Vorder- und Südpfalz: Aktionen anlässlich des „Aktionstags für die Freiheit politischer Gefangener“

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Am 18. März findet der „Internationale Tag der politischen Gefangenen“ statt. Insbesondere an diesem Datum soll den von Repression und Knast betroffenen politischen Aktivist_innen gedacht werden. Wir, einige Antifaschist_innen aus der Vorder- und Südpfalz, haben uns daher entschlossen, durch kleine Aktionen auf den 18. März und das Schicksal einiger politischer Aktivist_innen aufmerksam zu machen.


Freiheit für alle politischen Gefangenen

Überall auf der Welt befinden sich Menschen im Kampf gegen Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung. Sie kämpfen in unterschiedlichster Form und mit vielfältigen Aktionen gegen ein auf Profit orrientiertes System. Wer gegen Krieg, soziale Ausgrenzung, Faschismus, Rassismus usw. kämpft, sieht sich früher oder später mit der Repression der herrschenden Klasse und des ihr unterstellten Apparats konfrontiert. Die Formen der Repression sind unterschiedlich ausgeprägt, sie reichen vom kontinuierlichen Ausbau des Überwachungsstaats über den Einsatz von Spitzeln in linken und alternativen Gruppen bis hin zur Isolationshaft. Der Knast spielt hierbei eine besondere Rolle. Zum Einen, als konkrete, (vor-)letzte Stufe der staatlichen Repression; zum Zweiten als Abschreckung politisch aktiver Menschen. Im Folgenden möchten wir kurz auf einige Einzelschicksale aufmerksam machen, die ganz konkret Repression und Knast ausgesetzt sind und deren Situation wir stellvertretend für alle Gefangenen und Betroffenen weiterhin im öffentlichen
Bewusstsein halten bzw. vertiefen möchten.

Freiheit für Bradley Manning

Bradley Manning war als Soldat für die US-Armee im Irak stationiert. Im Mai 2010 wurde er unter dem Verdacht verhaftet, Videos und Dokumente kopiert und als „Whistleblower“ der Website WikiLeaks zugespielt zu haben. Unter den Videoaufnahmen findet sich Material, welches unter anderem den Beschuss und Tod irakischer Zivilist_innen durch einen amerikanischen Kampfhubschrauber am 12. Juli 2007 in Bagdad aufzeichnet.


Manning: „Ich habe immer alles hinterfragt, versucht die Wahrheit zu vermitteln. Aber nun war ich Teil von etwas. Ich war aktiv beteiligt an etwas, das ich total ablehne. Aber ich war ein Teil davon. Und völlig hilflos. (…) Ich will, dass die Leute die Wahrheit erfahren, egal wer sie sind. Weil die Öffentlichkeit ohne Informationen nicht in Kenntnis der Lage entscheiden kann.“ Manning wurde zunächst unter der unmenschlichen Bedingung der Isolationshaft in verschiedenen Militärgefängnissen festgehalten und wartet nun auf seinen Prozess. Für seine aktive Handlung gegen Krieg droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Ihm wird unter anderem „Kollaboration mit dem Feind“ vorgeworfen.

Freiheit für Arnaldo Otegi

Der ehemalige Sprecher der verbotenen baskischen Partei „Batasuna“ (baskisch: Einheit) wurde 2011 vom spanischen „Nationalen Gerichtshof“ zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. In der Urteilsbegründung hieß es, Otegi sei ein „führendes Mitglied“ der baskischen Untergrundorganisation ETA gewesen. Otegi habe mit vier weiteren Personen die Neugründung der 2003 verbotenen „Batasuna“ versucht und „Bateragune“ (Vereinigungspunkt) gegründet. Otegi hatte hingegen im Prozess vorgebracht, dass es einer Gruppe von Personen darum ging, den 2007 gescheiterten Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. »Das einzige Szenario das wir vorschlagen, ist das definitive Ende der bewaffneten Gewalt und die Auflösung der militärischen Strukturen«, so Otegi. Durch seinen ausdauernden Kampf für ein selbstbestimmtes Leben im Baskenland und der Findung einer politischen Lösung des andauernden Konflikts wurde Otegi zum bekannten Sprecher der abertzalen Linken im Baskenland. Seine Situation ist bezeichnend für das Schicksal von über 700 baskischen Gefangenen, die aufgrund ihrer politischen Betätigung ihre Haft unter unwürdigen Bedingungen in einem Gefängnis irgendwo in Spanien verbringen, meist hunderte Kilometer von ihren Familien und Freunden entfernt.(1)

Freiheit für Sonja und Christian

Sonja Suder, geboren 1933, aufgewachsen in Leipzig und Berlin, studiert in den 1970er Jahren in Frankfurt Medizin. Sie engagiert sich politisch, geht auf Demonstrationen und hat Kontakt zur Hausbesetzerbewegung und zu politischen Studentengruppen.


Christian Gauger, geboren 1941, lebt in den 1970er Jahren in Frankfurt, wo er ein Psychologie-Studium abschließt und als Sozialarbeiter tätig ist. Er ist politischer Aktivist in den damaligen sozialen Bewegungen und engagiert sich unter anderem in der Roten Hilfe.


Im August 1978 fahren Sonja und Christian gemeinsam nach Frankreich, um einer möglichen Verhaftung durch die deutsche Polizei zu entgehen.
Erst später erfahren sie von den gegen sie gerichteten Tatvorwürfen: Es handelt sich um Anschläge der Revolutionären Zellen gegen deutsche Konzerne, die das Atomprogramm des rassistischen Unterdrückungsstaates Südafrika unterstützen. Ein Sprengsatz , der im August 1977 ein Loch in die Außenfassade des Firmengebäudes von MAN in Nürnberg reißt und ein Anschlagsversuch auf eine Firma in Frankenthal, die Pumpen für Kernkraftwerke herstellt. Außerdem ein Anschlag auf das Heidelberger Schloss, bei dem 40.000 Euro Sachschaden am Parkettfußboden entstehen – diese Aktion richtet sich gegen die Abrisspolitik der Stadt Heidelberg, die man heute  als Gentrifizierung bezeichnen würde.  Belastende Aussagen gegen die beiden werden unter folterähnlichen Umständen bei der Befragung des schwerstverletzten angeblichen RZ-Mitglieds Hermann Feiling gewonnen.Sonja wird durch Kronzeugenaussagen von Hans Joachim Klein belastet, der behauptet, Suder hätte das Kommando unterstützt, das 1975 das OPEC Hauptquartier überfallen und die dort tagenden Erdölminister als Geiseln nimmt.


Seit 1978 leben Sonja Suder und Christian Gauger unter falscher Identität. Sie halten sich finanziell mit dem Verkauf von Flohmarktwaren über Wasser und leben sehr zurückgezogen. 1997 erleidet Christian Gauger einen Herzstillstand und muss durch Sonja Suder wiederbelebt werden. Er wird in ein Krankenhaus in Lille eingeliefert, liegt mehrere Tage im Koma und verliert sein Gedächtnis. Bis heute ist er auf Medikamente und eine ständige Betreuung angewiesen.


Drei Jahre später, in Paris, werden sie nach 22 Jahren Illegalität im Januar 2000 verhaftet. Nach drei Monaten Untersuchungshaft werden sie aber gegen eine Kaution von 300 (!) Euro entlassen. Dem Auslieferungsgesuch der deutschen Behörden wird nicht nachgekommen, da die vorgeworfenen Taten nach französischem Recht verjährt sind.


Im Sommer 2007 werden sie abermals für einige Wochen verhaftet, die deutschen Behörden haben einen neuen Europäischen Haftbefehl beantragt. Im Sommer 2009 wird in letzter Instanz über ihre Auslieferung entschieden, die am 14. September 2011 erfolgt. Voraussichtlich im April/Mai wird das mehrmonatige Verfahren gegen die beiden beginnen. (2)

Werdet solidarisch und kreativ!

In den Köpfen des überwiegenden Teils der Menschen spielt der Knast eine eher untergeordnete Rolle. Schließlich will mensch frei sein, in welcher Form auch immer. Eines haben die von uns ausgewählten Personen gemein: Sie sind von Repression und Knast betroffen, weil sie nicht tatenlos zusehen wollten, wie Krieg, Ausbeutung und Unrecht geschehen. Sie sind so wie Andere aktiv geworden, um nicht nur symbolische Zeichen zu setzen und sehen sich nun mit den Folgen konfrontiert. Zeigen wir ihnen, dass sie nicht alleine sind!


Wir wollen mit unserer Aktion einen kleinen Teil zu den vielfältigen Aktivitäten um den 18. März beitragen und das Bewusstsein zu den Themen „Repression, Gefangenschaft und Knast“ ausbauen und stärken, und zwar auf den Straßen, im öffentlichen Raum.

Schafft rote Hilfe!

Die linke Anti-Repressionsorganisation „Rote Hilfe e.V“ befasst sich seit 1921 aktiv mit den Folgen von Repression. Durch verschiedene Aktionen und kontinuierliche Arbeit versucht sie, sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und aktive Unterstützung zu leisten. Jede_r von uns kann einen Teil dazu beitragen, Verfolgten unter die Arme zu greifen, in welcher Form auch immer. Denn eines sollte klar sein – getroffen hat es meistens einen anderen Menschen, gemeint sind wir alle! Werdet aktiv. Beteiligt euch an Aktionen zur Unterstützung politischer Gefangener, solidarisiert euch, schreibt Briefe in den Knast. Schafft rote Hilfe!


Freiheit für alle politischen Gefangenen! Knäste auf!
Solidarität mit den Betroffenen der staatlichen Repressionspolitik!

 

 

 

Teilweise Zitiert aus:

  1. http://www.info-baskenland.de/871-0-Ralf+Streck+Lange+Haft+fuer+Otegi.html

  2. http://www.verdammtlangquer.org/sample-page/

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