Eklat beim Universitätsausbau in Kassel

LBP

Der Lucius-Burckhardt-Platz soll einer Baulogistikfläche (während der Bauphase) und einer Verkehrsfläche (nach der Bauerweiterung) weichen. Betroffene werden nicht in die Bauplanung involviert. In den nächsten (geplanten) fünf bis acht Jahren – schon der Baustart ist verspätet – wird die Universität Kassel, aufgrund von massiver Raumnot und Zusammenlegung der Standorte, ausgebaut. Dies scheint zunächst positiv. Schaut mensch genauer hin wird klar, dass im Zuge der Bauplanung nur der große Rahmen bedacht wurde. Auch okay. Fehler können passieren.

 

Hier können nun kritische Stimmen aufleben, was auch frühzeitig – inzwischen vor mehr als einem Jahr – geschah. Verbesserungen wurden vorgeschlagen aber von den Verantwortlichen missachtet. Inakzeptabel!

 

Vor fünfzehn Jahren wurde auf dem Uni-Gelände im Rahmen eines studentischen Projektes die Fahrradwerkstatt gebaut. Sie ist ein ökologisch-ökonomischer Holzbau, in dem wirklich jede und jeder nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ kostenlos Fahrräder reparieren kann.

 

Eingebettet ist die Fahrradwerkstatt in den Lucius-Burckhardt-Platz, der als Treffpunkt für Austausch, Luft holen und Denken fungiert. Das Cafe Desasta bietet den nötigen Raum, den Biergarten und den fair gehandelten Kaffee dazu. Dieser Ort hat über zwanzig Jahre seine Qualitäten nutzerorientiert, selbstbestimmt und sanft entwickelt. Er ist ein Bindeglied zwischen Nordstadtbewohner_innen und Studierenden und bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Auch ein Grund, weshalb er im Jahr 2009 nach Lucius Burckhardt – ein Freiraumplaner und Soziologe, der 24 Jahre in Kassel wirkte - benannt wurde. Eines seiner Prinzipien innerhalb der Stadtplanung war, sich immer um den „kleinstmöglichen Eingriff“ zu bemühen.

 

In Kassel passiert das Gegenteil. Es scheint, als ob keiner der Planer_innen das Uni-Gelände zu Fuß und mit offenem Auge erschlossen hat. Wie sonst kann es passieren, dass die Qualitäten des Platzes und sein Fortbestand nach der Bauphase in den vorliegenden Plänen nicht auftauchen? Mehrfach wurde um Gespräche mit den Zuständigen gebeten. Vor einem Jahr wurde den Nutzer_innen ein runder Tisch mit der Bauleitung zugesprochen, der jedoch nie stattfand. Im Januar dieses Jahres wurde die Initiative zum Erhalt des Platzes vor vollendete Tatsachen gestellt. Fast die gesamte Fläche ist für die Baulogistik eingeplant.  Somit ist sie nicht nur nach der Bauphase nicht mehr vorhanden, sondern auch während dieser nicht nutzbar!

 

Auch Bäume scheint es innerhalb des besagten Geländes nicht zu geben. Alle 335 Bäume, die sich zwischen dem K19 (Kulturzentrum des ASTAs), der Ahna und dem Lucius-Burckhardt-Platz befinden – egal ob im Weg oder nicht – werden laut Planung gekappt. Die ersten sind schon gefallen.

 

Genau an der Kante zum Platz soll ein fünfstöckiges Gebäude aus Aluminium und Glas entstehen. Aus den Plänen für die zukünftige Gestaltung des Platzes ist zu entnehmen, dass dieser als Verkehrsfläche angesehen wird. Keine der derzeitigen Elemente sollen erhalten bleiben. Gleichermaßen schließt sich damit die Universität zur Nordstadt hin, sodass das Zusammenleben zwischen Bewohner_innen der Nordstadt und den Studierenden erschwert wird.

 

Betrachten wir den historischen Hintergrund der Universität Kassel, wird das Ganze noch unverständlicher. Die Universität wurde 1974 als Reformgesamthochschule gegründet und ist für das „Kasseler Modell“ bekannt, das eine starke Betonung auf die Mitbestimmung der Studierenden legt. Dies war ein progressiver Ansatz, der aber nicht mehr zu gelten scheint. In den letzten Monaten wurden über fünftausend Unterschriften für den Erhalt des Platzes gesammelt und dem Universitätspräsidenten Rolf-Dieter Postlep als auch dem Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) überreicht. In einer Vollversammlung (VV) im April dieses Jahres wurde darüber hinaus einer Resolution zum Erhalt des Platzes durch die Studierenden mit überwältigender Mehrheit zugestimmt.

 

Noch vor einem Jahr wurde der Initiative zum Erhalt des Lucius-Burckhardt-Platzes  Unterstützung vom Universitätspräsidenten sowie des Oberbürgermeisters der Stadt zugesichert. Nachdem die oben genannte Resolution im Senat vorgelegt wurde, schien der Universitätspräsident Rolf-Dieter Postlep wie ausgewechselt. Er drehte sich um 180 Grad in seiner Haltung, bezeichnete die Initiative als stur und arbeitet seitdem gegen sie. Auch die Worte des Oberbürgermeisters Bertram Hilgen (SPD) entpuppten sich als hohle Phrasen. Zu allem Übel fiel die Grüne Hochschulgruppe während der Senatssitzung der Initiative zum Erhalt des Platzes in den Rücken. Die Folge war die Ablehnung der Resolution im Senat. Dies alles passierte mehr oder weniger überraschend, da sich die meisten im Vorfeld für den Erhalt des Lucius-Burckhardt-Platz ausgesprochen hatten.

 

Im größeren Kontext zeigt sich, dass die Universität mit der Vorgehensweise des Ausbaues der Universität die Anliegen der Studierenden und Anwohner_innen ignoriert. Auch die visuelle und planerische Gestaltung lässt eher auf ein Prestige-Projekt schließen. Die einst mal erdachte Reformhochschule wandelt sich nun auch optisch in einen Campus einer ausbildungsorientierten Eliteuniversität. Sie verschließt sich immer mehr gegenüber der Bevölkerung und fügt sich nach der Fertigstellung in das Bild der grassierenden Exzellenzbestrebungen der deutschen Universitätslandschaft ein.

 

Hier liegt ein eindeutiger Zusammenprall von Ideologien vor. Die Bemühungen der letzten anderthalb Jahre auf offiziellem Wege durch die Instanzen fachlich zu argumentieren und die Interessen der Platznutzer_innen zu vertreten ist durch Missachtung von Seiten der Führungspersönlichkeiten fehlgeschlagen. Innerhalb der nächsten Woche wird über den zukünftigen Ort und die Finanzierung der Umsetzung der Fahrradwerkstatt entschieden. Wird hier wieder die Notwendigkeit solcher Institutionen in Frage gestellt, ist das Überleben der Fahrradwerkstatt akut bedroht. Desweiteren würde durch die Durchsetzung der Uni-Baupläne, und somit die Umwandlung des Lucius-Burckhardt-Platzes in eine Baulogistikfläche, ein wichtiges Stück Kultur und Natur zerstört, das soziale Miteinander verdrängt, die Boulespieler_innen vertrieben, und das Café Desasta, durch den Wegfall des Biergartens, der Gefahr der Insolvenz ausgesetzt.

 

Wir werden uns dieser Ausgrenzungs- und Verdrängungspolitik nicht geschlagen geben!

 

Wir werden uns auch weiterhin einmischen und die Verantwortlichen solange nerven, bis sie die Platznutzer_innen endlich ernst nehmen und eine partizipatorische Mitbestimmung ermöglichen!

 

Für den Erhalt des Lucius-Burckhardt-Platzes in seiner derzeitigen Erscheinung und Funktion!

 

AKA-LBP

(autonomes kritisches Aktionsbündnis Lucius-Burckhardt-Platz)

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Die Baulogistikflaeche wird nun einmal benoetigt, um das Vorhaben durchfuehren zu koennen. Hat sich jemand mal die Zeichnungen angesehen und moegliche Alternativen erarbeitet? Hat jemand die Baufirmen gefragt, ob die Alternativen sehen? Der Platz wird ja nicht platt gemacht, weil man Spass daran hat, sondern weil das als die beste Moeglichkeit gesehen wird.

...um DAS Vorhaben durchzuführen, wird die Baulogistikfläche benötigt! Deshalb wurden Alternativen aufgezeigt, denn es sind durchaus andere Flächen als Logistikflächen möglich! Der Leiter der Bauabteilung interessiert sich nicht für die Interessen der Studis und ist zu keinem Gespräch bereit.

 

Und dass die Unileitung Spaß daran hat den Platz platt zu machen, würde ich ihr nichtmal unterstellen, jedoch ist es ihr wohl auch nicht so unrecht. Schließlich haben sie schon öfter bewiesen, dass linkspolische Gruppen an der Uni nicht erwünscht sind. So wurde im März 2010 der kritischen Uni ihre Raum und somit ihr Freiraum genommen, und ihr zwischenzeitlich verboten Räume für Veranstaltungen zu reservieren. Auch der Asta wird versucht in noch keinere Räumlichkeiten zu treiben. Auch das K19 (Kulturzentrum des Astas) ist, durch die Bauplanung, in Gefahr.

Das K19 ist nicht in Gefahr. Wer erzählt sowas? 100% sicher.

Die Frage ist nur, ob das K19 weiterhin so wie bisher betrieben werden kann, wenn die Klos (und der gesamte hintere Teil des K19) abgerissen sind und direkt daneben ein Studiwohnheim steht.

Die Baupläne sind seit Jahren bekannt. Der Erhalt der Fahrradwerkstatt ist möglich.

 

Einsicht in die Baupläne im Bauamt Kassel und vieles wird klarer.

 

Ansonsten ist auf dem neuen Campusgelände ausreichend Platz. Des Weiteren sollte das geplante Parkhaus nördlich des neuen Campus eher zur Kritik anregen. Der Park ist beliebt bei jedermann. Ein Parkhaus zerstört das besondere Flair des Viertels und wartet mit grauen Bezahl-Plätzen auf.