[HAMBURG]: SoL * Winterakademie 2010

SoL * Winterakademie 2010

Die Winterakademie von SoL*Sozialistische Linke findet von Montag, den 27.12.2010, bis Donnerstag, den 30.12.2010, jeweils um 19.oo Uhr im Internationalen Zentrum B5 statt. Mit unserer Winterakademie wollen wir linke Diskurse aufgreifen und Position beziehen. Dabei nehmen wir uns die Zeit, Themen ausführlicher darzustellen und zu diskutieren, als es im Alltagsstress möglich ist. Die gut besuchten Veranstaltungen und spannenden Diskussionen der Winterakademie im letzten Jahr haben gezeigt, wie groß das Interesse an theoretischen Auseinandersetzungen ist. Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt unserer Winterakademie auf Phänomenen des kapitalistischen Überbaus, wie dem bürgerlichen Recht, der Kulturindustrie und dem Antisemitismus. Mit der ökonomischen Basis beschäftigt sich dagegen unser Vortrag zu Begriff und Methode der Imperialismustheorie.

 

Alle Veranstaltungen sind kostenlos und gut über den öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen. Für leckeres Essen und Getränke zu günstigen Preisen ist wie immer gesorgt.

 

Die kommunistischen Ideen sind nach wie vor nicht überholt – trotz aller gegenteiligen Behauptungen, die uns tagtäglich aufgetischt werden. Wer sich auf die Suche nach grundsätzlichen und systematischen Alternativen zum herrschenden Kapitalismus begibt, kommt auch heute am Kommunismus nicht vorbei. Nur wenn wir uns mit der marxistischen Analyse beschäftigen, können wir die Zusammenhänge unserer Welt verstehen und grundlegend verändern.

 

 

Imperialismus – Begriff und Methode

In Bezug auf die Imperialismustheorie herrscht in der Linken Uneinigkeit. Leben wir nach wie vor im Zeitalter des Imperialismus oder haben sich die ökonomischen Gegebenheiten so verändert, dass wir neue Begriffe benötigen? Oft wird die Diskussion darüber allerdings nicht ganz gleichberechtigt geführt. Es sind eher politische Lippenbekenntnisse als ökonomische Analysen, die gegeneinander ins Feld geführt werden. Dabei hängt viel von dem Begriff des Imperialismus ab: Je nachdem, wie wir auf die Frage der weltweiten Ausbeutung antworten, verändert sich die politische Praxis. Deswegen muss man sich die Frage stellen, was Imperialismus überhaupt ist und inwiefern der Begriff heute noch aktuell ist. Dieser Frage wird in einem Vortrag auf den Grund gegangen. Wir möchten mit euch darüber diskutieren, welche Theorie der heutigen Zeit angemessen ist und wie wir daraus dann eine politische Praxis entwickeln können.

 

Montag [27.12.10.] 19 Uhr in der B5

 

 

 

Kulturindustrie – mehr als Massenbetrug

Warum „I Believe I Can Fly“ die „Freunde des amerikanischen Krieges“ zu Tränen rührt

Die Waren der Kulturindustrie, wie Theodor W. Adorno die falsches Bewusstsein produzierende Unterhaltungsindustrie nannte, liefern konformistische Identitäten, Illusionen, Weltfluchtmöglichkeiten und zweifel- hafte Vergnügen – ihr „Fun ist ein Stahlbad“. Sie werfen einen tröstenden Schleier über das Leid und die Unterdrückung der Menschen im Spätkapitalismus, der die Erfahrung seiner Antagonismen verhindert. Im Gegensatz zur Kunst findet sich in den standardisierten Kulturindustrieprodukten keine Ästhetik des Widerstands gegen imperialistische Kriege, Ausbeutung und Diskriminierung. Im 21. Jahrhundert offenbart sich in der Darstellung des Krieges, auf Basis der ausgeklügelten Manipulationstechniken der Bewusstseinsindustrie, nicht nur eine Ästhetisierung der Politik, die Walter Benjamin dem Faschismus vorwarf, sondern die Inszenierung der gesamten Lebenswirklichkeit des Menschen nach dem totalitären Konzept des Gesamtkunstwerks.

Zu Recht fordert der kritische Theoretiker Moshe Zuckermann, es müsse intensiv geforscht werden, ob der autoritäre Charakter (laut Erich Fromm „die menschliche Grundlage des Faschismus“) nicht in der Kulturindustrie der Gegenwart wieder zur Entfaltung gekommen sei. In diesem Zusammenhang soll auch der Frage nachgegangen werden, warum Kulturindustrie im Milieu der „Antideutschen“ fetischisiert und Adornos Kritik (systematisch) neutralisiert wird.

 

Mit einer Referentin des Informationsbüros zur Aufarbeitung von Kapital-Verbrechen


Dienstag [28.12.10] 19 Uhr in der B5

 

 

 

Marxismus und Recht

Weite Teile der revolutionären Linken beschäftigen sich erst mit dem Recht, wenn sie vor der bürgerlichen Klassenjustiz stehen und langsam merken, dass sie hier und jetzt kein Recht haben. Ein Diskurs zur Rechtstheorie wird in der radikalen Linken schon lange nicht mehr geführt, doch wenn eine Bewegung Gesellschaftsrelevanz erreichen will, muss sie sich mit dem Recht abstrakt und mit der Klassenjustiz konkret beschäftigen. Das Verständnis des Rechts kann einem zwar im Augenblick der Repression nicht viel weiter helfen, doch ist die Einordnung des bürgerlichen Rechts hilfreich dabei, die Mechanismen zu verstehen und dies kann wiederum der Resignation entgegenwirken. Was ist Recht und wie kann das sozialistische Recht aussehen? Diese und andere Fragen zur marxistischen Rechtstheorie soll anhand einer historischen Einführung in die Rechtsdiskurse unserer Bewegung dargestellt werden.

Ich habe nichts gegen Klassenjustiz; mir gefällt nur die Klasse nicht, die sie macht.“ Kurt Tucholsky


Mittwoch [29.12.10] 19 Uhr in der B5

 

 

Antisemitismus und Antizionismus

Wir sind InternationalistInnen, weil wir MarxistInnen sind. Auf dieser Grundlage findet unsere Positionierung zu allen Widersprüchen in der Welt statt. Wir lehnen den israelischen Staat ab, wie wir jeden Staat, der nicht sozialistisch ist, ablehnen. Wir lehnen den Zionismus ab, wie wir jede reaktionäre, nationalistische Ideologie ablehnen. Die besondere Unterdrückung der PalästinenserInnen muss dabei natürlich Beachtung finden.

Es ist heute aber für JedeN, unabhängig von der Klassenzugehörigkeit oder der politischen Strategie und Taktik, notwendig, sich zu Israel zu verhalten. Zunächst stellt die Massenvernichtung der europäischen Juden die gesamte Zivilisation in Frage und Israel inszeniert sich als Garant der Unmöglichkeit ihrer Wiederholung. Zudem dient Israel denjenigen als Projektionsfläche, die in der ideologischen Kategorie des „Juden“ als Variable einer Weltanschauung denken.

Diese Erscheinung Israels als Projektionsfläche im antisemitischen Bewusstsein hat zur Folge, dass Antisemiten auf Kategorien des politischen Antizionismus und der Israelkritik zurückgreifen können. Eine fatale Neuauflage des Alten, denn nun kann der Antisemitismus wieder mehrheitsfähig werden. Antisemitische Bewusstseinsformen lassen sich heute in demokratischen, islamischen und auch in linken Milieus finden, die selbst von den Aus- und Abgrenzungen des Kapitalismus betroffen sind.

Der Kommunismus kann die deutsche Ideologie nur überleben, wenn er auch den Antisemitismus in all seinen Modifikationen nicht nur als falsches Bewusstsein entlarvt, sondern auch entschieden bekämpft. Dabei gilt es vor allem, den Antisemitismus als Siegel der Barbarei zu begreifen, also als eine selbstgeglaubte Lüge, die faschistische Grausamkeiten und Irrationalität ermöglicht und ermöglichte, und ihn im Kontext bürgerlicher Vergesellschaftung zu verstehen, um ihn so auf radikaler Ebene angreifbar zu machen.

Wir wollen mit dieser Veranstaltung versuchen, genau dies zu leisten, indem wir sowohl die ideologischen Koordinaten der Semantik des Antisemitismus beleuchten, als auch Grundfragen seiner Entstehung mit den Mitteln der so genannten „Frankfurter Schule“, der Kulturwissenschaften und der Kritik der politischen Ökonomie klären.

Von dieser Perspektive aus soll der Antizionismus in all seinen Formen einer gründlichen Ideologiekritik unterzogen werden, damit dann eine revolutionäre, materialistische Position zu Israel und dem Zionismus entwickelt werden kann, die weder philosemitisch romantisiert noch antisemitisch verteufelt.

 

Donnerstag [30.12.10] 19 Uhr in der B5

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1. Eure Meinung zu Israel ist gut und schön. Doch auch Palästina ist kein sozialistischer Staat - was meint ihr?

Eure Meinung zu dem Nahost-Konflikt wird in der Beschreibung gar nicht thematisiert obwohl er der Auslöser ist für die vielen Kontroversen innerhalb der linken Bewegung in Deutschland. Also lehnt ihr beide Staaten ab? Oder übt ihr Solidarität mit einer der beiden Staaten?

 

2. Aus der Geschichte lernen heißt die Zukunft vorbereiten!

Sozialisitsche Staatsmodelle haben in der Vergangenheit noch nie funktioniert obwohl es viele versucht haben.

Die Diktatur des Proletariats verkam zu einer völligen Diktatur des Staates bzw. der Partei.

Der Übergang zum Kommunismus wurde utopisch und wirklicher Sozialismus war es für die Menschen im Land auch nicht...

Hä? Warum hängen immer noch so viele linke an staatssozialistischen Ideen fest??!!

Es lebe der Rätekommunismus!

 

also erstmal ist Palästina überhaupt kein Staat. Wenn man sich mit der Geschichte beschäftigt, wird man schnell erkennen, dass die bürgerliche Revolution ein Funken Emanzipation mit sich brachte. Nichts anderes meint damit das Recht auf Selbstbestimmung der Nationen, sie holen mit der Unabhängigkeitserklären die bürgerliche Emanzipation nach. Den Nationen, welche diese Entwicklung noch nicht vollzogen haben, dies zu versagen, spricht er von einem ahistorischen Weltbild und vom Eurozentrismus...

Zum Staatsfetischismusvorwurf kann man nur sagen, dass auch ein Rätesystem ein Staat ist, dass diese Erkenntnis noch nicht in die Kreise der Rätekommunisten vorgedrungen liegt wohl eher daran, dass ihr mehr Anarchisten seid als Kommunisten. Wir nennen stets das Kind beim Namen. Wer die Waffe des Staates aus der Hand gibt nach der Revolution, erweist eben der Konterrevolution alle Dienste. Ein Sozialismus ohne Staat gibt es nicht und ein Kommunismus/Anarchismus ohne Sozialismus ist reine Utopie und zeigt die Unwissenschaftlichkeit und Unkenntnis der Entwicklung von Gesellschaften. Siehe: http://klassenkrieg.wordpress.com/2010/08/27/anarchistischer-antikommuni...

Zum Sozialismus in der SU...

Der Sozialismus ist nicht wegen dem Instrument Staat gescheitert, sondern weil sie vermehrt Probleme der ökonomischen Basis mit kapitalistischen Mitteln lösen wollten, siehe Bruch durch Chrustschow...