Aachen: Bombenstimmung in der KAL

Nazi verpiss dich!

Am 1. September 2010 wurde der 19-jährige Aachener Neonazi Falko Wolf wegen der Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion von der Polizei festgenommen und zwecks weiteren Ermittlungen nach Berlin verbracht. Dort ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft.
Falko Wolf war bereits bei den am 1.Mai 2010 in Berlin stattgefunden Neonaziaufmärschen aufgefallen, als er während einer Vorkontrolle floh und bei der Flucht Gegenstände wegwarf. Nach späteren Erkenntnissen handelte es sich um neun selbst gebastelte pyrotechnische Sprengsätze. Diese sollen so aufgebaut gewesen sein, dass Silvester-Böller mit Schwarzpulver und Glassplittern präpariert wurden, sodass diese beim Einsatz zu schwersten Verletzung hätten führen können. Der Polizei zufolge wollte Falko Wolf diese Sprengsätze in Berlin einsetzen. In der KAL ist seit ihrer Gründung das Know-How und die Bereitschaft vorhanden, Sprengsätze herzustellen, und sie gegen Menschen, die nicht in das faschistische, völkische Weltbild ihrer AkteurInnen passen, einzusetzen

Wolf, der sich bereits seit dem 15. Lebensjahr in der extremen Rechten Aachens bewegte, hat sich in den letzten Jahren durch besonders brutales Vorgehen hervor getan, und gilt als „Abdreher“. So war Wolf maßgeblich an diversen neonazistischen Aktionen beteiligt. Schüsse aus seinem Auto mit einer Zwille auf Personen vor dem AZ Aachen mit Stahlkugeln, Angriff auf das AZ Aachen mit einem Morgenstern und Essigsäure, Schüsse aus seinem Auto auf AZ BesucherInnen mit einer Gaspistole, versuchter Angriff auf das Camp des Bildungsstreiks in Aachen, Körperverletzung auf einer Vorabifeier gegen 2 Personen, die Falko Wolf für vermeintliche Linke hielt. Mehr dazu:
http://de.indymedia.org/2010/09/289126.shtml
Im Rahmen der Festnahme von Falko Wolf wurden außerdem Durchsuchungen einer weiteren Wohnung in Aachen und eine im Bergischen Land durchgeführt. In Aachen wurde die Wohnung eines 24.jährigen durchsucht, der zudem als Haupttäter der Schändung des jüdischen Friedhofs Anfang August gilt. Die Durchsuchung in Radevormwald (Bergisches Land) fand bei Aktivisten von „Pro NRW“ statt. Über ihre Verbindung zu Falko Wolf ist bisher nichts genaueres bekannt. Mehr dazu: http://de.indymedia.org/2010/09/289024.shtml
Die neonazistische KAL (Kameradschaft Aachener Land) behauptete jüngst, das Falko Wolf nicht mehr Mitglied der Organisation sei, versucht sich aktuell von ihm zu distanzieren. Es muss  beachtet werden, dass Falko Wolf am 1.Mai noch Mitglied der KAL war, und zuletzt auch noch in Bad Nenndorf zusammen mit KAL-AktivistInnen und dem Kölner Axel Reitz marschierte. Weiterhin war Falko Wolf in den letzten Jahren gerade aufgrund seiner brutalen Aktionen in der KAL hoch aufgestiegen, und galt als enger Freund von Denis und  Thomas Unruh, die neben Rene Laube die KAL „anführen“. Falko Wolfs Aktivitäten haben zudem zu internen Streitereien innerhalb der KAL geführt, in deren Zuge einige Aktivisten diese verließen, um sich anderen Organisationen zuzuwenden.
Diese Ausmaße extrem rechter Gewalt stehen allerdings auch in Aachen nicht isoliert. Bei der Gründung der KAL 2002 stand unter anderem der Neonazikader Christian Malcoci (ehemals FAP) Pate. Es wird vermutet dass Malcoci die neonazistische Broschüre „Bewegung in Waffen“ erstellt hat. In diesem, im Untergrund produzierten Blatt wird minutiös die Herstellung und der Einsatz von Sprengkörpern wie etwa Rohrbomben erläutert. Malcoci Senior mit seinen weitreichenden Kontakten zu sowohl parteigebundenen als auch parteifreien Neonazis ist eine in der Naziszene unumstrittene Führungsfigur. Nicht zuletzt weil Christian Malcocis Sohn Tim Malcoci führendes Mitglied der KAL ist, sind die Verbindungen zu Christian Malcoci nach wie vor existent.
Ein weiterer interessanter Fall ist der des Markus Kahlenborn. Kahlenborn war im Ruhrgebiet Mitglied der Nazi-Terrorgruppe „Volkswille“. Im Rahmen seiner neonazistischen Aktivitäten war er u.a. als Sprengstoff-Experte an diversen Straftaten beteiligt, wurde allerdings nur auf Bewährung verurteilt. Zu dieser Zeit fand er Unterschlupf bei der Aachener Burschenschaft „Libertas Brünn“. In Aachen trat er als Anti-Antifa-Aktivist auf. Später avancierte Kahlenborn zum NPD-Kreisvorsitzenden. Kahlenborn studierte an der RWTH-Aachen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Kahlenborn 2003 Mitgliedern der linken Fachschaft Philosophie an der RWTH drohte, sie alle in die Luft zu sprengen. Interessant ist zudem, dass Kahlenborn ebenfalls plante, Sprengsätze mit auf Demonstrationen zu nehmen und sie gegen AntifaschistInnen einzusetzen. Siehe dazu einen sehr ausführlichen Text auf Indymedia Linksunten vom Polit Cafe Azzoncao: http://linksunten.indymedia.org/de/node/22293

Dies zeigt, dass in der KAL seit ihrer Gründung das Know-How und die Bereitschaft vorhanden ist, Sprengsätze herzustellen, und sie gegen Menschen, die nicht in das faschistische, völkische Weltbild ihrer AkteurInnen passen, einzusetzen. So legten am 18.07.2010 Neonazis eine selbst gebastelte Bombenattrappe vor dem AZ-Aachen ab. Das von der Polizei alarmierte Sprengstoffentschärfungsteam vom LKA Düsseldorf stufte den Aufbau der Attrappe als professionell ein, und „entschärfte“ diese vorsorglich.
Im Zuge der Ermittlungen gegen Falko Wolf wurde in Dortmund der für Samstag den 04.09.2010 Nazigroßaufmarsch verboten. Der Dortmunder Polizeipräsident Schultze? begründete dies damit, dass Wolf in den Tagen vor dem ersten September in Dortmund gewesen sei, dort in engem Kontakt mit den Führungskadern der Dortmunder Szene gestanden habe. Weiterhin wurde Wolf bei dem jüngsten Überfall von 20 Nazis auf die linksalternative Kneipe HirschQ mit vier weiteren Neonazis festgenommen. Deswegen wird vermutet, dass Wolf vorhatte, Sprengsätze während des Aufmarsches in Dortmund einzusetzen, bzw. diese an Dortmunder Nazis übergeben zu haben. Die Kontakte der KAL zur Dortmunder Neonazi-Szene sind seit Jahren bestens – nicht zuletzt durch Eric Troche, der regelmäßig zwischen Aachen und Dortmund pendelt und bestens vertraut ist mit Falko Wolf.
Dass Neonazis Bomben bauen ist so bedrohlich wie folgerichtig. Wirklich erstaunlich ist das Vorgehen der Behörden. Ein Neonazi, bei dem bereits am 1. Mai Sprengstoff gefunden wurde, wird vier Monate später verhaftet. Wozu sollte ihm diese Zeit gegeben werden? Der gleiche Neonazi kann seit Jahren in Aachen von Polizei und Justiz weitgehend unbehelligt politische GegnerInnen angreifen und verletzen. Als „Strafarbeit“ muss er dann und wann ein Buch lesen (Urteil des Aachener Jugendgerichts) oder 4 Wochen in Arrest (Urteil des Aachener Jugendgerichts). Verurteilt werden am laufenden Band dagegen AntifaschistInnen wegen Vermummung. Die Aachener Polizei ist anscheinend nicht fähig oder nicht willens, Parallelen zwischen einem Sprengstofffund in Berlin und einer Bombenattrappe in Aachen zu ziehen? Der Berliner Staatsschutz muss sich erst einschalten, bevor die Aachener Behörden reagieren? Der Aachener Bürgermeister spricht nach einer Friedhofschändung von Einzeltätern, da es in Aachen keine organisierte Neonazi-Szene gebe, während sogar der Verfassungsschutz inzwischen weiß, dass in Aachen eine der größten, brutalsten und organisiertesten Neonaziszenen in NRW bestehen?
Das alles kann im besten Fall als blinde Ignoranz ausgelegt werden, im schlechtesten allerdings als Freifahrtschein. Wer bei dieser geballten „Zurückhaltung“ zu dem Schluss kommt, dass politische RepräsentantInnen und staatliche Behörden nicht helfen werden im Kampf gegen Neofaschismus, liegt wahrlich nicht falsch.
Vielleicht aber bewegt der Fall Falko Wolf einige dazu, selbst zu agieren, endlich dafür zu sorgen, dass Neonazis weder in Aachen noch sonstwo was zu suchen haben, dafür zu sorgen, dass Nazismus als Denksystem auf dem Müllhaufen der Geschichte versandet.
Übrigens: am 25.9. wird die Aachener Polizei wiedermal versuchen dafür zu sorgen, dass Neonazis durch die Stadt ziehen. Diesen Naziaufmarsch zu verhindern, ist ein erster Schritt, der KAL/NPD zu zeigen, dass sie nichts in Aachen, in Stolberg, in Eschweiler oder sonstwo zu suchen hat.