Dessau und der jährliche Naziaufmarsch.

Dessau - Naziaufmarsch 2011

Bereits seit 2005 organisieren regionale Neonazis der „Freien Nationalisten Dessau und Anhalt-Bitterfeld“ ihren „Trauermarsch“ in „Gedenken an die Bombardierung“ Dessaus im Jahr 1945. Auch in diesem Jahr werden sie, diesmal am 10.3. 2012, wieder durch Dessau jammern und ihren Geschichtsrevisionismus zur Schau stellen. Doch stellt sich die Situation - und damit auch unsere Reaktion darauf - für Dessauer Antifaschist_innen in diesem Jahr komplexer dar. 

 

In den vergangenen Jahren versuchten wir, als regionale Struktur mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, den Fokus antifaschistischen Handelns jedes Jahr auf's Neue auf die Provinz zu leiten, um damit nicht nur unsere eigenen Proteste gegen den jährlichen Naziaufmarsch in Dessau zu stärken, sondern auch um die Probleme in vielen Provinzregionen beim Namen zu nennen und auf ein Umdenken hinzuwirken. Leider war ein Durchbrechen der Barriere zwischen Provinz und Außenwelt bis dato nur schwer bis gar nicht möglich.

Und so wurden die Proteste gegen die stetig kleiner werdenden, jährlichen Aufmärsche nur von einem kleinen und sehr regionalen Teil der antifaschistischen Szene frequentiert, während die sogenannte Zivilgesellschaft seit ein paar Jahren bis zu 500 Menschen zum fröhlichen Bockwurstessen gegen Rechts (aber auch nur bei guten Wetter) auf die Straßen lockte. Ausgenommen einige, wenige Menschen aus verschiedensten Spektren, die sich solidarisch verhielten und sich mit uns zu Blockaden des Naziaufmarsches bewegen ließen.

Befeuert von Medien und unter anderem auch dem „Netzwerk Gelebte Demokratie“, mit ihrer schon inflationären Benutzung des Extremismusbegriffs, wurde das Stigma des „bösen“, „schwarzen Blocks“ über jede installiert, die konsequent gegen den Aufmarsch der Nazis auf der Straße waren.

Somit wurde unser Protest auch in diesem Jahr, unter anderem vom derzeit einzigen wahrnehmbaren, angeblich „zivilgesellschaftlichen“ Bündnis, im Vorfeld kriminalisiert.
Wichtig zu erwähnen ist vor allem, dass die Blockaden der letzten Jahre, auch wenn sie final nicht zu einer Verhinderung der Aufmärsche führten, wahlweise als „extremistische“ Gewaltakte diffamiert oder als Zeichen für ein angeblich tolerantes und buntes Dessau genutzt wurden. Was immer ausblieb, war eine Auseinandersetzung mit den Inhalten der antifaschistischen Aktivist_innen, welche unter massiver Repression diese Blockaden durchführten, organisierten oder zu ihnen aufriefen.

Dieses Verhalten, besonders hinsichtlich der Verzerrung und Umdeutung antifaschistischen Protestes, war auch Thema unserer Demonstration zur Kritik der Dessauer Verhältnisse am 25. Februar. Es ging eben darum, die in Dessau lange verdrängten und von politischen Strukturen teilweise gezielt genutzten, rassistischen Tendenzen und der ihnen gegenüber gezeigten Ignoranz seitens der allermeisten „zivilgesellschaftlichen Akteur_innen“ beim Namen zu nennen und offen und wahrnehmbar zu kritisieren.

Leider gibt es nur bei wenig Netzwerkler_innen einen kritischen Umgang mit der vorherrschenden Maxime, das Image der Stadt aufpolieren zu wollen. Wir hoffen das von den Akteur_Innen endlich verstanden wird, dass nicht die mediale Außendarstellung der Stadt Dessau die Netzwerkagenda bestimmen darf. Ein selbstkritischer Umgang muss nun folgen, um in Dessau nachhaltige Akzente gegen Rassismus und rechte Tendenzen setzen zu können.

Aus all diesen Gründen sehen wir bis auf weiteres keine Möglichkeit für eine Kooperation mit dem Netzwerk „gelebte“ Demokratie und schon gar nicht mit der Stadt Dessau, um gegen den Naziaufmarsch zu protestieren. Eine gesonderte Mobilisierung unsererseits wird es daher nicht geben, da dies nicht nur inkonsequent hinsichtlich unserer Kritik der Verhältnisse, sondern vor allem nicht ohne eine Kooperation mit den von uns kritisierten Strukturen möglich wäre.

Nach unserer Analyse ist die drängendste Problematik in Dessau, neben dem jährlichen Naziaufmarsch vor allem der Umgang der Bevölkerung mit ihren eigenen rassistischen Tendenzen und die Politik „zivilgesellschaftlicher Akteur_innen“ der letzten Wochen, ja Jahre, sowie die damit verbundene, konsequente Diffamierung und Repression gegen linke Politik und antifaschistisches Engagement.

Wir bitten, unsere Entscheidung zu respektieren! Sicher muss sie nicht geteilt werden, und wenn Einzelpersonen oder Gruppen am 10.03. nach Dessau kommen wollen, werden wir dies respektieren. Allerdings halten wir es gerade in Provinzregionen für kontraproduktiv, auf Grundlage von Fehlkommunikation oder Bauchgefühl-Analysen, Aktionen zu fahren, welche auf langfristige Sicht die jeweiligen, regionalen Gruppen diskreditieren würden und / oder deren Ansätzen entgegen wirken könnten.
Wir werden versuchen, für den 10.03. zumindest ein Infotelefon zu schalten, um allen, die an diesem Tag in Dessau sind, eine Absicherung diesbezüglich zu bieten. Auch versuchen wir derzeit, eine Struktur zu errichten, die am Samstag eine größtmögliche Hilfe gegen polizeiliche Repression bieten soll.

Die anonymen und diffamierenden Aufrufe, die in den letzten Tagen aufgetaucht sind, sind momentan alles andere als hilfreich für die politische Arbeit von Antifaschist_innen in Dessau. Wer andere politische Gruppen so bloßstellt, ohne im Vorfeld gegebenenfalls eine klare und solidarische Kommunikation versucht zu haben, zeigt für uns, dass es ihnen dabei eben nicht darum geht, die politische Situation der Region anzugreifen und darauf einzuwirken, sondern einzig und allein dem eigenen Beißreflex gegenüber Nazis Luft zu verschaffen.

Wir wiederholen noch einmal, dass wir der Meinung sind, dass jeder Naziaufmarsch verhindert gehört. Doch nicht um jeden Preis! Nach unserer Ansicht sind alle derzeitigen Aufrufe aus Dessau, diesem Aufmarsch etwas entgegenzusetzen, ob nun vom Netzwerk oder der Stadt, unter dem Strich reine Lippenbekenntnisse, um kosmetisch Dessau als „bunte“ und „tolerante“ Stadt zu simulieren. Eben diesem Vorhaben möchten wir uns besonders nach unserer starken und wirkungsvollen Demo vom 25.02. nicht anbiedern, um damit entgegen unserer Kritik an den Dessauer Verhältnissen, den kritisierten Strukturen Erfolge zu ermöglichen.

Wer am 10.03. nach Dessau kommen möchte, den wollen wir nach Kräften unterstützen. Vorausgesetzt ist allerdings ein solidarisches und gemeinsames Agieren und keine, wie aus verschiedenen Wortmeldungen aus dem Netz zu erahnende, „Mackertour“ Vereinzelter, denen es am Ende nur darum zu gehen scheint, sich selbst zu profilieren. Unser Ansatz ist die klare Kritik der Verhältnisse, wie sie seit Jahren in Dessau spürbar sind, mit dem Ziel, diese auch langfristig anzugehen und nicht nur für ein oder zwei Tage im Jahr zu verzerren. Wir bitten euch, das bei eurem Handeln bezüglich dem Aufmarsch am Samstag zu berücksichtigen. Dies verstehen wir als grundlegende Solidarität. Auch wenn die Menschen, die nach Dessau kommen werden, unsere Analyse eventuell nicht teilen.

Wer uns nach dem 10.03. supporten möchte, um mit einer hoffentlich wachgerüttelten Zivilgesellschaft endlich auf Augenhöhe reden zu können, ist uns herzlich willkommen.
Vielleicht können wir so einen hörbaren, antifaschistischen Anspruch in eine tatsächliche Zivilgesellschaft einbringen und weitere Akzente linker Politik setzen. Doch dies ist bis zum 10.03. nur sehr schwer möglich.

Wenn ihr uns auch weiterhin unterstützen möchtet im Kampf gegen Nazis, brutale Bullen, ignorante Behörden und den „ganz normalen“ Rassismus, dann danken wir euch im Voraus und hoffen auf euer Verständnis, dass dies am Besten in stetiger und vor allem solidarischer Kommunikation mit uns effektiv möglich ist. 

 

 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Kontakt zu Gruppe aus Dessau bekommt ihr unter: http://nonazisdessau.blogsport.de

oder via mail: nonazisdessau@riseup.net 

"Wer am 10.03. nach Dessau kommen möchte, den wollen wir nach Kräften unterstützen. Vorausgesetzt ist allerdings ein solidarisches und gemeinsames Agieren und keine, wie aus verschiedenen Wortmeldungen aus dem Netz zu erahnende, „Mackertour“ Vereinzelter, denen es am Ende nur darum zu gehen scheint, sich selbst zu profilieren."

 

Und ist dies nun so eine Art innerlinker Extremismusquatsch? Hört sich nämlich stark danach an! Bürgerliche Presse z. B. so: Überschattet wurde der friedliche Protest von vereinzelten Chaoten bla bla bla denen es nur um Selbstprofilierung bla bla bla... 

vieleicht soll es auch nur aussagen das spinner wie zk bei all ihren teils echt sinnlosen aktionen nur wichtig finden ihre gruppe oder ihr logo in der ersten reihe zu positionieren um sich dann als besonders revolutionär zu fühlen. und vieleicht sollten proteste auch sinn machen und nicht wie in der vergangenheit oft genug aus diesem dunstkreis nur noch mehr menschen in die scheiße ziehen und sie völlig dinnfrei kriminalisieren ohne das es sinnvolle erfolge bringt.

Richtig, und alles was aus deiner Sicht ne sinnlose Aktion ist und zudem noch das eigene Gruppenlogo (wie können die nur...) dabei gezeigt wird, verdient keine Solidarität und darf man selbstverständlich auch im Internet diffamieren (richtig, nicht kritisieren, weil das wäre ok).

uns geht es darum zu vermitteln das ein protest in dessau am samstag wenn es ihn gibt, aus antifaschistischer sicht ein protest sein muß dem sich alle menschen antifaschistischer spektren anschließen können und besonders darum den punkt kriminalisierung/repression aller nicht zuvernachlässigen. ausserdem sind wir der meinung das nach der neuerlichen öffentlichkeit besonders für linksradikale kritik an den zivilgesellschaftlichen akteur_innen diese nicht zu kurz kommen darf und vor allem der protest gegen den aufmarsch nicht als selbstzweck enden darf und kann.

"uns geht es darum zu vermitteln das ein protest in dessau am samstag wenn es ihn gibt, aus antifaschistischer sicht ein protest sein muß dem sich alle menschen antifaschistischer spektren anschließen können und besonders darum den punkt kriminalisierung/repression aller nicht zuvernachlässigen."

 

Für das, dass ihr keinen Protest selbst organisiert, wisst ihr aber ziemlich gut wie er dann letztendlich aussehen muss.

 

" ausserdem sind wir der meinung das nach der neuerlichen öffentlichkeit besonders für linksradikale kritik an den zivilgesellschaftlichen akteur_innen diese nicht zu kurz kommen darf und vor allem der protest gegen den aufmarsch nicht als selbstzweck enden darf und kann."

 

Und dass diese Kritik nicht zu kurz kommt macht ihr was? Richtig, nichts, außer ein paar Antifaschisten "nach Kräften" zu unterstützen, wenn sie denn aus eurer Sicht alle Kriterien erfüllen, um unterstützenswert zu gelten. Echt arm.

 

Theorie ist nichts ohne Praxis, und ihr habt keine Praxis weils schon an der Theorie scheitert meiner Meinung nach, eigentlich echt schade.

verpiss dich doch in irgendein forum und lass sich den leuten doch ihre eigenen schlüsse ziehen. das du ein problem mit den dessauerinnen hast haben jetzt alle verstanden. egal was in dem text gestanden hätte du hättest mit sicherheit irgendwas zum nörgeln gefunden. persöhnliche scheiße hat hier einfach nix verloren.

 

troll dich

Erkläre mir doch mal bitte EineR den Unterschied zwischen der Extremismustheorie und der Anti-Macker/Anti-ZK-Theorie? Gibt es einen? Dass Antifaschismus nicht mit linksradikaler Theorie und Praxis einhergehen muß, habt ihr eindrücklich belegt. Mir will da jetzt gerade nicht so in den Kopf, was an sporadischer Antideutschtümelei antifaschistisch oder gar links sein soll. Wenn ich aber gegen die Extremismustheorie - samt Klausel - bin, was ich auch tatsächlich bin, dann bin ich auch zwangsläufig gegen eure Ausgrenzungs- und Diffamierungspolitik.

nur weil du deine kommentare jetzt wahlweise mit releXion von rotsüdler oder - noch schlechter gehts ja fast garnicht - mit B.I.L.D. was wohl dein niveau der hetze zeigen soll, unterschreibst, du bist und bleibst der gleiche troll!

 

und falls du es nicht bemerkt hast ausser dir erhebt hier niemand diesen vorwurf. ob das jetzt heißt das alle menschen das so sehen wie die dessauerinnen bezweifle ich, nur denke ich das es sehr wohl menschen gibt die die entscheidung durchaus nachvollziehen können. irgendwie habe ich von dir ausser naziaufmarsch verhindern noch nix gehört was in die situation in dessau auch für die zukunft was bringen könnte. bestätigt irgendwie die vorrangegangen analyse finde ich. und in sachen zitat von dir: Anti-Macker/Anti-ZK-Theorie das es in unserer szene auch gruppen gibt die immer und überall rummackern müssen wissen wir alle. das damit das ZK explizit angesprochen wurde hast du als erster so interpretiert. von hetze der dessauerinnen kann also keine rede sein ;) wessen geistes kind?!

Es geht hier darum, ob Faschismus als Denkangebot in die radikale Linke einzieht oder ob dies rechtzeitig verhindert werden kann. Sich ständig neue Ausgrenzungsmechanismen (vom "Macker" bis zum "Troll") auszudenken, bringt uns hier nicht weiter. Ich weiß ja nicht, wie viele in der Dessauer Antifa diesem Denken nun schon anhängen, aber die müssen auf jeden Fall resozialisiert werden. So geht das ja nun nicht. Und es darf nicht sein, dass die Nazihunter repressiver drauf sind als die ortseigene Freie Kameradschaft.

Und an Kritik von Mackertum, Profilierungsgehabe ist jetzt was repressiv und autoritär? Achso, dass die Macker nicht mehr den großen Spielen dürfen, anderen autoritär ihren Duktus aufzwängen können und sich nicht benehmen sollen wie ne Meute besoffener Kerle in einer Großraumdisko. Ja man ist schon schlimmer als die Nazis, wenn man auch Selbstreflexion und Kritik innerhallb der Linken verlangt und nicht jeden Scheiß der sich als Links labelt oder im Namen einer antifaschistischen Aktion statt findet begrüßt und bejubelt, sondern wenns berechtigt ist auch kritisiert und verwirft... .

weis jemand ob die nasen dieses jahr am 7. wider ne mahnwache an der museumskreuzung veranstalten? wenn ja gibt es protestaktionen denen man sich anschließen kann?

Die Jährliche Nazi-Mahnwache zum Tag der Borbardierung Dessaus 1945, wurde in diesem Jahr von der Museumskreuzung vor den Fridhof III in Dessau verlegt. 

 

Nazi-Mahnwache am Mittwoch von 18 bis 19.30h 

Friedhof III

Heidestraße Ecke Argenteuiler Straße in Dessau