Kommunikationsguerilla: Falscher Brief gegen die Militarisierung

Logo Gammertingen

AntimilitaristInnen haben in Gammertingen, einer Kleinstadt auf der Schwäbischen Alb im Kreis Sigmaringen, mit einem gefälschten amtlichen Schreiben für Verwirrung gesorgt und Diskussionen entfacht. Der Brief fordert Gammertinger Bürger auf, sich zur Musterung zu Melden, um elf gefallene Bundeswehrsoldaten in Afghanistan zu ersetzen.


Hintergrund der Aktion ist die Übernahme einer Patenschaft für eine Sigmaringer Bundeswehrkompanie durch die Stadt Gammertingen. Wie zahlreiche andere Gemeinden in Deutschland war Gammertingen die Patenschaft eingegangen, um die Militarisierung der Gesellschaft voranzutreiben und Akzeptanz für den Afghanistankrieg und andere Kriegseinsätze zu schaffen. Die Entscheidung über die Patenschaft wurde vom Stadtrat beschlossen, selbstverständlich ohne die Bevölkerung dazu zu befragen.

Außer einigen Aktionen der Kriegspropaganda, wie die Überreichung eines Schecks der Bundeswehrkompanie an den Kindergarten Gammertingen (die Übergabe durch uniformierte Soldaten an Kindergärtnerinnen und Kinder wurde in der örtlichen Zeitung abgedruckt), hat die Patenschaft offenbar kaum einen Zweck. Der Gammertinger Verein Lebenshaus e.V. versuchte deshalb eine Diskussion um die Patenschaft in Gang zu setzen. Die örtlichen Medien aber, die Schwäbische Zeitung und das Amtsblatt, versuchten massiv diese Kritik zu verhindern und zu diskreditieren, indem sie der Argumentation des Lebenshauses keinen Raum gaben oder Schmähartikel veröffentlichten.

Die AntimilitaristInnen haben daher in einem Brief mit dem Briefkopf der Stadt und der eingescannten Unterschrift des Bürgermeisters versucht eine kritische Diskussion um die Patenschaft zu entfachen. Der Brief wurde über Nacht in zahlreiche Haushalte und Firmenbriefkästen eingeworfen und besagt, die Stadt wolle die gefallenen Soldaten der Kompanie durch Gammertinger Bürger ersetzen und rufe so zur Zwangsmusterung auf. Weiter besagte der Brief, die elf Tauglichsten der Gemusterten kämen unverzüglich zu einer Schnellausbildung in die Sigmaringer Kaserne und sollten Anfang des Jahres 2011 nach Afghanistan aufbrechen. Der Brief endet mit der Androhung „polizeilicher Maßnahmen“, sofern man „dieser Anordnung innerhalb von 14 Tagen nicht unaufgefordert nachkommt.“

Die Wirkung des Briefes geht über ausführliche Berichte in der Schwäbischen Zeitung und dem Abdrucken des gesamten Briefes im Amtsblatt hinaus: Viele Bürger haben sich lauthals im Rathaus beschwert, manche wollten sich sogar bereitwillig mustern lassen und in den Krieg ziehen!

Die örtliche Polizei ermittelt, indem sie dazu aufruft, verteilte Briefe zur Spurensuche einzusenden. Die Stadt Gammertingen bietet sogar eine Belohnung von 500 Euro für sachdienliche Hinweise. Eine Anzeige wegen Amtsanmaßung und Urkundenfälschung wurde gegen Unbekannt gestellt.

Während einige Konservative die Aktion als „grobe Geschmacklosigkeit“ (Schwäbische Zeitung, Samstag 7.August) verurteilen, wird sie von KriegsgegnerInnen durchaus als Erfolg gewertet.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Hallo, könntet ihr das Schreiben mal als PDF oder zumindest ein Foto vom Schreiben hochladen? Ist ja gut zum nach machen.

sehr geile aktion!