(B) Adbusting am Abgeordnetenhaus: „Auch in der Demokratie ist alles doof.“

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Während nach der Wahl in Berlin die Koalitionsverhandlungen laufen, feierte Am Abgeordnetenhaus in der Nacht zum 23.09.2016 eine Schafherde ihre ganz eigene Nach-Wahlparty. Als Gästebuch dienten die Werbeplakate, die vor dem Parlamentsgebäude in der Niederkirchnerstraße angebracht sind. Konsens in den dort angebrachten Adbustings scheint zu sein, dass es nicht notwendig ist, irgendwelche Koalitionsverhandlungen abzuwarten, denn eins steht schon fest: „Auch in der Demokratie ist alles doof“ ist dort nun unter anderem zu lesen.

 

 

Das Aufräum-Schaf erklärt

Eins der Schafe ist noch zum Aufräumen geblieben und bereit, kurz zu erklären, was das Ganze zu bedeuten hat. „Es gab die üblichen Partygespräche und als modernes Schaf in Berlin steht im Moment natürlich die Wahl ganz oben auf der Themenliste“, berichtet Frederik*e, das Aufräumschaf, „Wir hätten allerdings viel lieber darüber abgestimmt, ob wir überhaupt noch Bock auf Herrschaft haben. Denn die gibt’s auch in der Demokratie und kann nicht abgewählt werden. Mitentscheiden kann man nur, wem man die staatlich legitimierte Gewalt in die Hände legt.“

Laut Frederik*e seien so Vermerke wie „Herrschaft abreissen. Selbstorga aufbauen.“ auf den Werbeplakaten entstanden.

 

Freiräume schaffen

Außerdem beschwert sich Frederik*e darüber, dass es in einer Demokratie nicht möglich sei, für sich und Gleichgesinnte Freiräume zu schaffen und diese aufrecht zu erhalten. Auch wenn das ein Bedürfnis einer Gruppe (deren Existenz an sich aus irgendeinem Grund in der Demokratie schon selbst ein Argument darstellt) und nicht mal nur das von Einzelpersonen ist: „Wir wollten uns eine große Weide suchen, auf der wir ungestört tun können, was Schafe eben so tun. Damit wollten wir auch gar nichts Exklusives, wo dann kein*e Andere*r rein darf, sondern nur Akzeptanz unserer Bedürfnisse und Tätigkeiten und eine Grünfläche ohne beispielsweise Rasenmäher. Aber das war nicht machbar, wie auch Andere mit ähnlichen Bedürfnissen große Probleme mit solchen Wünschen haben. Deswegen zeigen wir uns auch solidarisch mit der Rigaer Straße und dem M99.“ Darauf weist ein anderer Gästebucheintrag hin, der „Neue Koalition anfeuern! R94 & M99 bleiben!“ lautet.

 

Nicht nur rot-rot-grüne Herrschaft ablehnen

Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck gewinnen, die Schafe hätten ein Problem konkret mit einer rot-rot-grünen Koalition. Dass diese Annahme falsch ist, kommentiert Frederik*e mit: „Es geht nicht darum, dass wir konkret was gegen Rot-Rot-Grün hätten. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es schlicht egal ist, wer die Wahl gewinnt.“ Frederik*e deutet auf einen Zettel in der Hand, auf dem „www.bit.ly/kleineresübel“ steht und erklärt dazu: „Lies mal den Text auf der Seite. Da wird erklärt, warum beispielsweise beim Posten des Innensenators ein Henkel auch nicht schlimmer ist, als mögliche Kandidaten anderer Parteien. Vielleicht sogar in gewisser Hinsicht besser.“ Vermutlich ist daraus auch die Plakatveränderung mit dem Text „Pass auf! Herrschaft bleibt auch ohne Henkel ungenießbar” entstanden.

 

Link ins Netz

Weil die Worte auf den Plakaten zwecks Lesbarkeit in einer großen Schrift gehalten sind, ist nicht allzu viel Platz für Erklärungen. Allerdings ist zusätzlich ein Link „www.bit.ly/keinewahl“ angebracht, der interessierten Vorbeispazierenden einen vertiefenden Text bietet. Nach der „Warnung: Auch mit Wahlen wird Kapitalismus nicht humaner“ scheint es ratsam, diesen Text mal zu lesen. Frederik*e verabschiedet sich mit den Worten: "Ich bin jetzt fertig mit Aufräumen und will auch endlich mal schlafen. Kümmert ihr euch doch schon mal darum, mit dem Aufbau der Selbstorganisation anzufangen. Oder folgt wenigstens meinen Text-Empfehlungen."

 

Mehr Infos:

bit.ly/keinewahl

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Wow, in Berlin gibt es noch Radikale, die gegen Wahlen sind. Hat leider Seltenheitswert mittlerweile.

Weiter so.

iL, Nika und RLB freuen sich jetzt über rot-rot-grüne Räumungen und Woihnungsgesellschaftenverkäufe.