CDU-Mann twittert gegen CSD und Homo-Eltern

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Gegen den Geschäftsführer der CDU in Karlsruhe wurde eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Er sieht in CSDs "Blödsinn" und in Homo-Eltern eine "aggressive Bedrohung".
Für Martina Göbels war es am Schluss nicht mehr zu ertragen. Über die Facebook-Gruppe "Wahl 2010" hatte sie den jungen CDU-Geschäftsführer aus Karlsruhe, Andreas Reifsteck, kennengelernt und als Freund verlinkt. Doch die Einträge, die sie nun zu lesen bekam, schockierten sie.
Über die Präsidentenkandidatin der Linken schrieb der 33-Jährige, sie sehe aus wie eine "obdachlose Trinkerin". Noch weniger gut weg kamen Anhänger der "Religion der Liebe", wie Reifsteck den Islam ironisch in Anführungszeichen nennt. Noch diese Woche postete er einen Link: "FAZ: ´Somalia: Wer den Fernseher einschaltet, riskiert sein Leben". Und wertete: "Kranker Islam! Richtig krank!"

Reifsteck habe bei Facebook über Arbeitslose, Alleinerziehende, Homosexuelle, Muslime und Migranten gehetzt, kritisiert Göbels. So schrieb er: "´Schwule und lesbische Paare wollen Kinder adoptieren´ / Ja - aber bestimmt nicht auf diesem Planeten." Im Rahmen einer Diskussion zu dem Eintrag schrieb er weiter: "ich halte das fuer falsch und krank! kinder brauchen mutter UND vater fuer eine gesunde entwicklung. und keine zwei muetter oder zwei vaeter oder zwei meerschweinchen. und das argument mit den alleinerziehenden harzern ist ein sehr schwaches. die regal ist das naemlich noch lange nicht!"

Konservative Ansichten aus Baden-Württemberg


Bereits 2008 hatte er sich als Mitglied der Jungen Union in einer Pressemitteilung gegen ein Adoptionsrecht für Homo-Paare ausgesprochen: "Es geht in dieser Sache nicht um die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare, sondern vielmehr um das Kindeswohl und dessen aggressive Bedrohung." Reifsteck weiter: "Kinderpsychologen und Verhaltensforscher weisen klar und deutlich darauf hin, dass Kinder ein Anrecht darauf haben müssen, in einem geschlechtlich bipolaren Milieu heranzuwachsen" (queer.de berichtete).

Nachdem die lokale Nachrichtenseite "KA-News" auf einem Hinweis von Göbels über seine virtuellen Aktivitäten berichtete, hat Reifsteck inzwischen sein Facebook-Profil so eingestellt, dass es nur noch Freunde aufrufen können. Seinen Twitter-Account hat er gelöscht. Im Cache von Google findet sich aber beispielsweise der Eintrag: "´Möglicher islamistischer Terroranschlag bei WM in Südafrika´ / Diese gottverdammten Islamisten! Wir kriegen euch alle!" Und, vom 21. Mai: "Ministerpräsident Mappus schreibt kein Grußwort zum schwulen CSD. Vollkommen richtig so! Man muss sich nicht für jeden Blödsinn hergeben!"

Der Ministerpräsident Baden-Württembergs hatte sich im Frühling nicht zum ersten Mal geweigert, den CSD zu unterstützen, den er selbst früher "abstoßend" genannt hatte (queer.de berichtete). Der Evangelische Arbeitskreis der regionalen Partei kritisierte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für die Unterstützung des "bewusst obszönen" CSDs (queer.de berichtete). Das seit Jahrzehnten CDU-regierte Land gilt als Schlusslicht in Sachen Homo-Rechte, zuletzt machte die Junge Union des Landes mit einem konservativen Grundsatzpapier von sich reden, in dem auch die Homo-Ehe als "falsch und unsinnig" abgelehnt wurde (queer.de berichtete). Reifsteck steht in seiner Partei also nicht alleine und wird sich auf Freunde verlassen können.
"Persönliche Meinung, nicht die der Partei"

Auf kritische Einlassungen zu seinen Einträgen habe er hingegen mit "Idiot" oder "kritischer Gutmensch" gekontert, berichtet Facebook-Nutzerin Göbels; sie selbst habe er als "Kampflesbe" kritisiert. "Ich bin eine sehr ´frauliche´ Lesbe und gehöre auch nicht zu seiner Zielgruppe der Homosexuellen, die Kinder adoptieren wollen oder heiraten", schreibt Göbels auf eine Anfrage von Queer.de über Facebook. "Und ich bin katholisch und nicht muslimisch und verdiene meinen Unterhalt selbst."

Aber sie könne nicht zusehen, "wie ein Mensch so abfällig über andere Menschen spricht. Schon gar nicht in der CDU", schreibt sie weiter. "C steht für christlich und für mich hat er gegen alle christlichen Grundwerte verstoßen." Sie sei in diesen Fragen sehr sensibel, da ihr bester Freund in der DDR wegen Homosexualität inhaftiert war, der Bruder ihres Vaters deswegen selbst im KZ saß. Inzwischen hat sie das Profil von Reifsteck in mehreren Facebook-Gruppen gegen Rassismus gepostet und eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Menschen wie der Jungpolitiker müssten lernen, "dass ihre Freiheit da aufhört, wo sie die Freiheit der anderen verletzten".

Peinlich: unter den Facebook-Freunden von Reifsteck finden sich auch Peter Kurth (der offen schwule ehemalige OB-Kandidat der CDU in Köln). Und Stefan Kaufmann, der als offen schwuler CDU-Politiker bei der letzten Bundestagswahl ein Direktmandat in Stuttgart gewann. Dem Portal "KA-News" sagte Reifsteck zu dem Vorwurf der Volksverhetzung: "Ich habe viele Ausländer und Homosexuelle in meinem Freundeskreis. Die Anschuldigungen sind unverschämt und entsprechen nicht der Wahrheit. Ich überlege mir ebenfalls rechtliche Schritte einzuleiten."

Auch seien seine Äusserungen rein privat und nicht die Meinung der CDU gewesen, sagt der Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Karlsruhe-Weststadt. Doch von seiner Webseite zur Kommunalwahl im letzten Jahr hat der Betriebswirt und Leiter des Konsularbezirks Baden-Württemberg der Republik Armenien seine zahlreichen Accounts in sozialen Netzwerken verlinkt - interessierte Nutzer können ihn etwa bei flickr auch ohne Shirt bei einem Amerika-Urlaub bewundern.

In einem Fragebogen von "KA-News" antwortete Reifsteck vor zwei Jahren auf die Frage, wen er gerne auf den Mond schießen würde: "Alle intoleranten, egoistischen und arroganten Menschen, welche absolut keinen Grund dazu haben, solch ein unangenehmes Verhalten an den Tag zu legen."

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http://www.ka-news.de Karlsruhe (mda) - Nachdem ka-news am Freitag über die negativen Facebook-Äußerungen des CDU-Geschäftsführers vom Karlsruher Kreisverband, Andreas Reifsteck, berichtet hatte, wird das Thema in mehreren Internetforen und Blogs kontrovers diskutiert. Auch der CDU-Kreisvorsitzende Ingo Wellenreuther äußerte sich nun gegenüber ka-news.