OVG Münster: Rechtswidrige Videobeobachtung der Polizei bei Urantransporte-Demo

Antiatomsonne

Liebe FreundInnen, momentan passiert so viel in Sachen Atompolitik, dass wir euch heute einen aktuellen Überblick geben wollen:
1. Ahaus-Majak (Demo 12.12., "Wir stellen uns quer") // 2. NRW-Landeskonferenz 5.12. Düsseldorf // 3. Jülich-Ahaus // 4. OVG-Urteil zu Polizeifilmen auf Demos

 

1. Ahaus-Majak: Großdemo am 12. Dezember um 14 Uhr am Zwischenlager
Noch immer besteht Sachsen auf einem ersten Castor-Termin im Dezember. Das teilte die Staatsregierung den Grünen in Sachsen mit. Doch der Innenminister in NRW teilt über die Presse mit, es gäbe "keinen konkreten Zeitplan" und durch die Absage aus Bremen und Hamburg auch keine genehmigte Transportroute. Bislang wurde auch nicht bekannt, was am Rande des deutsch-russischen Gipfels in Sachen Russland-Castoren besprochen und beschlossen wurde. Ob und welche Auswirkungen das Ende von Schwarz-Grün in Hamburg auf die Castoren hat, ist ebenfalls noch nicht abzusehen. Möglich wäre z. B. eine Verschiebung ins Frühjahr 2011 (mit Billigung der russischen Regierung), denn die Zeit läuft der Bundesregierung langsam davon.

Fest steht jedenfalls, dass unser entschlossener Protest und Widerstand die Gegenseite schon jetzt ordentlich durcheinandergewirbelt hat. Damit die Transporte endgültig abgesagt werden, müssen wir aber noch eine Schippe drauflegen:

Deshalb kommt am 12. Dezember, um 14 Uhr zur überregionalen Demo ans Zwischenlager in Ahaus. Bis jetzt sind schon 10 Busse angekündigt - macht mit und steigt ein. Und: Wir bereiten uns weiterhin auf einen Castor-Transport vom 14.-16. Dezember vor - da wir uns in dieser unübersichtlichen Situation bis zu einer offiziellen Absage aus Berlin oder Dresden auf nichts verlassen wollen. Wir gehen auf Nummer sicher - gehen aber davon aus, dass schon bald Neuigkeiten bekannt werden. Je mehr Leute am 12. Dezember nach Ahaus kommen, desto unwahrscheinlicher werden die wahnsinnigen Majak-Transporte!

Demo-Programm: Auftaktkundgebung, Sitzprobe vor dem Zwischenlager und Umzingelung des Atommülllagers, vor und nach der Demo Blockadetraining durch X-tausendmalquer (ab 12 Uhr vor dem Zwischenlager/BI Wiese, ab 17 Uhr (Ort folgt))


2. NRW-Anti-Atom-Konferenz: 5. Dezember, 11 Uhr, Düsseldorf
Wir laden euch nochmals zur NRW-Anti-Atomkonferenz am 5. Dezember von 11-16. Uhr ins Umwelthaus nach Düsseldorf-Bilk ein, Merowinger Str. 88. Die Einladung hängt an. Kommt zahlreich, damit wir den Castor-Widerstand und das Atomausstiegs-Programm für 2011 mit möglichst vielen Leuten besprechen und anpacken können.


3. Jülich-Ahaus-Castoren
Unser Widerstand hatte im Frühjahr die angekündigten 152 Castoren von Jülich nach Ahaus erstmal vom Gleis geworfen. Doch nun mehren sich die Anzeichen, dass das Forschungszentrum Jülich (90% Bundesregierung, 10% Landesregierung) für 2011 einen zweiten Anlauf unternehmen will. Das wäre eine große Provokation und angesichts der klaren Worte im rot-grünen Koalitionsvertrag für NRW ein schwerer Hammer (26 Transporte à 6 Castoren quer durch NRW über 1,5 Jahre verteilt !!!)

Am Niederrhein ist nun die Gründung eines neuen Anti-Castor-Bündnisses geplant und wir rufen insbesondere für die Städte Köln, Düsseldorf, Duisburg, Oberhausen und Bottrop zu intensiver Wachsamkeit und Protesten auf, damit die Castoren in Jülich im Schuppen bleiben.


4. OVG: Polizei filmt auf Demo rechtswidrig!
Es gibt aber immer auch gute Nachrichten, diesmal vom OVG Münster. Das OVG hat im bundesweiten ersten Urteil auf OVG-Ebene die Videobeobachtung der Polizei im Rahmen einer Urantransporte-Demo in Münster im Juni 2008 für rechtswidrig erklärt und den Antrag der Polizei auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen (Aktenzeichen 5A 2288/09).

Schon die bloße Beobachtung der Demo mit einer Kamera - auch ohne Speicherung - sei rechtswidrig, weil "der konkrete Einsatz der Kameraübertragung geeignet (war), bei den Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen." Die "Videobeobachtung" sei geeignet, "einzelne Bürger von der rechtmäßigen Ausübung ihrer Grundrechte wie z. B. der Versammlungsfreiheit abzuhalten, weil sie nicht übersehen können, ob ihnen daraus Risiken entstehen können."

Das ist im Vorfeld der geplanten Castor-Transporte eine klare Absage an die gängige Polizeipraxis erstmal mit der Kamera draufzuhalten und dann später alles runterspielen zu wollen. Wir freuen uns deshalb sehr über das Urteil und erwarten von NRW-Innenminister Jäger die Polizeikameras endlich abzuschalten.

Atomfeindliche Grüße
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, SOFA Münster, BI "Kein Atommüll in Ahaus"
(www.kein-castor-nach-ahaus.de, www.sofa-ms.de, www.urantransport.de)

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert
Das Problem ist bekannt: Eine Demo findet statt und die Polizei filmt von Anfang an, egal wie die Demo läuft. Dem hat das OVG Münster in einem aktuellen Beschluss nun klare Grenzen gesetzt und schon die "Videobeobachtung" der Polizei - auch ohne Speicherung - für rechtswidrig erklärt.
Konkret ging es um eine Urantransporte-Demo in Münster im Juni 2008, die frontal von der Polizei mit einem Kamerawagen gefilmt worden war. Vor einem Jahr hatte die Polizei schon vor dem Verwaltungsgericht Münster verloren, jetzt lehnte das OVG den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Dies ist das bundesweit erste OVG-Urteil zu diesem Thema.
"Der konkrete Einsatz der Kameraübertragung (war) geeignet, bei den Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen," so der 5. Senat des OVG unter OVG-Präsident Dr. Bertrams (Aktenzeichen 5A 2288/09).

Das OVG stellte fest, dass die "Videobeobachtung" in "das Recht der Teilnehmer auf informationelle Selbstbestimmung eingriff." Und weiter: "Bürger hätten aus Sorge vor staatlicher Überwachung von der Teilnahme an der Versammlung abgeschreckt werden können. Durch die Kameraübertragung war auch ohne Speicherung eine intensive, länger andauernde und nicht nur flüchtige Beobachtung selbst einzelner Versammlungsteilnehmer auf einem Monitor im Fahrzeuginnenraum möglich."

Damit setzt das OVG der Filmerei der Polizei auf Demos klare Grenzen. Sollten Kameras mitgeführt werden, so müssen sie laut OVG "erkennbar von der Demo abgewandt" sein, da Versammlungsteilnehmer ansonsten davon ausgehen müsste, die Aufnahme sei beabsichtigt. In diesem Falle könnten Versammlungsteilnehmer "nicht übersehen, ob ihnen daraus Risiken entstehen können."

Bereits im August 2009 hatte das VG Münster das polizeiliche Vorgehen für rechtswidrig erklärt (Aktenzeichen 1K 1403/08 Münster) und im Frühjahr hatte das VG Berlin in einem ähnlich gelagerten Fall das frontale Film auf der Anti-Atom-Großdemo in Berlin im September 2009 für rechtswidrig erklärt. Doch nun ist das Thema auf OVG-Ebene angelangt.

Der jetzige Beschluss ist erfreulich, denn der juristische Spielraum für den Einsatz von Polizeikameras ist deutlich enger geworden.

Noch ein Wort zum Inhalt der Demo: Im Juni 2008 ging es gegen die Uranmüllexporte der EON/RWE-Tochter Urenco von der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage Gronau nach - Russland! Ein Jahr später stoppten EON und RWE den Export von abgereichertem Uranhexafluorid nach Russland aufgrund der anhaltenden internationalen Proteste.

Nun versuchen die Bundesregierung und das Land Sachsen die selbe Schiene mit plutoniumhaltigen abgebrannten Brennelementen - Zielort Majak am Ural. Dagegen wird am 12. Dezember um 14 Uhr vor dem Zwischenlager Ahaus demonstriert werden - wir gehen davon aus, ohne Polizeikameras ...

Aber noch besser wäre, wenn Frau Merkel, Herr Röttgen und Sachsen den Atommüllexport am besten gleich von sich aus stoppen würden! Das gilt auch für die Castor-Transporte von Cadarache nach Lubmin!

Aktuelle Infos dazu: www.kein-castor-nach-ahaus.de, www.sofa-ms.de, www.lubmin-nixda.de

Liebe Leute,

leider haben wir gestern vergessen, euch die Einladung zur NRW-Anti-Atom-Konferenz am jetzigen Sonntag, um 11 Uhr im Umwelthaus Düsseldorf-Bilk, Merowingerstr. 88, anzuhängen. Sorry!

Bitte kommt zahlreich, da es für 2011 schon zahlreiche Ideen gibt, wir für die Ahaus-Demo am 12.12. und für die Majak-Castoren noch einiges vorbereiten müssen und es jetzt generell wichtig ist, den Schwung aus Gorleben auch in NRW in konkrete Atomausstiegspolitik und -erfolge umzusetzen.

Bis Sonntag
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, SOFA Münster
(www.kein-castor-nach-ahaus.de, www.sofa-ms.de, www.urantransport.de)