Coburger Convent in Coburg

Coburger Convent

Antifaschistischer Widerstand gehört in der Vestestadt Coburg mittlerweile mindestens genauso zu Pfingsten wie das reaktionäre Treiben des Coburger Convent (CC). Damit der Protest nicht zur Gewohnheit wird, sondern zum Fortschritt, muss noch vieles besser gemacht werden. 

Eine subjektive Sicht auf die Vorkommnisse.
Es sprach nicht viel dafür, dass alles anders werden würde dieses Jahr. Lediglich die lokale Nazibande hatte das erste mal vor wenigen Wochen angekündigt, die Korporierten vor den „Linksterroristen“ schützen zu wollen. Ansonsten rief der CC wie gewohnt zum größten Festakt der gesamten Verbindungsszene: dem Pfingstkongress. Die lokalen Zeitungen stimmten in gewohnter Manier in die Vorfreude ein, mit ihnen als einzige überregionale Zeitung die Junge Freiheit. Beim Einzug der Mützenträger dann präsentierte sich Coburg ganz im Zeichen und den Farben der Akademiker aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Am Ortseingang ein „Coburg begrüßt seine Gäste des Coburger Convent“, auf den öffentlichen Plätzen schwarz-weiß-rote Fahnen und am Rathaus das symbolische Schwert des Dachverbandes. Auch die Polizei war pünktlich und auch etwas zahlreicher als bisher aus der gesamten Region einmarschiert. 

Auf dem Blog der Initiative „Studentische Verbindungen auflösen“ wurde noch am Freitagabend die Besetzung des Büros der Linkspartei verkündet. Mit deren freundlicher Erlaubnis entstand hier so etwas wie ein kleines Convergence Center des Widerstandes. Erstmalig konnten sich die Aktivist_innen also auf eine permanente Anlauf- und Sammelstelle verlassen. Die letzten Jahre war dies immer an der befürchteten Repression gegen Betreiber_innen von Lokalitäten gescheitert. 

Fixpunkt in den Aktivitäten ist seit einigen Jahren die Samstags-Demonstration zum Auftakt der Proteste. Auch dieses Jahr sammelten sich wieder mehr als 300 Menschen, um die Stadt mit der Kritik zu konfrontieren. Von der aggressiven bayrischen Polizei eng begleitet musste sich der Demonstrationszug an die skandalösen Auflagen halten. Diese beinhalteten u.a. das Verbot von Seitentransparenten, obwohl dagegen bereits vor zwei Jahren erfolgreich geklagt wurde. Ebenso polizeilich verboten war die Benutzung von beiden Straßenseiten. Das hielt die Einsatzleitung dennoch nicht davon ab, den Verkehr und damit die Öffentlichkeit von den Demonstrant_innen abzuriegeln. Klar erkennbar war wieder einmal der Wille zur politischen Schikane. 
Handgreiflich wurde die Schikane bereits zu Beginn der Demonstration, als allen mutmaßlichen Teilnehmer_innen unter Gewaltandrohung und -anwendung der Leib visitiert wurde, sowie deren Personalien aufgenommen wurden. Das Unterstützungskommando wurde dabei seinem Ruf als Hooligan-Truppe wieder einmal gerecht und verzichtete zudem auf jegliche Rechtsgrundlage. Verweise auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu Vorkontrollen hatten wiederholt die Belehrung zur Folge, dass man hier nicht in Deutschland sondern in Bayern sei. Ausbrüche aus dem polizeilichen Korsett waren daher auch kaum denkbar und unterblieben bis zum Schluss. Dennoch konnte u.a. über ein Presseecho, dass insgesamt nicht übermäßig negativ ausfiel, Öffentlichkeit für die Kritik an Verbindungen und dem Umgang der Stadt mit dem Thema hergestellt werden. Auch die Reden fanden bei einigen Passanten Zuspruch. Nicht zuletzt stellt die Demonstration auch einen Anlaufpunkt für politische Jugendliche aus der Region dar. 

Mit der Nacht bricht dann seit jeher die Stunde der Aktiven herein. Um den Burschis und dem mit ihm feiernden Bürgertum das deutsch-nationale Klima zu stören, haben sich wahrscheinlich schon vor hundert Jahren Antifaschist_innen zusammengetan, um den Korporierten ihr höchstes Statussymbol zu nehmen. Dieses Jahr hat er verschiedenen Berichten zufolge auch wieder in der Coburger Jugend Fuß gefasst: der Mützenklau. Sehr erfreulich ist es, wenn die Arroganz der selbsternannten Elite dann doch nach und nach der Angst vor der militanten Abneigung der Bevölkerung weicht. Der gewachsene Tatendrang koppelte sich auch bald mit Gerüchten über Handgreiflichkeiten und führte bei einzelnen Korporierten zu hysterischen Reaktionen gegenüber Jugendgruppen. Die sicheren Jahre scheinen für den Pfingstkongress vorüber zu sein. 
Außer den Aktivist_innen schlief aber auch die Polizei nicht: ständige Personenkontrollen und -jagden im gesamten Stadtgebiet sowie mehrere Festnahmen mit Vorwürfen von Raub bis Landsfriedensbruch waren die Folge. Ein gewisses Gefahrenpotential muss man aber auch Korporierten zuschreiben, die sich teilweise aggressiv und untereinander solidarisch verhalten. 

Nach einem relativ ruhigen Sonntag sollte Montagmorgen die durch und durch revisionistische Soldatenehrung im Coburger Hofgarten gestört werden. Aufgrund der Empfindlichkeit derartiger Veranstaltungen gegenüber akkustischem Protest musste eine Lösung her: der Coburger Convent meldete einen Gottesdienst an. 
„Wer den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft absichtlich und in grober Weise stört oder an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, so § 167 Strafgesetzbuch. 
Da nur wenige Menschen an der Gegenkundgebung teilnahmen, unterblieb unter Aufsicht der Polizei auch jeglicher beschimpfender Unfug während der Zeremonie. Dass sich die Verbindungsstudenten durch die Anwesenheit von Gegendemonstrant_innen dennoch provozieren ließen, wurde mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. 

Höhepunkt des Pfingstkongresses ist der Fackelmarsch der Korporierten. Dabei windet sich ein in die einzelnen Verbindungen gestaffelter Zug im Schein tausender Fackeln durch die Innenstadt. Dazu wird von lokalen Orchestern militaristische Musik gespielt und durch viele Coburger_innen Beifall geklatscht. Am zentralen Markt angekommen werden die Fackeln in die Mitte des Platzes geworfen, wo sie in einem Flammenmeer aufgehen. Andächtig wird dann der nationalistischen Agitation der vorsitzenden Verbindung gelauscht. Die folgende Schweigeminute war dann stets das Signal für den lautstarken Protest, der durch die massiven Polizeikräfte immer sofort unterbunden wurde. 
Dieses Jahr blieb zum Erstaunen der Anwesenden die Schweigeminute aus. Von Korporierten war hinterher zu erfahren, dass diese aufgrund der Proteste auf eine interne Veranstaltung vorverlegt wurde. 
Dennoch war für Störung des nationalistischen Rituals an anderer gesorgt. Zwei Kundgebungen direkt an der Route des Fackelmarsches übertönten die deutsche Atmosphäre. Deutlich mehr Teilnehmer_innen als die Jahre zuvor waren aus der Region gekommen, um den Burschen ihr zu ruhiges Hinterland zu nehmen. 

Einem Aufruf zu direkten Aktionen auf dem Blog coburgerconvent.blogsport.de, der ebenso dazu gedacht war, die Verbindungen in ihrer Ruhe zu stören, folgten keine Reaktionen. Vermutet wurde eine „breite Unterstützung der Aktivitäten gegen den Coburger Convent“ auch auf überregionaler Ebene. Die Enttäuschung über das mangelnde Engagement anderer Antifaschist_innen währt aber längst nicht mehr, da zum Burschentag der Deutschen Burschenschaft in Eisenach die Mobilisierung ungleich größer ist. Stets darauf bedacht, die vorgeschobene Distanzierung des CC von „rechten“ Verbindungen als Taktik zu entlarven und das gesamte Studentenverbindungswesen als wesentlichen Player der Neuen Rechten zu outen, kann die Initiative „Studentische Verbindungen auflösen“ sich mit dem Aktivismus um den Eisenacher Burschentag tatsächlich zufrieden geben. 

Auch das Presseecho der lokalen Zeitungen ist dank starker inhaltlicher Arbeit dieses Jahr wesentlich besser ausgefallen als je zuvor. In einigen Artikeln rückte die Darstellung der Verbindungen der Realität ein ganzes Stück näher. Mit viel Eifer versuchte der sonst so wortkarge CC der Kritik entgegenzuwirken. Die vielen extra angereisten „Couleurdamen“, die wenigen Schaulustigen beim Fackelmarsch und die Aktionsbereitschaft der Coburger Jugend sprechen die selbe Sprache: der CC muss sich zunehmend verteidigen und die Stadt wurde genötigt, sich mit der Kritik auseinandersetzen. 

Dennoch sind die Tage um den Pfingstkongress nachwievor ein Gipfel des deutschen Nationalismus, Sexismus und Geschichtsrevisionismus. Coburg zeigt sich immernoch als rechter Sumpf, in dem die Horden des „Fränkischen Heimatschutz“, zahlreiche Bürger, die Politiker und der CC viel zu ungestört feiern können. Es wäre wünschenswert, wenn die Schwelle der symbolischen Gegenaktion bald überwunden werden könnte. Dem Vernehmen nach scheint es für viele vorstellbar, den Fackelmarsch zu blockieren. Es ist das Bewusstsein vorhanden, dass hier die selbsternannte deutsch-nationale Elite marschiert, und nicht ein harmloser Karnevalsverein. 
Ebenso wäre es notwendig, militanten Widerstand gegen die großen Gruppen von Nazis zu organisieren. Für alternative Jugendliche stellen sie während dem Pfingstkongress eine konkrete Gefahr dar. 
Ohne die überregionale Beteiligung von Antifaschist_innen zu verbessern, ist es jedoch schwer vorstellbar, das zu leisten.
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Und dazu der Weblink der Initiative "Studentische Verbindungen auflösen":

 

http://coburgerconvent.blogsport.de/

gefunden auf directaction blog:

https://directactionde.ucrony.net/node/1213

 

"Scheiben bei Landsmannschaft Spandovia eingeworfen

Berlin 13. Juni 2011

Wir haben in der Nacht zu Montag der Landsmannschaft Spandovia im Coburger Convent die Scheiben und ein Auto eingeworfen. Die Aktion richtet sich gegen rechtsoffene bis Naziverseuchte, sexistische und elitäre Studentenverbindungen. Wir supporten den Aktionsaufruf gegen den Pfingstkongress des Coburger Convent.

Nieder mit der deutschen Elite!

Klasse gegen Klasse!"