"Der Markt ist wie leergefegt"

Erstveröffentlicht: 
04.05.2011

Die Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau sieht bei Immobilien mehr Nachfrage als Angebote – und das Umland stärker gefordert.

Die Aussichten für mögliche Vermittler und Käuferinnen von Immobilien in Freiburg werden gerade immer schlechter. Denn: "Der Markt ist in der Stadt wie leergefegt", machte am Dienstag Thomas Schmidt als Geschäftsführer der Sparkassen-Immobilien-Gesellschaft deutlich. Eine Folge des Jahres 2010, in dem in der Stadt 3243 Wohnungen und Häuser für etwa 755 Millionen Euro die Besitzer und Besitzerinnen wechselten – fast so viele wie im Rekordjahr 2005 mit 3421.


Diese Entwicklung hat mehrere Gründe, beobachtet Thomas Schmidt: Viele zieht es (im Alter) vom Land zurück in die Stadt; immer mehr wollen vom Mieter zum Eigentümer werden; die vor der Finanzkrise verschwundenen Kapitalanleger legen ihr Geld wieder in Immobilien an; zunehmend entdecken jüngere Leute Immobilien als Möglichkeit der Altersvorsorge. Ergebnis: Ein knappes Angebot und eine hohe Nachfrage machen die eigenen vier Wände – und in der Folge davon auch die Mieten – so teuer, dass Freiburg längst nicht nur fußballerisch in der Ersten Liga mit Städten wie München, Hamburg und Frankfurt am Main spielt.


Hinzu kommt, sagt der Geschäftsführer der Immobilien-Gesellschaft, die die Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau vor 16 Jahren ins Leben rief: "Viele verkaufswillige Eigentümer halten ihre Immobilien wegen der zu niedrigen Verzinsung zurück." Etwa zwanzig Prozent verkauften nicht, was dazu führe, dass etwa die Hälfte des normalen Angebots fehle. Das war im vorigen Jahr noch anders, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Horst Kary mit Blick auf die 230 Vermittlungen durch die eigene Immobilien-Gesellschaft (Umsatz 54 Millionen, Provision 2,4 Millionen Euro). "Da gab es praktisch an jedem Arbeitstag einen Gang zum Notar."

Das werde sich nun voraussichtlich ändern – weil in Freiburg die zu bebauenden Flächen rar seien, und weil eine grün-rote Landesregierung die Grunderwerbssteuer von 3,5 auf fünf Prozent erhöhen wolle. Damit würden, rechnet Thomas Schmidt vor, die Kosten rund um den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses die Zehn-Prozent-Marke überschreiten. Zudem sagten Bankfachleute für den Herbst höhere Bauzinsen voraus. "Das kann einen Markt zum Kippen bringen, weil die Rendite geschmälert wird."

Zur Zeit boome aber noch die Nachfrage bei knappen Angebot. Gekauft werde praktisch alles. Wobei immer öfter die Energieeffizienz einer Immobilie den Preis mitbestimme. Insgesamt werde Bauen jedenfalls immer teurer – bei den Neubauwohnungen in Freiburg liege der Quadratmeterpreis schon bei mehr als 3000 Euro, auch 5000 Euro seien nicht mehr selten. Deshalb ist sich Horst Kary (mit Baubürgermeister Martin Haag) einig: "Aus Gründen des Preises und wegen der Bodenknappheit in der Stadt wird das Umland künftig stärker gefordert sein." Thomas Schmidt spricht gar von einem "Siedlungsdruck aufs Umland" – und vom "Mut zur Nachverdichtung" in der Stadt.

In die immer mehr Menschen von außerhalb drängen. So gingen 45 Prozent der 2010 verkauften Immobilien an externe Käufer und Käuferinnen, während es im Bundesdurchschnitt nur zehn Prozent sind. All das habe Freiburg "zum teuersten Standort Deutschlands" gemacht. Weil gerade fast alles nachgefragt werde, nehme mittlerweile auch die Sparkassen-Immobilien-Gesellschaft sogar vermietete Wohnungen in ihr Angebot auf. "Und zum Teil verkaufen wir Wohnungen innerhalb einer Woche."

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Das Leben ist wie ein Pendel. Mal geht’s in die eine Richtung, mal in die andere. Ähnlich ergeht es der Stadt Freiburg, wo zur Zeit Immobilienkaufwillige einen ausverkauften Markt vorfinden. Ein Grund: Viele, die vor einem Vierteljahrhundert wegen der niedrigeren Baukosten aus der Stadt ins Umland gezogen sind, kehren nun wieder zurück. Andere, die hier mal studiert haben und von ihren Lebensläufen in andere Gegenden getrieben wurden, drängt die Nostalgie zurück in dieses Freiburg, das als eine der wenigen deutschen Städte noch wächst. Eine Folge: Hier wird künftig nur noch in eigenen vier Wänden wohnen können, wer ziemlich viel Geld hat. Angesichts der Zahlen von verkauften Immobilien im vorigen Jahr sind das nicht wenige. Geld ist immer noch genug da. Nur nicht genügend Eigentumswohnungen und Häuser als Geldanlage (und im Gefolge davon bezahlbare Mietwohnungen). Weshalb sich die Begehrlichkeiten von Immobilienvermittlern nun wieder verstärkt aufs Umland richten. In der Stadt arbeiten und auf dem Land leben. Das wird ohne Reibereien freilich nur funktionieren, wenn Stadt und Land Hand in Hand sich dieser neuen Herausforderung stellen. Die so neu gar nicht ist. Denn der Pendlerinnen und Pendler waren schon immer viele. Und Unzählige von ihnen können bis heute bestätigen und werden es auch künftig tun: Es ist eben tatsächlich wie ein Pendel, das Leben.

 

http://www.badische-zeitung.de/freiburg/muenstereck-vom-leben-als-pendel

FREIBURG Günstige Zinsen führten zu einer größeren Nachfrage bei den Käufern

Das Immobiliengeschäft in Freiburg boomt. Das berichtet der Geschäftsführer der Sparkassen Immobilien Gesellschaft Thomas Schmidt auf der heutigen Jahrespressekonferenz. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der verkauften Immobilien um 12 Prozent auf 3.243. Günstige Zinsen haben zu einer größeren Nachfrage bei den Käufern geführt. Außerdem entschieden sich immer mehr Mieter dazu, Eigentum zu kaufen. Mit der geplanten Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 5 Prozent könnten sich die Rahmenbedingungen im Immobilienbereich verändern, so Schmidt.

 

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