Treibt eine Freiburger Demo die Landesstatistik hoch?

Erstveröffentlicht: 
12.07.2010

Treibt eine Freiburger Demo die Landesstatistik hoch?

Ein Anstieg um 400 linke Straftaten im Verfassungsschutzbericht 2009 könnte an einer Freiburger Antifa-Demonstration liegen.

 

Ist eine einzige Demo in Freiburg der Grund für den Anstieg der linksextremistischen Straftaten im Land? Der Verfassungsschutzbericht für 2009 verzeichnete fast 400 linksextremistische Straftaten mehr. Das könnte rechnerisch fast von der Demonstration im November 2009 in Oberlinden stammen, sagt die grüne Stadträtin und Landtagsabgeordnete Edith Sitzmann. Sie hat beim Innenministerium angefragt, ob es einen Zusammenhang gibt.

Von einer alarmierenden Zunahme linksextremistisch motivierter Straf- und Gewalttaten hatte Minister Heribert Rech im März gesprochen. Der Bericht wies einen Anstieg der Straftaten von 294 (2008) auf 686 aus. Wenn das größtenteils an einer einzigen Demo liegt und es sich nur um Anzeigen und nicht um Verurteilungen handelt, muss Rech seine Bewertung relativieren, findet Sitzmann: "Dann stimmen die Relationen nicht." Rech hat als Beispiel für die Gewaltbereitschaft der Szene die Ausschreitung am 1. Mai 2009 in Ulm und die Auseinandersetzung in Freiburg genannt.

Die Polizei hatte den unangemeldeten Protestzug der "Autonomen Antifaschisten" verhindert und das Vermummungsverbot durchgesetzt. Rund 800 Demonstranten standen 738 Beamte gegenüber. Flaschen und Böller flogen, die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein, es gab Festnahmen und Platzverweise. Sie nahm 381 Personalien auf. Rech gab auf eine erste Anfrage Sitzmanns an, dass zu jenem Zeitpunkt gegen 128 Beschuldigte wegen 147 Straftaten ermittelt wird. Das war noch im November. Inzwischen kursieren andere Zahlen. Die Antifa sagt, dass fast 400 Straftaten angezeigt wurden. Das entspreche ziemlich genau dem Anstieg, sagt einer ihrer Vertreter. Ein Großteil der Ermittlungen sei jedoch eingestellt. "Aus unserer Sicht ist das Manipulation der Statistik."

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Fakt ist: Die Polizeistatistik erfasst eine Anzeige als Straftat – unabhängig, ob es zur Verurteilung kommt. "Das ist eine reine Eingangsstatistik", sagt ein Sprecher Rechs. In der lande nicht jeder, dessen Personalien festgestellt wurden, nur wer eine Strafanzeige bekommt. Die Frage ist aber: Wie viele Anzeigen von der Antifa-Demo stehen im Verfassungsschutzbericht? Das werde nun untersucht.

Laut Freiburger Polizei wurden etwa 290 Ordnungswidrigkeiten und Straftaten angezeigt. Davon beträfen nur 36 die politisch motivierte Kriminalität, die in den Verfassungsschutzbericht fließt. Darunter fällt etwa Landfriedensbruch.

Die Polizeistatistik ist das eine, das andere die Arbeit der Justiz. Strafanzeigen gehen zum Staatsanwalt. Etwa 250 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet, sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier. Noch sind rund 100 offen, bislang 150 erledigt. "Davon haben wir 120 auf dem Schreibtisch eingestellt." Darunter alles, was mit dem Vorwurf der Uniformierung zu tun hatte; auch wenn ganz in Schwarz gekleidete Menschen im Winter einen Schal um den Mund hatten. Bleiben 30, bei denen es zur Hälfte um Vermummung geht, beim Rest um Landfriedensbruch oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die 30 Fälle gehen ans Gericht. Ob jemand verurteilt wird, ist noch offen. 

Autor: sh

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