Achtung: Der Beginn der Demonstration hat sich zeitlich verschoben!
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Seit
geraumer Zeit stellt die Rhein-Neckar-Region einen der
Hauptschwerpunkte nazistischer Aktivitäten in Deutschland dar. Diese
Entwicklung hat sich in den vergangenen Monaten noch verschärft, als
Nazis von ihnen als links wahrgenommene Einrichtungen teilweise unter
brachialer Gewaltanwendung angriffen, wobei dabei auch vor körperlichen
Übergriffen auf politische GegnerInnen nicht zurück geschreckt wurde.
So kam es im Vorfeld antifaschistischer Demonstrationen in Ludwigshafen
und Heppenheim zu Übergriffen mit teilweise massiven Sachbeschädigungen
auf einen US-Shop in Mannheim und auf das Fraktionsbüro der Linkspartei
in Darmstadt, welche sich im Vorfeld deutlich gegen rechte Umtriebe
positioniert hatten. In letzter Zeit versuchen organisierte Neonazis
ihren Einflussbereich auch auf die Südpfalz auszudehnen, hier neue
Strukturen zu schaffen, bzw. bestehende zu festigen und mittels
Aktionen auf sich aufmerksam zu machen.
So häuften sich in den letzten Monaten propagandistische Schmierereien
auch in und um Landau. Sowohl an der Universität als auch an
Autobahnauffahrten sowie in der Innenstadt wurden faschistische und
antisemitische Parolen an Wände gesprüht. Das Stadtbild wurde zudem
mehrfach massiv durch Aufkleber der rechtsextremen Vereinigung
„Aktionsbüro Rhein-Neckar“ (ABRN) verunziert. Darüber hinaus kam es zu
teils massiven Sachbeschädigungen, die sich hauptsächlich gegen Autos
vermeintlich Linker und die selbstverwaltete StudentInnenkneipe Fatal
richteten.
Das Fatal beschreibt sich laut Selbstdarstellung zwar nicht als
explizit links, spricht sich jedoch dezidiert und offensiv gegen
Rassismus, Antisemitismus und Sexismus aus und bietet
antifaschistischen Gruppen Raum für politische Veranstaltungen.
Die verstärkten Bestrebungen der regionalen Naziszene, in der Südpfalz
Fuß zu fassen, zeigen sich des Weiteren daran, dass mit perfiden
Mitteln versucht wird, politisch noch unbedarfte Jugendliche für ihre
menschenverachtende Gesinnung zu werben. So wurden an mehreren Schulen
in Landau und dem nahe gelegenen Kandel sowie an anderen öffentlichen
Plätzen Plakate geklebt, die dazu aufriefen, sich in der
Jugendorganisation der NPD, den Jungen Nationaldemokraten (JN), zu
organisieren.
Eine Zunahme von Naziaktivitäten in der gesamten Region kann
beispielsweise auch daran abgelesen werden, dass laut Recherchen von
lokalen AntifaschistInnen am 27.12.2008 im nur wenige Kilometer
entfernten elsässischen Schleithal ein vom weltweit operierenden
Nazizusammenschluss „Hammer Skin Nation“ organisiertes
Rechtsrock-Konzert mit etwa 1000 BesucherInnen stattfand. Unter den
Gästen befanden sich auch Mitglieder einer regionalen Nazi-Korporation,
den sogenannten „Nationalen Sozialisten Südpfalz“ (im Folgenden: NSSP),
deren Mitglieder auf zahlreichen, auch überregionalen Nazidemos
vertreten sind und welche erstmals am 03.10.2007 als Mitorganisatorin
zweier neonazistischer Demonstrationen in Speyer und Germersheim in
Erscheinung trat.
Bereits hier offenbarten sich die offensichtlich guten Kontakte zum
Initiator dieser Doppeldemonstration, dem „Aktionsbüro Rhein-Neckar“.
Bei diesem handelt es sich um ein Netzwerk rechtsextremer „Freier
Kameradschaften“ aus dem Rhein-Neckar-Dreieck und den angrenzenden
Regionen, der dort für die Mehrzahl nazistischer Aktionen und
Demonstrationen verantwortlich zeichnet und bundesweit zu allen
größeren Nazi-Events mobilisiert.
Momentan versucht das ABRN über seinen Zögling „Nationale Sozialisten Südpfalz“ seinen Einflussbereich auf Landau und Umgebung auszudehnen. Die NSSP unterhalten darüber hinaus gute Kontakte zur NPD und den JN. So war einer der führenden Kader der Gruppe, Stefan Böttcher, bereits Mitglied des NPD-Landesvorstandes RLP.
Alles in Allem verheißen diese Umstände nichts Gutes: Nachdem es Nazis
seit Jahren nicht mehr gelang in der Südpfalz funktionierende
Strukturen aufzubauen, muss nun konstatiert werden, dass es
allerhöchste Zeit ist, antifaschistisch zu intervenieren.
Die Zunahme neonazistischer Aktivitäten, die sich im Übrigen auch darin
niederschlägt, dass sich in diversen Landauer Kneipen an Wochenenden
vermehrt offensichtlich dem rechten Spektrum zuzurechnende Personen
treffen, legt die Befürchtung nahe, dass sich Landau zu einer
Problemzone für Menschen entwickeln könnte, die nicht in die
„Zigarettenschachtelwelt“ (Wiglaf Droste – Mit Nazis reden) von
Faschisten passen, wie es beispielsweise in manchen Teilen der unweit
entfernten Stadt Ludwigshafen und einigen kleineren Ortschaften seit
Jahren schon der Fall ist, wo das ABRN bereits starke Strukturen
entwickeln konnte. Nun stellt sich die Frage, was denn zu tun sei, um
dem rechten Spuk ein Ende zu bereiten.
Die Antwort darauf ergibt sich für uns als zwingende Konsequenz aus der Erfahrung langjährigen antifaschistischen Engagements:
Den wichtigsten Ansatz im Kampf gegen Nazis stellt aus unserer Sicht
eine von Aufklärungs- und Bildungsarbeit flankierte antifaschistische
Politik und Praxis mit dem Schwerpunkt der offensiven
gesellschaftlichen Intervention jenseits von zivilgesellschaftlichen
Lippenbekenntnissen und Betroffenheitsrhetorik dar. Der Umgang mit
Nazis darf keinesfalls ein akzeptierender , sondern muss ein
konfrontativer sein. Antifaschistische Arbeit muss allerdings weit über
die Neonazi – Problematik hinaus in eine wirklich freie und
emanzipierte Gesellschaft fernab von Verwertungslogik und staatlicher
Bevormundung hinaus weisen und die Verhältnisse, welche Nationalismus,
Ausgrenzung und rassistische Diskriminierungen tagtäglich produzieren,
skandalisieren und diesen entschlossen entgegentreten.
Vielleicht ist dieser politische Ansatz auch der Grund, warum in Landau
antifaschistisches Engagement gerne von Seiten städtischer Behörden und
der Polizei sowie der Lokalpresse behindert und diffamiert wird.
Während die Stadt Landau 2007 der rechtskonservativen „Deutschen
Burschenschaft“, welche auch keine Berührungsängste mit dem
dunkelbraunen Lager zu haben scheint, durch das Bereitstellen der
städtischen Festhalle absolute Wohlfühlatmosphäre bescherte, wird der
Antifa Landau ohne offizielle Begründung seit 2005 die Nutzung des
städtischen „Haus der Jugend“ untersagt. Damals zeigte sich die Stadt
in Person des damaligen SPD-Bürgermeisters (heute OB) Hans Dieter
Schlimmer schnell bereit, ein Hip-Hop-Konzert noch am Veranstaltungstag
auf Druck der örtlichen Lokalzeitung Rheinpfalz zu verbieten. Diese
hatte zuvor in unsäglicher Art und Weise über eine von
AntifaschistInnen organisierte Demonstration berichtet. So war der
Berichterstattung beispielsweise trotz Richtigstellungen von
antifaschistischer Seite wiederholt zu entnehmen,
DemonstrationsteilnehmerInnen hätten zum Töten von Kapitalisten
aufgerufen. Tatsächlich war auf einem Transparent „Fight old europe –
Delete capitalist reality“ zu lesen, was fälschlicher Weise mit „Löscht
die Kapitalisten aus„ übersetzt wurde.
Antifaschistische Demonstrationen wurden stets – etwa durch überzogene
Polizeiaufgebote und die Demonstrationsfreiheit bis zur Unkenntlichkeit
verstümmelnde Auflagen und Gebühren sowie grundlose Teilnahme-Verbote –
massiv behindert. 2007 wurden vermeintliche TeilnehmerInnen einer
spontanen Demonstration, die schon damals auf die wiedererstarkende
Neonaziszene in der Region aufmerksam machte, von einem Beamten in
Zivil gar mit gezogener Dienstwaffe auf Kopfhöhe bedroht.
Dieser Umgang mit antifaschistischen AktivistInnen erscheint wiederum
in einem ganz anderen Licht, wenn man erfährt, dass der örtliche
„Extremismusbeauftragte“ der Polizei, Frank Thies, Linke für „rot
lackierte Nazis“ hält. Dagegen spricht er sich im lokalen „Netzwerk
Südpfalz gegen Extremismus – für Zivilcourage“, für das er aktiv ist,
schon mal für einen offenen Dialog mit dem rechtsextremen Spektrum aus.
Der Name des Bündnisses, welches vorwiegend Veranstaltungen zum Thema
Rechtsextremismus durchführt, lässt im Übrigen vermuten, auf welcher
Grundlage hier auf Neonazismus reagiert wird.
Das Extremismusmodell geht davon aus, dass es eine demokratische Mitte
der Gesellschaft gibt, die durch extremistische Ränder bedroht ist,
wobei einziges Kriterium für die Einteilung gesellschaftspolitischer
Positionen das formale Bekenntnis zum liberalen Verfassungsstaat ist.
Durch eine Gleichsetzung des Denkens und Handelns der Nazis mit dem
ihrer linken GegnerInnen wird linke Gesellschaftskritik und
antifaschistischer Widerstand diskreditiert und die Naziproblematik als
Randphänomen abgetan, während eine Auseinandersetzung mit den Elementen
der Naziideologie, also mit rassistischen, antisemitischen,
sexistischen und autoritätshörigen Einstellungen, die sich,
wissenschaftlich belegbar, durch alle Bevölkerungsschichten ziehen,
vermieden wird.
Inhaltlich steht die Extremismustheorie in der Tradition der
Totalitarismusforschung, deren Ursprünge im faschistischen Italien der
20er Jahre liegen und die von vorne herein auf den Schluss einer
Wesensgleichheit von Faschismus und Kommunismus angelegt war und
beschwört die Alternativlosigkeit des Kapitalismus.
Obwohl Totalitarismus- und Extremismustheorien ob der Ausklammerung
jeglicher inhaltlicher Differenzen und Gegensätzlichkeiten ihrer
Betrachtungsobjekte eine Wissenschaftlichkeit abgesprochen werden kann,
dienen diese beiden Ansätze bis heute als politische
Legitimationsinstrumente zur Durchsetzung zumeist konservativer und
reaktionärer Politik.
Beide zielen auf die Gleichsetzung unterschiedlicher politischer
Vorstellungen und Systeme ab und beschwören somit eine
Alternativlosigkeit des Kapitalismus.
Die Totalitarismusdoktrin findet momentan ihre Anwendung bei der auf
eine Relativierung der Naziverbrechen inklusive der singulären Shoah
und eine gleichzeitige Diffamierung kommunistischer Bewegungen
abzielenden Umschreibung der deutschen Geschichte. So dient sie, in
Form der Extremismustheorie (welche nicht zufällig auch
Arbeitsgrundlage des Verfassungsschutzes ist), einer Immunisierung des
liberalen Verfassungsstaates gegen jegliche Kritik, und begünstigt
dadurch gesellschaftliche Entdemokratisierungstendenzen.
In diesem Zusammenhang sei auf den mit einer massiven Beschneidung der
Grundrechte einhergehenden Aus- und Umbau des Sicherheitsapparates
hingewiesen, welcher sich aktuell ohne große Gegenwehr vollzieht. Mit
einem Kampf gegen den internationalen Terrorismus begründet, richtet
sich dieser in der Praxis gegen jegliche Möglichkeiten radikaler, also
grundsätzlicher Kritik, da ganz im Sinne des Extremismusbegriffs von
unterschiedlichen Formen und Inhalten und Zielen des Widerstands – von
Kritik bis Terror, von Emanzipation bis Barbarei – abgesehen wird.
So bleibt es der Definitionshoheit der selbsterklärten Mitte zu
verdanken, dass Linke, die gemeinhin auf ein Mehr an Demokratie, etwa
in Form von Partizipation der Basis und direkter Demokratie, abzielen,
als Feinde der Freiheit diffamiert werden.
Wie „freiheitlich“ der gegenwärtige Status Quo allerdings aussieht und
sich die Apologeten der „Mitte“ gar nicht so sehr unterscheiden von
denen, die sie angeblich bekämpfen, kann man z.B. an der
Flüchtlingspolitik nachvollziehen, welche AsylbewerberInnen mit
Abschiebung in Staaten, in denen Hunger und Folter an der Tagesordnung
sind, bedroht und sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in
Lagereinrichtungen vegetieren lässt, sofern diese nicht schon vorher an
den äußeren Grenzen der Festung Europa scheitern, da sie dort
beispielsweise von Grenzpatrouillen abgefangen werden oder im
Mittelmeer den Tod finden.
Die erwähnten Beispiele zeigen, dass sich vordergründig gegen Neonazis
und deren Umtriebe richtende bürgerliche Initiativen für uns auf den
Weg hin zu einer emanzipatorischen Gesellschaft keine Hilfe, sondern
eher ein Hindernis darstellen. In der Logik solcher sich gegen
„Extremismus“ richtenden Gruppen wird der „Feind“ ebenso in Gruppen
gesehen, die für eine positive Überwindung der herrschenden
Verhältnisse eintreten.
Für uns jedoch liegt der Weg hin zu einer emanzipatorischen
Gesellschaft nicht etwa in oberflächlichen Lippenbekenntnissen gegen
Nazis, sondern in tiefer greifenden gesellschaftlichen Veränderungen.
Zwar stellt das Aufdecken und Angehen von Nazistrukturen eine traurige
Notwendigkeit dar, da Nazis nun mal eine konkrete Gefahr, etwa für
MigrantInnen, Linke, Homosexuelle, JüdInnen, …, darstellen, jedoch kann
ein Leben, in denen sich der Mensch nicht der Profitmaximierung und
somit der kapitalistischen Verwertungslogik unterordnen muss, sondern
imstande ist, sich individuell frei zu entfalten, nur durch Überwindung
genau dieser Verhältnisse zustande kommen.
Der Kapitalismus und das von ihm hervorgebrachte gesellschaftliche
System des bürgerlichen Parlamentarismus implizieren eben in letzter
Konsequenz wichtige gemeinsame Elemente mit der Naziideologie, wie etwa
Rassismus – in Form von staatlichem Rassismus – und Nationalismus – in
Form von Standortlogik. Diese von der „Mitte“ bis ins nazistische Lager
gepflegten Ressentiments entspringen aber nicht bösen Trieben oder der
verkorksten Kindheit ihrer Verfechter, sie haben vielmehr eine konkrete
Funktion im Rahmen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, es
soll nämlich erreicht werden, dass der/die Einzelne seine/ihre eigenen
Bedürfnisse hinter dem Diktat der Produktion zurückstellen muss, was
wiederum der Profitmaximierung dient.
Für uns gilt daher das Postulat, genau diese Strukturen aufzudecken und
zu bekämpfen, welche die Grundzüge faschistischen Denkens produzieren,
was letztendlich in der Überwindung des dieses hervorbringenden – einen
jeden Menschen beherrschenden – kapitalistischen Wirtschaftssystems
führen soll.
Für uns bedeutet dies:
Gegen den Extremismus der Mitte!
Den rechten Ideologien den Nährboden entziehen
Kommt alle am 30.Mai nach Landau (Treffpunkt Hauptbahnhof 12 Uhr)!!!
Zugabfahrten Freiburg / Offenburg / Karlsruhe