“Nazi-Leaks”: NPD-Kader bewaffnen sich

DATENANTIFA

Offenbar haben sich führende NPD-Aktivisten aus Leipzig und Umgebung illegal mit scharfen Waffen ausgestattet: Laut internen Partei-Dokumenten, die der GAMMA-Redaktion vorliegen, sind der Leipziger NPD-Chef und Landesvorstands-Mitglied Helmut Herrmann sowie das Mutzschener NPD-Landtagsmitglied Winfried Petzold und dessen Frau in Besitz von Pistolen und Gewehren gelangt. Petzold ist auch Betreiber des so genannten NPD-”Bürgerbüros” (“Nationales Zentrum”) im Leipziger Stadtteil Lindenau. [1]


In einer E-Mail vom 8. Juli 2011 rühmt sich der Borsdorfer Gerd Fritzsche damit, den drei Personen “durch den Reservistenverband der Bundeswehr in Leipzig” sowohl Waffen als auch die vorgeschriebenen Waffenbesitzkarten besorgt zu haben. Die E-Mail ist unten im vollen Wortlaut dokumentiert.

 

 

Hintergrund


Fritzsche ist selbst kein NPD-Mitglied, sitzt aber als Sympathisant mit NPD-Mandat seit 2008 im Kreistag des Leipziger Landes. Außerdem ist er ehemaliges Mitglied der neonazistischen Leipziger Burschenschaft “Germania”. [2]

 

Innerparteilich gilt Fritzsche als Querulant. Weil er sich nicht an Absprachen hielt, hat ihm die NPD-eigene “Kommunalpolitische Vereinigung” (KPV), die Mandatsträger der Partei schult und koordiniert, bereits zum Jahresanfang die Unterstützung entzogen. Nachfolgend kam es zum Zwist mit dem sächsischen NPD-Chef Holger Apfel, der Fritzsche vom jüngsten Landesparteitag am 9. Juli im erzgebirgischen Auerbach kurzerhand ausgeladen hat. Darüber wurde auf Nazi-Websites öffentlich berichtet.

 

In der nachfolgend dokumentierten E-Mail polemisiert Fritzsche gegen Apfel, abgeschickt wurde der Text nur einen Tag vor dem Landesparteitag. Apfel will sich bekanntlich beim kommenden NPD-Bundesparteitag am 15./16. Oktober in Dessau zum Bundesvorsitzenden wählen lassen [3] und erhielt dafür beim Landesparteitag den Zuspruch der Deligierten der sächsischen Kreisverbände. [4] Allerdings gibt es auch im Umfeld des eigenen Landesverbandes Kritik an Apfel – die hier von Fritzsche schriftlich dargelegt wurde.

 

 

Einschätzung der Rechtslage


Wie genau Fritzsche die Waffenbesitzkarten besorgt hat, die den Besitz von Schusswaffen erlauben, ist unklar. Falls seine Schilderung stimmt, sind sie jedoch unrechtmäßig ausgeteilt worden: In Sachsen werden sie ausschließlich von Kreis- und Stadtverwaltungen ausgestellt – und nicht vom Reservistenverband. Bedingung ist laut Gesetz das “Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit” [5], damit scheiden vorbestrafte Personen aus.

 

Herrmann wurde zuletzt 2010 wegen Verwendens von NS-Symbolen rechtskräftig verurteilt. Bei wörtlicher Auslegung des Waffengesetzes können Waffenbesitzkarten auch nicht an Personen ausgegeben werden, die Mitglied von Organisationen sind, welche “gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind”. Die NPD dürfte diese Ausschlussklausel erfüllen.

 

 

Herkunft und Authentizität


Die E-Mail stammt von einem Mailserver der NPD, der offenbar von Hackern geknackt wurde. Der gesamte Datenbestand – zehntausende Mails aus 79 Accounts zahlreicher Kreis- und Landesverbände sowie Unterorganisationen und von Funktionären der NPD – wurde Mitte September bereits der Presse zugespielt. [6] Schon im Februar 2011 waren zahlreiche NPD-E-Mails unter dem Schlagwort “Nazi-Leaks” veröffentlicht worden. Damals wurde u.a. bekannt, dass die NPD das Abstimmverhalten ihrer kommunalen Mandatsträger – darunter auch ihrer beiden Leipziger Stadtratsabgeordneten – durch regelrechte Befehle steuert. [7]

 

 

Den Datenbestand des neuerlichen Hacks und damit auch die hier dokumentierte E-Mail schätzen wir nach mehrwöchiger Prüfung als zweifellos authentisch ein.


Über die Weise der Datenbeschaffung liegen uns indes keine Informationen vor. Als Begleiterscheinung des digitalen Angriffs auf die Nazipartei sind zahlreiche ihrer “Weltnetzseiten” aber noch immer nicht erreichbar.

 

 

E-Mail im Volltext:

From: “Gerd Fritzsche” (gerd.fritzsche@t-online.de)

To: (info@npd-dresden.de), (info@npd-erzgebirge.de), (aae@npd-nol.de), (vorstand@npd-leipzig.net), (info@npd-nordsachsen.de), (kontakt@npd-vogtland.de), (NPD-Bautzen@gmx.de), (info@npd-saechsische-Schweiz.de), (info@npd-mv.de), (inf@qnpd-chemnitz.de)

 

Cc: “udo voigt” (vorsitzender@npd.de), “Steffen Heller” (steffen_heller@t-online.de), (trebsner@arcor.de), (odal14@gmx.net), “Wilko Winkler” (wilkowinkler@yahoo.de), “Tony Keil” (Baldur18@web.de), (akblk@onlinehome.de), “Rabauke” (rabauke88@gmx.de)

Subject: Der Offenbarungseid des Holger Apfel

Date: Fri, 8 Jul 2011 16:30:33 +0200

 

Liebe Freunde und Kameraden,
meinen Gruß zuvor!

Für den morgigen Landesparteitag der Sachsen – NPD hat ein gewisser Holger Apfel und der gesamte Landesvorstand der NPD einstimmig ein Hausverbot für meine Person beschlossen.

Für welches böse Spiel geben sich dabei eigentlich Petzold und Herrmann her?

Beide haben mir über die Falschheit, Unfähigkeit, Raffgier und Parteifeindlichkeit des Holger Apfel monatelang, jahrelang 2009 und 2010 bei gemeinsamen Schießübungen im Reservistenverband der Bundeswehr in Leipzig volldröhnende Klagelieder gesungen.

 

Dafür gibt es namentlich bekannte Zeugen.

Wörtlich Helmut Herrmann: “Apfel kann weder mit Geld noch mit Menschen umgehen.”

Dank meiner Hilfe haben Herrmann, Petzold und seine Frau auch Waffenbesitzkarten und entsprechende Waffen (Pistolen und Gewehre) durch den Reservistenverband der Bundeswehr in Leipzig erhalten.

Damals  konnten natürlich Herrmann und Petzold große und größte Kübel von Gift und Galle über den “unfähigen und nicht tragbaren Herrn Apfel” im Schützenhof Leipzig beim gemeinsamen Kurz- oder Langwaffenschiessen auskippen.

Heute sind beide anscheinend wieder Systemlinge der Apfelmafia.

 

Wie hoch war der Preis? In Euro? Motto: Was soll mein dummes Geschwätz von gestern.
Oder sollte man besser formulieren: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!?

Man könnte noch vieles mehr nennen, beispielsweise die falsche Adresse (Namen und Anschrift hier bekannt) für Apfel in Dresden während seiner Zeit als Stadtrat. Wieso posaunt sonst Hartmut Krien durch die Lande, er habe genug Material um Apfel zu erpressen und sich dadurch entsprechende Posten und Geld zu sichern?

 

Denkt mal darüber nach und lest bitte die im Anhang stehenden Meinungen von langjährigen NPD-Mitgliedern in Sachsen. Und wenn jetzt wieder Leute sagen; “Ach Gottchen, das schadet doch unserer Bewegung”, dann sage ich: Reinigt die eigenen Reihen von Konjunkturrittern und Beutelschneidern. Möglichst bald.

Sven Tautermann hats beschrieben, wie es gehen kann.

Meine besten Wünsche allen Gutgesinnten

Gerd Fritzsche
Kreisrat mit Mandat der NPD

Anhang:

From: sven.tautermann@freenet.de
To: ‘Wilko Winkler’ (wilkowinkler@yahoo.de), ‘Rabauke’ (rabauke88@gmx.de), ‘Steffen Heller’ (steffen_heller@t-online.de), ‘Gerd Fritzsche’ (gerd.fritzsche@t-online.de)
Subject: RE: LPT
Date: Fri, 08 Jul 2011 12:04:00 +0200

 

Hallo Leute,

also entweder gehen alle hin und machen Alarm oder keiner und zeigen so unsere Verachtung für diese Agentenshow, alles andere ist einfach nur erbärmlich!

MkG
Sven

 

—–Ursprüngliche Nachricht—–

Von: “Wilko Winkler” [wilkowinkler@yahoo.de]
Gesendet: Thu. 07.07.2011 23:32
An: wilkowinkler@yahoo.de
Betreff: LPT

 

Nur zu Euer Information:

Vom KV Mittelsachsen werden von fünf Delegierten auch nur einer oder zwei, wenn überhaupt, am Sa. teilnehmen.

Warum könnt Ihr Euch sicher denken…

Der Termin (ein Schelm, der böses dabei denkt)…ein Witz. Ebenso die örtlichkeit. Ich muß am Sonntag früh ohnehin am Flughafen in Stuttgart sein. Heute beginnen in Sa. die Schulferien.

MkG
Wilko

—–Ursprüngliche Nachricht Ende—–

Quellen

[1] Mehr zum NPD-”Bürgerbüro” unter www.fenceoff.org
[2] NPD-Blog, 10.07.2010: http://npd-blog.info/2010/07/10/leipziger-burschenschafter/
[3] GAMMA, 20.09.2011: http://gamma.noblogs.org/archives/579
[4] GAMMA, 12.07.2011: http://gamma.noblogs.org/archives/399
[5] Siehe §5 des geltenden Waffengesetzes (WaffG): http://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/__5.html
[6] NPD-Blog, 18.09.2011: http://npd-blog.info/2011/09/18/nazi-leaks-npd-30/
[7] GAMMA, 18.02.2011: http://gamma.noblogs.org/archives/262

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Die Einschätzung der Rechtslage ist aber falsch. Die "zuständige Behörde" kann auch unabhängig der Zuverlässigkeit das Führen von Schusswaffen erlauben, wenn die betroffene Person nachweisen kann, dass sie mit Angriffen bedroht wird. Bei einem NPD-Abgeordneten kann eine Behörde erlauben, dass dieser eine scharfe Waffe trägt.

§ 12 (5) WaffG

""" Die zuständige Behörde kann im Einzelfall weitere Ausnahmen von den Erlaubnispflichten zulassen, wenn besondere Gründe vorliegen und Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht entgegenstehen."""

Manchmal gibt es Behörden, die sich um die Zuständigkeit streiten. Wenn eine Behörde die Zuständigkeit annimmt, dann wird das wohl nicht der betroffenen Person zu Last gelegt werden können.

@Selbstdarsteller (Bialke): Nein, du liegst falsch. Es geht im vorliegenden Fall ausdrücklich *nicht* um das Führen von Waffen via Waffenschein, wofür Ausnahmen eingeräumt werden können, sondern um den Besitz via Waffenbesitzkarte.

Kannst Du nicht lesen? Eine zuständige Behörde kann von den ERLAUBNISPFLICHTEN befreien. Die Waffenbesitzkarte erlaubt nicht das Führen von Waffen, also wenn z.B. jemand mit einer Waffe griffbereit rumlaufen will, aber eine Befreiung von den Erlaubnispflichten schliesst eindeutig die Rechte ein, die eine Waffenbesitzkarte bringt. (Z.B. den Kauf einer Waffe und das Herumtragen in einem verschlossenen Behältnis.) Und ganz sicher braucht es dann eine "Bescheinigung" zum Nachweisen der Befreiung von den Erlaubnispflichten, was man allgemein als "Waffenschein" bezeichnet - Wobei dieser Begriff rechtlich nicht korrekt ist.

 

Was Du mit dem "Selbstdarsteller" bezweckst ist hier ganz klar. Du willst mich beleidigen, weil Du inhaltlich falsch liegst und Dich das emotional belastet. Du stellst hier Deine eigene Emotion dar. Mach mal ein Antigwalttraining, vielleicht kannst Du dann Dein Geschreibe besser / gewaltärmer gestalten!

 

Es handelt sich hier im Text aber um Waffenbesitzkarten, die nur zum Erwerb von Schusswaffen und Munition ausgestellt werden. Zudem sind die WBKs der NPD-Mitglieder nicht illegal erworben. Für die Beantragung muss eine Sachkundeprüfung und ein Bedürfnis nachgewiesen werden. Beides kriegt man leicht über den Reservistenverband, Schützenvereine oder als Jäger. Die Zuverlässigkeit ist auch durch eine Vorstrafe nicht gefährdet, solange diese nicht 60 Tagessätze übersteigt oder keine 5 Jahre zurückliegt. (Gibt noch ein paar weitere Regelungen, aber die erspar ich euch.)