Für den politischen Streik: Wiesbadener Appell

Wir streiken

Wiesbadener Appell

Für ein umfassendes Streikrecht !

Die Bundesrepublik Deutschland hat weltweit das rückständigste und restriktivste Streikrecht.

 

Das Streikrecht in Deutschland ist lediglich Richterrecht. Im Grundgesetz (GG) findet sich außer der Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 kein konkreter Hinweis. Daraus ist keinesfalls abzuleiten, dass dieses Recht nicht vorhanden ist oder irgendeiner Einschränkung unterliegt. In sieben Bundesländern ist das Streikrecht in den Landesverfassungen verankert. In den allermeisten Staaten ist das Recht auf Streik durch die Verfassungen und/oder durch Gesetze garantiert und geregelt. In einigen Ländern haben Gewerkschaften dieses Recht durch Tarifverträge zusätzlich abgesichert und zum Teil noch über den Verfassungs- und/oder Gesetzesstatus hinaus verbessert. Im Jahr 2010 war in der Bundesrepublik Deutschland lediglich nur in einem einzigen Tarifvertrag eine Regelung enthalten, die das Streikrecht ausgeweitet hat. In allen weiteren registrierten 73.958 Tarifverträgen finden sich keine Regelungen zum Streikrecht. Neben der Schweiz und Japan ist Deutschland bei Arbeitskämpfen, die auf den Abschluss von tariflichen Regelungen abzielen, der streikärmste Staat. Auch bei sonstigen Streikformen und deren Häufigkeit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern. Von den 27 Staaten der Europäischen Union ist der politische Streik nur in England, Österreich und Deutschland illegalisiert. Ein Verbot ist indes nirgendwo festgeschrieben. Auch mit den Illegalisierungen von Beamtenstreiks, wilden Streiks, Blockaden, Boykotts, dem Streikverbot durch die christlichen Kirchen, der Einengung von Streikmöglichkeiten nur auf tarifvertraglich regelbare Ziele und den Einschränkungen bei Sympathiestreiks, sind Defizite in unserer politischen und wirtschaftlichen Demokratie verankert.

 

Diese Illegalisierungen, Einengungen, Einschränkungen und Verbote stehen im krassen Widerspruch zu dem Art. 23 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, den Übereinkommen 87 und 98 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dem Artikel 6 Abs. 4 der Europäischen (Menschenrechts- und) Sozialcharta. Insbesondere das Verbot aller Streiks, die nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind, bildet eine schwere Verletzung dieser Bestimmungen. Diese Verbote bedrohen unsere Demokratie, da sie als schwere Menschenrechtsverletzung zu qualifizieren sind. Die Europäische Sozialcharta (ESC) beispielsweise, wurde 1965 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich und stellt einen völkerrechtlichen Vertrag dar, der unter anderem die Gewährung von Arbeitskampffreiheit thematisiert. Nach Art. 6 Ziff. 4 ESC ist es „das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten“. Die ESC ist eine von Deutschland eingegangene Verpflichtung, an der die Gerichte ebenso gebunden sind wie der Gesetzgeber, der die in der ESC eingegangenen Verpflichtungen in innerstaatliches Recht umzusetzen hat. Die Arbeitgeberverbände, einzelne Arbeitgeber und wesentliche Teile der Politik versuchen mit unterschiedlichen Maßnahmen die wenigen Streikrechte immer weiter einzuschränken und zurück zu drängen. Große Teile der Massenmedien berichten meist tendenziell gegen Streikmaßnahmen. Die Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland haben seit den 50er Jahren zu geringe Anstrengungen unternommen, das Streikrecht oder weitere Kampfformen auszuweiten oder zu verbessern. Meistens wurden die wenigen bestehenden Rechte eher verteidigt. Die Organisationsdichte und somit die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften ist von 1950 bis 2000 in den Ländern Finnland (+ 47%), Dänemark (+29,7%), Schweden (+13,9%), Italien (+ 8,8%), Belgien (+ 7,0%), Spanien (+4,0%) und Norwegen (+3,3%) gestiegen. Der politische Streik beispielsweise, ist dort ausdrücklich erlaubt oder wird zumindest geduldet bzw. toleriert. Im gleichen Zeitraum ist u. a. durch den weitgreifenden und freiwilligen Selbstverzicht von Gewerkschaftsvorständen auf das Führen von politisch motivierten Arbeitskämpfen in Deutschland (-11,4%), England (-14,5%) und Österreich (-31,7%) die Organisationsdichte erheblich zurückgegangen. Durch basisgestützte Selbstorganisation innerhalb und mit den Gewerkschaften können die (noch) bremsenden Strukturen überwunden werden. Die Untergliederungen müssen Satzungsanträge an Gewerkschaftskongresse stellen und diese durchsetzen mit dem Ziel ein umfassendes Streikrecht inklusive politischem Streikrecht festzuschreiben. Den ehrenamtlichen Untergliederungen der Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt ist dies 2009 auf dem Gewerkschaftstag gelungen. Mit großer Mehrheit haben die Delegierten einen Satzungsantrag zu einem umfassenden Streikrecht inklusive dem politischen Streikrecht beschlossen. (Gewerkschafts-) politische Bildungsveranstaltungen wie z.B. Workshops, Seminare, Vortrags-, Podiums- und Diskussionsveranstaltungen für Funktionäre, Mitglieder und interessierte Bürger auf allen Ebenen der Gewerkschaften zum Thema sind notwendig, und tragen auch zur Politisierung bei. Eine gesellschaftspolitische Debatte ist zu entfachen durch selbstbewusste Medienarbeit.

 

Hierfür spielen die Gewerkschaften mit ihren zahlreichen Untergliederungen eine zentrale Rolle. Aber auch fortschrittliche Parteien, Verbände, Vereine, Stiftungen und Einzelpersonen werden dabei unterstützend tätig werden können. Die Gewerkschaften müssen selbstbewusste Forderungen an die Politik stellen, um ein umfassendes Streikrecht gesetzlich und/oder verfassungsrechtlich gemäß dem Art. 23 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, den Übereinkommen 87 und 98 der Internationalen Arbeitsorganisation und dem Artikel 6 Abs. 4 der Europäischen Sozialcharta zu verankern. Auch werden zukünftig Forderungen bei allen Tarifrunden nach Festschreibung, Sicherung und schrittweisen Verbesserungen von umfassenden Streikrechten in allen Tarifverträgen mittelfristig zum Durchbruch führen. Dabei kann die etappenweise Durchsetzung von Fortschritten durch wiederkehrende kontrollierte Regelungsüberschreitungen gegenüber der (noch) herrschenden Rechtsprechung sehr hilfreich sein. Die Tarifpolitik allein kann eine verfehlte und neoliberale Politik nicht ausgleichen. Dadurch haben es die Gewerkschaften immer schwerer den politisch verursachten Verschlechterungen, die auf die Arbeitnehmer, die Erwerbslosen und weitere große Teile der Bevölkerung Auswirkung haben, zu entgegnen. Die Schärfung und die Ausweitung von umfassenden (Arbeits-) Kampfmitteln der (organisierten) Arbeitnehmer führt Stück für Stück zu größeren Erfolgen der Gewerkschaften vor allem auch im politischen Raum.

 

Die Mitgliedergewinnung und die Haltearbeit der Gewerkschaften könnte nachhaltig verbessert werden. (Streik-) Recht ist immer Ausdruck von wirtschaftlicher und politischer Macht. Streikrechte sind elementare und soziale Menschenrechte, die erkämpft werden müssen.

 

Unterzeichnet den Appell: http://politischer-streik.de/

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http://revolte.blogsport.eu/generalstreik/

 

Streik am 02.Mai 2012 !
Wir rufen alle Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte und prekär Beschäftigte auf, am Mittwoch 02.Mai, nicht zu arbeiten.
Unsere Forderungen sind:
- 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich
- Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde
- Entkriminalisierung von Schwarzarbeit
- Auflösung von Leiharbeitsfirmen
- Arbeitserlaubnisse für alle die arbeiten wollen
- Stop von Zwangsarbeit

Die Gewerkschaften handeln den Tarifvertrag aus und schlagen den Streik immer nur vor, um zu Verträgen zu kommen und nachdem die Verhandlungen in die Wege geleitet worden sind. Die Gewerkschaft ist Teil der Logik des kapitalistischen Systems, weil sie dahin tendiert, die Kampfkraft der ArbeiterInnen zwischen Beginn und Abschluß der Verhandlungen zu erschöpfen.
Jetzt ist es an der Zeit, daß wir uns unsere Rechte zurück erkämpfen.
Die deutsche Wirtschaft profitiert von der Krise in den anderen Ländern, die Menschen, die hier den Wohlstand der Eliten produzieren gehen jedoch leer aus.

Viele sind arbeitslos während andere wegen Überstunden oder langer Wege keine Freizeit mehr haben – deshalb 30 Stundenwoche!
Der Wert deiner Lebenszeit und deiner Arbeitsleistung ist höher als die paar Euro, die für eine Stunde gezahlt werden – deshalb Mindestlohn 12 Euro !
Während die Bosse in jedem Fall abkassieren, belästigen spezielle Fahndungsgruppen aus Zoll, Polizei und Arbeitsämtern unsere KollegInnen auf Baustellen, beim Putzen oder in der Gastronomie. Das muß ein Ende haben – wer arbeitet ist kein Verbrecher !
Leiharbeit ist Sklaverei – Weg damit !
Wer arbeiten will soll das auch dürfen, unabhängig von seiner Herkunft – Wer nicht arbeiten will, darf durch Jobcenter nicht dazu gezwungen werden !

Nur durch Unterbrechung der Produktion sind Arbeitgeber zu beeindrucken. Wo nichts produziert wird gibt es keine Gewinne.

Im Jahr 1994 wurde beschlossen, den Buß- und Bettag als arbeitsfreien Tag mit Wirkung ab 1995 zu streichen, um die Mehrbelastung für die Arbeitgeber durch die Beiträge zur neu eingeführten Pflegeversicherung durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer auszugleichen.
Wenn auch nur an einem Tag die Produktion in Deutschland etwas zurück geht, schmerzt das schon die Vorstandsetagen in den Konzernen. Deshalb rufen wir Dich auf, am 02.Mai nicht zu arbeiten!

Du kannst streiken oder dich krankschreiben lassen und Du kannst dir einen Urlaubstag nehmen – egal wie, Hauptsache möglichst viele Menschen gehen an diesem Tag nicht zur Arbeit.
In anderen Ländern kämpfen die Leute mit Generalstreiks für ihre Rechte. Obwohl das in Deutschland undenkbar erscheint, kann der 02.Mai 2012 ein Schritt in diese Richtung sein.

Autonome ArbeiterInnen