Spanischer Streik gegen Sparpläne

Spanischer Streik gegen Sparpläne

Während die großen spanischen Gewerkschaften gegen Sparpolitik der Regierung streiken, will die Regierung einen Ablasshandel für Steuersünder. Allerdings haben die Gewerkschaften die Auswirkungen des Streiks ohnehin gering gehalten, weil zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr ausgeklammert wurde. Sie wollen letztlich nur die Regierung an den Verhandlungstisch bringen, um an den Sparplänen mitbestimmen zu dürfen. Das lehnen die Basken ab, die deshalb dieses Theater nicht mitgemacht haben. 

 

Für Spaniens sozialdemokratische Regierung bahnt sich eine Zerreisprobe an. Den kopernikanischen Schwenk auf einen drastischen Sparkurs, den Brüssel der Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero Anfang Mai mit dem Rettungspaket diktierte, hat zum Bruch mit den großen spanischen Gewerkschaften geführt. Das zeigte sich gestern in dem Streik. Dazu hatten die großen spanischen Gewerkschaften aufgerufen, die bisher den Kurs der Regierung gestützt hatten. 

Nach deren völlig übertriebenen Angaben sollen sich 75 Prozent der gut 2,6 Millionen Staatsbediensteten am Ausstand beteiligt haben. Das ist angesichts träger Beamter und zahllosen Polizisten, Guardia Civils ... eigentlich lächerlich, überhaupt zu behaupten. Ohnehin hatten die Gewerkschaften die Auswirkung des Streiks schon gering gehalten, denn die staatlich kontrollierten Firmen, auch die des öffentlichen Nahverkehrs, wurden ausgeklammert. Trotzdem demonstrierten Zehntausende in vielen Städten und die größte Demonstration dürfte in der katalanischen Metropole Barcelona stattgefunden haben. Zum Teil wurden auch Straßen und Häfen blockiert.

 

Die Regierung dagegen erklärte untertrieben, nur 10 Prozent der öffentlichen Beschäftigten hätten gestreikt. Das dürfte nicht einmal im Baskenland stimmen, wo der Streik kaum zu spüren war. Die baskischen Gewerkschaften hatten sich nicht angeschlossen. Hier wurde schon Ende Mai massiv gegen die Madrider Sparpläne gestreikt. Die Basken kritisieren, dass CCOO und UGT weiter auf Sozialpaktgespräche statt auf soziale Konfrontation setzten, in denen sie sich schon seit Jahren an der Nase herumführen ließen. Dort hatten sie schon Einschnitten bei den Renten  und im Kündigungsschutz zugestimmt, ohne dafür die erwarteten Gegenleistungen zu bekommen, wie eine Beschränkung der ausufernden befristeten Beschäftigung. Dieses System ist die Grundlage dafür, dass die Arbeitslosigkeit schnell auf über 20% steigen konnte.

CCOO und UGT hatten lange die Maßnahmen der Regierung gestützt, doch sie können nun der Basis nicht mehr vermitteln, warum die Kosten für die Krise und die Bankenrettung allein auf die einfache Bevölkerung abgewälzt werden. Im zweiten Sparplan, der die Ausgaben 2010 und 2011 um weitere 15 Milliarden kürzt, werden die Gehälter im öffentlichen Dienst durchschnittlich um fünf Prozent gekürzt. Danach werden sie eingefroren und das gilt auch für Renten. Auch tiefe Einschnitte ins soziale Netz, bei Infrastrukturmaßnahmen und Entwicklungshilfe sind dabei. Dazu kommen die Mehrwertsteuererhöhung um 2 auf 18 Prozent, die Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre und anderes aus dem ersten Paket, mit dem auch Geringverdiener besonders belastet wurden. Und das trägt nicht einmal etwas dazu bei, das dritthöchste Haushaltsdefizit in der EU  bis 2013 zu verringern

 

Es wird auch im zweiten Paket weder eine Reichen- oder Börsentransaktionssteuer eingeführt, noch die sehr niedrige Steuerpauschale auf Kapital- oder Börsengewinne erhöht. Auch die Vermögenssteuer wird nicht reaktiviert, die erst zum Beginn der Krise 2008 abgeschafft wurde. In der Regierung produziert man gerne kuriose Vorschläge, um zu verhindern, dass auch Leute mit riesigen Einkommen zur Kasse gebeten werden. Sie streut deshalb gerne kuriose Vorschläge aus, um zu testen, wie die Öffentlichkeit reagiert. Meist verschwinden sie danach wieder schnell in der Versenkung. So war es schon vor zwei Jahren, als man Geldwäscher animieren wollte, die riesige Summen an Schwarzgeld  in den Geldkreislauf zu bringen, um Liquidität herzustellen.

 

Vor dem Streik am Dienstag, ließ man einen "streng geheimen" Vorstoß an die Presse durchsickern. Demnach denke die Regierung über eine "Amnestie für Steuersünder" nach, wenn die ihr nicht versteuertes Vermögen angeben und spanische Staatsanleihen kaufen. Als "Strafe" sollen sie nur einen niedrigeren Zinssatz bezahlen. Damit will Madrid die hohen Finanzierungskosten für steigende Staatsschulden senken und das bisher versteckte Geld solle danach versteuert werden, heißt es in dem Bericht mit Bezug auf höchste Regierungsstellen. Angesichts der Steuergesetze können damit aber kaum neue Steuereinnahmen generiert werden.

 

Denn Kapital- und Börsengewinne werden in Spanien ohnehin nicht zum Einkommen hinzugerechnet, womit die Steuerprogression ausgehebelt wird. Auf sie werden nur pauschal 18% Steuern gezahlt. Das gilt auch für Finanzgesellschaften (Sicav) in denen Finanzkapital geparkt wird. Sicav´s werden nicht einmal wie Firmen besteuert, die 30 % zahlen müssen. Sie dienten oft nur dazu, den Reichtum einzelner Familien vor dem Fiskus zu schützen, meint Francisco de la Torre Díaz, Sprecher der Abteilung für Steuerhinterziehung der Finanzbehörden. Doch die Regierung befürchtet "Kapitalflucht", weshalb sie diese Gesellschaften nicht angehen will, sondern lieber darüber nachdenkt Steuersünder zu belohnen und lieber bei Geringverdienern und am sozialen Netz die Schere ansetzt.

 

Brüssel genügen aber ohnehin die bisherigen Sparpläne aus Madrid nicht, deshalb befindet sich Spanien auf dem Weg zum Generalstreik, zu dem die Basis die Gewerkschaften zwingt. "Es muss mehr getan werden", sagte der Währungskommissar Olli Rehn im Rahmen der Prüfung der spanischen Pläne am Montag. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, forderte Anstrengungen über 2011 hinaus und "Fortschritte bei strukturellen Reformen". Neben einer allgemeinen Rentenreform ist auch eine Arbeitsmarktreform gemeint. Hier zielt die Regierung längst darauf ab, die Kündigungen weiter zu verbilligen. Abfindungen stellen allerdings noch den einzigen Schutz vor Kündigung dar. Deshalb bereiten die Gewerkschaften, gezwungen von der Basis, den Generalstreik vor. Angepeilt wird ein Streiktag am 28., 29., oder 30 Juni, mit der ein geplantes Reformdekret zu Fall gebracht werden soll, dass vor dem 15. Juni verabschiedete wird, bevor die EU definitiv über Spanien entscheidet. Per Generalstreik wurde schon 2002 ein Arbeitsmarktdekret der konservativen Vorgänger weitgehend gekippt, den es nach deren Ansicht nie gegeben hat.

 

Ralf Streck, den 09.06.2010

 

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Richtig, dass die Basken bei dem Theater nicht mitmachen, aber auch schade, weil man sich mit zwei Streiks natürlich auch gegenseitig Kraft nimmt. Mal schauen, wie es beim Generalstreik wird. 2002 wurde ja auch getrennt gestreikt. Die Basken waren einen Tag früher dran, wobei bei deren Streik nichts mehr ging, während am Tag danach bei UGT und CCOO kaum was im Baskenland zu spüren war. Toll wäre, wenn man sich diesmal beim Generalstreik auf einen Tag verständigen könnte. Der ist wohl nicht mehr abzuwenden, nachdem die Gespräche um die Arbeitsmarktreform heute früh gescheitert sind.

 

Keine Einigung zu Arbeitsmarktreform in Spanien ohne Ergebnis

In Spanien haben sich Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht auf eine gemeinsame Reform des Arbeitsmarkts verständigen können. Es gebe weiter große Unterschiede zwischen den Positionen, hieß es in Berichten aus Madrid. Bis zuletzt strittig blieb beispielsweise die Frage der Höhe von Abfindungen im Kündigungsfall. Der Internationale Währungsfonds hat Spanien zu einer umfassenden Reform aufgerufen, um die Arbeitslosenquote von 20 Prozent zu senken. Zudem - so der IWF - müsse die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden.