Protest bei einer Vorlesung von Dr. med. Rainer Jung an der Hochschule Ostfalia in Wolfenbüttel!

Protest an der Ostfalia Hochschule Wolfenbüttel!

Heute besuchten einige Aktivist*innen die Vorlesung "Basiswissen Psychiatrie" von Dr. med. Rainer Jung an der Ostafalia Hochschule in Wolfenbüttel. Jung ist neben seiner Lehrtätigkeit an der Ostfalia ebenso leitender Oberarzt am AWO-Psychiatriezentrum in Königslutter (APZ) und somit als Entscheidungsträger mitverantwortlich für die im APZ stattfindenden Zwangsmaßnahmen.

 

Auf diesen Umstand -also was Psychiatrie an Menschenrechtswidrigen Seiten aufzeigt und was Jung damit zu tun hat- wiesen die Aktivist*innen mit einem Transparent (Aufschrift: Für Menschenrechte in der Psychiatrie), Flugblättern und einer Rede per Megaphon hin. Einige der vielleicht fünfzig anwesenden Student*innen reagierten auf den Protest, der sichtbar die Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte in den psychiatrischen Kliniken zeigte, mit Ausrufen wie: "Wir bereiten uns hier auf ne Klausur vor!", ein weiterer kommentiert darauf: "Genau!". Diese Menschen, die während der gesamten bisherigen Vorlesung stets ruhig, unkritisch und interessiert zuhörten, während ihnen Rainer Jung erklärte, wie andere Menschen "in Kategorien zu packen" sind und wie mensch Intelligenz messen könne, empörten sich also nun über einen fünf minütigen Input über Zwangsmaßnahmen und Menschenrechtsverletzungen im gegenwärtigen Psychiatriesystem. Getreu nach dem Motto: Klausur vor Menschenrechte.

 

Auch Rainer Jung, als Galionsfigur der meisten Student*innen im Saal, reagierte auf die Forderungen nach Menschenrechten in der Psychiatrie mit mannigfacher Überheblichkeit, zum Beispiel in Form von Aussagen wie:"Ja ich hätte mal den Text gelernt vorher...", die er an die Rede verlesende Person richtete, als diese kurz stockte und manifestierte sich bei Protestende in ironischem Applaus für die Protestierenden. Diese verließen nach ihrer Rede den Saal und verliehen ihren Forderungen durch die Parole: "Psychiatrie geht auch zwangsfrei!" noch einmal Nachdruck. Nachdem Jung dann aus seinem Ironie-Applaus heraus gefunden hatte, ließ er abermals seine belehrenden Worte über die Student*innen kreisen und sagte: "Das (Protest) gehört allerdings auch zu unserer Arbeit dazu, sowas ein Stück auszuhalten sich aber auch eindeutig zu platzieren an dieser Stelle (...)" weiterhin kritisierte er: "(...) also das (Der Protest) ist nichts mehr was eine echte ernsthafte Diskussion ermöglicht." Hier ermöglichte Rainer Jung einen kleinen Einblick darauf, dass Proteste für ihn Erscheinungen sind, die mensch in erster Linie aushalten müsste, denn wenn Jung tatsächlich auf Protest mit Dikussionsbereitschaft reagieren würde, dann hätte er den Aktivist*innen diese Diskussion -auch an anderer Stelle- ja auch schlicht anbieten können. Dieses Diskussionsangebot kam ihm aber genauso wenig über die Lippen, wie die "eindeutige Platzierung", die er vorher noch für so wichtig empfand. Statt Diskussionbereitschaft reduzierte Rainer Jung den Protest auf eine Person, die ihm angeblich schon bekannt sei und verunglimpfte und kriminalisierte diese Person auch noch, indem er seinen Student*innen überspitzte Geschichten, beispielgebend von Stürmungen einer Klinikstation vorgaukelte. Doch nicht alle der anwesenden Student*innen schienen den Protest so einfach an sich vorbeiziehen zu lassen, denn während Rainer Jung seine Gruselgeschichten herunter zitierte, hatten einige nur Augen für das von den Aktivist*innen verteilte Flugblatt. Wir von der "Initiative Zwangbefreit" können nur darauf setzen, dass einige der Anwesenden in Zukunft der Kritik an Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie Raum geben und diese jetzt oder bald genauso ablehnen wie wir und sich an einem Schaffungsprozess für Alternativen dazu beteiligen.

 

Es folgt das verteilte Flugblatt, dass während der Aktion verlesen wurde:

 

"Dr. med. Rainer Jung ist neben seiner Lehrtätigkeit an der Ostfalia Wolfenbüttel auch leitender Oberarzt am AWO-Psychiatriezentrum Königslutter (APZ). Als einer der Entscheidungsträger*innen im APZ ist Jung maßgeblich mitverantwortlich für die im APZ stattfindenden Zwangsmaßnahmen gegen "Patient*innen". Zwangseinweisungen, Freiheitsentzug, Fixierungen (=Fesselungen an z.B. Betten) und Zwangsmedikationen sind auch im APZ gängige Methoden und traumatisieren die Betroffenen häufig (aufs neue). Psychiatirische Zwangsmaßnahmen stellen keine Hilfe für Betroffene dar, sondern sind und bleiben Gewalt! Als leitender Klinikarzt beteiligte sich Jung an der Novellierung des NPsychKG ("Nds. Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke"), das ab Sommer 2017 in Kraft treten soll. Nach dem aktuellen NPsychKG-Entwurf sollen psychiatrische Zwangsmaßnahmen weiterhin durchgeführt werden, nur dann eben auch mal mit gesetzlicher Grundlage. Ein Schutz vor Zwangsmaßnahmen in den psychiatrischen Kliniken ist das neue NPsychKG keinesfalls, es ist nur die verschriftlichtte "Rechtfertigung" für diese Gewalt. Jung setzt also statt auf die Erarbeitung von wirklichen Alternativen zur Zwangspsychiatrie lediglich auf ein Regelwerk für diese. Besondere Scheinheiligkeit ist Rainer Jungs Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Soziales, Jugend und Familie bezüglich des Modellversuchs "Soforthilfe für Opfer von Gewalttaten". Bei diesem sollen schnelle Hilfen für traumatisierte Opfer von Gewalttaten erarbeitet werden. Im APZ traumatisieren sie Menschen durch Gewalttaten wie Einsperren, Fixierung und Zwangsmedikation -das neue NPsychKG regelt sogar, dass Minderjährige eine Stunde lang fixiert werden dürfen*- und gleichzeitig redet Jung von "Hilfe für Traumapatient*innen"?! Wenn Jung wirklich Menschen helfen will, dann muss er die Abschaffung der Zwangspsychiatrie fordern und selbst im APZ durchsetzen!

 

Psychiatrische Zwangsbehandlung ist Folter (sagt Juan E. Mendez als UN-Sonderberichterstatter über Folter) und auch deshalb fordern wir, dass die Psychiatrie, auf solche Maßnahmen, die gegen den Willen der Betroffenen durchgeführt werden, kompromisslos verzichtet und neue individuelle Konzepte für den Umgang mit schwierigen Lebenslagen erarbeitet werden. Diese können nur wirkungsvoll sein, wenn sie auf Respekt anstatt auf Unterdrückung und Machtspielen beruhen.

 

Für die Abschaffung der Zwangspsychiatrie!

Für eine befreite Gesellschaft!

Initiative Zwangbefreit (IZB) - initiative-zwangbefreit.jimdo.com

 

*"Der besondere Schutz von Minderjährigen erfordert es, dass zur Vermeidung von psychischen Beeinträchtigungen oder ggf. von Traumatisierungen die mechanische Fixierung die Dauer von einer Stunde nicht überschreiten soll. Stellt sich nach Ablauf dieser Frist heraus, dass die Gefahr weiterhin besteht, kann auch eine Verlängerung bzw. Fortsetzung der Fixierung erfolgen." (Aus der Begründung der NPsychKG-Novelle (=Erneuerung) 2016)

(IZB-Anmerkung: Als wenn nicht auch schon eine Sekunde Fixierung, oder das fixiert-werden selbst traumatische Erlebnisse sein könnten!)"

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BOAH der Jung, dass ist vielleicht ne Schmalzlocke! Dem laufe ich ständig an der Osti über den Weg. Lustig das dem seine Vorlesung gecrasht wurde. Das hat er verdient. Scheinbar sogar mehr als ich vorher wusste.

 

Gute Aktion!

Interessantes Thema! Was es nicht alles für Scheisse auf der Welt gibt. Bisher hätte ich mir nicht vorstellen können, dass in Psychiatrien Menschen fixiert und unter Zwang mit Medikamenten vollgepumpt werden. Krasser Scheiss! Leider komme ich aus Dresden, sonst hätte ich Lust bei euch mit zu machen, aber in Dresden gibt es ja auch genug zu tun ;-D Macht weiter so!

Ich finde es echt unter aller sau, ein menschen sowas zu unterstellen obwohl er wirklich der beste Mann ist und vielen hilft !
Ihr habt einfach keine ahnung ! Was fällt euch ein, Dr. Jung ist der beste Chefarzt den ich jemals gesehen habe, er versucht alles möglich zu machen das es seinen Patienten gut geht und setzt alle hebel in bewegung wenn irgendwas ist und jemand was nicht passt das es wieder besser wird.

Dr. Jung ist der letzte Mensch auf dieser welt der für Fixirung oder Körperverletzung ist, er würde nur jemand Fixieren wenn es auch nötig ist wenn eine Eigen und fremdgefärdung vorliegt sonst macht er es auch nicht !
Er ist der Netteste und Liebenswerteste Mensch hier und wirklich der letzte der dafür ist.

Unterstellungen sind oft persönliche Ansichten. Wenn du Dr. Jung als "besten Mann" und "Liebenswertester Mensch" bezeichnest, dann ist das für mich persönlich auch eine Unterstellung. So wie ich Rainer Jung bisher mitbekommen habe, ist er ein Mensch der voll im gängigen Psychiatriesystem involviert ist und dementsprechend handelt. Ich habe bisher noch nichts von ihm gelesen, oder gehört indem er Fixierung und Zwangsmedikation deutlich kritisiert und an Alternativen dazu arbeitet. Im Gegenteil sehe ich ihn als leitenden Oberarzt einer Klinik, die solche Zwangsmaßnahmen nach fragwürdiger Definitionsgrundlage anwendet. Woran er mitarbeitete ist das neue NPsychKG, was die Zwangsmaßnahmen weiterhin legitimiert. Auf Kritik daran reagiert er mit ironischem Applaus. Dies ist nichts was ich als "liebenswert" bezeichnen würde. Wenn du gute Erfahrungen mit Jung gemacht hast, dann will ich das gar nicht abstreiten, aber du solltest nicht deine Einstellung und deine Erfahrungen mit ihm, als das unanfechtbar Gegebene hinstellen und ihn als "Liebenswerten Mensch" darstellen. Für dich mag er das sein, für andere ist er das genaue Gegenteil.

Da habe Ihr euch den Falschen als Sündenbock herusgesucht und völlig schlecht recherchiert.Dieser Mensch ist einer der wenigen hoch anständigen Vertreter seiner Zunft, die ich bisher kennengelernt habe. Ich war als Sozialarbeiter über 20 Jahre in der psychosozialen Versorgung der Region tätig. Unser System hat sicher Licht und Schatten. Auf welche Seite der von euch so schäbig diffamierte Arzt und Hochschullehrer hingehört, steht für mich außer Zweifel. Psychiatrische Behandlung: generell ohne jegliche Grenzsetzungen und ggf. auch ohne Zwangsmaßnahmen im Notfall? Was für ein naiver Traum. Ein ziemlich dankbarer ehemaliger Patient, mit mehrfacher eigener PsychKG- und Fixiererfahrung, der ohne diesen Arzt whrscheinlich heute tot wäre.