längerfristiges Wohnen müssten wir den Rohbau erst noch sanieren. Das wär ja kein Problem, wenn man uns lässt.

 

Wir sind viele. Wir haben gerade angefangen zu studieren oder zu arbeiten, eine Ausbildung begonnen oder sind schon länger in Job, Uni oder Arbeitslosigkeit. Uns alle beschäftigt die Suche nach einer günstigen Wohnung, einem bezahlbaren Zuhause. Wir sind junge Leute mit geringem Einkommen. Ist klar, dass wir uns die teuren und immer teurer werdenden Mieten in Hamburg nicht (mehr) leisten können.

Wir suchen und suchen, ziehen von Wohnungsbesichtigung zu Wohnungsbesichtigung, und nichts ist erfolgreich. Wir kennen es aus eigener Erfahrung: Ohne eigene Wohnung schlagen wir uns bei Freund_innen auf Sofas durch, manche können/müssen sich Hotel-Zimmer leisten, oder sogar in Turnhallen pennen. Solche Zustände sind zum kotzen. Hätten wir doch alle reiche Eltern...

 

Doch selbst wenn: Es gibt einfach nicht genug bezahlbaren Wohnraum. Die Versprechen von Hamburgs Politiker_innen sind für uns nix als hohle Phrasen und zeigen nur, dass sie die Probleme nicht sehen (wollen). Wir brauchen Wohnraum und Platz zum Leben.

Ein neues selbstverwaltetes Wohnhaus finden wir deshalb großartig und absolut notwendig. Und unser neues Haus ist total toll dafür geeignet. Hier wollen wir wohnen!

 

Wir nehmen Projekte wie den "Schröderstift" beim Schlump, das "Bethanien" in Berlin, die "Hafenstraße"-Häuser, die "Rote Straße" in Göttingen oder das "Gängeviertel" als unsere Vorbilder. Wir wollen dieses Haus langfristig selbst verwalten. Und wir wissen: Es ist möglich Häuser zu erkämpfen. Also Los...


Wer soll hier Wohnen?

 

Uns ist es wichtig ein selbstverwaltetes, unkommerzielles Hausprojekt, quasi ein „Wohnheim“ zu haben, in dem wir alle eine Unterkunft bekommen. Dazu gehören für uns neben Studierenden unter anderem auch die Auszubildenen dieser Stadt, da sie oft noch weniger Geld zur Verfügung haben als Studierende.

 

 

Wie wollen wir wohnen?

 

Wir möchten ein selbstverwaltetes Haus haben. Selbstverwaltet bedeutet, dass die Organisation des Hauses gemeinsam durch eine Bewohner_innenversammlung geleistet wird. Das Hausplenum trifft wichtige Entscheidungen gemeinsam, dazu gehören auch Fragen zu Sanierung und Instandhaltung, Finanzierung, Kulturprogramm, Zusammenleben undundund. In der Praxis heißt das nicht unbedingt, dass wir alle zu Handwerker_innen oder Buchhalter_innen werden wollen, aber dass wir zusammen Verantwortung für das Haus übernehmen.

 

 

Wer soll das bezahlen?

 

Wir haben bereits einige Möglichkeiten diskutiert, wie unser geplantes Wohnhaus realisiert werden kann. Dabei haben wir uns an bereits bestehenden Projekten orientiert und positive Erfahrungen zusammen getragen. Eine kleine Ausstellung zu diesen Projekten kann vor Ort an den Fenstern des Leerstands besucht werden.

Es gibt mehrere Modelle, von denen wir zwei in Kürze hier vorstellen wollen:

 

A) Kauf durch das Studierendenwerk, Verwaltung durch die Nutzer_innen:

Das Studierendenwerk könnte das Haus erwerben und dann die Aufsicht über das Gebäude an einen oder mehrere Hausvereine übertragen. Die Entscheidung über neue Mieter_innen treffen die einzelnen WGs. Es müsste dann eine Klausel in den Bestimmungen zur Nutzung von Studierendenheimen geben, dass auch andere Statusgruppen einziehen können. Vorbilder für dieses Modell sind beispielsweise die „Rote Straße“ in Göttingen oder der „Schröderstift“ beim Schlump.


B) Selbstverwalteter Kauf durch das Modell „Mietshäuser-Syndikat“:

Das Mietshäusersyndikat ist ein 1999 gegründeter Dachverband selbstverwalteter Hausprojekte, in dem mittlerweile 61 Häuser im gesamten Bundesgebiet organisiert sind. Durch Direktkredite und Spenden werden ein Drittel der Kaufsumme zusammengetragen. Der Rest der Kaufsumme wird von einer Bank als Kredit zur Verfügung gestellt. Durch die Mieten wird dann nach und nach der Kredit abbezahlt.

 

Ein Hausverein (bestehend aus allen Bewohner_innen) gründet eine Hausbesitz-GmbH der zu 51% das Objekt Oberstraße 14 gehört. Die anderen 49% werden von der Mietshäusersyndikats-GmbH gehalten. Durch eine Vertragsklausel haben beide Parteien ein Vetorecht gegen den Verkauf des Hauses, damit wird das Haus faktisch dem Wohnungsmarkt entzogen und die langfristige Nutzung als Hausprojekt mit bezahlbaren Mieten für Studierende, Azubis und Andere gewährleistet.

 

Wir haben große Pläne, aber es ist machbar!

 

Tanzen! Besetzen! Mieten zerfetzen!

 

November 2012

-New Kids in the Block-

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

warum ist der artikel mit dem logo der kölner sqaut-a-lotis versehen?

Ich habe den Artikel moderiert. Ich wollte den Artikel prominent auf der Startseite anzeigen, weil er den entsprechenden Anforderungen der Moderationskriterien (weitgehend) entspricht. Allerdings fehlte ein Startbild. Alle Artikel auf der Startseite sollen ein Startbild haben. Also habe ich mich auf die Suche nach einem Startbild gemacht und mir hat dieses Bild gefallen. Dass es sich um ein Logo handelt war mir nicht bewusst. Mir hat die Message "squat-a-lot" gefallen, weil die Genoss_innen in Hamburg grade in dieser Thematik mehrfach aktiv waren.

 

Ist es ok, dass Bild mit dieser Erklärung zu belassen? Oder gibt es Einwände? Und einen Gegenvorschlag?

bei indymedia.de sind einige fotos. vielleicht können die ja auch hierhin?

 

Ansonsten einige Presse:

-WELT:

http://www.welt.de/regionales/hamburg/article110748497/Rauchbomben-gegen...

-MOPO:

http://www.mopo.de/nachrichten/demo-gegen-leerstand-aktivisten-besetzen-...

und hier ein video / nachrichtenbeitrag von hamburg 1

http://www.hamburg1.de/aktuell/Studenten_besetzen_leerstehendes_Grindelh...

Einige Bilder haben den Weg auf linksunten gefunden und das Startbild wurde ausgetauscht, damit nachfolgende Leser_innen unseren Dialog verstehen, habe ich das ursprüngliche Bild an diesen Kommentar angehängt.

 

Solidarische Grüße und squat-a-lot

 

squat-a-lot

Erstmal: Super aktion!

Ich finde es sehr verständlich, dass ihr gerade einfach akuten Wohnraum sucht. Trotzdem ist es schade, dass ihr keine weitergehende Kritik äußert, sondern auf der "Wohnungen sind teuer"-Schiene verharrt. Die Verbindung zum kapitalistischen System wird leider nicht gezogen. Auch der von vorne herrein angekündigte Kauf irritiert ein bisschen. Wollt ihr nur ein weiterer weicher Standortfaktor und Prestigeobjekt für die Stadt werden, wie z.B. das Gängeviertel? Das finde ich schade, Chance vertan.

Da würde ich mir lieber eine offensive Konfrontation suchen, wie es zuletzt zum Beispiel bei der Hausbesetzung in Bremen der Fall war (unruhsquat.blogsport.de). Damit meine ich nicht unbedingt die militante Auseinandersezung, sondern zum Beispiel die inhaltliche Positionierung.

 

mit solidarischen Grüßen