Von „Tier-KZ’s“ und einer befreiten Gesellschaft

Kein Vergessen

Gefunden im Netz: Diskussionsbeitrag der sogenannten Anarchistischen (besser Antideutschen?) Gruppe Freiburg.

Gerade in letzter Zeit stoßen wir häufiger auf Bezeichnungen wie „Tier-KZ“ oder „Hühner-KZ“, vor allem im Zusammenhang mit einer (berechtigten) Kritik an Fastfood-Ketten oder Massentierhaltung. Wir waren nicht überrascht, dass dieser Begriff immer noch bzw. wieder verwendet wird, allerdings hat uns dies auch als politische Gruppe selbst betroffen. Aber wir waren in der Tat überrascht, welche Ausmaße diese Auseinandersetzung angenommen hat, wollen uns hierzu aber nicht weiter äußern. Stattdessen wollen wir den Raum für eine inhaltliche Auseinandersetzung nutzen, und sehen folgenden Text als Diskussionsbeitrag.

 

Intention der Verwendung des Begriffs „Tier-KZ“ ist ein Vergleich oder eine direkte Gleichsetzung moderner Massentierhaltung mit den Vernichtungslagern des deutschen Nationalsozialismus, welcher den Begriff „Konzentrationslager“ spätestens seit 1945 definiert.

Auch als Stilmittel der Provokation & Überspitzung, wir finden den Begriff „Tier-KZ“ mehr als unangebracht, denn der Vergleich der Shoah bzw. Konzentrationslagern mit der systematischen industriellen Tötung von Tieren ignoriert die Historizität und Singularität der Verbrechen der Deutschen während des Nationalsozialismus.

 

Der weltweit verbreitete Antisemitismus, welcher sich schon Jahrhunderte durch den in der christlich-westlichen Zivilisation vorherrschenden Antijudaismus entwickelte, projiziert alle negativen Erscheinungen des erstarkenden Kapitalismus auf Jüdinnen und Juden, weist ihnen eine Schuld für sämtliche Auswirkungen der neu entstandenen industriellen Ordnung zu, die die bislang etablierte vormoderne Gesellschaftsordnung ablöste, und sucht ihrer durch Vernichtung Herr zu werden. Im antisemitischen Weltbild wird „den Juden“ eine große Macht zugesprochen. Sie werden als die im Hintergrund wirkenden entwurzelten Kräfte gesehen, die die Fäden der Weltgeschichte in der Hand halten.

 

„Für die Explosivität des Antisemitismus im Vergleich zu den anderen Vorurteilen sorgte vor allem der von vielen geteilte Glaube, Juden seien als Kollektiv dabei, die Welt zu beherrschen, sie seien eine Bedrohung für die Menschheit“ [1].

 

„Sie wurzelte nicht in einem politischen, ökonomischen oder militärischen Pragmatismus. Sie gründete auf der puren Fantasie von einer jüdischen Verschwörung, die angeblich die ganze Welt beherrschte“ [2].

 

„Die Ausrottung der Juden musste nicht nur total sein, sondern war sich selbst Zweck – Ausrottung um der Ausrottung willen -, ein Zweck, der absolute Priorität beanspruchte.” [3].

 

Nur vor dem Hintergrund dieses antisemitischen Wahns ist zu erklären, warum die Nazis in den letzten Kriegsjahren wirtschaftliche und taktische Interessen völlig außer Acht ließen und einen Großteil des Schienenverkehrs für den Transport der Jüdinnen und Juden zu den Gaskammern benutzten und nicht für die logistische Unterstützung des Heeres, obwohl ihre Stellungen bereits von der Roten Armee überrollt wurden.

 

Antisemitismus ist oft ein Element einer oberflächlichen, personalisierten Kapitalismuskritik. Dadurch, dass die abstrakten und ungreifbaren Eigenschaften des Kapitalismus auf eine Personengruppe projiziert werden, wird ein Feindbild geschaffen. Dies schürt Hass und das Bedürfnis der Vernichtung des vermeintlichen „Feindes“, der für die negativen Verhältnisse verantwortlich gemacht wird. So wurde die Vernichtung der Jüdinnen und Juden zur Vernichtung des Feindbildes, d.h. zur Vernichtung der Personifizierungen des Abstrakten. Hier wird ein wesentlicher Unterschied zwischen der Vernichtung der Jüdinnen und Juden durch den Holocaust und der Ermordung von Tieren in den Schlachthöfen deutlich. Die Schlachthöfe funktionieren nach einem ökonomischen Prinzip. Die Hühner, Kühe, Schweine etc. sollen nicht vernichtet werden, aus ihnen und durch sie soll Wert produziert werden. Ihre Tötung ist nicht Zweck an sich, sondern der Zweck ist die Profitschaffung und -maximierung durch Produktion von Fleisch, die Produktion von „Nahrung“ für die Menschen.

 

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Antisemitismus aus den Köpfen der Menschen noch keinesfalls verschwunden ist, sondern sich in einem sekundären Antisemitismus manifestiert. Dieser zeigt sich in Deutschland vor allem in Form einer Verdrängung der Schuld, einer Relativierung der Geschehnisse während des Nationalsozialismus und in der modernen Tarnung des Antizionismus.

 

Eine Instrumentalisierung des Holocaust aus werbestrategischen Gründen, wie sie z.B. die PETA mit Holocaust-Vergleichen praktiziert, trifft auf genau diesen Boden und kommt dem deutschen Bedürfnis nach einer Entsorgung der Vergangenheit entgegen. Denn wenn alles wie ein KZ ist, oder dem Holocaust entspricht, dann war das Dritte Reich weder auffallend schlimm, noch besonders bemerkenswert. Folglich bräuchten wir dann auch daraus keine Lehren ziehen, oder für die Zukunft Vorkehrungen treffen, um eine Wiederholung zu vermeiden. Diese Ansicht ist offensichtlich gefährlich.

 

Linke und vor allem linksradikale Politik sollte sich auf dem Weg zur Emanzipation nicht auf Bauchgefühle verlassen oder aus moralischen Gesichtspunkten heraus argumentieren, da dadurch womöglich neben vielen Schweinereien der große Saustall nicht gesehen wird. Linksradikale, herrschaftskritische Politik muss diese Gesellschaft und alle mit ihr einhergehenden Herrschaftsmechanismen als Ganzes begreifen, kritisieren und letztendlich abschaffen. Anders werden wir eine befreite Gesellschaft nicht erreichen.

 

Quellen:
- „PETAs Kampagne „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ – Eine Kritik aus der Tierbefreiungsbewegung” – AG des Hamburger Tierbefreiungstreffens
- [1] s. Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933-1945, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003
- [2] s. David Bankier (Hrsg. im Auftrag der Gedenkstätte Yad Vashem): Fragen zum Holocaust. Interviews mit prominenten Forschern und Denkern: Interviews mit Christopher Browning, Jacques Derrida, Saul Friedländer, Hans Mommsen u.a., Wallstein Verlag, 2006
- [3] s. Moishe Postone: Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer Versuch, in: Dan Diner (Hrsg.):  Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz, Frankfurt a.M. 1988

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"Gefunden im Netz: Diskussionsbeitrag der sogenannten Anarchistischen (besser Antideutschen?) Gruppe Freiburg"

 

Joa, typisch Deutsche Linke: Kaum spricht eine linke Gruppe von Antisemitismus wird sie dafür als Antideutsch bezeichnet. Dann folgen noch paar überzogene Kommentare darüber, wie schlimm und böse und unlinks die Antideutschen denn sind, und am Ende sind sich alle einig, dass es Antisemitismus ja eh nicht mehr gibt in Deutschland, ausser vielleicht beim NSU.

 

Zum Kotzen.

Was hast du für Probleme du Honk?

Jeder der nicht bis ins kleinste Detail deiner Ideologie entspricht als Antideutsch zu bezeichnen, man so Helden wie du sind das perfekte Beispiel für die Einfalt der gegenwärtigen Linken! Statt ungefragt diesen Text per copy+paste hier einzufügen sag uns du ach so alles besser wissender Linker doch lieber was du daran für richtig und/oder falsch hälst. Aber dazu scheint dir wohl nichts einzufallen! Warum solltest du auch sonst die AG Freiburg einfach als AD bezeichnen!?!

Honk = Hauptschüler ohne nennenswerte Kenntnisse

Bedeutungen:

[1] umgangssprachlich: ein Mensch, der sich nicht besonders klug anstellt

Herkunft:

Das Wort Honk geht vermutlich auf das abwertende englisch-amerikanische Slangwort honky → en (Weißer) zurück. In Deutschland — wohl in Berlin — wurde es dann zu Hauptschüler ohne nennenswerte Kenntnisse umgedeutet.
Ein anderer Erklärungsansatz stellt einen Bezug zur Bundeswehr her, wo der besagte Hauptschüler gemäß dem dort herrschenden Hang zu Abkürzungen als HonK bezeichnet wird. So könnte das Wort ebenfalls entstanden sein.

Antideutsche Anarchist_innen find ich ja irgendwie gut.

 

Anzumerken wäre noch, daß nicht sauber kenntlich gemacht ist, wo der kopierte Textbeitrag der AG Freiburg anfängt. Ansonsten kann mensch die Bezeichnung "antideutsch" ja auch erstmal als auf den theoretischen Hintergrund einer Kritik verweisend lesen. Ob das dann was gutes oder schlechtes ist, muss dann jede_r für sich entscheiden.

 

Gelungener Beitrag der AG Freiburg jedenfalls.

Was bedeutet es, dass die Historizität ignoriert wird? Ist uns die Singularität nicht eingeimpft, ein Axiom jedlichen Redens über den Holocaust? Wird die ernsthaft angezweifelt oder räumen nicht sogar Nazis (in dem Fall stolz) jene ein? Wer glaubt heute noch wirklich an die Weltverschwörung der Juden bzw. wird ernst genommen, wenn er daran glaubt?

 

Sollten Menschen, die den Antisemitismus relativieren, indem sie jedem und alles vorwefen, er/sie/es sei antisemitisch, sich auch noch anmaßen, anderen Leuten Relativierung vorzuwerfen? Werden nicht gerade dort Exklusivitätsstrukturen reproduziert, wo von emanzipierter Gesellschaft gesprochen wird, weil man sich allein im Besitz der Wahrheit glaubt und alle anderen dadurch degradiert?

 

Muss man sich nicht auch gegen die Schweinerein stellen, wenn man den großen Saustall bekämpfen will? Oder reicht es schon sich als konsequent kapitalismuskritisch zu wähnen und die gesellschaftlichen verhältnisse so zu abstrahieren, dass es letzlich keine Rolle mehr spielt, wie man sich konkret zu den Gegebenheiten verhält? Der Streit um Worte, die Verteidigung von Deutungshoheit wichtiger wird, als ein solidarisches Verhalten, die Akzeptanz von Meinungsverschiedenheiten und unterschiedlichen Ausdrucksformen des Protestes?

 

Kommen wir zu dem wie es mir scheint einzigen Argument dieser Stellungnahme:

 

„Die Schlachthöfe funktionieren nach einem ökonomischen Prinzip.Die Hühner, Kühe, Schweine etc. sollen nicht vernichtet werden, aus ihnen und durch sie soll Wert produziert werden. Ihre Tötung ist nicht Zweck an sich, sondern der Zweck ist die Profitschaffung und -maximierung durch Produktion von Fleisch, die Produktion von „Nahrung“ für die Menschen.“

 

Was ist die Ausbeutung der Arbeitskraft bis zum letzten? Sortierung in noch nutzbar zum Arbeiten oder gleich zum Töten abschieben, da nicht mehr genug ausbeutbar?... das Ziehen der Goldzähne... die Berge an Kämmen, Schuhen, Haaren, etc....eine Verwertung bis zum letzten....hätte man aus den Leichenbergen noch Energie herstellen können, hätte man das sicher auch gemacht...

 

Trotzdem seh ich natürlich ein, dass es einen Unterschied macht, ob man Menschen ausrotten will oder Tiere in Massen zum Schlachten züchtet. Letzlich sind es Facetten, das blutige Spiegelbild der zerissenen Gesellschaft in der wir leben...

Ist es nicht gerade die Rationalität (also ökonomisches Denken), dass die Singularität des Holocausts ausmacht?

Der Unterschied ist nicht bloß der, ob man Menschen oder Tiere töten will.

 

Die Singularität des Holocaust kann auch nciht allein in seiner ökonomisierten Durchführung (die du beschreibst) gesucht werden.

Wichtig ist eben auch der Antisemitismus als Grundlage des Holocaust. Der moderne Antisemitismus hat sich ja gerade in der Hinsicht von irgendwelchem Rassenhass unterschieden, als dass der Rassismus die Unterordnung der niederen Rassen fordert, wärend der moderne Antisemitismus keinen anderen Ausweg als die restlose Vernichtung der Juden zulässt.

Erst wenn die Vernichtung von einer Gruppe von Menschen zu einer Erkenntnis wird und nicht mehr, wie beim Rassismus, vornehmlich emotionaler Ausdruck ist, wird der Holocaust möglich.

 

PS: Mir ist bewusst, dass die Nazis auch den Rassismus zu rationalisieren versucht haben. Trotzdem bestehen weiter enorme Unterschiede zum Antisemitismus. Auf die Ausführung davon hatte ich jetz tkeine Lust, weil das ein Kommentar und kein Buch serden sollte.

Ich find das ist ein sehr gelungener Text der Anarchistischen Gruppe Freiburg!

 

Was mich erst verwirrt hatte war: "(besser Antideutschen?)"

Was soll das? Welche Begründung? Einfach mal schnell einer Gruppe vorwerfen sie sei durchgehend homogen antideutsch? Warum bei einem im Netz gefundenen und kopierten Text direkt am Anfang so nen Stempel aufdrücken? Vielleicht erstmal neutral wiedergeben und dann sowas lieber kommentierend und kritisch am Ende des klar zitierten Textes.

Der Holocaust-Vergleich von Peta, das war 2003, bzw. im März 2004 übernahm PETA-Deutschland e.V. die Kampagne.

Es folgte von Seiten der linken Tierbefreiungsbewegung eine eingehende Kritik an dem Vergleich (z.B.: http://www.tierrechts-aktion-nord.de/texte/petakritik.html und andere).

Wie kommt ihr plötzlich dazu, acht Jahre später wieder mit dem Thema aufzukreuzen und lapidar zu schreiben:

"Gerade in letzter Zeit stoßen wir häufiger auf Bezeichnungen wie „Tier-KZ“ oder „Hühner-KZ“, vor allem im Zusammenhang mit einer (berechtigten) Kritik an Fastfood-Ketten oder Massentierhaltung",

ohne auch nur ein einziges Beispiel dafür zu bringen, wo und von wem diese Bezeichnungen denn "in letzter Zeit" verwendet werden sollen?

KZ-Vergleiche waren auch in der Linken eine Zeitlang verbreitet (man erinnere sich an Bezeichnungen wie "Stammheimer KZ"), sind aber nach berechtigter und intensiver Kritik daran längst passé.

Was für eine Relevanz also soll das Thema eurer Meinung nach haben, dass es gerechtfertigt ist, es auf einem tagesaktuellen linken Informationsportal nun wieder aufzubereiten?

Das hat mir einer konkreten, vor kurzem getätigten Bemerkung von jemandem zu tun um wenn es sich genau handelt werde ich hier aber nicht sagen da ich niemandem in die Schusslinie stellen will, dafür das der/die mal einen peinlichen Ausrutscher hatte (Und es wurde im Text vermutlich auch bewusst nicht erwähnt).

Allerdings finde ich es nach wie vor aktuell, den bei vielen Menschen, selbst bei manchen Linken, hat diese Sichtweise nach wie vor Konjunktur, auch wenn sich die meisten eher bedeckt halten.

"bei vielen Menschen, selbst bei manchen Linken, hat diese Sichtweise nach wie vor Konjunktur, auch wenn sich die meisten eher bedeckt halten" > hört sich jetzt irgendwie nach Verschwörungstheorie an...