Aalglatt und doch im Netz - Klaus Harsch zwischen CDU und (Neo-) Nazis

Klaus Harsch - Der Taktiker

Der Schock der jahrelangen Mordserie der NSU brachte auch einen alten Bekannten wieder ins Gespräch. Die Kanzleien des Rechtsanwalts Klaus Harsch und seine Verstrickung in die Neonazi-Szene sind immer stärker in den medialen Blickpunkt geraten. Die nun vielseits veröffentlichten Vorwürfe sind bereits seit Jahren bekannt, sorgten jedoch kaum für Aufsehen.

 

Klaus Harsch, da war ja was - Das offene Geheimnis

 

Dies änderte sich mit dem Bekanntwerden der anwaltlichen Vertretung des mutmaßlichen NSU-Terrorhelfers Ralf Wohlleben durch Nicole Schneiders und die Verbindung zur Kanzlei H3, deren Namensgeber unter anderem Klaus Harsch war. Erstmals sah sich Klaus Harsch einem solchen öffentlichen Druck ausgesetzt, dass er sich nicht mehr auf seine übliche Taktik verlassen konnte. Mit einstweiligen Verfügungen und Klagen wegen Rufschädigung konnte er über Jahre Kritiker_innen einschüchtern und sich andererseits im Netz der schweigenden Rastatter Mehrheit, seiner CDU-Parteifreund_innen und Vereinskolleg_innen sicher fühlen.
Doch der bundesweite Fokus auf die Stadt und die Verbindungen von Klaus Harsch zur militanten Neonazi-Szene scheinen derzeit für eine längst überfällige Reaktion in Harschs Umfeld zu sorgen. Die CDU prüft nach eigenen Angaben ein Parteiausschlussverfahren und bat ihn, per Brief über einen Austritt nachzudenken, um Schaden von der Partei abzuwenden. Gleichzeitig erklärten auch die drei in Rastatt aktiven Schüler-Verbindungen auf Abstand zu Harsch gehen zu wollen. Nach Angaben des Badischen Tagblatts soll die Markomannia ihren langjährigen Altherrenvorsitzenden suspendiert haben. Germania und Teutonia wollen ihn auf ihren Veranstaltungen nicht mehr willkommen heißen.

Harsch selbst sieht sich als Opfer einer „Medienkampagne“ und versucht sich mit einem Rückzug aus der Kanzlei „H3“ und der Kündigung für Nicole Schneiders zu retten. Die Kanzlei „H3“ hatte er sechs Monate zuvor zusammen mit Steffen W. Hammer und Alexander Heinig gegründet, die sich auch als Sänger von Neonazi-Bands einen Namen machten. Dies und das lange Festhalten an Nicole Schneiders, machen Harschs Einlassung von den Aktivitäten seiner ehemaligen Partner nichts gewusst zu haben, wenig glaubwürdig.


Kanzlei H3 - Auf die Einstellung kommt es an
 
Die im April 2011 gegründete Kanzlei "H3" konnte mit Klaus Harsch, Steffen Hammer, Alexander Heinig und Nicole Schneiders die führenden Anwälte für Neonazis in Baden-Württemberg vereinigen.

Der als Scheidungsanwalt auftretende Steffen Hammer aus Reutlingen war Sänger der über 13 Jahren aktiven Neonazi-Band "Noie Werte". Zudem spielt Hammer als Anwalt und Musiker eine Schlüsselrolle für Rechtsrock-Bands. Für den Freundschaftspreis von 150 Euro prüft und begutachtet er die strafrechtliche Relevanz ihrer Musiktexte. 1991 traf sich Hammer erstmals mit Ian Stuart, dem Sänger der Skinhead-Kultband „Screwdriver“ und Gründer der Waffen-SS-treuen Organisation Blood&Honour, die mittlerweile in Deutschland verboten ist.

Dies verbindet ihn auch mit dem Stuttgarter Anwalt Alexander Heinig. Heinig war ebenfalls als Sänger und Bassist in der als "Blood & Honour"-Band eingestuften Gruppe "Ultima Ratio" aktiv. 2006 besuchte Heinig auch ein Blood & Honour"-Festival in Großbritannien.

Einschlägiges Klientel

Auch Hammer und Heinig vertreten vielfach Neonazis. Gemeinsam verteidigten sie 2004 drei Mitglieder der "Karlsruher Kameradschaft". Heinig kämpfte für die von ihnen verwendete Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" gar bis zum Bundesverfassungsgericht. Außerdem verteidigte er Sebastian Räbiger, führendes Mitglied der 2009 verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) und ist Stammanwalt des neonazistischen "Stallhaus Germania" in Mühlacker. Hammer vertritt neben einigen Neonazi-Schlägern u.a. auch den NPD-Landesgeschäftsführer Janus Nowak.

Insofern passen sie hervorragend zu Harsch und Schneiders, die unter anderem Pablo Allgeier (Hambrücken), den ehemaligen Blood & Honour Vize-Chef Hartwin Kalmus (Karlsruhe), David Hirzler (Karlsruhe), Benjamin Schiffer (Malsch), Kai Heller (Muggensturm, alle Karlsruher Netzwerk) und Romain Saint Luc (Elsass) zu ihren Klienten zählen. Auch Harsch ging 2008 bis vor das Bundesverfassungsgericht um einen Neonazi-Aufmarsch in Ettlingen durchzusetzen.

Das Klientel ist keine zufällige Häufung. Im Juni 2011 schaltete die Kanzlei H3 eine Anzeige in der rechtsnationalen "Jungen Freiheit". Zudem stehen sowohl „H3“ als auch "Harsch & Kollegen" stehen auf der Anwaltsliste des Deutschen Rechtsbüros, einer neonazistischen Rechtshilfegruppe, die von Jürgen Rieger gegründet wurde.


Von wegen "Jugendsünden" - Ex-NPD-Vorstand und Kameradschaftsaktivistin

Unklar, ob Nicole Schneiders wusste, welchen Stein sie ins Rollen brachte, als sie die Verteidigung von Ralf Wohlleben übernahm, der der NSU eine Waffe beschafft haben soll. Wie so oft übernahm sie damit das Mandat für einen alten Bekannten. Als stellvertretende Vorsitzende der NPD Jena hatte sie bereits Anfang der 2000er, damals noch als Nicole Schäfer, mit dem damaligen Vorsitzenden Ralf Wohlleben zusammengearbeitet. Auch sie musste sich durch den öffentlichen Druck rechtfertigen und versuchte ihre Sympathien für rechte Ideologie unter dem Denkmantel des „unabhängigen Organs der Rechtspflege“ zu kaschieren. Außerdem sah sie sich gezwungen, zuzugeben, selbst Mitglied der NPD gewesen zu sein, auch wenn sie dabei verschwieg, dass ihre Mitgliedschaft bis mindestens ins Jahr 2002 andauerte. Ihre Begründung, sich aus Protest gegen das NPD-Verbotsverfahren der Partei angeschlossen zu haben, erscheint nicht nur durch ihren schnellen Durchstart in den Vorstand zweifelhaft.

Sowohl davor als auch danach ist Nicole Schneiders in der Neonazi-Szene sehr aktiv. So meldete Nicole Schneiders am 04. Juli 1998 einen Nazi-Aufmarsch für die "Kameradschaft Karlsruhe"  in Heidelberg an.
Nach ihrem Umzug nach Mannheim 2002 intensivierte sie ihr Engagement bei Neonazi-Kameradschaften im Südwesten. Sie wohnte zusammen mit Christian Hehl, dem mehrfach vorbestraften Neonazi und NPD-Aktivisten, der als "Deutschlands bekanntester Skinhead" bezeichnet wird.

Als eine der Aktivsten nutzte sie das interne Neonazi-Forum des "Aktionsbüros Rhein-Neckar", deren Homepage von Ralf Wohlleben gestaltet wurde.
In diesem Forum lud sie die angemeldeten Neonazis unter dem Namen „Nicole“ zu mehreren Schulungsveranstaltungen und einer Sonnenwendfeier der Karlsruher bzw. Rastatter Kameradschaft ein. Auch privat, pflegte sie engen Kontakt. Im Oktober 2005 lud sie die Neonazi-Kameraden zu ihrer Hochzeit mit dem ebenfalls im Forum aktiven Dominik Schneiders ein. Ihr Ehemann ist bis heute Mitglied der Karlsruher Kameradschaft "Karlsruher Netzwerk". Sie selbst gehörte bis mindestens Ende 2005 zum "innersten Kreis" der "Rastatter Kameradschaft".

Im Forum leistete Nicole Schneiders den Neonazis aktiv Rechtshilfe. Bei aufwändigeren Fällen empfahl sie die Kanzlei "Harsch & Kollegen", bei der sie zu dieser Zeit bereits als juristische Mitarbeiterin beschäftigt war. Dabei bat sie darum, "nicht an die große Glocke zu hängen", dass die Kanzlei Harsch & Kollegen Neonazis umsonst vertrete, da „die Abrechnungspraxis der Kanzlei den mitlesenden Staatsschutz“ nichts anginge.

 


"Bau auf, bau auf "- Kanzlei Harsch und die Neonazi-Zentren

2001 proklamierte die "Karlsruher Kameradschaft" den Kampf für ein "Nationales Zentrum" als oberstes Ziel. Seither gab es vier Versuche ein solches Zentrum in der Region Karlsruhe aufzubauen. Bei allen war die Kanzlei Harsch dabei.

2004 war Kuppenheim Ziel des ersten Versuchs. Hier mietete der Führer der "Rastatter Kameradschaft" Pablo Allgeier unter falschem Vorwand Räume an. Sein Anwalt war Klaus Harsch. nach Aussagen des getäuschten Vermieters war ihm nach dem Gespräch mit Allgeier und Harsch nicht klar, wer der größere Nazi der beiden gewesen sei.

Im Jahr 2006 vermietete der mittlerweile aus der Kanzlei ausgeschiedene Kompagnon von Klaus Harsch, Markus Merklinger seine Räume in einer ehemaligen Pizzeria in der Rastatter Münchfeldsiedlung als Nazi-Zentrum an Pablo Allgeier. Der ehemalige CDU-Gemeinderat Harsch und sein Sozius hielten trotz intensiven persönlichen Drucks durch Öffentlichkeit und Oberbürgermeister Klaus-Eckhard Walker lange Zeit an der Vermietung fest und erst interne Streitigkeiten der Neonazis sorgten für ein Ende des Nazi-Zentrums im Sommer 2007.

Als 2008 die NPD dann in Karlsruhe-Durlach ein "Nationales Partei- und Schulungszentrum“ errichten wollte, stand erneut Klaus Harsch zur Seite. Als Anwalt der kurz zuvor gegründeten und bis dato nicht in Erscheinung getretenen tschechischen GmbH "Smilidon s.r.o." vertrat Harsch die Interessen der NPD, das Haus als "Nationales Zentrum" zu halten. Diese Verwicklungen sorgten beim Karlsruher OB Heinz Fenrich und dem stellvertretende Bezirksvorsitzende der CDU Nordbaden Josef Offele für deutliche Mißstimmung. Letzterer forderte damals bereits ein Parteiausschlussverfahren gegen das CDU-Mitglied Harsch zu prüfen. Klaus Harsch versuchte mit Klagen gegen beide und mehrere Medien aus den Schlagzeilen zu kommen.

Auch als 2010 und 2011 mehrere Dutzend rechte Veranstaltungen und Konzerte im "Rössle" in Rheinmünster stattfanden, war Harsch mit seiner neu gegründeten Kanzlei "H3" in Stuttgart mit von der Partie. Zwar vertrat er die Neonazis nicht selbst, dies tat nach Aussagen des Vermieters eine Stuttgarter Kanzlei, doch sein "H3"-Kompagnon Steffen Hammer spielte dort am 08. Mai 2010 mit seiner Band "Noie Werte", deren Musik auch von einem NSU-Bekennervideos bekannt ist. Bereits am 26. März 2010 fand im "Rössle" eine Rechtsschulung mit einem "bekannten Anwalt" statt.

 


Die letzten Windungen? - Fazit

Nach Hammer und Heinig, servierte Klaus Harsch mit Nicole Schneiders eine weitere langjährige Weggefährtin ab. In dieser für ihn bislang unbekannten Situation der Bedrängnis, reagiert Harsch mit Verzweiflungstaten, um seine eigene Haut und seinen Einfluss  auf die konservativen Eliten Rastatts zu retten. Nachdem er jahrelang jede Äußerung zu den Neonazi-Aktivitäten von Nicole Schneiders harsch zurückwies, greift er ausgerechnet an dem Tag als CDU und Pennälerverbindungen  sich endlich öffentlich von Harsch distanzieren, zum letzten Schritt, die Schuld von sich zu weisen. 

Doch auch jetzt schafft es Harsch nicht, sich ideologisch von seinen Kolleg_innen loszusagen, sondern verweist allein auf die angebliche, augenblickliche Medienhetze. So kann auch schon seine Begründung, seine Mitarbeit in der Kanzlei „H3“ aufzukündigen einer näheren Betrachtung nicht standhalten. Er behauptete, von der rechten Gesinnung von Heinig und Hammer nichts gewusst zu haben. Dabei sind Klaus Harsch und die drei anderen in H3 tätigen Anwält_innen nahezu die einzigen Jurist_innen in Baden-Württemberg, die Neonazis in einer solchen Häufigkeit vertreten. Zudem sind die jetzt veröffentlichten Vorwürfe ihnen gegenüber seit Jahren bekannt und mit zwei Klicks im Internet verfügbar. Es dürfte wohl wenige Anwälte geben, die sich bei der Eröffnung einer neuen Kanzlei so sorglos geben wie Klaus Harsch es derzeit vorgibt.
Zeitgleich mit der Eröffnung der Nazi-Anwaltskanzlei „H3“ fällt der Austritt von Markus Merklinger aus der vormaligen Rastatter Gemeinschaftskanzlei.  Ob es reiner Zufall war, dass Merklinger zur Eröffnung seiner neuen Kanzlei vormalige „politische Gegner_innen“ einlud, gegen die die Kanzlei Harsch prozessierte? Spielte beim Zeitpunkt der selbe Zufall eine Rolle, der Merklinger kurz nach seiner Ausbildung zum Fachanwalt mit der Vermietung seines Hauses als Nazi-Zentrum zum Partner der Kanzlei Harsch & Kollegen machte?
Es scheint, als ob andere mehr wussten als der Chef Harsch es nun zugeben will. So gab Nicole Schneiders im Rhein-Neckar-Forum dem Angeklagten  den Ritterschlag zum „politisch brauchbaren“ Kamerad, der von Alexander Heinig wegen der Verwendung von „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ verteidigt wurde. In der verhältnismäßig überschaubaren rechten Anwaltsszene sollten sich solche Fälle und ihre Anwälte ebenso wie die Sänger von Rechtsrockbands doch schnell rumgesprochen haben.

Harsch verweist in seinen Stellungnahmen immer wieder auf seine allein juristische Vertretung von Neonazis, politisch verortet er sich „völlig auf Linie des im Rahmen des christlich-demokratischen Spektrums üblichen Meinungsfeldes“. Sein Interesse bei der Etablierung eines Neonazi-Zentrums oder der Durchsetzung von Nazi-Aufmärschen in der Region erklärt er nicht. Ob seine Dauerklienten auf ihn abfärbten oder was ihn dazu bewegt, in seiner Pennälerverbindung alle drei Strophen des Deutschlandliedes singen zu lassen oder sie in das Nazi-Zentrum um die Ecke einzuladen, durfte die Öffentlichkeit bislang noch ebenso wenig erfahren.

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Ian Stuart kam 1993 ums Leben. Sein Treffen mit Herrn Hammer 2001 dürfte  sich deshalb wohl relativ schwer gestaltet haben.

@ mods

 

könnt ihr das bitte korrigieren? 1991 ist gemeint

wir haben die richtige jahreszahl eingebaut, jetzt steht dort 1991.