Oberhausen: Update zum Kommunismus-Kongress

Kommunismus-Kongress in Oberhausen 2012

Unter dem Motto “kommunismus – communismus – ˌkɔmuˈnɪsmʊs. Reflexion über Geschichte, Kritik und Rettung eines bedeutungsschweren Begriffs” wird am 3. und 4. August ein Kongress im Jugend- und Kulturzentrum “Druckluft” in Oberhausen stattfinden. Das Programm ist nun komplett, deshalb hier ein kurzes Update: Christine Kirchhoff konnte für einen Vortrag zur Relevanz der Psychoanalyse für jegliche kommunistische Bestrebungen gewonnen werden, sie wird am Samstagabend referieren. Weiter hat Dirk Braunstein kurzfristig abgesagt, weshalb der Ablauf noch einmal leicht umgestellt werden musste. Glücklicherweise hat Chris Thein sich bereit erklärt, die entstandene Lücke zu schließen. 

 

Die Teilnahme ist selbstverständlich kostenlos! Alle Ankündigungstexte, weitere Informationen zum Programm und zum Ablauf findet ihr weiter unten und auf der Homepage: http://communismus.org

 

Zur Infrastruktur vor Ort: Es gibt die Möglichkeit, im Druckluft zu übernachten – bitte bringt Isomatten/Schlafsäcke mit. Falls ihr getrennte Schlafräume wünscht oder gerne anderweitig untergebracht werden möchtet, meldet euch einfach. Auf dem Gelände des Druckluft werden außerdem Duschen, WCs und Internetzugang free of charge bereit stehen, (vegane) Verpflegung gibt’s zum kleinen Preis. Wegbeschreibungen und weitere Details findet ihr in den FAQ: http://communismus.org/faq/

 


 

Das Programm

 

Freitag 3.8.

 

18.00

“Die Idee des Kommunismus”

Vortrag und Diskussion mit Roger Behrens

 

Nicht erst die Diskussion um die „Wege zum Kommunismus“, die die Vorsitzende der Partei Die Linke Gesine Lötzsch vorschlug, zeigen, dass „Kommunismus“ in erster Linie mit Gulags, Stasi und Massenhinrichtungen verbunden wird. Unterschlagen wird dabei nur allzu gerne, dass Sowjetunion und Satellitenstaaten sich selbst als sozialistisch, das heißt als Übergangsphase zum Kommunismus verstanden. Bequem ist jedoch auch die daran anknüpfende und in linken Kreisen beliebte Behauptung, das sei eben nicht der Kommunismus gewesen. Hält man sich an die Definition von Marx und Engels, dass er „die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt“ sei, so ist dem Rechnung zu tragen, dass der Realsozialismus sich eben als diese Bewegung verstand. Auch wenn er die einzige militärisch erfolgreiche war, war er jedoch mitnichten eine wirkliche Aufhebung des Kapitalismus, sondern trieb vielmehr die Vergesellschaftung über Arbeit und Staat auf die Spitze. In der sozialdemokratischen Auslegung wurde die Bewegung verabsolutiert, hinter der das Ziel der Überwindung des Kapitalismus zurücktreten musste.

Dieser Hintergrund begründet die Notwendigkeit einer Bestimmung des Kommunismus, die diesen weder aus seiner vermeintlichen Umsetzung ableitet, noch als Bild der befreiten Gesellschaft in die ferne Zukunft verlegt. In der Veranstaltung soll der Versuch bestritten werden, Kommunismus als negative Utopie zu beschreiben, die aus der Kritik der Verhältnisse hervorgeht. Das „Bilderverbot“ soll dabei ebenso diskutiert werden, wie das Verhältnis von Utopie und der Praxis der Aufhebung.

 

20.00

„Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker der Welt“? Zur Kritik des marxistisch-leninistischen Antiimperialismus

Vortrag und Diskussion mit Olaf Kistenmacher

 

Kurz nach ihrer Gründung 1919 entdeckte die Kommunistische Internationale in den nationalen Befreiungsbewegungen ein neues revolutionäres Subjekt. Die berühmte Forderung aus dem Kommunistischen Manifest wurde zu „Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker der Welt, vereinigt euch!“ erweitert. Dieser Antiimperialismus knüpfte an Wladimir I. Lenins Broschüre Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus an, in der Lenin den Imperialismus als „Herrschaft des Finanzkapitals“ definiert und damit einen Begriff geprägt hatte, der heutzutage zur Erklärung der Globalisierung wieder geläufig ist. Die Komintern unterstützte in den 1920er Jahren nationale Befreiungsbewegungen in den Kolonien – eine Politik, die bereits 1927 in China scheiterte und 1929 dazu führte, das Pogrom im britischen Mandatsgebiet Palästina als arabische Aufstandsbewegung zu feiern. Doch anstatt diese Niederlagen selbstkritisch zu reflektieren, blieben die kommunistischen Parteien überzeugt, dass sie nicht nur für die soziale, sondern zugleich für die „nationale Befreiung“ kämpfte. 1930 verabschiedete die Kommunistische Partei Deutschland ihr Programm zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes. Der Vortrag zeigt anhand von Lenins zentralem Text und Beiträgen aus der deutschen kommunistischen Parteipresse, was der Antiimperialismus der 1920er Jahre über den Antikapitalismus der KPD und über die Vorstellung des Imperialismus aussagte.

Olaf Kistenmacher, Hamburg, ist Historiker und schreibt für Jungle World, Konkret und Phase 2.

 


 

Samstag 4.8.

 

13.00

“Aspekte & Probleme linker Bolschewismuskritik”

Vortrag und Diskussion mit Hendrik Wallat

 

Das Scheitern des bolschewistischen Emanzipations- modells ist nicht erst mit dem Zusammenbruch des sogenannten real-existierenden Sozialismus konstatiert worden. Es gab vielmehr eine ganze Anzahl von fundierten Kritiken an Lenins Politik und an der Entwicklung der jungen Sowjetunion, die einerseits sehr zeitnah geäußert wurden und andererseits dem emanzipatorischen Impuls der Oktoberrevolution die Treue hielten. Im Vortrag sollen ausgewählte Schriften vorgestellt werden, die dieser vergessenen, von Partei- wie Antikommunist*innen verdrängten Tradition entstammen. Dabei soll nicht nur zur Aufklärung über die Geschichte des linken Kommunismus und Anarchismus als Alternativen im Prozess der gescheiterten Emanzipation beigetragen werden, sondern auch grundsätzliche Fragen an die Idee radikaler Selbstbefreiung gestellt werden.

Der Referent, Dr. Hendrik Wallat (Jg. 1979), lebt in Hannover. Forschungsschwerpunkte: Politische Theorie und Philosophie, Erkenntnis- und Gesellschaftskritik, Geschichte der Arbeiterbewegung. Letzte Veröffentlichung zum Thema: Staat oder Revolution. Aspekte und Probleme linker Bolschewismuskritik, edition assemblage, Münster 2012.

 

15.00

Kritik des falschen Denkens oder der Vergesellschaftungsform? – Überlegungen zu Realität und Utopie im Anschluss an Adorno.

Vortrag und Diskussion mit Chris Thein

 

Adorno bezieht die Kritik von Denkformen (Idealismus, Positivismus, Existential-Ontologie) auf Phänomene der kapitalistischen Vergesellschaftung, insbesondere den universalen Warentausch. Das Verhältnis von Denken und gesellschaftlichen Sein fasst er jedoch nicht – wie Marx und Sohn-Rethel – als ein Ableitungsverhältnis, sondern in der Weise einer sich dialektisch vollziehenden und zugleich negativen Reflexion. Diese Reflexionslogik wiederum ist materialistisch gebrochen, denn der idealistische Begriff des Ganzen bezeichnet eine in sich verkehrte Totalität. Denken, das sich der rein begrifflichen Ableitung sperrt und zugleich kritisch in einem aufklärerischen Sinne bleibt, verfährt in am Konkreten ausgerichteten Konstellationen, so dass Adornos Utopiebegriff nicht auf den Entwurf einer besseren Welt in ganzheitlicher und teleologisch antizipierter Form geht, sondern auf den Grundentscheidungen seiner negativen Dialektik beruht. Diese Zusammenhänge sollen im Vortrag zur Sprache gebracht und mit Blick auf Realität und Utopie des Begriffs “Kommunismus” diskutiert werden.

 

17.00

“Der Verein freier Menschen – Marx’ Grundlegungen des Realsozialismus”

Vortrag und Diskussion mit Hannes Geißler

 

Der Urkommunismus – ob Mythos oder nicht – solle unter den Bedingungen der Freiheit eingeholt, d.h. die Produktion vergesellschaftet, die historisch errungenenen Bedingungen der Entfaltung des Individuums aber nicht kassiert werden. Soweit die Proklamation des Kommunismus.

Doch im Realsozialismus blieben davon nur schöne Worte. Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel realisierte sich als deren Verstaatlichung. Die unmittelbare Vergesellschaftung der Produktion und deren “planmäßige Kontrolle” (Marx) verwirklichte sich als Eingliederung des Individuums in die sozialistische Gesellschaft bzw. in der plangemäßen Kontrolle des Produktionsprozesses und damit auch der Arbeiter.

Die Kritik der politischen Ökonomie in allen Ehren; aber wo sie über den herrschenden Zustand hinaus weist, wird sie unkritisch. Sie flüchtet in schöne Worten – statt die Gefahr wenigstens zu benennen: dass jenseits verdinglichter Vermittlung nicht weniger, sondern mehr Staat oder andere Formen der Herrschaft und Gewalt drohen.

 

 

19.00

Abendessen

 

 

20.00

“Auf die Couch statt auf die Barrikaden? Oder: Warum die Psychoanalyse zwar wenig mit Kommunismus zu tun hat, aber gerade deswegen nicht fehlen sollte.”

Vortrag und Diskussion mit Christine Kirchhoff

 

Lässt sich mit der Psychoanalyse die Revolution machen? Oder müssen auf dem Weg zum neuen Menschen erstmal alle auf die Couch? Heißt die Frage aller Fragen folglich nicht „Was tun“ sondern „Woran erinnert Sie das“?

Sigmund Freud gilt landläufig als Pessimist: Der Mensch – umhergetrieben vom Unbewussten, weit entfernt davon, Subjekt seiner Handlungen zu sein; die Kultur – schafft Unbehagen; der Kommunismus – eine Illusion.

Die psychoanalytische Theorie gilt so hartnäckig als konservativ, biologistisch und sowieso längst überholt, wie sie immer wieder – beginnend mit der Freudrezeption am Frankfurter Institut für Sozialforschung – als Moment einer kritischen Theorie der Gesellschaft aufgegriffen und begriffen wird.

Der Vortrag soll zur Diskussion stellen, inwiefern die Psychoanalyse „in ihrer strengen Freudischen Gestalt“, wie Adorno es nannte, unabdinglich ist, wenn es um die Kritik der schlechten Wirklichkeit und um den Wunsch nach dem guten Leben geht. Dabei wird es in einem kurzen Überblick um Freuds Verhältnis zum Kommunismus und um die Psychoanalyserezeption in der Linken gehen, hauptsächlich aber darum, warum die Psychoanalyse als Subjekttheorie (Kritik des Antisemitismus im Besonderen und Kritik der Naturalisierung im Allgemeinen) und als Selbstreflexion der Kritik neben der Kritik der politischen Ökonomie stehen sollte.

Am Ende steht die Frage: Kommunismus – Was fällt Ihnen dazu ein?

 

Christine Kirchhoff ist promovierte Psychologin und lebt in Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Psychoanalyse und Kritische Theorie, Psychoanalyse und Neurowissenschaften, Metapsychologie.

 

 

http://communismus.org

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Anscheinend nennt sich die antideutsche Nieschenveranstalung, immerhin, nicht mehr "Antifa Camp", wodurch die Veranstaltung aber nur minimal an Peinlichkeit einbüßt.

Ob die dadurch mehr "Gäste" für das elitäre Programm begeistern können, bleibt zu bezweifeln.

Aber für die Masse ist das ja auch nicht gedacht, denn die "Elite" kuschelt halt lieber unter sich und träumt vom ewigen Partymachen in Tel Aviv.

ich mag grad etwas müde sein und es deswegen nicht finden, aber stell doch bitte mal dein argument etwas deutlicher heraus. was ist peinlich? wer sind die ominösen anführungszeichen-gäste? was hat es mit dieser masse auf sich? und welche elite feiert jetzt in tel aviv?

das ist ja noch nicht einmal witzig. und was deinen offensichtlichen frust bezüglich der masse, tel aviv, partys, eliten oder peinlichkeiten anbetrifft, such dir freunde die mit dir reden. das könnte helfen.

 

p.s.: ich entschuldige mich, dass ich das argument überlesen habe und jetzt hier so viel geschrieben habe. dabei steht das ja schon in der ersten zeile: antideutsch.

 

hilarious. if it wouldn't be so sad...

peinlich ist, dass ihr es nach einem jahrzehnt im ideologischen hamsterrad immer noch nicht gerafft habt, zu was für einer lachnummer ihr mittlerweile verkommen seid. und dann echt noch glaubt, mit dem ewig gleichen langweiligen geschwurbel ein anrecht auf mehr als mitleidiges kopfschütteln zu haben. bei den nazis kann man das festhalten an einen längst widerlegten und gescheiterten ideologieversatz ja noch auf dummheit zurückführen, aber was ist eure entschuldigung.

Sie würde es vllt. immerhin schaffen zu argumentieren, im Gegensatz zu euch.

Schade

Die sog. russlanddeutschen Revisionist*innen vertreiben!

Diese wollen, gemeinsam mit militanten Neonazis, ab 12 Uhr vor dem Düsseldorfer Landtag eine Kundgebung abhalten.

Antifaschistische Kundgebung um 11 Uhr Mannesmannufer / Apollo-Theater.

 

Aufruf zur Kundgebung https://linksunten.indymedia.org/de/node/64738

 

Mit der Bahn kann man vom Hbf in ca. 25 min in Oberhausen sein und ist somit pünktlich zu Chris Thein's Vortrag >>Kritik des falschen Denkens oder der Vergesellschaftungsform? – Überlegungen zu Realität und Utopie im Anschluss an Adorno<<. ;-)