Berlin: Astrid Proll stellt Buch vor

RAF

Astrid Proll, Gründungsmitglied der Roten Armee Fraktion (RAF), stellte am 12. Mai 2010 im Berliner TAZ-Cafe gemeinsam mit dem Journalisten Michael Sontheimer dessen neues Buch "Natürlich kann geschossen werden - Eine kurze Geschichte der Roten Armee Fraktion" vor. Etwa 200 Interessierte lauschten der kurzen Lesung und befragten anschliessend Proll und Sontheimer über das Werk.

 

Die gewaltsame Befreiung von Andreas Baader durch eine namenlose Gruppe am 14. Mai 1970 gilt als Geburtsstunde der Roten Armee Fraktion. Dieses Jubiläum nahm Michael Sontheimer zum Anlass sein neues Buch über die RAF vorzustellen. Mit dabei Astrid Proll, deren älterer Bruder Thorwald schon am 2. April 1968 zusammen mit späteren RAF-Mitgliedern an der Brandstiftung in zwei Frankfurter Kaufhäusern beteiligt war.

 

Sehr schnell wurde klar, dass Sontheimers Buch "Natürlich kann geschossen werden - Eine kurze Geschichte der Roten Armee Fraktion" (ISBN 978-3-421-04470-9) nur eine weitere unvollständige Geschichte über die RAF erzählt und auch nur erzählen kann. Bei der Buchvorstellung ging es auch nicht um das Buch an sich, sondern die erste Frage des Abends war: "Warum interessieren sich so viele Menschen für die Rote Armee Fraktion?". Ist es die Gewalt, die die Menschen interessiert? Sex und Gewalt scheinen ja zwei Verkaufsschlager zu sein... Doch diese Frage wurde an diesem Abend nicht beantwortet.

 

Michael Sontheimer las kurze Passagen des Buches vor und nach jedem vorgelesenen Abschnitt begann er einen kurzen Dialog mit Astrid Proll. Gefilmt vom ZDF und anderen kommerziellen Medien erinnerte sich Astrid Proll an das was sie erlebt hatte und vermittelte so ein sehr emotionelles Bild der Roten Armee Fraktion. Sie beschrieb ihre Haftzeit, wie sie "zusammen" mit Ulrike Meinhof mit Isolationshaft gefoltert wurde. Von den anderen Gefangenen abgeschottet war extra ein leeres Gefängnisgebäude für die beiden RAF-Gefangenen eingerichtet worden. Astrid Proll war in ihrer Zelle schall- und sichtisoliert, in dem Gebäude war ausser Ulrike Meinhof kein Mensch. Astrid Proll erkrankte aufgrund der weissen Folter in ihrer Haftzeit und wurde schliesslich als haft- und verhandlungsunfähig aus dem Gefängnis entlassen. Da verwundert es auch nicht, dass sie den Haftrichter lobte, der sie sah, wie sie nicht einmal einen einfachen Satz verstand, und sie daraufhin aus der Haft entliess.

 

Auch beschrieb Astrid Proll wie sehr schiefgelaufen die Baader-Befreiung wohl gelaufen sein musste. Ulrike Meinhof sollte ursprünglich nicht mit in die Illegalität, sprang bei der Befreiung ungeplant mit Andreas Baader aus einen Fenster. Zuvor schoss ebenso ungeplant ein maskierter Mann, der bis heute unbekannt geblieben ist, und verletzte einen Menschen lebensgefährlich. Zudem entwickelte sich ein Handgemenge und Schiesserei mit den Baader bewachenden Beamten.

 

Wer war der maskierte Mann?

 

Die 200 Interessierten waren grösstenteils keine Symphatisanten und Syphatisantinnen der RAF. Im TAZ-Cafe versammelte sich eher ein Who-is-who des bürgerlichen Journalismus. Denn abschliessend befragten nur Journalisten und Journalistinnen die beiden auf der Bühne. Astrid Proll antwortete darum eher defensiv und verwies darauf, dass die Repression für sie und andere in der ehemaligen RAF auch nach so vielen Jahren noch nicht zu Ende ist. Auf die direkte Frage "Wer war der maskierte Mann bei der Baader-Befreiung?" ging Astrid Proll nicht ein.

 

Den "maskierten Mann" bezeichnete Proll als angeheuerten "Profi", den die Gruppe gebraucht habe, weil sie mit bestimmten Dingen einfach keine Erfahrungen hatten. Konkret meinte sie damit, dass sie Wissen aus dem kriminellen Milieu nutzten, um die Befreiuung durchzuführen.

 

Mutig oder naiv?

 

Astrid Proll meinte auf Nachfrage, dass die erste Generation der RAF damals an die Revolution glaubte und sich durch ihre Mutigkeit ausgezeichnet hatten. Ihre weiteren Ausführungen zeigten jedoch ein Bild einer Gruppe von naiven Menschen auf. Menschen, die daran glaubten, all ihre Gefangenen aus den Gefängnissen mit Gewalt herausholen zu können. Menschen, die daran glaubten, dass mit geladenen Waffen nicht geschossen würde.

 

Schliesslich fügte Proll hinzu, dass die heutige Zeit nicht mit damals vergleichbar wäre. Damals hätte es ein grosse Potenzial und wegen der nahen nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands ein sozialer Sprengstoff bestanden. Das ehemalige RAF-Mitglied bezog sich dann noch auf Gruppen in anderen Ländern, die es zur damaligen Zeit gab. Astrid Proll bemerkte, dass sich die erste Generation der Rote Armee Fraktion in der Gewaltfrage an der Black Panther Party orientiert hatte. "Sie demonstrierten ihre Waffen! Wollten aber keine Menschen erschiessen."

 

Ein Journalist fragte nach der Rolle Peter Urbachs und den anderen "VS-Agenten" in der RAF, und ob Astrid Proll während ihrer Haftzeit vom Verfassungsschutz angesprochen bzw. anzuwerben versucht wurde. Proll verneinte dies, meinte jedoch, dass ein BKA-Beamte sie eine zeitlang verfolgt hatte, dieser ermordet wurde und sie darum einige Jahre beschuldigt wurde etwas mit dem Mord zu tun zu haben.

 

Ein weiterer Journalist führte an, dass die meisten "Verschwörungstheorien" dieser Art, also dass der Verfassungsschutz die RAF aufgebaut und unterwandert hätte, unwahr sind und "von der Szene für die Szene" sind. Letztendlich habe der Verfassungsschutz versucht in die Rote Armee Fraktion hereinzukommen, aber dominiert habe er die Gruppe nicht.

 

Fazit:

 

Michael Sontheimer meinte selbst, dass sein Buch eher eine für Jugendliche geeignete komprimierte Fassung der bekannten RAF-Geschichte ist. Bei der Buchvorstellung ging es weniger um sein Buch, sondern eher darum, dass jemand von der ehemaligen RAF öffentlich auftritt. Astrid Proll ging für meinen Geschmack zu wenig (eigentlich überhaupt nicht) auf die aktuellen Ereignisse und militanten Gruppen ein. Ansonsten eine nette Promotion mit leckeren Essen.

 

 

 

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Astrid ... und andere. Wir haben in den letzten 30 Jahren insbesondere in den letzten 4 Jahren sehr stark nach Kontakt zu "alten" RAF ler gesucht. Der Kontakt war da - aber niemand antwortete. Wir können so was nicht verstehen zumal doch einige ihre Vergangenheit in Bücher oder anders aufarbeiten wollen. Doch wie gelingt Aufarbeitung wenn man seine Freunde ausgrenzt? Mit der Erkenntnis das sich gerade kein Kontakt ergab zeigt sich mehr und mehr die Richtigkeit der these das viele der alten RAF ler nicht in der Lage waren wirklich eine Revolution anzuführen. Immerhin hat man die meisten salopp gesagt gefasst und von uns sucht man seit mehr als 30 Jahren etwas was selbst der Staat nicht einmal genau beschreiben kann. Laut BKA/LKA ist meine Augenfarbe (wörtlich) "dunkel". Das ist a7ußerdem die einzige Fahnung seit bestehen der BRD die genau so lautet Klette Daniela weiblich 165cm Augenfarbe dunkel. Mehr steht da aber auch nicht. In alten Fahnungen steht Muttermale im ganzen Gesicht. Ich würde sagen zwei die man vor langer Zeit mal gesehen hat.

 

Über andere gab es da schon zur Zeiten der Fahndung weit mehr zu sagen. Selbst Wikipedia weiß rein nichts und erst als wir selbst einige Aspekte "berichtigt" haben wurde es verbessert aber uns als Quelle hat man natürlich nicht benannt.

 

Ihr sehr wirkliche RAF Aktevisten zu sein ist nicht einfach und nur den wenigsten ist es gelungen bislang 30 Jahre frei zu bleiben. An jedem System vorbei. Wir brauchen kein Buch um die Vergangenheit aufzuarbeiten denn das Buch hätte noch kein ENde. Die Revolution die wir anfingen pausiert geht aber weiter und wir sind nie weg gewesen wie so oft behauptet "sie sind wieder da". Wir waren nie weg liebe Genossinnen und Genossen. Man hat uns nur nicht gesehen, man wollte uns nur nicht sehen. Diese Peinlichkeit ist es wohl das wir fast überall ausgegrenzt werden,  trotz klarer Identifikation "durch den Staat" keine Meinung sagen sollen oder dürfen. Die Wahrheit wiegt eben manchmal schwer...