[Calais] Jüngste Repressionswelle 29.-31.03.2012

Calais Migrant Solidarity

Jüngste Entwicklungen in Calais, 29.-31. März 2012
Donnerstag, der 29. März und die Tage davor und danach waren geprägt von einer schockierenden und dramatischen Zunahme von Belästigungen, Ingewahrsam- und Festnahmen, und Gewalt durch die Polizei gegen Menschen mit und ohne Papiere. Dabei ging die Polizei weit über das von ihnen gewohnte Maß an Repression hinaus. Es schien sich hierbei um einen gezielten Angriff auf die Migrant_innen-Communities und deren Unterstützer_innen zu handeln.

 

Diese Ereignisse treffen zeitlich mit dem Besuch einer_s britischen Botschafterin_s in der Stadt am Freitag, den 30. März zusammen. Der Zweck des Besuchs ist es, das Thema der Hafensicherheit im Vorfeld der olympischen Spielen in London zu erörtern und scheint mit einer kontinuierlichen Offensive gegen Migrant_innen einher zugehen. Die Stadt rückt ins Scheinwerferlicht als Teil des olympischen Projekts, da internationale Teams in der Region Pas-de-Calais trainieren und die britische und die französische Regierung gemeinsame Anstrengungen zur Grenzsicherung im kommenden Sommer angekündigt haben.

Früh am Donnerstagmorgen wurde ein großes besetztes Haus geräumt, das hauptsächlich von Menschen aus Eritrea bewohnt wurde. Dabei wurden zwei Leute während Ausweiskontrollen festgenommen. Die Polizei konzentrierte ihre Aktionen jedoch eher auf den Abend. Mehrere Ausweiskontrollen fanden vor und nach der abendlichen Essensausgabe in einer Aktion, die eine Person als „plötzlichen Überfall“ auf der Straße bezeichnete, statt. Eine andere Gruppe wurde von CRS-Beamt_innen in der Nähe des Rathauses angehalten. Vier Personen ohne Papiere wurden in Gewahrsam genommen.

Zu ungefähr der gleichen Zeit wurden zwei NoBorders-Aktivist_innen von CRS-Polizist_innen angegriffen als sie eine ruhige Straße entlang liefen. Die Polizist_innen drückten die beiden von hinten gegen eine Wand und verlangten ihre Ausweise. Daraufhin nahmen sie eine der beiden Personen brutal fest, indem sie sie auf den Boden des CRS-Transporters drückten während sie die andere bis sie weg fuhren auf der Straße festhielten. Der_die Aktivist_in wurde der Grund für die Verhaftung nicht mitgeteilt, er_sie wurde aber nach 24 Stunden gegen Kaution freigelassen und wegen Beamtenbeleidigung angezeigt.

Diese Welle von brutaler Polizeirepression setzte sich den Abend über fort, als einige CRS-Transporter gegen 20Uhr in einem der Parks in Calais eintrafen um weitere Ausweiskontrollen an einer Gruppe von Männern, die sich dort aufhielten, durchzuführen. Fünf von ihnen wurden festgenommen. Einige anwesende Aktivist_innen protestierte gegen das Verhalten der Polizei. Die Aktivist_innen und ein Mann ohne Papiere wurden daraufhin von der Polizei durch den Park gejagt und schließlich zu Boden gebracht und mit Fäusten und Schlagstöcken malträtiert. Die Gewalt gegen die fünf Festgenommenen setzte sich im Transporter fort, als ihnen Handschellen angelegt wurden und als auf der Polizeiwache einer von ihnen wiederholt getreten wurde während er schon am Boden lag. Die Festgenommen wurden 48 Stunden später ebenfalls gegen Kaution freigelassen, mit einer Anzeige wegen Gewalt gegen Polizeibeamte. Es gab mehrere Verletzungen, die behandelt werden müssen.

Einer der Festgenommenen sagte, dass „sich die Polizei in Calais verhalten kann wie es ihr beliebt. Polizeigewalt an bereits Festgenommenen, auch während Verhören, sind in Calais an der Tagesordnung, die Polizei bleibt völlig unbehelligt.“

Ein kleineres besetztes Haus in dem etwa zehn bis zwölf Menschen aus dem Iran lebten wurde gegen 23 Uhr geräumt, es konnten jedoch keine Festnahmen durchgeführt werden, da die Anwohner das Haus bereits verlassen hatten. Nach der Räumung des größten besetzten Hauses in Calais, bekannt als „Africa House“, waren viele Migrant_innen mit und ohne Papiere von kleineren besetzen Häusern abhängig um nicht schutzlos auf den unsicheren Straßen Calais schlafen zu müssen.

Am vorhergehenden Mittwochabend führte eine Ausweiskontrolle bei einem der größten besetzen Häuser, dem sogenannten „Palestine House“, zur Ingewahrsamnahme einer Gruppe von Männern. Ein weiteres kleines besetztes Gebäude in dem etwa 12 Leute unter kamen wurde von der Polizei gegen ein Uhr morgens geräumt. Am Freitag hielten die permanenten Streifen durch die Stadt der CRS, PAF, Police Nationale und von Zivilfahrzeugen an, Ausweiskontrollen wurden am frühen morgen bei Besuchen der verbliebenen besetzten Häuser durchgeführt und Aktivist_innen wurden in/auf ihren Fahrzeugen von CRS-Transportern verfolgt.
Die Razzien werden wohl weitergeführt. Den lokalen Nachrichten war zu entnehmen, dass die Behörden das Palestine House abreißen wollen um Platz für Neugestaltungen zu schaffen.

Die Gewalt, die gegen Personen mit und ohne Papiere innerhalb der letzte 24 Stunden verübt wurde zielt darauf ab, eine Angst-geladene Stimmung für Migrant_innen in Calais zu erzeugen. Für diejenigen, die eine Abschiebung fürchten müssen, ist die Bedrohung festgenommen zu werden, eine schreckliche Perspektive, während die Räumungen viele Leute obdachlos gemacht haben. Die Repression der letzten Woche ist Teil eines systematischen Versuchs durch Grenzen und staatliche Repression, die Bewegungsfreiheit aller einzuschränken und zu kontrollieren.


Der Bericht ist eine Übersetzung von: http://calaismigrantsolidarity.wordpress.com
Siehe auch den deutschsprachigen Blog: http://calaismigrantsolidarity.blogsport.de

Kommt nach Calais und zeigt Eure Solidarität!
No Borders, No Nations!

 

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Es werden zur Zeit besonders Fahrräder, Fahrradanhänger und Aktivist_innen gebraucht!

 

Da wir, die NoBorder-Gruppe in Calais, vor kurzem in ein neues Office gezogen ist benötigen wir grade dringend Fahrräder und Anhänger. Das neue Office ist eine Stunde zu Fuß vom Stadtzentrum entfernt, weswegen Fahrräder unsere Mobilität enorm steigern würden.

Das neue Office ist eine wunderbare Werkstatt um Fahrräder mit der Gemeinschaft hier zusammenzubauen. Wir werden bald Elektrizität bekommen und es gibt Kochmöglichkeiten. Zur Zeit sind unsere Werkzeuge und Ersatzteile noch sehr begrenzt, daher wären Sachspenden und -kenntnisse großartig.

Leider haben wir noch keine permanenten Schlafplätze für Aktivist_innen, wenn ihr also kommen wollt, dann bereitet Euch dementsprechend vor und bring Zelte und Schlafsäcke mit.

Wenn Ihr kommen oder Material spenden könntet, bitte meldet Euch im Voraus, denn es hilft uns immer sehr zu wissen, mit wie vielen Leuten wir rechnen können und die Aktivist_innen vor Ort können den Migrant_innen-communities über Workshops etc. Bescheid geben.

 

Ab dem 14.April verlassen uns einige Langzeitaktivist_innen, die den Winter hier verbracht haben, also lasst es uns bitte wissen wenn Ihr Zeit hättet.

 

Um uns zu kontaktieren könnt Ihr uns unter +33645465986 erreichen.

Und siehe auch http://calaismigrantsolidarity.wordpress.com