Warum toleriert die Reitschule antisemitische Plakate?

Antifaschistische Demonstration in Bern 2007

Offener Brief an die Reitschule Bern vom 15.04.2010

Der so genannte „Prozess von Bern“ von 1933 bis 1935 endete mit der Feststellung, dass die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“ eine Fälschung sind. Trotzdem hatten die „Protokolle“ über eine angebliche „jüdische Weltverschwörung“ reale Auswirkungen: Sie bildeten die ideologische Grundlage des eliminatorischen Antisemitismus des Nationalsozialismus, der die Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermöglichte. Zum 1. Mai 2010 wurde in der Reitschule Bern ein Plakat gezeichnet, gedruckt und aufgehängt, das antisemitische Stereotype aufgreift und reproduziert.


Uns verbindet eine lange Zusammenarbeit und Anteilnahme mit der Reitschule und dort aktiven Gruppen. Wir haben mitgeholfen, den SVP-Marsch auf Bern zu verhindern und nach dem Brandbombenanschlag auf die Reitschule haben wir antifaschistische Strukturen solidarisch unterstützt. Wir haben uns an den Mobilisierungen gegen das WEF und die WTO beteiligt und nach den Hausdurchsuchungen bei der Anti-Repressionsarbeit geholfen. Wir schreiben diesen Brief an die Reitschule, weil wir der Meinung sind, dass ein antisemitisches Plakat nicht unkommentiert bleiben darf.

Wir kritisieren nicht den Aufruf des Revolutionären 1. Mai Bündnis Bern, in dem die Notwendigkeit betont wird, sich damit „zu beschäftigen, wie der Kapitalismus tatsächlich funktioniert“, sondern die Bildsprache des Plakats. Dominierend sind die Hände des Marionetten-Spielers. Die Symbolik des „jüdischen Drahtziehers“ geht zurück auf die „Protokolle“, wo es heißt: „Zweitens werden wir durch unsere Intrigen auf alle Fäden einwirken, die wir in den Kabinetten aller Staaten gesponnen haben durch die Politik, durch wirtschaftliche Verträge oder Schuldverschreibungen.“

Die Figuren auf dem Bild sind gefesselt, blind, verstrickt und wehren sich gegen Manipulation und Fremdbestimmung. Keine der Figuren schaut nach oben, niemand bemerkt, durch wen sie gelenkt werden. Die Figuren sind lediglich Opfer des Kapitalismus, der sich nicht als soziales Verhältnis zwischen den Menschen, sondern als Macht im Hintergrund manifestiert. Die Figur des mächtigen, aus dem Hintergrund die Fäden ziehenden Juden ist ein häufiges Motiv der Nazipropaganda und wurde zum Beispiel in der Nazi-Satirezeitung „Fliegende Blätter“ Nr. 5 von 1942 abgebildet. Aber auch heute noch wird das Bild des Marionettenspielers von Neonazis verwendet.

Eine zeitgenössische Verwendung des Motivs findet sich in dem Lied „Diese Zeit“ der baden-württembergischen Naziband „Division Staufen“: „Den Stolz haben die Deutschen verloren, sie werden zu Marionetten erzogen.“ In der „Argumentationshilfe gegen die NPD-Schulhof-CD 2009“ heißt es dazu: „Die Metapher von der Marionette verlangt einen, in dessen Händen die Fäden zusammenlaufen; jemand, der im Verborgenen die Strippen zieht. Sie entstammt unmittelbar der antisemitischen Verschwörungstheorie vom jüdischen Strippenzieher und Finanzkapitalisten, wie sie nationalsozialistische Staatsdoktrin wurde.“

Der Wirtschaftstheoretiker der NS-Propaganda, Gottfried Feder, unterschied zwischen der positiv besetzten Produktionssphäre („schaffendes Kapital“) und der negativ besetzten Zirkulationssphäre („raffendes Kapital“). Durch die Personalisierung des „raffenden Kapitals“ wurde den Juden und Jüdinnen die Urheberschaft allen Übels in der Welt zugeschrieben. Sie gipfelte in der nationalsozialistischen Hetzparole „Die Juden sind unser Unglück“, wie sie 1935 für eine NS-Propagandaveranstaltung im Berliner Sportpalast aufgehängt wurde. „Dem Juden“ wird dabei eine ungeheure Macht zugeschrieben: Die Kontrolle des Weltgeschehens durch die Verfügungsgewalt über das Kapital. Auf dem Plakat wird die durch den Marionettenspieler dargestellte Macht noch durch die mit Kondensstreifen versehenen und damit an eine Bomberstaffel erinnernden Währungszeichen verstärkt.

Ein weiteres antisemitisches Stereotyp auf dem Plakat sind die Hände, deren wilde Gestik eine klischeehafte Geschäftigkeit widerspiegeln. Die Mimik des Totenschädels wirkt durch die zusammengezogenen Augenbrauen und den geöffneten Mund bedrohlich und fratzenhaft. Auch die durch den lang gezogenen Nasenknochen angedeutete „jüdische Nase“ und der Hut sind antisemitische Stereotype.

Der Goldring an der Hand des Marionettenspielers erinnert an den „Gelben Ring“, den Juden und Jüdinnen im Mittelalter auf der Kleidung tragen mussten. Der gelbe „Judenring“ war damit Vorläufer des gelben „Judensterns“ im Nationalsozialismus. Die Aufschrift „In Gold We Trust“ auf dem Goldring ist an das „In God We Trust“ auf den US-Dollarscheinen angelehnt und liest sich als Anspielung auf die angebliche Finanzmacht der „jüdischen Ostküste“ der USA.

Der Goldzahn des Totenschädels provoziert Assoziationen an die Goldzähne, die Jüdinnen und Juden in den Konzentrationslagern ausgeschlagen wurden. Im Schweizer Untersuchungsbericht zum „Nazigold“ heißt es: „Wichtigster Abnehmer der deutschen Goldlieferungen war die Schweiz“. Die Schweizerische Nationalbank besaß 119,5 Kilogramm Schmuck- und Zahngold von KZ-Häftlingen.

Auch wenn dem Revolutionären 1. Mai Bündnis Bern die Tragweite der verwendeten Symbolik vielleicht nicht bewusst ist, tradieren diese Plakate unabhängig von der Intention den Antisemitismus. Die Plakate kommen aus der Reitschule und werden von dort verbreitet. Gerade weil von Seiten des Bündnisses denen mit körperlicher Gewalt gedroht wird, die die Verbreitung verhindern wollen, muss sich die Reitschule zu den Plakaten positionieren.

 

Autonome Antifa Freiburg

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Die Bildsprache, die hier benutzt wird ist eine die ca 100 Jahre alt ist.

Sie zeigt Stereotype, wie Symbole von Geld, Wohlstand, Macht. Sie nutzt Klischees von Puppen- oder Marionettenspieler als Zeichen der Manipulation. Das und noch viel mehr gab es damals Reihenweise. Dabei waren die Gestaltungsmittel keine Explizite rassisistischen oder antisemitischen. Man fand das auch auf ganz klar antirassistischen Karrikaturen. Es gibt diverse Bildbände, die alte Karrikaturen, Wahlplakate etc. zeigen.

Die Bildsprache der rassistischen und antisemitischen Propaganda nutzte noch zusätzliche Elemente.

Die Bildsprache und die Stilmittel haben sich geändert. Rückgriffe auf diese Elemente gibt es heute wenig. Ab und zu schon.

Jetzt von der Reithalle.

An diesem Plakat würde ich das Stereotyp manipulierbarer Menschen und die brachiale Aufteilung in gut/böse etc. kritisieren. Anhand von stilistischen Parallelen vom Antisemitismus zu reden halte ich für übertrieben.

Bevor mal wieder in der Szene Verurteilungen ausgesprochen werden, wäre es vorteilhaft zu kommunizieren und sich auch in dem entsprechenden Genre etc. zu informieren

Symbolik kann nicht losgelöst von ihrer Wirkungsgeschichte analysiert werden. Antisemitismus ist weit verbreitet, auch in der Linken. Wenn ich mir die Kommentare auf ch.indymedia.org anschaue, dann hat der Brief wohl einen Nerv getroffen: „AntisemitIn ist, wer Antisemitismus erkennt“. Und die Autonome Antifa Freiburg wird reflexartig als antideutsch bezeichnet. Was für eine Ironie...

wer marxist ist, der sollte puppenspieler-bilder stecken lassen

 

natrülich gibt es manipulation in der kapitalistischen welt, aber das geflecht von politischer und wirtschafltichen macht, von interessensgruppen jeglicher art (auch religionen) und den interessen einzelner ist so dicht, dass es keinen einzelnen puppenspieler zulässt

finde das Plakat äußerst häßlich, rückwärtsgewandt und nicht den Tatsachen entsprechend.  Da lobe ich mir die wunderschön designte Plakatserie aus Stuttgart zum 1. Mai. Trotz dem würde ich das Plakat nicht in eine Reihe mit antisemitischen Plakaten stellen. Ich kann auch nicht erkennen, wo auf dem Plakat zwischen "schaffendem" und "raffendem" Kapital unterschieden wird. Was da ansonsten reininterpretiert wird, hahnebüchen. Hut, Ring, Knochennase=jiddisch. OMG. Die Antideutschen aus Freiburg. Naja, wenn man sonst nix zu tun hat.... Antisemitism everywhere... auch bei dir?

Stimmt, die Autonome Antifa Freiburg ist die antideutscheste aller Freiburger Gruppen!

Also ich finde viele Aussagen (z.B. am Hut soll man angeblich erkennen das das ein Jude sein soll, dann wohl eher wens ein Käpli wär!) an den Haaren herbeigezogen und (mit erhobnem Fingerzeig) ausgeschlachtet. Ein grosser Schritt in die falsche Richtung liebe Freiburger! Traurig so ein Umgang mit Genossinen und Genossen!

Na dann schau dir mal das Plakat "Der Drahtzieher" an. Es ist ein antisemitisches Wahlplakat des bayerischen völkischen Blocks zu den Reichstagswahlen am 4. Mai 1924, wo ein stereotyper Kapitalist/Jude mit Melone die Fäden zieht, an denen die ArbeiterInnen hängen:

 

"Der Drahtzieher"

 

Das Plakat des Revolutionären 1. Mai Bündnis Bern war bereits auf ch.indymedia.org und auf 20min.ch, daher war die Entscheidung richtig, auch die Kritik öffentlich zu äußern.

 

Ohne Kritik gibt es keine Diskussionen und somit keine Emanzipation. In den Worten von Herbert Marcuse:

Ich möchte noch etwas hinzufügen, das fast wie eine Ketzerei klingt - keine vorschnelle Vereinigung der Linken! Die Linke ist gespalten! Die Linke war immer gespalten! Nur die Rechte, die nicht für irgendwelche Ideen kämpfen kann, ist geschlossen!

Ich weiss ja nicht wie viele Propaganda-Schriften in der NS-Zeit erstellt wurden. Es verwundert mich aber kaum das du ein Bild mit Melone gefunden hast.

 

Auch ich mache viel Plakate, die Kapitalismuskritisch sind. Habe ich eine Idee, muss ich dann immer zuerst in die NS-Archive um jaaa sicherzugehen das z.B. ein Hut während der nazi-zeit schonmal verwendet wurde? Wo wir grad dabei sind: Könnt ihr mal grad nachschauen ob ein Halstuch schonmal gebraucht wurde, möchte es gerne in einem Plakat verwenden ;-)

Du zweifelst daran, dass es der Hut (in diesem Fall eine Melone) ein antisemitisches Stereotyp ist. Du hättest auch einfach mal googlen können, aber gut, für faule Laute gibt es ja die Kommentarfunktion. Dann postet jemand ein NS-Propagandabild mit Namen "Der Drahtzieher", auf dem dir genau dieses Stereotyp bildlich vorgeführt wird. Und alles, was dir dazu einfällt ist: "Es verwundert mich aber kaum das du ein Bild mit Melone gefunden hast." Das ist schon ziemlich ignorant, aber deine dümmlichen Provokationen am Ende sind nur noch peinlich.

als wir vor einiger zeit eine schweizer freundin fragten ob es da mitlerweile auch schon anti-deutsche gebe, grinste sie nur und meinte, ja schon lange, nur is das bei uns etwas anders.....

;-D

und wo is den bitte auf dem plakat der puppenspieler als jude zu erkennen....???

es is doch viel antisemitischer gleich den manipulierenden kapitalisten als juden zu sehen, das war das bild was die nazis vom juden hatten, ich find ja alle kapitalisten scheiße, ob nun jüdisch, katholisch, muslimisch oder hindi, genauso wie jede religion und jede elitäte sekte....

viva la anarquia......

unfassbar, dass die antwort auf kritik innerhalb der linken nicht mit reflektion und austausch vonstatten geht, sondern mit opfergeheule und anfeindungen. besonders bezeichnend dabei: das wort antisemitismus in den mund nehmen und schon ist man "antideutsch". scheinbar können die wenigsten hier überhaupt was mit dem begriff anfangen, so jedenfalls mein eindruck.

 

auch täte es manchen menschen die hier kommentare schreiben gut den artikel erstmal zu lesen:)

"In Gold We Trust" - ist ein Aphorismus eines monetaristischen Flügels, der die Geldmenge durch die Goldbindung begrenzen möchte um Krisen zu verhindern.

Dies wird mehrfach in Wirtschaftsmagazinen für die Anlage in sichere Werte, also Gold, aufgegriffen, oder schließlich in "Goldmann Sachs we Trust".

 

"unterschied zwischen der positiv besetzten Produktionssphäre („schaffendes Kapital“) und der negativ besetzten Zirkulationssphäre („raffendes Kapital“)"

Das stammt in seiner ursprünglichen Form aus den USA und wurde schließlich durch Werner Sombert nach Deutschland "importiert". Kapital wird in diesem Fall auch nur mit der klassenkämpferischen Darstellung als Eigentum an Produktionsmitteln/Unternehmen gleichgesetzt und nicht mit dem Kapital als solchen. Dem gegenüber wird nicht die Zirkulation - auch der Verkauf einer Ware ist Zirkulation - gesetzt, sondern eine bestimmte  Art des Geldkapitals , der Kredit. Der berühmteste Autor in den USA ist Henry Ford mit der "internationale Jude", sowie seine anderen Werke, in der er sich als ehrlicher, hart arbeitender Unternehmer gegen die gierigen Banker positioniert, denen Reichtum nur als Betrug zufallen kann.

 

Ansonsten finde ich das Plakat auch scheiße. Es läuft darauf hinaus, dass man nur den Marionettenspieler erledigen muss und schon wird alles gut. Das hat weniger mit Antisemitismus als mit einem bornierten Klassenkampf zu tun. Von dort ist es auch nicht weit zur gewerkschaftlichen Schicksalsgemeinschaft der Sozialpartnerschaft.

 was hat ein skelett mit antisemitmus zutun?-wie kommen die drauf? da frag ich mich, in welchen köpfen antisemitmus ist, damit dieser flyer so intepretiert werden kann. bitte informiert euch doch erst über die bildsprache-bevor ihr so grosse vorwürfe rausspcikt und probleme zu wälzen beginnt wo keine sind-und die aufforderung des müssens sich positionieren?was soll das- zu was genau- liebe freiburger antifa- setzt euch mit eurem antisemitmus in euch auseinander und sucht ihn nicht in der ferne und verlangt kein müssen-die probleme sind überall, die rechten leider auch und die gleichberechtigung ist noch nirgends undund und was macht ihr- das stimmt traurig-darf ich euch bitten konflikte anzugehen wo sie sind und dies wenn möglich destruktiv----Ps::ihr müsst keine stellung nehmen-doch ihr dürft denken und euch selber hinterfragen-viel spass frischfroh und hzum glück nicht dumm gar krumm

Stellungnahme zu den Antisemitismus-Vorwürfen

 

Die Autonome Antifa Freiburg aus Deutschland, hat einen öffentlichen Brief an die Reitschule Bern geschrieben, in welchen sie das Plakat unseres Bündnisses als antisemitisch bezeichnet. Wir sind enttäuscht und verärgert über diese massiven Anschuldigungen und weisen sie in aller Schärfe zurück. Wir sind keine Antisemiten und verbreiten keine solche Botschaft.

 

Als würde es ihrer Kritik mehr Berechtigung verleihen, versucht die Autonome Antifa Freiburg (AAF) in der Einleitung ihres Schreibens einen direkten Bezug zwischen den gefälschten und verschwörerischen „Protokolle der Weisen von Zion“ und unserem Plakat herzustellen. Um zu beweisen, dass die Protokolle gefälscht sind, verweist die AAF auf ein bürgerliches Berner Gerichtsurteil.* Weiter bezieht sich die AAF auf gemeinsame Kämpfe, die sie solidarisch mit Leuten aus unserem Bündnis geführt hat.

Wir finden, dass weder aus der Luft gegriffene Vergleiche, noch der Verweis auf bürgerliche Autoritäten* und auch keine heldenhaften antifaschistischen Taten zur Kritik etwas beitragen. Kritik hat am Gegenstand stattzufinden.

Weniger solidarisch als in der Einleitung beschrieben verhält sich AAF jetzt. Niemand von der AAF hat versucht mit dem Bündnis ins Gespräch zu kommen. Nicht einmal der offene Brief wurde uns zugeschickt. Nicht nur dieser Sachverhalt lässt uns an den hehren Absichten der AAF zweifeln.

Zu den Vorwürfen: Das Bild auf dem Plakat hat nicht den Anspruch die Welt, bzw. die kapitalistischen Verhältnisse zu erklären. Es hat – wie jeder leicht bemerkt - keinen Realitätsanspruch. Unsere Argumente verbreiten wir über Texte und Reden. Das Plakat soll Mobilisieren. Es soll auffallen und anregen mehr zu erfahren.

Die Interpretation des Bildes ist natürlich Sache des Künstlers und der BetrachterInnen. Das die AAF in der Skelettfigur einen Juden erkennt, können wir nicht nachvollziehen.

Die Interpretation, dass die Figur Symbol ist, für die kapitalistische Klasse und/oder den Staat, die die ArbeiterInnen beherrscht, welche versuchen sich aus den Zwängen von Staat und Kapital - die sie sehr wohl bemerken - zu befreien, scheint uns als Antikapitalisten nahe liegend.

Ebenfalls schleierhaft ist uns wo die AAF eine Unterscheidung und Bewertung von raffendem und schaffendem Kapital entdeckt.

Überhaupt finden wir den Antisemitismusvorwurf konstruiert. Die Entdeckung einer angeblich angedeuteten, nicht vorhanden Juden-Nase (was soll das überhaupt sein?) und die wilde Gestik einer klischeehaften Geschäftigkeit der Hände, können wir nicht feststellen. Die Behauptung, dass Goldzahn, Goldring und Hut, schon wieder auf einen Juden hinweisen sollen, ist jenseits: Sie blamiert sich an jedemR nicht Juden/Jüdin der/die einen Goldzahn, Goldring oder Hut träg.

Die Kritik der AAF beruht im Wesentlichen darauf, dass sie KapitalistInnen und Juden / Jüdinnen gleichsetzen. Wer aber Macht und Geld mit jüdischen Menschen gleichsetzt, der hat offensichtlich antisemitische Vorurteile. Diese Vorurteile gilt es zu widerlegen und zu überwinden, nicht zu festigen.

Dass die Nazis mit ihrer Propaganda versucht haben, Ausbeuter und Juden gleichzusetzen, in dem sie Kapitalisten darstellten, die sie mit deutlich erkennbaren jüdischen Symbolen (Davidsstern, Kippa) versehen haben, ist uns bekannt. Ebenso, dass in dieser Propaganda auch Puppenspieler verwendet wurden. Die Puppenspieler-Symbolik wurde allerdings von politischen Gruppen verschiedener Couleur verwendet. Dass die Kapitalistenklasse aus Juden und Jüdinnen bestehen würde, ist blanker Unsinn.

Wir vertreten den Standpunkt, dass der Zweck und der Inhalt einer Sache bestimmend sind und nicht ausschliesslich die Form. Die FaschistInnen haben z.B: auch Streiks und Demonstrationen veranstaltet und es käme uns nicht in den Sinn, deshalb auf diese Mittel zu verzichten.

Wir kritisieren den Kapitalismus, seine Klassen und seine Funktionsweise, als Ganzes. Mit Antisemitismus hat das nichts zu tun.

Revolutionäres 1. Mai-Bündnis Bern

* Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Wir sind auch der Überzeugung, dass es sich bei den Protokollen um Fälschungen handelt.

Liebe Berner GenossInnen.

Mit Bedrücken habe ich die Entwicklung um die Berner 1.Mai- Aktivitäten verfolgt. Nun aber einige Kommentare zu der Stellungsnahme, die mir ehrlicherweise die Haare zu Berg stellt und mich massiv enttäuscht. Ich bin zu 100% davon überzeugt, dass niemand von euch in Bern wirklich einE AntisemitIn ist, die Reaktion auf das Schreiben der Freiburger Antifa ist aber wirklich schlecht.

Warum:

"Um zu beweisen, dass die Protokolle gefälscht sind, verweist die AAF auf ein bürgerliches Berner Gerichtsurteil."
--> Ihr diskreditiert euch mit diesem Verweis. Es spielt keine Rolle wer belegt hat, dass diese Protokolle gefälscht sind. Auch wenn dies in diesem Fall ein bürgerliches Gericht war, so spielt in diesem Zusammenhang weniger das Urteil, als vielmehr die dahinter liegende Argumentation eine Rolle. Ein Kritik die, ganz nach eurer Forderung, am Gegenstand erfolgte.

"Wir finden, dass weder aus der Luft gegriffene Vergleiche"
--> Die Vorwürfe, welche die AAF erhebt, sind in keiner Weise aus der Luft gegriffen, sie kritisieren auf der Basis von geschichtlichen Fakten euer Plakat. Auch wenn das Plakat sicher nicht aus einer antisemitischen Intention entstand, so ist die Summe der Parallelen erdrückend und kann nicht einfach so zurück gewiesen werden, schon gar nicht mit einem platten Antisemitismus- Gegenvorwurf.

"keine heldenhaften antifaschistischen Taten zur Kritik etwas beitragen"
--> solche, den Antifaschismus ins lächerliche ziehende, aus der GSP-Rhetorik entstehende Redewendungen könnt ihr euch schlicht sparen.

"Kritik hat am Gegenstand stattzufinden."
--> Ihr scheitert mit dieser Stellungsnahme fundamental an eurem eigenen Anspruch. Die Stellungsnahme bezieht sich in keiner Wiese auf den Gegenstand der Kritik der AAF und ist nur als eine reflexartige Reaktion zu verstehen.

"Weniger solidarisch als in der Einleitung beschrieben verhält sich AAF jetzt."
--> Unsolidarisches Verhalten vorzuwerfen ist keine adäquate Kritik an Kritik, denn das Empfinden von unsolidarischem Verhalten an und für sich entspricht einer moralischen Empörung. Ist also nicht eine Kritik am Gegenstand.

Berechtigt ist aber, der AAF die Art und Weise des Vorgehens ihrer Kritik vorzuwerfen, welche ich persönlich auch daneben finde. Die Kritik der AAF ist aber berechtigt!

"Zu den Vorwürfen: Das Bild auf dem Plakat hat nicht den Anspruch die Welt, bzw. die kapitalistischen Verhältnisse zu erklären. Es hat – wie jeder leicht bemerkt - keinen Realitätsanspruch. Unsere Argumente verbreiten wir über Texte und Reden. Das Plakat soll Mobilisieren. Es soll auffallen und anregen mehr zu erfahren. "
--> Form und Inhalt lassen sich nicht auseinanderdifferenzieren. Das Eine ergibt das andere.

Der ganze Rest des Textes eröffnet in erschreckender Weise, wie wenig ihr euch mit der Kritik der AAF auseinandergesetzt habt. Das plumpe zurückweisen aller Kritik ist einfach nur ober peinlich.

Ich bin enorm enttäuscht!

Das ist ja spannend was sich über den kleinen und großen Teich hier so alles tut.

Bei der erbärmlichen Antwort des 1. Mai Bündnisses fällt vor allem auf: hier plökt entweder ein angeschossenes Tier oder ein sturer Dummkopf der nichts verstanden hat.

Und auch der Umgang mit Kritik will erlernt sein: wo die Autonome Antifa Freiburg noch das Plakat kritisierte, wird in der Einleitung der Stellungnahme reflexhaft mit "Wir sind keine Antisemiten" sich verteidigt. Dazwischen ist von Relativismus-Gewäsch ("Die Interpretation des Bildes ist natürlich Sache des Künstlers und der BetrachterInnen.") zu lesen. Kleinbürgerliche Denkmuster blitzen auf, á la: Du hast deine Meinung, ich hab meine... Heruntergespielt wird die Bedeutung der Bildsprache, schließlich will man Masse ziehen, da kommt die Retourkutsche mit dem Pirellikalender gerade recht. Wenn das Plakat "auffallen [will] und anregen mehr zu erfahren", dann gelangt man vor allem zu der Einsicht Karl Marx, Antisemitismus hin oder her, das personalisierte Kapitalismuskritik - und nichts anderes stellt das Plakat schließlich dar! - der "Sozialismus der dummen Kerle" ist.

Gekrönt wird das Ganze mit dem kurzerhand auf den Kopf gestellten Antisemitismusvorwurf.

Was bleibt?
Der Mummenschanz eines Bündnisses, das als sturer Dummkopf wie ein angeschossenes Tier plökt, und das Abfeiern jenes durch ihre Apologet_innen. Ein Trauerspiel.

https://linksunten.indymedia.org/de/node/19178

 

Leider wird darin nicht auf die Katastrophe einer Stellungnahme des revolutionären 1. Mai Bündnis Bern eingegangen.

> Leider wird darin nicht auf die Katastrophe einer Stellungnahme des revolutionären 1. Mai Bündnis Bern eingegangen.

 

Weil diese wie geschrieben _vor_ der grottenhaften Publikation geschrieben wurde.