Bericht vom Max-Braun Gedenken in Saarbrücken 2010

Die Kundgebungsteilnehmer_innen versammeln sich an dem einen Ende der ehemaligen Max-Braun-Straße...

Am 3. Juli 2010 jährte sich der Todestag des Vorsitzenden der sozialdemokratischen Partei des Saarlandes (SPS) und militanten Antifaschisten Max Braun zum 65. Mal. Dies nahm die Antifa Saar / Projekt AK zum Anlass eine Würdigung und eine Gedenkdemonstration zu veranstalten. Bereits mehrere Wochen vor dem 3. Juni wurden mehrere Tausend Flyer und Aufrufe verteilt. Unter anderem an der Universität des Saarlandes, bei einer Filmvorführung zu dem katholischen Widerständler Willi Graf im Saarbrücker Rathaus, bei einem Festival im Juz St. Ingbert, beim Antirassismus-Festival im JUZ Försterstraße, beim Egotronic-Konzert in Saarbrücken, in zahlreichen Saarbrücker Cafes und Kneipen und last but not least an alle Haushalte der Großherzog-Friedrich-Straße (ehemalige Max Braun-Straße).

 

Veranstaltung am 01.07.2010


Am Donnerstag dem 1. Juli fand dann die Abendveranstaltung zur Würdigung von Max Braun statt. Zuerst begrüßte ein Vertreter der Antifa Saar alle Anwesenden, darunter auch den Generalkonsul der französischen Republik an der Saar, und machte deutlich warum es seine Gruppe für wichtig hält an Max Braun zu erinnern und dass es nicht nur um Erinnerungspolitik gehen kann, sondern auch um die Organisation des antifaschistischen Kampfes heutzutage. Trotz Temperaturen über 30 Grad lauschten die etwa 50 Zuhörer_innen den Erzählungen des ersten Redners. Erich Später, Historiker und Autor bei konkret berichtete über historische Hintergründe, den Kampf Max Brauns und die deutliche Niederlage die er erleiden musste. Einen großen Teil des Vortrags nahm der Umgang mit der Erinnerung an Max Braun ein. Denn was viele nicht wissen ist, dass das Saarland mehrere Jahre einen Autonomie-Status mit durchaus antifaschistischer Ausrichtung hatte (die Nazis sprachen damals von „antideutschen“ Kräften). Insbesondere die Annäherung an Frankreich und die Erinnerung an den Kampf gegen die Nationalsozialisten hatten einen hohen Stellenwert. Nach der durch einen Großteil der Saarländer befürworteten Angliederung an die BRD übernahmen die Nazis im demokratischen Gewand wieder die Macht und begannen mit einem „erinnerungspolitischen Amoklauf“. Das Andenken an antifaschistische Widerstandskämpfer sollte aus dem Stadtbild getilgt werden und so wurde auch die Max-Braun-Straße in Großherzog-Friedrich-Straße umbenannt. Wer darüber mehr wissen will kann sich unter http://maxbraun.blogsport.de/ informieren.

 

Anschließend berichtete Richard Bermann (Vorsitzender der jüdischen Synagogengemeinde in Saarbrücken) über seine Familiengeschichte und seine Erinnerungen als Kind an die Ereignisse an der Saar. Er beschrieb, wie seine Familie flüchtete und sich im nahen Frankreich versteckt hielt und wie knapp er als Kind der Vernichtung in einem Konzentrationslager entkommen war. Nach etwa zweieinhalb Stunden wurde die Veranstaltung nach einer Diskussionsrunde und Statements aus dem Publikum beendet.

 

Demonstration am 03.07.2010


Zwei Tage später versammelten sich dann knapp 70 Personen an der Ecke Großherzog-Friedrich-Straße / Hellwigstraße. Es war der bis dahin heißeste Tag des Jahres und glücklicherweise konnten die Versammlungsteilnehmer_innen mit ausreichend Wasser versorgt werden. Kundgebung und Demonstration standen unter dem Motto „Keinen Kompromiss mit der Barbarei – gegen Antisemitismus, Rassismus und deutschen Nationalismus“. Nach einigen Problemen mit der Lautsprecheranlage hielt Erich Später eine beeindruckende freie Rede in der er darlegte warum es sich lohnt an Max Braun zu gedenken und mit welchem Nachdruck ehemalige NSDAP-Angehörige diese Erinnerung auszulöschen versuchten. Anschließend hielt die Antifa Saar / Projekt AK einen Redebeitrag bei dem vor allem auf die Repression gegen Antifaschist_innen heutzutage eingegangen wurde. Da die Auftaktkundgebung in unmittelbarer Nähe des Landeskriminalamtes stattfand, wurde insbesondere auf deren Staatsschutzabteilung eingegangen und anhand dreier Beispiele erläutert, was die politische Polizei des Saarlandes offenbar für „professionell verübte Schwerkriminalität“ hält. Außerdem wurde thematisiert wie mittels des Extremismusdiskurses versucht wird antifaschistischen Widerstand mit Neonazi-Terror gleichzusetzen und somit zu diskreditieren. Der gesamte Redebeitrag ist ebenfalls unter http://maxbraun.blogsport.de/ zu finden. Die Mischung der Kundgebungsteilnehmer_innen war für Saarbrücker Verhältnisse sehr bunt. Neben autonomen Antifas beteiligte sich auch eine Delegation der Jusos und eines SPD-Stadtteilverbandes, sowie auch Vertreter der Stadtratsfraktion der Grünen. Auch mehrere Anwohner_innen kamen zu der Kundgebung und beteiligten sich auch an der anschließenden Demonstration. Nach dem Redebeitrag der Antifa Saar schritten die Kundgebungsteilnehmer_innen in einem etwa 35minütigen Demonstrationszug die gesamte ehemalige Max-Braun-Straße ab und informierten noch einmal durch das Verteilen des Aufrufs und Lautsprecherdurchsagen über das Gedenken an Max Braun.

 

Vor dem Saarbrücker Rathaus informierte dann der Sprecher der Antifa noch einmal die Passant_innen über das Anliegen der Demonstration. Bei Musik wurde nun erst einmal eine kleine Verschnaufpause eingelegt und versucht den mittlerweile knapp 40 Grad durch Unmengen an Wasserzufuhr zu trotzen. Dann richtete sich der Fraktionsgeschäftsführer der SPD im Saarbrücker Stadtrat Jürgen Renner mit einem Redebeitrag an das Auditorium und stellte zur Überraschung einiger Teilnehmer_innen ein Denkmal bzw. eine Gedenktafel für Max Braun in Aussicht. Des Weiteren distanzierte er sich ausdrücklich und anknüpfend an den Redebeitrag der Antifa Saar von der Verharmlosung des Naziterrors durch Hinweise auf „linke Gewalttaten“. Als nächster sprach dann noch Thomas Brück, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Saarbrücker Stadtrat. Er nahm die Ankündigung von Jürgen Renner auf und stellte in Aussicht, dass sich auch seine Fraktion im Stadtrat dem Gedenken an Max Braun annehmen werde. Darüber hinaus stellte er klar, dass es wichtig sei eine neue Gedenkkultur in Saarbrücken zu etablieren und verwies auf die Pläne zur Errichtung einer zentralen Gedenkstelle für die ermordeten Saarbrücker Jüdinnen und Juden. Zudem forderte er auch die saarländische FDP dazu auf die Ehrung von NS-Tätern wie Heinrich Schneider und Senator Richter Becker einzustellen. Dies bekräftigte Brück dann auch wieder in seiner Kolumne im Saarbrücker Wochenspiegel vom 7. Juli 2010. Danach gab es noch ein wenig Musik und die Kundgebung wurde offiziell durch den Anmelder aufgelöst.

 

Alles in allem würde ich die Aktionstage zu Max Braun als Erfolg bewerten. Insbesondere ein wirklich sehr aufklärender und inhaltlich ausgereifter Aufruftext wurde breit verteilt. Die Donnerstagsveranstaltung war gut besucht und das Publikum setzte sich nicht nur aus den „üblichen Verdächtigen“ zusammen. Der Antifa Saar ist es gelungen progressive Kräfte aus SPD, Grünen, Synagogengemeinde und Antifa zu einer gemeinsamen Aktion zu bewegen. Auch wenn die Demo am Samstag dann lediglich 70 Teilnehmer_innen zählen konnte, gelang es mit ihr für weitere Aufmerksamkeit zu sorgen. Auffallend war, dass sich die im Saarland ja breit verankerte Partei DieLinke zurückhielt und noch nicht einmal einen obligatorischen Fahnenträger zur Kundgebung entsendete. Ich hoffe es gelingt der Antifa, die durch diese Aktionstage geknüpften Kontakte weiter auszubauen und so ihr Anliegen und politisches Verständnis auch in bürgerlichen Kreisen zur Diskussion zu stellen. Außerdem wäre es natürlich schön, wenn die Notwendigkeit autonomer politischer Organisierung noch einmal deutlicher geworden wäre.

 

Weitere Informationen unter http://maxbraun.blogsport.de/

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Man sollte noch erwähnen, dass die bürgerlichen Parteien die Gedenkstätte an Max-Braun, wie auch immer sie aussehen mag, frühestens 2012 in Aussicht gestellt haben.

Wie paradox ist es denn mit der SPD(!) und den Grünen, also staatstragenden und die-Verhältnisse-affirmierenden Organisationen , gegen (den deutschen) Nationalismus auf die Straße zu gehen? Für eine radikale Linke sollte es nicht hinnehmbar sein mit Deutschland´s Freunden Politik zu machen!

Ich finde es super, dass es der Antifa in Saarbrücken gelungen ist, auch Teile der Grünen und der SPD - in eine Aktionseinheit miteinzubeziehen. Und dass trotz den wieder moderner werdenden Extremismustheorien. Bei dem AUfruf wurden aber offenbar auch keine Kompromisse gemacht, da er wirklich sehr gut und alles andere als staatsaffirmativ ist. Vielmehr ist er eine deutliche Kritik am deutschen Nationalismus. Wenn sich Teile von SPD und Gründen dahinter stellen - warum nicht?

Gegen deutschen Nationalismus?

Und was ist mit den anderen Nationalismen?

 

Hauptsache gegen alles was deutsch ist und Antisemitismus sein und schön das Antifa Logo in Blau/Weiß verfälschen.

Klar gehts gegen den deutschen Nationalismus - warum auch nicht.

 

Andere Nationalismen haben ebenfalls ihre zum Teil ekelhaften Erscheinungsformen ausgebildet. Aber insbesondere die DEUTSCHE IDEOLOGIE - und das ist es ja wogegen sich die Antifa Saar in erster Linie wendet ist in besonderem Maße widerwaärtig und vor allem bekämpfenswert.

 

Das Antifalogo wie es heutzutage von den meitsen Antifas benutzt wird ist schon eine "Verfälschung" des Originals. Oder was meinst du mit verfälschen? Und was hast du gegen blau / weiß ? Ein Anti-Bavarismus oder witterst du hinter dieser dreisten Verfälschung die "Israel-Lobby"? Ich vermute mal dass dein ganzer Kommentar darauf abzielt.

 

Lies doch mal den Aufruftext der ANtifa und kommentier dann auf der Grundlage des Textes. Dann können wir vielleicht auch in eine sinnvolle Diskussion hier einsteigen.

es waren halt mehr als 60 und weniger als 70 - von daher ist "knapp 70" durchaus eine realistische zahl