Zweiter Prozesstag gegen Castorblockierer_innen von Berg

Zweiter Prozesstag gegen Castorblockierer_innen von Berg

Am Dienstag, den 26. 10.2010 um 11:00 Uhr geht die Verhandlung gegen sechs Anti-Atom-Aktivist_innen am Amtsgericht Kandel in die zweite Runde. Zwei von ihnen hatten sich im November 2008 in Berg an die Schienen gekettet und den Castortransport so über zwölf Stunden blockiert. Nun sind sie angeklagt wegen angeblicher Nötigung, mit ihnen vier weitere Aktionsbeteiligte wegen Beihilfe zur Nötigung.

 

Erster Prozesstag: Video | Audio 1 2 3 | Berichte 1 2 | Einlassungen 1 2 3 | bloXberg blog | Video Gleisblockade 2008

 

Im ersten Prozesstag verlasen die Angeklagten ihre Einlassungen zur Sache und mussten um ihre prozessualen Rechte kämpfen, welche ihnen teilweise verweigert wurden.


Der letzte Prozesstag hat gezeigt, wie die berühmte Neutralität der Justiz aussieht. Der Richter Sturm machte sich offensichtlich zum Handlanger der Staatsanwaltschaft. Beispielsweise bestrafte er Angeklagte dafür, dass sie ihr prozessualen Rechte einforderten mit Ordnungsgeldern. Etwa dafür, dass Anträge gestellt wurden.“, so eine der Angeklagten.

 

Dieses Vorgehen werten die Angeklagten dahingehend, dass vor den bevorstehenden Castorprotesten potentielle Aktivist_innen eingeschüchtert werden sollen. Zu dieser These passt auch die Bedrohungskulisse am Amtsgericht mit großem Polizeiaufgebot und Eingangskontrollen.

 

Erst beschließt die Bundesregierung die Laufzeitverlängerung, wohl wissend, dass das gegen den Willen vieler in diesem Land lebenden Menschen ist. Dann wird der aufkeimende Widerstand dagegen bekämpft mit einer harten Hand seitens der Justiz und der Polizei. Das geht soweit, dass selbst die Polizeigewerkschaft sich beschwert, weil sie keine Lust hat als Prellbock zwischen Regierung und Bevölkerung herhalten zu müssen – was natürlich von Natur aus die Aufgabe der Polizei ist.“ legt ein weiterer Angeklagter dar.


Dazu passe auch die Anklage wegen Nötigung, finden die Aktivist_innen. „Tagtäglich wird in dieser Gesellschaft genötigt. Mit Gewalt und Drohungen werden Menschen gezwungen zur Schule zu gehen oder als Anwohner_innen mit der Gefahr der Atomkraftwerke zu leben – um nur zwei Beispiele zu nennen. Ausgerechnet wir, die Schluss machen wollen mit dieser Verkettung von Nötigungen, werden nun der Nötigung verurteilt werden. Der zugrunde liegende Paragraph enthält den sogenannten Verwerflichkeitsgrundsatz. Das bedeutet: Rechtswidrig ist eine Nötigung nur dann, wenn die Tat verwerflich ist. Das allerdings entscheidet der Richter und die Staatsanwaltschaft. Interessant ist auch, dass der Paragraph – mit kleinen Abänderungen im Nachhinein – von den Nationalsozialisten erfunden wurde“ erläutert eine weitere Angeklagte.

 

Am kommenden Prozesstag werden voraussichtlich die Zeug_innen verhört und ein Beweisvideo der Polizei über die Blockade gesichtet werden.

 

weitere Informationen: bloxberg.blogsport.de

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert
Pressemitteilung


Gleis-Blockierer_innen rufen zu Castor-Protesten auf
*Neuer Vorwurf im Betonblock-Prozess*


Kandel/Südpfalz – Am heutigen Dienstag, den 26. Oktober 2010 fand der zweite Verhandlungstag gegen sechs Aktivist_innen, die sich im November 2008 an einer Castor-Blockade beteiligten, statt. Nach dem Hinzukommen eines neuen Strafvorwurfs wurde die Verhandlung auf den 12. November vertagt.


Am 08. November 2008 blockierten Atomkraft-Gegner_innen in einer kleinen Gruppe den Castor-Transport von La Hague nach Gorleben. Drei von ihnen hatten sich damals an einen im Gleisbett vorgefundenen Betonblock gekettet und so den Zug über zwölf Stunden aufgehalten.

Die Festgeketteten erhielten in der Folgezeit Strafbefehle mit dem Vorwurf der Nötigung und vier Unterstützer_innen wird „Beihilfe zur Nötigung“ vorgeworfen. Am 06. Oktober fand bereits ein erster Verhandlungstag gegen die sechs Angeklagten statt, der erst um 20:30 Uhr kurz nach dem vollständigen Ausschluss der Öffentlichkeit endete.

Der heutige Verhandlungstag war um 11 Uhr angesetzt. Auch dieses Mal waren zahlreiche Zuschauer_innen anwesend, die die Verhandlung verfolgten. Noch während der langwierigen Einlasskontrollen wurde bekannt, dass die Staatsanwältin Verstärkung mitgebracht hatte: den Oberstaatsanwalt Ströber. Dieser wartete mit einem neuen Vorwurf, dem der „Störung öffentlicher Betriebe“ nach § 316b StGB auf.

Die Angeklagten sehen darin eine bewusste Abschreckungsmaßnahme im Rahmen der Repressionen gegen die bevorstehenden Castorproteste. „Wir haben bereits einen Verhandlungstag hinter uns und plötzlich fällt der Staatsanwaltschaft, die seit zwei Jahren in diesem Fall ermittelt, ein
neuer Strafvorwurf ein.“, sagt Angeklagte Franziska nach der Verhandlung. Sie bemängelt insbesondere, dass das Gericht trotz der
neuen Situation, die sich stark auf die Verteidigungsstrategie auswirken muss, zunächst nicht bereit war die Verhandlung zu vertagen. „Wir hätten also zum Beispiel Zeugen bezüglich eines Vorwurfs befragen sollen, mit dem wir uns noch nie auseinandergesetzt haben. So kann eine Verteidigung nicht funktionieren.“

Darüber hinaus wurde die Verteidigung auch diesmal stark torpediert. Das Stellen von Anträgen wurde zeitweise untersagt. Einige der gestellten
Anträge wurden abgelehnt, ohne dass der vorsitzende Richter den Inhalt vollständig angehört oder selbst gelesen hätte.
„Wir durch das Gericht mittels der Androhung von Zwangsmaßnahmen genötigt, sich so zu setzen, dass eine Kommunikation oder Blickkontakt
zwischen uns verunmöglicht wurde.“, beklagt sich ein Angeklagter.

Auch eine Kommunikation in der Pause wurde aus Sicht der Beschuldigten stark erschwert. So drohte Oberstaatsanwalt Ströber dem anwesenden Verteidiger mit einem Verfahren wegen Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung, weil weitere Angeklagte bei einem Gespräch zwischen ihm und seiner Mandantin dabei standen.

Angeklagte Sarah fasst die Stimmung zusammen: „Strafe soll Menschen brechen und uns zu schweigenden, gehorsamen Bürger_innen zu erziehen. Wir lassen uns nicht brechen und rufen zu Protesten gegen den Atommülltransport auf, der ab 05. November nach Gorleben unterwegs sein wird.“

Die Verhandlung wurde etwa um 13:07 Uhr vertagt auf den 12. November 2010 um 13:00 Uhr. Eine der Angeklagten kündigt an: „Wir werden die Zeit bis dahin nutzen um erneut unseren Widerstand gegen die Atomkraft zum Ausdruck zu bringen – nicht nur vor Gericht, sondern auch auf der Straße und überall.“


Gerne stehen wir für Ihre Rückfragen zur Verfügung!

Kontakt:
bloXberg@lavabit.com
http://bloXberg.blogsport.de