Versammmlungsrecht oder Zivilcourage

Erstveröffentlicht: 
11.10.2012

Von Jörg Meyer

Stadt Pirmasens verbietet Nazikonzert wegen Kommerz / Erstes Verbot nach einer Reihe von rechten Veranstaltungen

 

Am Samstag wollen sich Nazis in Pirmasens treffen. Prominente braune Bands werden erwartet. Für die Stadt ist ein kommerzielles Fest nicht vom Versammlungsrecht gedeckt. Sie hat das Konzert verboten.

 

Ein Konzert sorgt für Ärger. Die Nazipartei NPD lädt für Samstag zu einer Kundgebung und einem Familienfest in den Strecktalpark in Pirmasens. Mitten im Zentrum der rheinland-pfälzischen Kleinstadt sollten NPD-Redner sprechen und Bands spielen.

 

Und die haben es in sich. Neben braunen Rock-Kapellen wie »Legion Condor« aus Stuttgart und »Aufbruch« aus Mannheim prominenter Headliner: Die »Lunikoffverschwörung« um Sänger Michael Regener, den Kopf der 2005 vom Bundesgerichtshof zur kriminellen Vereinigung erklärten Naziband »Landser«. Die Kombo galt über Jahre als erfolgreichste Band der rechten Szene.

 

Die Stadt Pirmasens hat das braune Treiben untersagt, am vorigen Freitag erging die Verbotsverfügung. »Nach Informationen des Ordnungsamtes handelt es sich eher um eine kommerzielle Konzertveranstaltung als um eine politische Kundgebung«, sagt Sprecherin Dunja Maurer gegenüber »nd«. Damit sei die Veranstaltung nicht vom Versammlungsrecht gedeckt. Der Strecktalpark sei überdies eine »Erholungsfläche« und für derartige Konzerte nicht geeignet. Die Veranstalter rechnen mit »Minimum 200« Besuchern, sagt NPD-Stadtrat Markus Walter. Es sei nicht die erste derartige Veranstaltung in Pirmasens, aber das erste Mal, dass die Stadt ein Verbot erlassen habe.

 

Tatsächlich erfreut sich Pirmasens bei Nazis einer gewissen Beliebtheit. Die NPD-Landeszentrale hat ihren Sitz hier, bei Veranstaltungen treten prominente Redner von der Bundespartei auf. In den letzten Jahren fanden mehrere Naziveranstaltungen statt. Im August 2011 spielte die rechtsextreme Hooligan-Gruppe »Kategorie C« auf, am 1. Mai marschierten Nazis durch die Innenstadt.

 

Frank Eschrich, der für die LINKE im Stadtrat sitzt, hat von dem geplanten Konzert nichts gewusst. »Es gibt doch die Möglichkeit, NPD-Veranstaltungen erst einmal zu verbieten und es auf einen Gerichtsprozess ankommen zu lassen«, kritisiert er. Doch das sei »mit diesem Ordnungsamt nicht zu machen«. Er habe das Problem in der Vergangenheit mehrfach erfolglos im Stadtrat angesprochen.

 

»Die anderen Veranstaltungen waren klare politische Veranstaltungen und damit vom Versammlungsrecht gedeckt«, sagt Dunja Maurer. Die würden dann auch nicht verboten. »Wir beurteilen das nach den Unterlagen, die uns vorliegen. Das ist eine sehr sachliche Prüfung.«

 

Die NPD will »zur Not bis zum Bundesverfassungsgericht« klagen, tönt Markus Walter. Beim Verwaltungsgericht Neustadt ging am gestrigen Mittwoch ein Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Verbotsverfügung ein. Das Gericht wolle nun erst die Gegenseite, also die Stadt, hören und noch im Laufe der Woche entscheiden, sagt eine Sprecherin.

 

Von organisierten Protesten gegen die Naziveranstaltung war bislang noch nichts bekannt.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Dieser Artikel ist sehr schlecht recherchiert und enthält einige Fehler. Die Landeszentrale der NPD ist nicht in Pirmasens. Sie ist immer noch bei den Armstroffs in Weidenthal, Eisenkehl, mit der Postanschrift Postfach in Bad Dürkheim. Die KC Veranstaltung im August 2011 fand nicht in Pirmasens, sondern in der Nähe von Bechhofen statt. Dies liegt im Verwaltungsbereich der Landkreises Südwestpfalz. Also ist die Stadt Pirmasens nicht zuständig. Die Demo zum 1. Mai war nicht in diesem Jahr. Muss jetzt ein oder zwei Jahre her sein. Richtig ist, dass Frank Eschrich eine Gegenveranstaltung angemeldet hatte. Allerdings kein Megaphon mit beantragt hatte. Daraufhin ihm die Polizei das Megaphon eingezogen hatte. Wenn er von der NPD Veranstaltung nichts gewusst hat im Vorfeld, dann hängt das damit zusammen, dass er nicht in antifaschistischen Zusammenhängen steht.

 

Mittlerweile ist dieser Artikel längst überholt. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat die Veranstaltung als Kundgebung eingestuft. Das Pfalztreffen wird wohl stattfinden. Wie es aussieht allerdings nicht am geplanten Ort. Diesen Weg hat das VG offen gelassen. Im Laufe des Freitags wird darüber die Entscheidung fallen.

Pressemitteilung Nr. 36/12
Eilantrag gegen Verbot einer NPD-Veranstaltung

Beim Verwaltungsgericht Neustadt ist heute ein Eilantrag des NPD Kreisverbandes Westpfalz eingegangen, der sich gegen das von der Stadt Pirmasens ausgesprochene Verbot einer Veranstaltung („Pfalztreffen 2012“) im Strecktalpark in Pirmasens am Samstag, dem 13. Oktober 2012 von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr richtet. Das Gericht wird noch im Laufe der Woche über diesen Antrag entscheiden und hierüber ebenfalls eine Pressemitteilung veröffentlichen.

 

Datum: 10.10.2012
Herausgeber: Verwaltungsgericht Neustadt

 



Pressemitteilung Nr. 37/12

"Pfalztreffen 2012" der NPD vorerst nicht verboten

Das von der Stadtverwaltung Pirmasens gegenüber der NPD ausgesprochene Verbot, am kommenden Samstag im Strecktalpark in Pirmasens ein sog. „Pfalztreffen 2012“  durchzuführen, ist vorerst nicht vollziehbar. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt mit Beschluss vom heutigen Tage entschieden.

Der NPD-Kreisverband Westpfalz möchte am Samstag, dem 13. Oktober 2012, im Strecktalpark in Pirmasens ein sog. „Pfalztreffen 2012“, auch „Kundgebung/Familienfest“ genannt, veranstalten. Dabei sollen Redebeiträge und Musikdarbietungen verschiedener sog. Rechtsrock-Gruppen – als „Top-Act“ soll die Gruppe „Lunikoffverschwörung“ spielen -  von einer auf einem LKW aufgebauten Bühne mit Lautsprecherverstärkung dargeboten werden. Grillstände und Infostände sind vorgesehen. Für die Veranstaltung wird Eintritt verlangt. Die Veranstaltung soll von 14.00 bis 20.00 Uhr dauern.

Die NPD meldete diese Veranstaltung bei der Stadt Pirmasens als Versammlung an. Die Stadt war der Auffassung, es handele sich bei dem „Pfalztreffen 2012“  um eine kommerzielle Konzertveranstaltung, auf die die Vorschriften des Versammlungsgesetzes keine Anwendung fänden und lehnte den Antrag auf Zulassung zur Nutzung des Strecktalparks zur Durchführung der Veranstaltung aus ordnungsrechtlichen Gründen ab. Die Stadt ordnete nicht die sofortige Vollziehung des Verbots an, war aber der Meinung, dass die Veranstaltung wegen des ausgesprochenen Verbots nicht durchgeführt werden dürfe.

Dagegen legte die NPD Widerspruch ein und wandte sich zugleich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht. Die 5. Kammer des Gerichts stellte mit Beschluss vom heutigen Tage fest, dass infolge des Widerspruchs der NPD gegen das Verbot dieses vorerst nicht vollzogen werden dürfe. Nach Ansicht der Kammer handele es sich bei der geplanten Veranstaltung doch um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes. Auch wenn das „Pfalztreffen 2012“ nicht unter einem speziellen politischen Motto stehe, überwiege der auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung und auf ideologische Festigung der Anhänger der politischen Richtung der NPD gerichtete Charakter der Veranstaltung. Das ergebe sich aus den geplanten Redebeiträgen mehrerer politisch aktiver Personen sowie daraus, dass für das Treffen mehrere „rechte“ Musikgruppen verpflichtet worden seien. Aufgrund dessen sei eine eindeutige politische Absicht, auf die Meinungsbildung einzuwirken, erkennbar.

Die Stadt Pirmasens müsse daher die angemeldete Veranstaltung als Versammlung behandeln mit der Folge, dass ein Verbot nur unter engen Voraussetzungen möglich sei, für das bisher nichts ersichtlich sei. Es sei der Stadt Pirmasens aber unbenommen, die Durchführung der Veranstaltung von Auflagen abhängig zu machen, sofern andernfalls nach den erkennbaren Umständen die  öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet wäre. Das könne auch bedeuten, dass der NPD ein anderer Ort zur Durchführung der Veranstaltung vorgegeben werde. Nach den Darlegungen der Stadt spreche Vieles dafür, dass der Strecktalpark dafür objektiv ungeeignet sei, und zwar wegen seiner Topographie, der Anlage der Wege, die für den 7,5 t Bühnen-LKW nicht stabil genug sein könnten, und wegen des Mangels an Toiletten. Zudem dürften negative Auswirkungen auf die im Park vorhandenen Kinderspielplätze und die voraussichtlich hohe Lärmbelastung für die anderen Parkbesucher und die umliegende Wohnbebauung berücksichtigt werden. Im Einzelnen sei es aber Aufgabe der Stadt Pirmasens, unverzüglich hinsichtlich der grundsätzlich unter  dem Schutz des Versammlungsrechts stehenden angemeldeten Veranstaltung der NPD in rechtlich angemessener Weise die notwendigen Entscheidungen zu treffen.

Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - 5 L 892/12.NW -

Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte gestern über den Eilantrag der NPD zur Ablehnung der Durchführung einer Veranstaltung im Strecktal am 13.10. entschieden, dass die Stadt die angemeldete Veranstaltung als Versammlung zu behandeln hat. Die Stadt könne die Durchführung der Veranstaltung von Auflagen abhängig machen. Das Gericht wies in seiner Begründung explizit darauf hin, dass die Stadt einen anderen Ort als das Strecktal als Veranstaltungsort zuweisen könne, da vieles dafür spräche, dass der Strecktalpark objektiv nicht für die Veranstaltung geeignet sei.

Die Stadtverwaltung Pirmasens hat heute einen Auflagenbescheid erlassen, der u. a. folgende wesentlichen Festlegungen trifft:

- Die Versammlung wird räumlich auf den Parkplatz am Eisweiher beschränkt.

- Die Versammlung findet von 14.00 bis 20.00 Uhr statt.

- Der Ausschank von alkoholischen Getränken wird untersagt.

- Es sind Infrastrukturmaßnahmen in Bezug auf Beleuchtung und Entsorgung zu treffen.

- Kindern unter 14 Jahren ist der Zutritt zu der Veranstaltung auch in Begleitung Erziehungsberechtigter nicht gestattet. Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Zutritt nur in Begleitung Erziehungsberechtigter gestattet. Diese Regelung wurde insbesondere deshalb getroffen, da das Verwaltungsgericht sich den Darlegungen der Stadt anschloss, dass durch die Veranstaltung ein negativer Einfluss auf Kinder und Jugendliche zu befürchten sei, die die Musik und insbesondere die Texte der Rockgruppen hören könnten.

- Die Beschallung ist so auszurichten, dass an den in der Nähe befindlichen Wohnhäusern ein Schallpegel von 80 dB (A) und in kurzfristigen Geräuschspitzen 100 dB (A) nicht überschritten wird.

- Vertretern von Polizei, Jugendamt und Ordnungsamt ist ungehinderter Zugang zu allen Bereichen des Veranstaltungsortes zu gewähren.

 

Quelle/Autor: Stadtverwaltung Pirmasens

 

http://www.metropolnews.info/node/13094