Interventionistische Linke: An alle, die mit uns geschottert haben ... an die, die zukünftig schottern … und einiges mehr wollen.

Castor schottern – Atomausstieg ist Handarbeit

Eine Erklärung der Interventionistischen Linken (IL) zur Kampagne Castor Schottern und den Grundlagen künftiger interventionistischer Praxis.

Vorbemerkung: Wir veröffentlichen dieses Papier unter dem Eindruck von Ereignissen, die vor allem eines zeigen: das gefällige Gerede der Herrschenden, man habe die Dinge „im Griff“, ist nichts als Gerede. Der einzig stabile Faktor der gegenwärtigen Weltverhältnisse ist ihre grundlegende Instabilität.


Natürlich ist hier zunächst der GAU von Fukushima zu nennen: Nach Tschernobyl geschieht zum zweiten Mal, worauf der weltweite Widerstand gegen Atomtechnologie, Atomstaat und Atomkapital immer schon verwiesen hat, was in Wahrheit auch alle anderen wussten, doch billigend, d.h. massenmörderisch und lebensvernichtend in Kauf nahmen. Die Reaktion der Verantwortlichen auf die vorhersehbare Katastrophe ist nicht nur nicht souverän - sie ist erbärmlich. Man hält sich an der Macht, weil man schon an der Macht ist und das auch künftig bleiben will. Politik reduziert sich auf Herrschaftssicherung, durchgesetzt durch alltägliche ökonomische Erpressung, systematisch betriebene Konfusion und den nicht erst letztendlichen Einsatz bürokratischer, polizeilicher und militärischer Gewalt. In der BRD folgen auf den GAU von Fukushima und die offen demonstrierte Ohnmacht und Hilflosigkeit einer Führungsmacht der Weltordnung im Stunden-und-Tages-Takt das Drei-Monats-Moratorium, die größten Anti-AKW-Demonstrationen der Geschichte samt wahlpolitischen Konfusionen, abgehalfterter Politiker stammeln „Wir haben verstanden!“ und der RWE-Konzern – soweit die neueste Wende – reicht erstmal Klage ein: zur Sicherung des laufenden Geschäfts unter allen erdenklichen Umständen

Nicht nur nennen, sondern begeistert begrüßen wollen wir dann die Folge unerwarteter Erhebungen, in der die Massenbewegungen der nordafrikanischen und westasiatischen Städte binnen weniger Wochen jahrzehntelang herrschende autoritäre Regime gestürzt oder grundlegend geschwächt haben. Dabei setzten die Leute ihr Recht zur freien Versammlung auf den öffentlichen Plätzen auch gegen brutale Angriffe der staatlichen Gewaltapparate durch und griffen dazu schließlich auch zu den Waffen.
Nachdem EU und USA die stürzenden Regime zunächst halten wollten, nahmen sie den Aufstand gegen das Gaddafi-System – repressiv und korrupt seit Jahrzehnten und zuletzt hochgerüsteter Vorposten der menschenverachtenden europäischen Migrationsabwehr - zum Anlass, selbst militärisch zu intervenieren. Die Aktion ist der geradezu verzweifelte Versuch, die außer Kontrolle geratene Bewegung wieder in den Griff zu bekommen.
Nicht zu vergessen schließlich die Finanzkrise. Dass auch sie nach wie vor keineswegs „im Griff“ ist, belegt das Drängen des IWF zur völligen „Umschuldung“ Griechenlands, dem dann Irland und Portugal folgen sollen. Gleichzeitig trennt sich der weltweit größte Anleiheninvestor Pimco, der schon beim Zusammenbruch des Immobilienmarkts den Startschuss gab, auf einen Schlag von sämtlichen US-Staatsanleihen: und gibt als aktuellen Grund die staatlichen Sozialprogramme an.
Halten wir an dieser Stelle fest: das alles kann lange, lange noch so weiter gehen. Zugleich ist nicht ausgeschlossen, den Ausstieg aus der Atomtechnologie und eine tiefgreifende Umwälzung der Energiepolitik jetzt endlich durchsetzen zu können. Dazu brauchen wir, neben der Achtsamkeit für die plötzliche Beschleunigung der Krisen und der Offenheit für das Unerwartete, die Geduld, mit dem fortzufahren, was wir schon begonnen haben. Im Feld des Kampfes gegen Atomtechnologie, Atomstaat und Atomkapital war dies vor Fukushima schon die Kampagne Schottern 2010, die im kollektiven Gedächtnis linker Bewegungen der BRD zu Recht ihre Spuren hinterlassen hat. Der Auswertung der in ihr gemachten Erfahrung gilt der folgende Bericht, als Blick zurück und nach vorn.

 

Put your money where your mouth is
Castor Schottern war für uns, um das vor allem andern festzuhalten, ein erholsamer Ausbruch aus dem Alltag linken Scheiterns. Zentrales Ziel der IL-Praxis im Allgemeinen und der IL-Beteiligung an der Kampagne Castor Schottern im Besonderen war und ist es, die Handlungsfähigkeit (nicht nur) der radikalen Linken zu erweitern. In der alltäglichen Praxis der verschiedenen linken Strömungen wird dieser nicht nur von uns erhobene formulierte Anspruch leider selten eingelöst: Allzu oft machen wir auf Aktionen (gar nicht erst zu sprechen von unserem Alltag) die Erfahrung der eigenen Machtlosigkeit. Aufrufe, dies und das zu besetzen, einzureißen oder abzuschaffen, enden vor polizeilichen Absperrgittern und der müßigen Erfahrung, dass „die Bullen wieder mal machen können was sie wollen!“
Aus diesem Leerlauf wollen wir raus, wollen uns selbst und anderen die Erfahrung ermöglichen, handlungsfähig und -mächtig zu sein. Dazu müssen wir zuerst aus den Erfahrungen lernen, die uns ohnmächtig zurück lassen: Wir können nicht (mehr) einfach ankündigen, dieses oder jenes „abschaffen“ oder auch nur „angreifen“ zu wollen und dann darauf spekulieren, dass das alles geheim und in kleinen Kreisen vorbereitet und umgesetzt wird. Uns geht es stets um öffentlich angekündigte und dann auch realisierte Massenaktionen. Diese strategische Entscheidung ist jedoch keine Absage an autonome Kleingruppenkonzepte. Im Gegenteil können Kleingruppenaktionen oft eine sinnvolle Ergänzung zu Massenaktionen sein, wie z.B. bei der Sperrung von Waldwegen im Wendland oder auch bei den Aktionen gegen den Naziaufmarsches in Dresden, der 2010 - und mit Abstrichen auch 2011 - durch eine gegenseitige Unterstützung von Massenblockierenden und flexiblen Kleingruppen verhindert wurde.


Initiiert von autonomen Genoss_innen, von der IL mitgetragen.

Castor Schottern war keine von der IL initiierte Aktion, sondern die Idee autonomer Zusammenhänge, die seit langem im Wendland aktiv sind und ihre Erfahrungen über Jahre hinweg stetig auswerteten. Aus diesen Erfahrungen und in der Absicht, die eigene Aktion durch neue Bündnisse zu entwickeln, traten diese Zusammenhänge an uns heran. Insofern war Castor Schottern nur als Weiterentwicklung der Kampagne „Gemeinsam kommen wir zum Zug“, nur in der Stetigkeit organisierter linksradikaler und autonomer Beteiligung an der Anti-Atom-Bewegung und nur durch ihre einzigartige Verankerung in der Göhrde und im Wendland-Protestspektrum möglich. Wir denken aber auch, dass die Kampagne ohne die Erfahrungen und Aktivitäten der IL nicht so gelaufen wäre, wie sie es ist.
Für unsere politische Praxis ist Selbstermächtigung in doppelter Hinsicht eine zentrale Kategorie. Wichtig ist uns erstens die Selbstermächtigung zur Aktion. Wir wollen gemeinsam mit vielen Menschen kämpfen, die nicht schon von vornherein wie wir denken und handeln. Notwendige Voraussetzung dafür sind Transparenz und Berechenbarkeit für alle, die sich an einer Kampagne oder einzelnen Aktionen beteiligen wollen. Um sich Kampagnen und Aktionen selbst aneignen zu können, müssen alle wissen, worauf sie sich einlassen. Es ist offensichtlich, dass das bei Castor Schottern weit über die Szenegrenzen hinweg gelungen ist. Dafür war das verbindliche Aktionsbild ebenso wichtig wie die Aktionstrainings und Info-Veranstaltungen.
Uns ist bewusst, dass öffentlich hergestellte Berechenbarkeit und Transparenz auch von Staatsapparaten genutzt werden können. Doch gibt es dazu, wenn wir die massenhafte Selbstermächtigung wollen, derzeit keine Alternative. Zugleich hat sich gezeigt, dass wir für die Staatsmacht in vielen Situationen trotzdem unkontrollierbar waren.
Wichtig ist uns zweitens die Selbstermächtigung durch die Aktion – und die gegenseitige Verstärkung beider Dimensionen der Selbstermächtigung. Nach unserer Wahrnehmung hatten viele Aktivist_innen während und nach der Aktion zu Recht das Gefühl, handlungsfähig gewesen zu sein, Agierende/r gewesen zu sein - und nicht Opfer von Polizeigewalt und staatlicher Willkür. Viele haben – und sei es nur für einen Moment – die Erfahrung machen können, die eigenen Bedürfnisse und Ziele nicht länger in die Hände anderer gegeben, sondern gemeinsam und solidarisch gekämpft zu haben. Mit diesen Erfahrungen erobern wir kollektive Handlungsfähigkeit zurück und brechen gemeinsam aus Ohnmacht und Vereinzelung aus.

 

Radikalisierung? Radikalisierung!
Im kollektiven Auftreten (Selbstschutz, praktiziertes Recht auf Anonymität) wie im Niveau der Konfrontation hat die Kampagne Schottern radikalisiert, was hier in der letzten Dekade an Massenaktionen möglich war. Ihr Erfolg erinnert an den der italienischen Tute Bianche, die in den 90er Jahren das Konzept des geschützten zivilen Ungehorsams entwickelt haben. Auch sie haben im gemeinsamen Handeln mit vielen anderen Neues gewagt und gelernt, dass man vor der Polizei nicht immer weg rennen muss, dass es mit den nötigen Vorkehrungen sogar möglich ist, prügelnden Polizisten (und sei es zeitweilig) standzuhalten. Wir haben uns verloren geglaubtes Terrain wiederangeeignet. Unsere Hoffnung, dass diese Erfahrung mittel- und langfristig auf andere Aktionen und andere Akteur_innen ausstrahlt, haben sich schon während der Dresdner Anti-Nazi-Blockaden des Februar 2011 bestätigt: der Spirit ist angekommen. Die Sperrung einer Straße durch Polizeiketten bedeutet eben nicht jedem Fall, dass wir nicht genau da lang gehen können.
Natürlich ist das Konfrontationsniveau der Aktion nur ein Aspekt der umfassenden Radikalisierung, die wir wollen. Unser Ziel ist vielmehr eine radikale Linke, die den Prozess der Transformation immer auch am demokratischen Potenzial der Bewegung Vieler, letztlich von Mehrheiten misst und deshalb immer auch auf Massenradikalität setzt.
Daraus ergibt sich für uns die Notwendigkeit, für tausende, für zehntausende Menschen ein partizipatives Angebot selbstbestimmten gemeinsamen Handelns zu schaffen. Daraus resultiert dann u.a. die Notwendigkeit zu verlässlichen Vereinbarungen, zu Transparenz, zur Bereitstellung von Infrastruktur vor und während der Aktion, zu einer Vielzahl von Aktionstrainings und Informationsveranstaltungen und damit zum dazu erforderlichen Organisationsgrad.
Besonders herausheben wollen wir in diesem Kontext die Pressearbeit von Castor Schottern, der es gelungen ist, illegalen Aktionen und Massenmilitanz eine breite Akzeptanz zu schaffen. Dabei haben wir mit den sog. „embedded journalists“ in der Göhrde überwiegend positive Erfahrungen gesammelt. Natürlich sind wir uns bewusst, dass eine derart erfolgreiche Pressearbeit immer ein Stück weit nach den Regeln der Medien gespielt werden muss und damit problematische Formen von Repräsentation reproduziert. Doch nimmt, wer glaubt, dass so etwas „herrschaftsfrei“ möglich sei, die eigene Analyse der Massenmedien kapitalistischer Herrschaft nicht ernst. Wir selbst können im Vergleich zu Heiligendamm auf eigene Fortschritte verweisen und halten gegen bestimmte Gerüchte ausdrücklich fest, dass es von unserer Seite im Castor-Zusammenhang keine Distanzierung von militanten Aktionen gegeben hat, auch nicht zu denen gegen die Berliner S-Bahn.
Punktuelle Infragestellungen der Legitimität des staatlichen Handelns und des Gewaltmonopols des Atomstaats gab es im Wendland auch früher schon. Das Neue der Kampagne Schottern war, dies vorab öffentlich propagiert und deshalb auch gemeinsam und massenhaft umgesetzt zu haben. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu klandestinen Kleingruppenkonzepten, die nach ihren Möglichkeiten sinnvoll bleiben: Wir wollen, dass unsere Aktionen, ihr Sinn und ihre Aussagen die Menschen erreichen, emotional und rational nachvollzogen und deshalb als legitim verstanden werden können. Eine radikale Linke, die ihre Ziele und Aktionen auf längere Sicht nicht öffentlich legitimieren kann, wird nicht zur Gegenmacht werden, geschweige denn das Tor zu einer emanzipatorischen Gesellschaft aufstoßen.

 

Über Massenmilitanz, Sabotage und Zivilen Ungehorsam
Die Verwendung des Begriffs „Ziviler Ungehorsam“ im Zusammenhang mit den Aktionen der Kampagne Castor Schottern ist auf Kritik gestoßen, auch in der IL nicht unumstritten und sicher kein universaler Bezugspunkt. Wir denken dennoch, dass der Begriff sinnvoll ist, sofern er der radikalen Linken besonders dort Anschlüsse öffnet, wo regelüberschreitender Protest im Prinzip bereits anerkannt ist. Der von uns seit der Mobilisierung zu Heiligendamm 2007 und jetzt auch in der Kampagne Schottern benutzte Begriff ist nicht an sich reformistisch, liberal oder gar reaktionär: Entscheidend ist vielmehr, mit welcher Bedeutung, also mit welcher Praxis wir ihn füllen. So gelten in vielen europäischen Ländern massive Formen der Sachbeschädigung militärischer Einrichtungen und Waffen als Ziviler Ungehorsam. Die Schottern-Kampagne hat den Begriff aus seiner passiven Engführung („nur Hinsetzen ist Ziviler Ungehorsam“) gelöst und auf eine massenmilitante Aktion beziehen können, die öffentlich zur Sabotage atomarer Infrastruktur aufgerufen und dies auch getan hat. Im Übrigen scheint uns die Auseinandersetzung um den Begriff generationsbedingt zu sein: Der Begriff meint seit Heiligendamm nicht mehr dasselbe wie in den Protesten etwa gegen die Raketenstationierungen der 1980er Jahre, von denen sich der Militanzbegriff der autonomen Strömung abzusetzen suchte.

Von der Notwendigkeit, andere Akteur_innen einzubeziehen.
In der Debatte um die Kampagne Castor Schottern war die Beteiligung weiterer Akteur_innen eine zentrale Frage. Für uns war und ist die Breite und Vielfalt des Wendland-Widerstandes und die große Solidarität der anderen Teile der Anti-Atom-Bewegung eine notwendige Bedingung für den qualitativen Sprung in den Aktionsformen. Essenziell war auch die breite Unterstützung, insbesondere die Pufferfunktion, die vor allem durch Abgeordnete der Linkspartei NRW geleistet wurde: Sie waren ein Schild gegen die staatliche Repression, den wir - weiterhin offensiv in der Öffentlichkeit agierend - benötigten. Dass es der Kampagne Castor Schottern gelingen würde, sich breit zu öffnen und über den linksradikalen Kreis hinaus zu wirken, war nicht von vorne herein ausgemacht und hat viel Arbeit und Nerven gekostet. Wir erinnern uns noch sehr gut daran, dass wie vielen Beteiligten auch uns die Angst im Nacken saß, es würde schon im Vorfeld zu einer breit angelegten Repression kommen: es sah, wir räumen das ein, eine Zeit lang eher nach Schlottern statt nach Schottern aus.
Dem bündnispolitischen Kompromiss, der z.B. der Grünen Jugend (GJ) die Unterstützung unserer Kampagne untersagte, respektieren wir, auch wenn wir ihn erst nach langem (weiter fortdauernden) internen Streit zähneknirschend akzeptiert haben.
Die Frage nach Akteur_innen ist immer auch eine nach Orten. Wir wissen, dass die temporären Ausbrüche bei Großereignisse und übergreifenden Kampagnen nur ein Zwischenschritt sein können auf dem Weg zur (Wieder-)Aneignung eines politischen Alltags. Aber sie sind wichtige Schritte und wir können sie gehen.

 

Blick zurück nach vorne
Die IL beteiligte sich bislang und beteiligt sich weiterhin in den Strukturen der Kampagne Castor Schottern, an den Auswertungen der Aktivitäten von 2010 und der Vorbereitung der kommenden Aktivitäten. Dort ist der Ort, über konkrete Details, gemachte Fehler und mögliche Problemlösungen zu reden. Dass sich unter den nach Fukushima eingetretenen Bedingungen neue Möglichkeiten öffnen werden, ist uns bewusst. Wenn wir uns hier zu den folgenden Positionen und Aufgaben verpflichten, tun wir das auch in der Bereitschaft, längst gefüllte Terminkalender kurz entschlossen wegzuwerfen und mit allen anderen das zu tun, was bis dahin nicht möglich war:

- Für die IL als Organisierung radikaler und militanter Linker bleibt der Kampf gegen den Atomstaat ein wesentliches Moment im Widerstand gegen kapitalistische, rassistische und patriarchale Herrschaft und dem daraus wachsenden, offenen Prozess der revolutionären Transformation, hier, anderswo, überall.
- Auch in der aktuellen Beschleunigung der Krisen und gegenwärtig nicht zu übersehenden Wendungen kommt dem Widerstand gegen die Atomtransporte ins Wendland dabei eine herausragende Rolle zu.
- Wir werden deshalb die Erfahrungen von 2010 nutzen, um unsere wie die gemeinsamen Aktionsformen und die sie tragenden Strukturen zu verbessern, auch um gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie die Aktivist_innen besser geschützt und in Großgruppen schneller handlungsfähig werden können.
- Wir möchten mehr Menschen motivieren, sich nicht „nur“ am Protest, sondern auch an dauerhaften Widerstand gegen Atomtechnologie, Atomstaat und Atomkapital und schließlich am langen Prozess der Transformation der Verhältnisse zu beteiligen, ihn zu ihrem eigenen Prozess zu machen.
- Wir möchten dabei mitwirken, eine Choreografie des Widerstands zu entwickeln, die auf einer solidarischen Vielfalt gründet und ihr zu Sprache und Ausdruck verhilft.
- Wir rufen dazu auf, die Kampagne Castor Schottern 2011 zu unterstützen: Für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen! Für die Enteignung und Vergesellschaftung der Energiekonzerne!
- Wir vergessen nicht, dass gerade heute der Widerstand gegen den imperialen Krieg nicht vernachlässigt werden darf, dass wir in vielfacher Hinsicht zum Widerstand aufgerufen sind.

Ein letztes Wort an die, die uns vorwerfen, die Aktion zum Inhalt zu machen. Nein, das tun wir nicht. Allerdings bestehen wir entschiedener als andere auf ihrem untrennbaren Zusammenhang. In linker und hier insbesondere in linksradikaler Perspektive liegt dieser Zusammenhang zuerst und zuletzt in der Selbstermächtigung, und diese ist zuerst eine solche zur und durch die Aktion. Niemand sagt, dass damit schon alles erreicht ist – doch liegt auf der Hand, dass wir nur so gewinnen können: Was wir wollen, die Selbstbefreiung aus kapitalistischer, rassistischer und patriarchaler Herrschaft, das können wir und alle, die das angeht, nur selber tun. Konkret gewendet: Ein Castor Schottern 2.0 wie die Interventionen, die erst mit der Katastrophe von Fukushima möglich wurden, werden nur Realität, wenn wir jetzt damit beginnen. Dazu gehört, dafür zu sorgen, dass sich mit uns möglichst viele der Aktivist_innen, die beim letzten Mal erst auf den Schienen zu uns gestoßen sind, jetzt schon in die Vorbereitungen einbringen. Schließt euch bestehenden Gruppen an, bildet neue Gruppen, vernetzt euch. Machts nach, macht mit, machts besser!

 

Interventionistische Linke, April 2011

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Castor Schottern war für uns, um das vor allem andern festzuhalten, ein erholsamer Ausbruch aus dem Alltag linken Scheiterns.

Ich muss schon ein wenig mit den Ohren schlackern. Wie man dermaßen scheitern und sich danach so beweihräuchern kann. Ihr nervt so dermaßen, weil ihr seit Jahren alles was ihr fabriziert, auch wenn es noch so schlecht und peinlich ist, hochjubelt, als wenn ihr BWL mit Schwerpunkt "Marketing" studiert hättet.

Dem kann ich nur zustimmen. Das Entscheidende an linker Praxis in diesen Zeiten kann muss hauptsächlich die Mobilisierung und Politisierung von Menschen sein. Selbst wenn ihr den Castor wochenlang aufhaltet - der Staat hält an seiner Atompolitik fest. Wenn ihr eure Praxis in kapitalistischer Leistungsideologie am "Erfolg" und nicht am Gehalt und der Schaffung von Bewusstsein messt, habt ihr auf Dauer ein Problem. Genau so sehr, wenn ihr nicht die Langzeitwirkungen der Praxis bedenkt und es für euch nur auf den leuchtturmartigen Erfolg ankommt.

 

"Gegen die, welche die Bombe verwalten, sind Barrikaden lächerlich; darum spielt man Barrikaden, und die Gebieter lassen temporär die Spielen den gewähren."

Theodor W. Adorno: Marginalien zu Theorie und Praxis

Nee, es ist genau andersherum. Der Erfolg von Castor Schottern lag gerade nicht darin den Castor sonderlich lang aufgehalten zu haben. Das haben Greenpeace mit ihrer Kaderkommandoaktion mit dem Bier-LKW viel besser hinbekommen. Der Erfolg von Castor Schottern lag eben darin, tausende Menschen fürs Schottern mobilisiert zu haben, eine offensiv in allen bürgerlichen Medien kommunizierte Straftat. Die angedrohte Repression im Vorfeld und die erlebte Gewalt der Bullen am Gleis selber, waren natürlich entscheidend für die Schaffung und Weiterentwicklung eines Bewusstseins, das mit der Akzeptanz einer bürgerlichen Rechtsordnung und eines Gewaltmonopols bricht. Wenn mensch bedenkt wie viele Menschen beim Schottern mitgemacht haben oder es über FreundInnen und GenossInnen mitbekommen haben, war die Aktion hinsichtlich der Mobilisierung und Politisierung von Menschen wesentlich erfolgreicher als einige militantere Kleingruppenaktionen oder die Greenpeace-Dinger.

"richtig" hat ja völlig recht: Das Entscheidende an linker Praxis in diesen Zeiten ist hauptsächlich die Mobilisierung und Politisierung von Menschen, bzw. wie wir es in  unserem Papier nennen: die kollektive und individuelle Selbstermächtigung, zum Zwecke der Schaffung von Freiräumen und Freiheiten.

Ganz genau darum geht es uns, denn wie "richtig" es zutreffend darstellt: Selbst wenn wir den Castor wochenlang aufhielten – der Staat hielte an seiner Atompolitik fest und würde lediglich seine Repressionsmittel und -methoden verbreitern und vertiefen.

Genau darum messen wir den Erfolg unserer Praxis ja auch nicht nicht anhand der kapitalistischen Leistungskategorien (bspw. im Sinne von "Stunden aufgehalten" oder "Kilogramm entferntes Schotter"), sondern am Gehalt und der Schaffung von Bewusstsein. Und genau damit wir mit unserer Praxis Langzeitwirkungen erzielen, bauen wir an Bündnissen, die über den leuchtturmartigen Erfolg oder auch mal Misserfolg eines Tages hinausweisen.

Genoss_in "richtig" wäre bei uns offensichtlich also sehr gut aufgehoben!

Euer Pamphlet ist leider ein trauriger Zustandsbericht über das, was sich in Deutschland "interventionistisch" nennt - ihr arbeitet Euch an Eurer eigenen Aktion ab und bringt in einem ellenlangen Pamphlet nicht einmal sowas wie eine inhaltliche Außeinandersetzung mit den Themen, zu denen ihr aktiv seid.

 

Scannt man den Text nach Begriffen wie "Klima", "Energiewende", "Ressourcen", "Uran" etc. in Eurem Text - und dann fragt Euch mal, warum ihr dazu eigentlich so garnichts zu sagen habt.

es geht doch darum etwas zu unternehmen.

 

nicht darum "warum sollte etwas getan werden".

Lieber irgendentwas  tun als nichts? Und dann noch ohne Begründung? Ahja!

Ich finde die Aktion: Castor Schottern schon gut, aber ohne inhaltliche Kritik/Hintergründe wird das ganzr doch nur zum "Krawalltourismus".

Meine Fresse, warum wir so einen Castor aufhalten müssen und die Atompolitik- und Konzerne dort stören müssen, wo sie am anfälligsten sind, sollte doch wohl langsam klar sein, da braucht doch niemand mehr ein fünfseitiges Papier zu schreiben. Ich werd auch nicht jedesmal eine Faschismusanalyse auf Indy posten wenn ich einem Nazi ein paar Schellen gebe... Worum es bei Castor Schottern und der Auswertung geht, ist die Reflektion eines Aktionskonzepts.