Prozessbericht, erster Tag. Deniz K.

Erster Prozesstag gegen Deniz K.

Seit sechs Monaten sitzt unser Freund und Genosse Deniz K. in der Nürnberger JVA in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen am 31. März 2012 bei einer Demonstration für die Bekämpfung von Nazistrukturen und für die Auflösung des Verfassungsschutzes mehrere Polizisten mit einer angespitzten Fahnenstange angegriffen zu haben. Der Tatvorwurf lautet „versuchter Totschlag an fünf Polizisten“. Am heutigen Dienstag, den 23.Oktober 2012, fand der erste Prozesstag statt.

 

Seit sechs Monaten sitzt unser Freund und Genosse Deniz K. in der Nürnberger JVA in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen am 31. März 2012 bei einer Demonstration für die Bekämpfung von Nazistrukturen und für die Auflösung des Verfassungsschutzes mehrere Polizisten mit einer angespitzten Fahnenstange angegriffen zu haben. Der Tatvorwurf lautet „versuchter Totschlag an fünf Polizisten“.


Am heutigen Dienstag, den 23.Oktober 2012, fand der erste Prozesstag statt.


Der neun Stündige Verhandlungstag begann um 08.30 Uhr mit einer Kundgebung des Soli Komitees „Freiheit für Deniz“ an dem etwa fünfzig Prozessbeobachter teilnahmen. Im Anschluss verbrachte der Staatsschutzbulle „Holzmann“ die nächsten Stunden damit, dem Gericht das Beweismaterial in Form von Fotos und Videos vorzuzeigen.


Hier eine kleine Zusammenfassung des Materials:


1. Beweisvideo zeigt den Vorfall in der Königstrasse, Höhe K4 (ehemals Komm), bei dem einige Demonstranten versucht haben eine Absperrung zu übersteigen. Das Polizeivideo bringt kaum nennenswerte Erkenntnisse. Es ist von der Vogelperspektive aufgenommen (evtl. vom K4 Glasbau?!) und zu erkennen ist überhaupt nichts.


Das 2. Video zeigt die selbe Szene, diesmal aufgenommen von der Einsatzhundertschaft Mittelfranken, Einsatzzug Schwabach. Es ist lediglich zu sehen wie etwa vierzig Bullen der besagten Einsatzhundertschaft Mittelfranken Demonstranten zurückdrängen, Pfeffer sprühen, Fahnenstangen auf und ab wedeln und das eine oder mehrere Personen mit ihren Fahnen Stoßbewegungen gegen Bullen machen. Treffer sind jedoch keine zu sehen. Auch der Abstand der besagten Fahnen zu den Bullen ist in dem Video doch recht groß.


Das 3. Video: selber Ort, selbe Zeit. Diesmal von der ebenfalls anwesenden Einsatzhundertschaft Mittelfranken, Einsatzzug Erlangen aufgenommen. Auf dem Video sieht man wie eine Person aus den Reihen der USK einem Stock ausweicht. Auch hier ist nicht zu erkennen ob der Stock getroffen hat oder hätte.
Als nächstes Folgen Fotos auf denen der Staatsschutz mit den Aufnahmen die Schuhe, die Kleidung und das Gesicht des angeblichen Täters unserem Genossen Deniz K. zuzuordnen versucht. Aber auch hier stellen sich die angeblichen Beweisfotos als sehr schwammig und undeutlich raus. Teilweise passen Bewegungen des Unterkörpers (zb. Fußwinkel) nicht zum Oberkörper, dazwischen ein großes Transparent usw.


Bei dem „Beweisfoto“ um die Identität des „Täters“ fest zu stellen, können wir einen jungen Mann sehen ohne einer Fahne oder einem Stock in der Hand.


Auch die weiter folgenden Bilder sind völlig aussagelos. Mal hat der angebliche „Täter“ eine Wollmütze, dann mal wieder eine Capy oder eine Kapuze auf. Auf einem steht er komplett ohne Kopfbedeckung da.


Auf dem 4. gezeigten Video sehen wir hauptsächlich Polizeigewalt! USK Bullen des 3. Zuges der USK Mittelfranken schlagen in der „Sterngasse“ auf Demonstranten ein. Interessant hierbei ist, dass mindestens eine der immer wieder erwähnten roten Fahnen auf dem Boden liegt, eine weitere in der Hand eines USK Beamten zu sehen ist. Auf die Frage nach dem Verbleib dieser Beweismittel kann Staatsschutzbulle Holzmann keine Antwort geben. Das ist insofern Schade weil man hier evtl. den Vorwurf von angespitzten Fahnenstangen hätte entkräften können.


Es folgt eine einstündige Pause.


Nach dem vorlesen des Ordnungsamtberichtes (geschlagene fünfzig Minuten in denen es darum ging warum die Route durch die Innenstadt verboten wurde usw) sprachen drei der angeblich fünf verletzten Polizisten. Einer der Anwälte stellte vorher noch die Entscheidung des Landgerichtes in Frage, bzw. begründete sogar juristisch die Fehlentscheidung des Richters über den Urteil die Demonstration am 31.03.12 nicht durch die Innenstadt ziehen zu lassen.


Keiner der drei Polizisten konnten Deniz identifizieren! Jedoch traten einige Merkwürdigkeiten ins Tageslicht. So stellte der erste Bulle z.B. eine Anzeige wegen Körperverletzung die später durchgestrichen und durch „versuchter Totschlag“ verändert wurde. Wer das denn gemacht hat konnte der Bulle nicht sagen. Er selber war es wohl jedenfalls nicht. Ferner kam raus dass mindestens zwei der drei Bullen gemeinsam verhört wurden, was schon mal gesetzlich nicht in Ordnung ist. Und wenn die Unterschriftsuhrzeiten unter den Protokollen dann dennoch unterschiedliche Zeitangaben vorweisen, dann sprechen wir hier von einer Urkundenfälschung!


Auch wirkten die Aussagen der Bullen recht abgesprochen. Das ist sicher nicht nur den Prozessbeobachtern sondern auch den Anwälten und vielleicht sogar Staatsanwaltschaft und Richter aufgefallen. Die angeblich angespitzte Fahne die der Staatsschutzbulle Holzmann immer wieder erwähnt wurde, wurde vom ersten Bullen wieder mehr oder weniger revidiert. Zu den Verletzungen können wir sagen dass zwei der drei Zeugen keinerlei Verletzungen davongetragen haben. Ein Zeuge gab an einen Kratzer in der Halsgegend gehabt zu haben. Jedoch war er deswegen weder Arbeitsunfähig noch hat er sich irgendwas attestieren lassen. Auf die Frage nach der Intensität der Verletzung gab er an das er nach wenigen Minuten brennen, nichts mehr gespürt hat.

Zusammenfassend können wir über den heutigen Tag sagen


- dass die angeblich schwere Beweislast die die Staatsanwaltschaft und der Staatsschutz vorlegen wollten sich als warme Luft entpuppt hat.
- Bullen und Staatsschutz sich absprechen, lügen und fälschen.
- der Prozess gegen Deniz (und das Beweist wieder einmal der Umgang von Bullen und Staatsschutz mit der ganzen Sache) ein politischer Prozess gegen Revolutionäre ist!


Young Struggle Nürnberg

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Prozessauftakt gegen Deniz K. - Erfreulich hohe Teilnahme von Prozessbeobachter_innen - Videoauswertung und erste Zeugenaussagen - Widersprüchliche Polizeizeugen

 


Heute fand der erste von vier angesetzten Prozesstagen gegen Deniz K. statt. Vor Beginn des Prozesses folgten einige Unterstützer_Innen dem Aufruf des Solidaritätskomitees zur Prozessbegleitung und nahmen an einer kurzen Kundgebung vor dem Justizpalast teil. Rund 60 Unterstützer_Innen hatten sich vor dem Gericht eingefunden um ihre Solidarität mit Deniz zu zeigen.

 

Der Schwerpunkt des heutigen Verhandlungstages lag zum einen auf der Augenscheinnahme des vorhandenen Videomaterials sowie die Vernehmung einiger Zeugen. Das vorgeführte Videomaterial stellte sich alles in allem als recht dürftig dar. Der einzige Anwesende im Saal, der immer eindeutig wichtige Details über den Hergang des Geschehens entziffern konnte, war der Beamte des Staatsschutzes, der die Videos ausgewertet hatte. Selbst der vorsitzende Richter musste hin und wieder nachfragen wo denn nun der besagte "Treffer" mit besagter Fahnenstange gewesen sein soll. Fast schon am Rande wurde aus der "angespitzten Stange" eine "abgebrochene Stange".

 

Die Zeugenvernehmungen gestalteten sich als ebenso durchwachsen. Einige der Zeugen konnten den Hergang nicht widerspruchsfrei zu ihren Kolleg_Innen wiedergeben, auf Nachfragen der Anwälte konnte teilweise nur lückenhaft geantwortet werden. Besonders auffallend war die teilweise exakte Wortwahl der Zeug_Innen wenn es um die Personenbeschreibung von Deniz K. ging.

 

Benedikt Kratscher, einer der Sprecher des Solidaritätskomitees "Freiheit für Deniz" bewertet den ersten Prozesstag wie folgt: "Wir sind mit dem Auftakt der Verhandlung recht zufrieden. Wir konnten durch zahlreiche Unterstützer_Innen im Gerichtssaal ein spürbares Zeichen der Solidarität für Deniz setzen."

 

Weiterhin äußert sich Kratscher zum Geschehen im Gerichtssal folgendermaßen: "Der Verhandlungstag heute, hatneben allerlei Wiedersprüchen seitens der Polizeibeamt_Innen, gezeigt, wie sehr wir mit unserer Einschätzung des Verfahrens im Vorfeld richtig lagen: Das Verfahren gegen Deniz ist mit den schwerwiegenden Vorwürfen bewusst hochgehängt worden. Hinter diesem Vorgehen steht nicht etwa der Wille zur Aufdeckung von Straftaten, sondern die Kriminalisierung ungewollter politischer Spektren. Auch und gerade nach dem heutigen Tag können wir die Absurdität des Vorwurfs "5-facher Totschlag" nur betonen."

 

Der Prozess wird am 24.10.2012 im Saal 619 ab 9:00 forgesetzt.

 

Selbstverständlich stehen Sprecher_innen des Solidaritätskomitees für ein Gespräch mit Ihnen vor Ort zur Verfügung stehen.

 

Solikomitee "Freiheit für Deniz"

c/o Archiv Metropoletan

Eberhardshofstr. 11

90429 Nürnberg

Spendenkonto: Rote Hilfe,

GLS, Kto.: 4007238359, BLZ: 43060967,

Verwendungszweck: „Freiheit für Deniz“

 

Hier der bisherige Pressespiegel:

http://www.sueddeutsche.de/bayern/prozess-in-nuernberg-angeklagt-wegen-versuchten-totschlags-an-fuenf-polizisten-1.1504186

http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/deniz-verweigert-die-aussage-1.2453665?searched=true

http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/prozessbeginn-im-fall-deniz-starke-sicherheitsvorkehrungen-1.2446294

Bin mal echt gespannt ob man hier auch ach so demokratisch ist, und "im Zweifel für den Angeklagten" entscheidet, wie beim Stechprozess. Hoff ich zwar, doch glauben tu ichs nicht. Die Klassenjustiz lässt in den letzten Jahren kaum noch Zweifel an ihrem wahren Charakter. Der Stech-Freispruch, oder erst vor ein paar Wochen, die Einstellung des Verfahrens gegen SS-Kriegsverbrecher durch die stuttgarter Staatsanwaltschaft auf der einen Seite. Die Verfolgung von Sonja und Christian, Christa Eckes, Chris und hier Deniz auf der anderen Seite. (um auf beiden Seiten wenige Beispiele zu nennen) Wenn man so darüber nachdenkt, können unsere Fahnen weder zu dick noch spitz genug sein und wenn man sich das Video anschaut in dem vor ner Woche Polizisten im Wedding einen Mann regelrecht hingerichtet haben, sollte auch über Beinschüsse wieder laut nachgedacht werden. Ich meine wir landen so und so vor Gericht und werden verurteilt, warum dann nicht mal wenigstens "zu Recht"?

Am heutigen, 2. Prozesstag wurden zahlreiche, weitere Paradoxien offenbar:

 

s. http://denizk.blogsport.de/2012/10/24/2-prozesstag-gegen-deniz-k/#more-33

 

Offenbar war ein Kriminalhauptkommissar der Nürnberger Mordkommission derart überbeschäftigt, dass er aus "Personalmangel" zwei Polizeizeugen gleichzeitig "coachen" musste: sonst hat die Nürnberger Mordkommission wohl zu viel zu tun. Lauter Leichen treiben die Pegnitz hinunter...

 

Hier auch ein aktueller Pressebericht:

 

http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/nuernberg-region/prozess-ge...