10 Jahre G8 in Genua

In Memory of Carlo Giuliani

Zum ersten Mal seit Langem wird in Berlin offen für eine unangemeldete Demonstration mobilisiert. Die Demonstration in Kreuzberg soll die Ermordung von Carlo Giuliani, die Übergriffe der Polizei in der Diaz Schule und an anderen Orten in Genua sowie die Politik der G8 thematisieren. Sie wird nicht angemeldet werden weil es unerträglich wäre sich dafür die Genehmigung von denen zu besorgen, die für die Ereignisse von Genua (mit)verantwortlich sind.
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Weitere Gedenkveranstaltungen: Demo in Aachen, Demo in Duisburg, Demo in Nürnberg
Mobivideos: Mobivideo I, Mobivideo II 

 

Mord an Carlo


Am 20. Juli 2001 fiel der Schuss, der bei so vielen Menschen auch heute noch Trauer, Wut oder Ohnmacht auslöst. Neben den gewaltsamen Blutorgien der italienischen Polizei und der Folter der inhaftierten Gipfelgegner war der Tod Carlo Giulianis der Höhepunkt der Repression gegen eine junge, sich international organisierende Bewegung aus Menschen unterschiedlichster Spektren. Die Frage, ob die Bilder aus Genua – die neben der Menschenverachtung der Herrschenden auch den Mut und die Entschlossenheit Tausender zeigen – einen Wendepunkt dieser Bewegung markieren oder zu noch mehr Einsatz aufgerufen haben, mag jeder für sich selbst entschieden haben. Dass die Geschichte die wir geschrieben haben und noch schreiben, aber auch immer eng verknüpft ist mit dem Weg, den die herrschende Logik geht, macht die Erinnerung für unsere Zukunft wichtig. Auch für die kommenden Generationen werden die internationalisierte Polizeiarbeit, der europaweit funktionierende Repressionsapparat überhaupt und die Gewaltbereitschaft der Politik gegen Basisbewegungen ihre Relevanz behalten. Carlo ist in diesem Kontext zum Symbol geworden – nicht nur für die, die Genua miterlebt haben, sondern auch für jüngere Menschen, für die Genua reine Geschichte ist.

Video Dokumentationen aus Genua



Die Schüsse von Göteborg
Am 15. und 16. Juni fand in Göteburg (Schweden) der EU Gipfel statt. Zu diesem war europaweit mobilisiert worden. Viele Autonome aus den umliegenden Ländern machten sich auf den Weg, um festzustellen, dass das vermeintlich liberale Schweden eine brutale und durchgeknallte Polizei hat. Drei Demonstranten wurden angeschossen, meistens von hinten. Viele wurden verhaftet und saßen teils lange Haftstrafen ab.
Das bei einer Demonstration von der Polizei mit scharfer Munition gezielt geschossen wird, war für alle eine neue Erfahrung. Gleichzeitig wurde damit auch das Tabu gebrochen, daß die Polizei in Europa nicht so offensichtlich DemonstrantInnen tötet wie auf anderen Kontinenten.
Berlusconi verstand die Schüsse von Göteborg als Freibrief für einen polizeilichen Amoklauf in Genua.

Video Dokumentationen von Göteborg:



Der Jahrestag in Italien
Der 10.Jahrestag wird in Italien von unterschiedlichen Gruppen vorbereitet und findet breite Aufmerksamkeit in der Presse [Link]. Die Mutter von Carlo, Haidi Giuliani [Link] vergleicht die Gewalt des Staates gegen ihren Sohn und in der Diaz Schule mit der aktuellen Polizeigewalt in Val di Susa [Link].

Die Demo


Carlo

 

In Berlin werden unangemeldete Demonstrationen traditionell von der Polizei gestoppt. In der Regel lösen sich echte Spontis bei Eintreffen grösserer Polizeikräfte auf.
Die Durchsetzbarkeit einer Demo hängt also unter anderem von der Anzahl der Demonstrantinnen und Demonstranten ab.
Die Mobilisierung für den 16. Juli läuft sehr gut, in Berlin wurde massiv plakatiert und gesprüht, aus anderen Städten kommen viele Anfragen nach Mobistuff. Der Jahrestag von Genua wird inzwischen auch in anderen Orten mit Demos und Veranstaltungen aufbereitet.

Der jetzt aufgetauchte Diskussionsbeitrag einer Bezugsgruppe fasst einige Probleme bei der Vorbereitung und Durchführung einer unangemeldeten Demo in Berlin ganz gut zusammen.
Die Protestkultur in Berlin befindet sich auf einem absoluten Tiefstand, zu keinem gesellschaftlichen Konflikt gibt es Ansätze von Bewegung oder Widerstand aus dem sogenannten bürgerlichen oder liberalem Spektrum. Die Menschen in Berlin zeigen keinerlei Interesse, weder für Probleme vor der eigenen Tür noch für internationale Konflikte. Eine Bewegung wie Stuttgart 21 wäre hier undenkbar. Selbst die Empörung über Atomkraft lässt sich von NGO Managern zu unsinnigen Zeiten durch leere Strassen (Tiergarten) an die immer gleichen Orte (Brandenburger Tor) führen. Lediglich die Antifa veranstaltet Demonstrationen, die selten mehr sind als nur Latschen von A nach B. Die Relevanz dieser Aufzüge nur mit den eigenen 500 Leuten ist gering und für die meisten TeilnehmerInnen unbefriedigend. Selten bieten sich Anlässe für grosse linksradikale Demonstrationen, die tatsächlich in das öffentliche Bewusstsein intervenieren. Von einigen Menschen wird nun dem 10. Jahrestag von Genua das Potential zugetraut mehr Kreise anzusprechen als den üblichen Szenesumpf.
Weil dieser Versuch aber als einziges Ziel hat, eine Demonstration durchzuführen ohne dafür den Staat um Erlaubnis zu bitten und sonst keine weiteren Anforderungen an Menschen oder Gruppen erhebt, kann es keine verantwortlichen OrganisatorInnen geben, wie es bei allen anderen Demonstrationen üblich ist.
Die Demo will niemand für irgend etwas benutzen oder instrumentalisieren, sie soll nur Gelegenheit geben zu den Ereignissen von Genua Stellung zu beziehen. Das G8 Treffen vor zehn Jahren hat nicht nur Carlo das Leben gekostet und unzählige verletzt, sondern es fand quasi am Vorabend eines "Krieges gegen den Terror" statt, der immer noch andauert. Damals wurden die Weichen gestellt für den Abbau von Grundrechten und dem immer weiter vordringenden Anspruch des Staates in jeden Lebensbereich des einzelnen Bürgers. Ob es unter dem Deckmantel des Terrorismus oder der Wirtschaftskrise ist, der Ausdruck der freien Meinung und der Bewegungsfreiheit wird seitdem erfolgreicher unterdrückt als lange vorstellbar war.

Alle wissen, das die Berliner Polizei bereit ist Gewalt anzuwenden. Das persönliche Risiko in Berlin zu einer unangemeldeten Demo zu gehen ist aber geringer als in Syrien oder Ägypten und wir müssen davon wegkommen immer nach jemand zu suchen, der unsere Proteste organisiert oder dafür die Verantwortung übernimmt.
Problematisch scheint für einige das Wort "Rache" in diesem Kontext zu sein. Rache wird oft als eine Handlung, die den Ausgleich zuvor erlittenen Unrechts bewirken soll, definiert. Da für uns der juristische Umgang des italienischen Staates mit der Ermordung von Carlo allenfalls zweitrangig ist und das bloße Sitzenbleiben auf Wut und Trauer keine Lösung ist, wird es unterschiedliche Motive geben um irgendwie darauf zu reagieren. Für manche mag es Rache sein; wer andere Motive hat, könnte dieses Wort in Texten, Plakaten, Graffitis oder Blognamen ersetzen durch etwas anderes.
Ob wir überhaupt einen Ausgleich für erlittenes Unrecht fordern sollen ist nicht diskutiert worden und daher völlig ungeklärt. Auch für die Mobilisierung gibt es kein Zentralkomitee.

Die Durchsetzbarkeit der Demo hängt auch von unserer Entschlossenheit ab. Der Polizei wird es nicht möglich sein hunderte von Menschen festzunehmen, niemand sollte sich aus Angst davon abhalten lassen seine/ihre Meinung öffentlich kundzutun.

Momentan wird davon ausgegangen, dass die Polizei ein Versammeln auf dem Lausitzer Platz zulässt und dann einen Start der Demo stoppen will wenn sich kein Anmelder findet.


Wir empfehlen deshalb:

  • kommt bitte alle pünktlich um 22 Uhr. Es soll kein langes Verweilen auf dem Lausitzer Platz geben.
  • wer in der Demo laufen möchte: bitte keine Fahrräder mitbringen!
  • es wird keinen Lauti geben, bringt also Fahnen und Transparente mit.
  • für den Fall das die Polizei den Lausitzer Platz vorher besetzt, wird ein Plan B bekannt gemacht. Diese Info soll dann nur an Personen weiter gesagt werden, die ihr für sicher haltet. Macht euch vorher mit dem Stadtplan vertraut.


Der EA ist während der Demonstration besetzt. (030 692 22 22)

 

rachefuercarlo.blogsport.de

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Eine kleine Anmerkung: 

Es kam immer wieder vor, das Leute aus Demos heraus fotografieren oder von Ausserhalb in die 
Demo hinein. Aufgrund von Fotos die zufällig bei Leuten gefunden werden, saßen schon öfters 
Leute im Knast. Meist kann man bei fotografierenden Personen auch von Zivis ausgehen. 

Damit ihr euch selbst in keine Gefahr begebt, lasst lieber eure Kameras zuhause. 

Es gibt die "typischen Szenefotografen" die mit der Materie vertraut sind und wissen wie man Gesichter etc verpixelt, überlasst ihnen die Aufgabe. 


Springer und Co werden wir nicht dulden!