Fast ein Jahr nach einem tätlichen Angriff auf einen jungen Punk in Neuhaus am Rennweg, musste sich der Saalfelder Neonazi Ringo Köhler-Franz vor Gericht verantworten. Der Vorwurf lautete Körperverletzung und wurde, auf Antrag der Sonneberger Staatsanwaltschaft wegen geringer Schwere der Tat eingestellt. Für den vorbestraften Nazischläger eine willkommene Einladung in Zukunft wieder zuzuschlagen.
Ein unvermittelter Schlag ins Gesicht – Was war passiert?
Am 23. Februar 2016 betrat der junge Punk gegen 14:45 Uhr die Tankstelle
in Neuhaus am Rennweg, um sich dort eine Schachtel Kippen zu kaufen.
Vorher hatte bereits Köhler-Franz die Tankstelle betreten, da er
vermutlich getankt hat. Während der Verhandlung selbst behauptete Ringo
Köhler-Franz, er könne sich nicht mehr erinnern, ob er getankt habe und
er könne ebenfalls nicht bestätigen, ob er denn nun an der Tankstelle
gewesen sei oder nicht. Laut Aussage des jungen Punk traf er Ringo
Köhler-Franz schließlich an der Tür der Tankstelle. Beide standen sich
gegenüber, als Köhler-Franz den Punk zur Seite drückte und ihm einen
Faustschlag ins Gesicht versetzte. Ohne ein Wort zu sagen verließ er
danach die Tankstelle.
Dass es nicht die erste Begegnung zwischen Köhler-Franz und dem
Geschädigten war, zeigte sich im Laufe der Verhandlung. Bereits 2014
hatte der Neonazi den jungen Punk und zwei weitere junge Menschen mit
dem Auto verfolgt und zugeparkt, da er gesehen haben will, wie diese in
Köhler-Franz' damaligen Wohnort NPD-Plakate abgerissen haben sollen. Er
parkte das Auto der drei jungen Leute zu. Als einer der drei ausstieg,
um das zu verhindern, wurde er durch Köhler-Franz angefahren.
Im Zusammenhang damit kam es zu Drohungen gegenüber des jungen Punks
durch Köhler-Franz im Internet. Auf Facebook veröffentlichte der Neonazi
Fotos vom Auto und dem Kennzeichen des Punks und erwähnte seinen Namen
in Kontext von Beschuldigungen und Drohungen gegenüber einigen
Punkrockkonzertbesuchern in der Region.
Der Prozess – kein ernsthaftes Interesse Nazischläger juristisch zu belangen
Zu Beginn des Prozesses wurden zwei Anträge kurz diskutiert. Zum einen
wurde die Nebenklage zugelassen, zum anderen wurde ein Antrag des
Rechtsanwalts Andreas Wölfel abgelehnt, Ringo Köhler-Franz als
Pflichtverteidiger zugeordnet zu werden. Die Begründung Wölfels, es sei
absehbar, dass hier eine Aussage gegen Aussage Konstellation vorliege
und Köhler-Franz sich nicht selbst verteidigen könne, wurde von der
Richterin nach kurzer Überlegung zurückgewiesen. Nach einer kleinen
Unterbrechung ging es nach der Antragsentscheidung mit der eigentlichen
Verhandlung los.
Als erstes äußerte sich der Beschuldigte. Er habe keine genauen
Erinnerungen an den Tag und könne, wie bereits erwähnt, nicht
ausschließen an der Tankstelle gewesen zu sein, könne es aber auch nicht
bestätigen. Ebenfalls kann er sich nicht daran erinnern den
Geschädigten gesehen zu haben. Auf die Nachfrage der Richterin, ob
Köhler-Franz an diesem Tag in Neuhaus getankt habe, sagt er: „Es ist
möglich, aber auch nicht.“ Angesprochen auf den ihm vorgehaltenen
Vorwurf beanstandete Köhler-Franz, dass es „so nicht richtig“ sei. Den
Vorfall hätte es nach seinen Erinnerungen nie gegeben. Stattdessen legte
Köhler-Franz nahe, es würde falsch verdächtigt werden, aufgrund des im
Bericht bereits erwähnten Vorfalls im Jahr 2014. Köhler-Franz wüsste
sonst nicht, wie der Geschädigte auf die Idee gekommen ist, ihn falsch
zu belasten. Die Richterin war mit dieser Aussage bereits zufrieden, die
Staatsanwaltschaft hatte keine Fragen. Lediglich die Nebenklage ging
auf Köhler-Franz weiter ein. Nach einigen Nachfragen zum Verfahren von
2014 und dem Vorgehen von Köhler-Franz gegen die Jugendlichen, sagte der
Beschuldigte aus, er habe den Geschädigten in jener Nacht nicht
identifizieren können und wisse nicht, ob er Plakate abgerissen habe
oder nicht. In Bezug auf den konkreten Vorfall in der Tankstelle, sagte
er aus, er sei „nicht so blöd jemanden in Öffentlichkeit zu schlagen“.
Nicht nur, dass er damit bestätigte ein Schläger zu sein, schließlich
würde er es außerhalb der Öffentlichkeit jederzeit tun, machte er sich
weiter unglaubwürdig. Die Nebenklage zog einen Fall aus dem Jahr 2011
aus Saalfeld hinzu. Dort hatte Ringo Köhler-Franz auf dem Parkplatz
eines Supermarktes einen Antifaschisten unvermittelt ins Gesicht
geschlagen. Damals wurde er für diese Tat verurteilt. Dass er, wie
anschließend behauptet, aus seinen Fehlern gelernt habe, ist einer der
schlechten Witze dieser Verhandlung.
Nachdem der Beschuldigte seine Antworten auf die Fragen der Nebenklage
zurecht stammelte, wurde der Geschädigte in den Zeugenstand gerufen. Er
berichtete ausführlich vom Tathergang, beschrieb den Schlag auf die
linke Wange, berichtete von den Drohungen im Internet, sowie von der im
Nachgang ärztlich attestierten Zerrung im Genick. Die Richterin ging
erneut auf den Vorfall von 2014 ein, versuchte zu verstehen, warum der
Geschädigte und der Beschuldigte sich kennen könnten usw.. Während die
Staatsanwältin erneut nichts zur Sache beitragen konnte, versuchte
Rechtsanwalt Wölfel mehrmals dem Geschädigten zu unterstellen eine
Straftat zu begehen, in dem er Köhler-Franz einer falschen Straftat
beschuldige. Die Nebenklage reagierte und nach einem kurzen Wortgefecht
und mehreren beanstandeten Fragen, ging Wölfel dazu über die bereits
geklärten Fragen der Richterin nochmals zu stellen. Nach dem Hinweis
durch die Richterin, doch bitte Fragen zu stellen, die noch nicht vorher
gefallen sind, wurde die Befragung des Geschädigten beendet.
Es folgte die Tankstellenmitarbeiterin. Ihre ersten Worte waren: „Ich
kann eigentlich nichts dazu beitragen, ich konnte nichts sehen oder
mitbekommen.“ Es folgte eine kurze Beschreibung der örtlichen Lage und
die Bestätigung, dass Köhler-Franz an diesem Tag, kurz bevor der junge
Punk sie fragte, ob sie etwas von der Tat mitbekommen habe, in der
Tankstelle war. Im Zeugenstand schilderte sie abschließend, gehört zu
haben, dass jemand am Eingangsbereich laut "Ey" rief. Mehr konnte sie
nicht sagen.
Der dritte Zeuge, ein Freund des Geschädigten, der zur Tatzeit an der
Zapfsäule tankte, konnte auch nichts zum Vorfall an sich sagen. Er habe
zwar eine Person gesehen, die die Tankstelle verließ, nachdem sein
Freund sie betrat, aber ob es sich dabei um den Beschuldigten
Köhler-Franz handelte, wisse er nicht. Schließlich wurde der Zeuge
entlassen.
Einstellung als Freibrief für weitere Gewalttaten
Nachdem der dritte Zeuge gerade erst aufgestanden war, folgten die
ersten relevanten Worte der Staatsanwältin, die vorher keinerlei
Interesse am Fall gezeigt hatte. Sie plädierte auf Einstellung wegen
geringer Schwere der Schuld. Über die Kostenfrage könne man nun
verhandeln. Am Ende sind die Kosten für den Anwalt Wölfel die einzigen,
die Köhler-Franz zu tragen hat, den Rest bezahlt der Staat.
Dass dieses Urteil dazu führte, dass der organisierte Neonazi und
Unterstützer des mutmaßlichen NSU Helfers Ralf Wohlleben mit einem
Grinsen den Gerichtssaal verließ, ist fatal. Denn dieses Urteil kann
gleichzeitig als ein Freibrief für Köhler-Franz selbst, als auch für
andere Nazischläger gesehen werden, immer weiter damit machen zu können
politische Gegner und Andersdenkende anzugreifen, einzuschüchtern und zu
bedrohen. Dass Köhler-Franz nicht zum ersten Mal auf diese Weise
zuschlug, zeigte sich im Laufe der Verhandlung. Es ist festzuhalten,
dass es sich bei ihm um einen gewaltbereiten Menschen handelt, der
persönliche Informationen von anderen im Internet verbreitet und diese
bedroht. Einmal mehr hat sich auch gezeigt, dass Antifaschisten
vorrangig selbst auf ihren Eigenschutz achten sollten, denn vom Staat
haben sie im Ernstfall nichts anderes zu erwarten, als eine Hofierung
der Täter.
Überflüssiger Beitrag
Über was wird sich hier empört? Dass das Gericht nicht so entschieden hat wie es dem Geschädigten passt?
Ihr wisst schon wie ein Verfahren im Rechtssaat nun einmal abläuft? Da es keine Beweise und Zeugen gibt ist der Nazi frei zu sprechen.s
Was hat denn Wohlleben damit zu tun? Wolltest ihr einfach auch mal was zum NSU schreiben?