Nach dem Scheitern der rechtspopulistischen Gruppierung “Wir sind Deutschland” suchen die verbliebenen Kräfte nun ganz offen nach einem Schulterschluss mit der neonazistischen Kleinstpartei “Der III. Weg”. Heraus kommt eine neue “Bürgerinitiative”: “Für unser Vogtland”.
Was auf den ersten Blick nach einer leider in Sachsen bereits gewöhnlichen rechtspopulistischen Mobilisierung unzufriedener Kleinbürger*Innen und Stammtischrassist*Innen aussah, stellte sich am vergangenen Sonntag deutlich als Nazikundgebung heraus: Etwa 50 Nazis und ihre Sympathisant*Innen versammelten sich am 4. September in Oelsnitz/Vogtland zu einer kurzen Demonstration mit anschließender Kundgebung im Stadtzentrum. Da die Organisatoren offen als Nazis auftraten, blieb die Resonanz von Seiten der Anwohner*Innen sehr gering. Und so blieb der “III. Weg”, welcher unter anderem Parteikader Tony Gentsch als Redner beisteuerte und mit sämtlicher Nazi-Lokalprominenz wie Kevin Pahnke, Thomas Heyer, Patrick Fehre und Aaron Helbig aufkreuzte, weitgehend unter sich. Des weiteren dabei: Andreas Müller, seines Zeichens Mitglied der bürgerwehrähnlichen Gruppe “Heimatschutzbrigade 1 Plauen”, die sich im Umfeld der Rechtspopulist*Innen von “Wir sind Deutschland” bewegt, Initiator rassistischer Bürgerproteste im Dorf Ellefeld und als Wachmann Verantwortlicher für den Tod des Geflüchteten Ahmed Jaber (AGV berichtete: http://antifavogtland.blogsport.eu/2014/02/21/plauen-im-gedenken-an-ahme...). Als Moderator trat Ronny Hertel auf (ebenfalls Umfeld WsD). Ansonsten nahmen einige Oelsnitzer und Plauener Nazihools an der Demonstration teil (u.a. Dominic Kutz mit “Landser”-Shirt).
Etwa 20 Antifaschist*Innen protestierten bei einer Kundgebung der Linksjugend gegen die Naziveranstaltung. In der Nacht zuvor wurden in Oelsnitz Flyer unter dem Motto “Grenzenlose Solidarität statt beschränktem Nationalismus” verteilt, die auf die Adaption sozialer Themen durch Nazis und Rechtspopulist*Innen eingingen und stattdessen eine globale solidarische Bewegung von unten gegen die neoliberale Umgestaltung der Gesellschaft forderten.
Wesentlich erschreckender als ein wenig beachteter Aufmarsch von 50 Nazis durch eine menschenleere sonntägliche Oelsnitzer Innenstadt ist die Tatsache, dass sich die Organisation der rechten Demo offensichtlich sowohl aus “WsD”-Kreisen als auch dem “III. Weg” zusammensetzte. Ein neuer Schulterschluss am rechten Rand ist damit so gut wie sicher. Der “III. Weg” erhofft sich damit vermutlich, aus der Außenseiterrolle zu kommen, “WsD” hingegen kündigte zu Beginn des Jahres an, eine breite rechte “Volksfront-Politik” zu betreiben und hat außerdem sowieso nichts mehr zu verlieren. Und so wurde die Kundgebung des neuen “Für unser Vogtland”-Bündnisses sowohl vom “III. Weg” als auch von “Wir sind Deutschland” beworben. “Wir sind Deutschland” zeigt sich damit nun offen als das, was die Gruppe bereits von Beginn an war: Ein dubioses Bündnis aus stramm rechten Nationalist*Innen, Rassist*Innen und Ewiggestrigen, die mehr Verbindendes als Trennendes zu organisierten Neonazis besitzt.
Im Laufe der Kundgebung am Sonntag kündigten die Nazis an, weitere Kundgebungen an wechselnden Orten durchzuführen. Um die Definitionsmacht über gesellschaftliche Prozesse im Hinterland nicht endgültig diversen rechten Bündnissen zu überlassen und die wenigen verstreuten emanzipatorischen Kräfte nicht sich selbst zu überlassen, ist es nötig, die besorgniserregenden Entwicklungen kritisch zu begleiten und weiterhin zu intervenieren.
die Antifaschistischen Gruppen des Vogtlands (AGV)
http://antifavogtland.blogsport.eu